VwGH 95/21/1238

VwGH95/21/123824.1.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des X in S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 20. Oktober 1995, Zl. Fr 1128/95, betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 20. Februar 1995 betreffend Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §71 Abs1 Z1;
AVG §71 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde in Verbindung mit der gleichzeitig vorgelegten Ablichtung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

Mit Bescheid vom 20. Februar 1995 hat die Bezirkshauptmannschaft Gmünd gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot erlassen. In der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides wurde ausdrücklich auf die zweiwöchige Berufungsfrist hingewiesen. Mit Antrag vom 19. April 1995 begehrte der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung dieser Berufungsfrist. In diesem Antrag hat der Beschwerdeführer ausgeführt, daß er Frau L ersucht und beauftragt habe, für ihn notwendige und mögliche Rechtsmittelschritte, allenfalls durch einen Anwalt ihrer Wahl einzuleiten. Er habe sich aufgrund der Zusage von L verlassen, daß diese fristgerecht die notwendige Veranlassung für ihn treffe. Er sei mit der österreichischen Rechtsordnung nicht vertraut und hätte sich keine Gedanken mehr darüber gemacht, daß bis 18. April 1995 keinerlei Verhandlungsschritte erfolgt seien. Am 18. April 1995 seien Gendarmeriebeamte gekommen und hätten ihn aufgefordert, gemäß dem erlassenen Aufenthaltsverbot das Staatsgebiet unverzüglich zu verlassen.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde im Instanzenzug der Antrag vom 19. April 1995 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen. Dieser Bescheid wurde im wesentlichen damit begründet, daß die belangte Behörde davon ausgehe, daß sich der Beschwerdeführer seit dem Jahre 1985 in Österreich aufhalte, nicht nur der deutschen Sprache mächtig sei, sondern auch Kenntnis der österreichischen Verwaltungspraxis und insbesondere Kenntnis über das Wesen von bescheidmäßigen Erledigungen habe, zumal mehrere Verfahren bereits durchgeführt worden seien. Den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmünd über die Erlassung des Aufenthaltsverbotes habe er persönlich übernommen.

Die rechtzeitige Betrauung einer Vertrauensperson zur Ergreifung eines Rechtsmittels, ohne sich innerhalb der Berufungsfrist über die tatsächlich gesetzten Verfahrenshandlungen zu informieren, stelle weder ein unvorhergesehenes noch ein unabwendbares Ereignis dar. Der Beschwerdeführer sei in seiner Dispositionsfähigkeit nicht eingeschränkt gewesen und sei es auch an ihm gelegen gewesen, rechtzeitig einen berufsmäßigen Parteienvertreter beizuziehen, zumal er diese Möglichkeit auch seiner bevollmächtigten Vertreterin eingeräumt habe. Eine Partei treffe während des Verfahrens eine erhöhte Sorgfaltspflicht. Dies umso mehr in einem Verfahren, bei dem es doch um einen erheblichen Eingriff in die private Situation und zukünftige Lebensgestaltung gehe.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben. Darin wendet sich der Beschwerdeführer vor allem gegen die Auffassung der belangten Behörde, er hätte sich nicht darum gekümmert, daß Frau L die "fristgerechte Beauftragung durchgeführt" hätte. Bei entsprechender Beweisaufnahme hätte die belangte Behörde feststellen müssen, daß sämtliche dem Beschwerdeführer zumutbare Überwachungshandlungen aufgrund des Mandates gegenüber L erbracht worden seien und daher für ihn die Versäumung der Frist unabwendbar und unvorhersehbar gewesen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einer Frist einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vermögen in der Person eines Bevollmächtigten der Partei eingetretene Tatumstände für die vertretene Partei nur dann einen Wiedereinsetzungsgrund zu bilden, wenn sich die Umstände für den Vertreter selbst als unverschuldetes und entweder unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis darstellen (Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, § 71 AVG, E Nr. 23). Ein Verschulden eines Parteienvertreters ist einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen. Weiters entspricht es der ständigen Rechtsprechung, daß das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen nur in jenem Rahmen zu untersuchen ist, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers gesteckt wird (siehe Erkenntnis vom 30. Jänner 1984, VwSlg. Nr. 11.312/A). Den Antragsteller trifft somit die Obliegenheit, im Antrag konkret jenes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn bzw. seinen Vertreter an der Einhaltung der Frist gehindert hat. Diesem Erfordernis entsprach der Beschwerdeführer nach der von ihm nicht bestrittenen Wiedergabe seines Wiedereinsetzungsantrages in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht. Der Wiedereinsetzungsantrag enthält nämlich kein Vorbringen, aus welchen Gründen es zur Fristversäumnis gekommen sei. Es war daher der belangten Behörde objektiv gar nicht möglich, das Vorliegen des zwar behaupteten, aber nicht glaubhaft gemachten Wiedereinsetzungsgrundes zu beurteilen.

Der Hinweis im erzählenden Teil der Beschwerde, wonach durch ein unvorhergesehenes Ereignis im Zuge der eigenen Geschäftstätigkeit L den gesetzten Fristvermerk übersehen habe, vermag kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis zu beschreiben.

Die Beschwerdeausführungen, daß die belangte Behörde bei entsprechender Beweisaufnahme feststellen hätte können, daß der Beschwerdeführer sämtliche ihm zumutbare Überwachungshandlungen aufgrund des Mandates gegenüber der Bevollmächtigten erbracht habe, zeigen nicht die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels auf. Die Beschwerde erwähnt mit keinem Wort, welche Feststellungen die belangte Behörde treffen hätte können, die sie zu einem anderen Bescheid veranlassen hätten können.

Die belangte Behörde hat somit zu Recht den Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers abgewiesen.

Da sich bereits aus der vorliegenden Beschwerde ergibt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, konnte die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abgewiesen werden.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch des Berichters über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

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