Normen
BAO §210 Abs1;
BAO §211 Abs1;
BAO §212 Abs1;
BAO §218 Abs1;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
BAO §210 Abs1;
BAO §211 Abs1;
BAO §212 Abs1;
BAO §218 Abs1;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war handelsrechtlicher Geschäftsführer der I-GmbH. Mit Beschluß vom 26. April 1990 wurde über das Vermögen der Gesellschaft das Konkursverfahren eröffnet.
Hinsichtlich Umsatzsteuervorauszahlung für Dezember 1989 (131.196 S) und Lohnabgaben für Jänner bis Dezember 1989 (Lohnsteuer 7.300 S, Dienstgeberbeitrag 3.644 S, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 324 S) der I-GmbH, sohin für den Betrag von 142.464 S hatte der Beschwerdeführer für die Gesellschaft am 9. März 1990 beim Finanzamt gemäß § 212 BAO die Bewilligung von Ratenzahlungen beantragt. Dem Antrag wurde mit Bescheid vom 3. April 1990 entsprochen.
Mit Bescheid vom 24. September 1991 zog das Finanzamt den Beschwerdeführer gemäß § 9 BAO für die genannten Abgaben der GmbH in Höhe von 142.464 S zur Haftung heran.
Im Verfahren über die Berufung gegen diesen Haftungsbescheid brachte der Beschwerdeführer vor, es seien im Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgaben die Mittel zu ihrer Begleichung nicht zur Verfügung gestanden. Allerdings hätten die aushaftenden Forderungen zur Abdeckung des Abgabenrückstandes ausgereicht. Aus einer am 23. April 1990 zugestellten Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion hätte sich aber überraschend eine weitere Abgabeverpflichtung der I-GmbH von ca. 590.000 S ergeben, weshalb der Beschwerdeführer den Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Gesellschaft gestellt habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Es sei dem Beschwerdeführer aufgetragen worden, einen geeigneten Nachweis dafür zu erbringen, daß zum Fälligkeitszeitpunkt der Abgaben nicht die Mittel zu ihrer Begleichung vorhanden gewesen wären. Die gegenständlichen Abgaben seien am 10. Jänner 1990 (Lohnabgaben) und am 12. Februar 1990 (Umsatzsteuer) fällig geworden. Das Zahlungserleichterungsansuchen sei erst am 9. März 1990 eingebracht und mit Bescheid vom 3. April 1990 bewilligt worden. Der Beschwerdeführer habe als Vertreter der I-GmbH die fälligen Abgaben - deren Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin sei unbestritten - nicht entrichtet. Wenn der Beschwerdeführer darauf verweise, daß er nicht die Mittel zur Abdeckung der Abgabenschulden gehabt habe, so sei auf die Kassenberichte vom 10. Jänner bis Ende März 1990 zu verweisen:
Diesen sei zu entnehmen, daß in diesem Zeitraum immerhin ein Betrag von 220.786,53 S zur Zahlung von Verbindlichkeiten gegenüber anderen Gläubigern verwendet worden sei. Im relevanten Zeitraum seien dem Beschwerdeführer sohin jedenfalls liquide Mittel zur Verfügung gestanden, um die Verbindlichkeiten zu begleichen. Bei Beachtung der Verpflichtung, alle Gläubiger gleich zu behandeln, hätten diese Mittel allenfalls nur zur teilweisen Deckung der Abgabenforderungen gereicht. Es wäre aber Sache des Beschwerdeführers gewesen, darzulegen, welcher Teilbetrag der Abgabenansprüche bezahlt werden hätte müssen, um dem Erfordernis der Gleichbehandlung der Gläubiger zu entsprechen. Der Beschwerdeführer habe kein derartiges Vorbringen erstattet. Darüber hinaus sei auch aus den Bankauszügen zu erkennen, daß der Beschwerdeführer im haftungsbegründenden Zeitraum erhebliche Zahlungen an andere Gläubiger veranlaßt habe: Das Konto X bei der A-Bank habe zum 7. März 1990 ein Guthaben von 1,270.685 S, zum 26. März 1990 jedoch einen Debetsaldo von 14.114 S aufgewiesen. Auf dem Konto bei der B-Bank scheine zum 13. März 1990 ein Minusstand von 21.860 S, zum 30. März 1990 ein solcher von 164.398 S auf. Schließlich habe am Konto Y bei der A-Bank zum 30. März 1990 ein Guthaben von 15.000 S und am 30. März 1990 ein Stand zu Lasten der I-GmbH von 5.741 S bestanden. Diesen Zahlungen an andere Gläubiger stünden keinerlei Zahlungen zur Tilgung von Abgabenschulden gegenüber. Der Beschwerdeführer habe somit als verantwortlicher Geschäftsführer das Gebot der Gleichbehandlung der Gläubiger zu Lasten der Abgabenbehörde verletzt und damit schuldhaft die Entrichtung der Abgaben verabsäumt. Zudem sei das Zahlungserleichterungsansuchen ca. eineinhalb Monate vor Konkurseröffnung eingebracht worden, also zu einem Zeitpunkt, in dem dem Beschwerdeführer die drohende Insolvenz und damit die Gefährdung der Einbringlichkeit bereits bekannt gewesen sein mußten. Da im Konkursverfahren Forderungen der Gläubiger in Höhe von 7 Millionen Schilling angemeldet worden seien, sei unwahrscheinlich, daß die mit Berufungsentscheidung festgesetzte Erhöhung der Abgabenschulden um ca. 590.000 S die Zahlungsunfähigkeit entscheidend beeinflußt habe. Hinsichtlich der Lohnsteuer werde auch auf § 78 Abs. 3 EStG verwiesen.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde. Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde habe zu Unrecht aus dem Umstand, daß das Konto X bei der A-Bank zum 7. März 1990 ein Guthaben von 1,270.685,11 S und am 26. März 1990 einen Debetsaldo ausgewiesen habe, auf gläubigerbegünstigende Zahlungen geschlossen. Auf dieses genannte Konto habe die A-WarenhandelsgmbH - diese GmbH habe die Lieferungen von Dentalwaren durch die Schweizer M-AG im Jahr 1989 vorfinanziert - am 7. März 1990 1,374.045,37 S eingezahlt, über diese Zahlungen habe der Beschwerdeführer aber bereits am 29. Februar mit Überweisungsauftrag zu Gunsten der Schweizer M-AG verfügt, weshalb das Konto mit Wertstellung 7. März 1990 durch diese Überweisung belastet worden sei. Das für 7. März ausgewiesene Guthaben sei daher "kein echtes" gewesen und habe sich aus der verzögerten Durchführung der Auslandsüberweisung ergeben. Im allfälligen haftungsbegründenden Zeitraum seien daher keine Mittel zur Entrichtung der fälligen Abgabenverpflichtungen vorhanden gewesen. Zudem habe in diesem Zeitraum kein zwingender Grund bestanden, die Zahlungsunfähigkeit der I-GmbH anzunehmen, diese habe sich erst aufgrund der Abgabennachforderung von 590.000 S aufgrund der Berufungsentscheidung ergeben. Der Beschwerdeführer habe die Zahlungserleichterung nicht mit der Behauptung erwirkt, die Einbringlichkeit der Abgabe sei ohnehin gesichert, er habe vielmehr darauf verwiesen, daß Schulden vorhanden seien und es an einer Unterstützung der Hausbank mangle.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretenen auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Im Beschwerdefall sind das Bestehen der Abgabenforderungen, die Stellung des Beschwerdeführers als Geschäftsführer der GmbH und die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderungen unbestritten. Der Beschwerdeführer stellt aber in Abrede, daß er seine Obliegenheiten als Vertreter schuldhaft verletzt habe.
Eine Uneinbringlichkeit infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretenen auferlegten Pflichten iSd § 9 Abs. 1 BAO ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa dann gegeben, wenn der Vertreter bei oder nach Fälligkeit der Verbindlichkeit Mittel für die Bezahlung - gegebenenfalls nach gleichmäßiger Aufteilung der Mittel auf alle Verbindlichkeiten - zur Verfügung hatte und nicht - wenn auch nur anteilig - für die Abgabentilgung Sorge getragen hat (vgl. hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1992, 89/17/0083). Der Verwaltungsgerichtshof hat auch in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, es sei Sache des Geschäftsführers, darzutun, weshalb er nicht Sorge dafür tragen konnte, daß die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Außerdem hat der Vertreter darzutun, daß er die Abgabenforderungen bei der Verfügung über die vorhandenen Mittel nicht benachteiligt hat.
Im vorliegenden Fall ist unbestritten, daß die Lohnsteuer, der Dienstgeberbeitrag und der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag am 10. Jänner 1990 sowie die Umsatzsteuervorauszahlung am 12. Februar 1990 fällig geworden sind.
Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid primär davon aus, das rechtswidrige und schuldhafte Verhalten des Beschwerdeführers habe darin bestanden, daß er die gegenständlichen Abgaben nicht fristgerecht gezahlt habe. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, daß der Tag, an dem die Abgabenschulden fällig geworden sind, durch die Bewilligung von Zahlungserleichterungen (Stundung oder Ratenzahlung) unberührt bleibt. Durch die Bewilligung von Zahlungserleichterungen wird lediglich der Zeitpunkt der Verpflichtung zur Entrichtung der Abgaben hinausgeschoben. Ein nach Eintritt der Fälligkeit von Abgaben eingebrachtes Ratenansuchen ändert nichts daran, daß ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Abgabenentrichtung vorliegt. Auch wäre ein Abgabenausfall keinesfalls eingetreten, wenn die Abgaben bereits pflichtgemäß bei ihrer Fälligkeit entrichtet worden wären (vgl. nochmals hg. Erkenntnis 89/17/0083), sodaß jedenfalls ein Verursachungszusammenhang zwischen der Uneinbringlichkeit der Abgaben und einer derartige Pflichtverletzung gegeben ist.
Der Beschwerdeführer bestreitet das Verschulden an dem Unterbleiben der Entrichtung der fälligen Abgaben in seiner Beschwerde mit der Behauptung, er hätte nicht über die Mittel hiefür verfügt. Er bestreitet aber nicht die Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde, wonach er vom 10. Jänner bis Ende März Mittel aus der Kassa in Höhe von 220.786,53 S zur Befriedigung anderer Gläubiger verwendet habe und weiters im März 1990 (und somit vor positiver Erledigung des verspätet eingebrachten Ratenansuchens) vom Konto bei der B-Bank und vom Konto Y bei der A-Bank Zahlungen zur Deckung von Verbindlichkeiten getätigt habe. Er wendet sich lediglich dagegen, daß aus der Enwicklung des Kontos X der I-GmbH bei der A-Bank eine Benachteiligung des Abgabengläubigers abgeleitet werden könne, und begründet dies damit, daß er über die auf diesem Konto eingegangene Zahlung der A-WarenhandelsgmbH schon vor ihrem Einlangen durch Überweisungsauftrag zu Gunsten eines anderen Gläubigers (Schweizer M-AG) verfügt habe.
Unabhängig davon ob dieser Überweisungsauftrag für das Konto X ein Überweisungsauftrag auf Kredit gewesen ist, weil die A-Bank der I-GmbH einen (noch nicht ausgenützten) Kredit eingeräumt hat, oder ein Überweisungsauftrag auf Schuld gewesen ist, welchem die Bank erst im Hinblick auf den Eingang aufgrund der Bezahlung von Rechnungen (laut Beleg AR 224 und 225) durch die A-WarenhandelsgmbH entsprochen hat (vgl. Koziol in:
Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht I (1987) Rz 6/20), sind im März 1990 Zahlungen von über 1,2 Millionen Schilling an einen Gläubiger (Schweizer M-AG) geleistet worden. Aus den weiteren Konten der I-GmbH und aus Barmitteln sind ebenfalls Zahlungen an Gläubiger der I-GmbH geleistet worden. Obwohl der Beschwerdeführer somit über Mittel zur Abdeckung von Verbindlichkeiten verfügt hat, sind die fälligen Abgabenschulden unbestritten nicht bedient worden. Bei dieser Sachlage kann es der Verwaltungsgerichtshof nicht als rechtswidrig erkennen, daß die belangte Behörde eine zumindest fahrlässige Verletzung der Abgabenzahlungspflichten angenommen hat. Daran ändert auch nichts, daß die A-WarenhandelsgmbH Lieferungen der Schweizer M-AG an die I-GmbH des Jahres 1989 (seinerzeit) vorfinanziert hat, weil dies eine Durchbrechung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht rechtfertigt.
Was die Lohnsteuer anlangt, ergibt sich zudem aus § 78 Abs. 3 EStG 1988, daß der Arbeitgeber, wenn die Mittel nicht zur Zahlung des vollen vereinbarten Bruttoarbeitslohnes ausreichen, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten ist.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen. Auf die zusätzliche Begründung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe zu Unrecht eine Zahlungserleichterung erwirkt, braucht daher nicht eingegangen zu werden.
Damit erübrigt sich auch die Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
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