VwGH 95/02/0523

VwGH95/02/052326.1.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des T in K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 13. Jänner 1995, Zl. Senat-PL-93-180, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Normen

KFG 1967 §64 Abs1;
VStG §6;
KFG 1967 §64 Abs1;
VStG §6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 13. Jänner 1995 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 13. September 1993 um 19.25 Uhr an einem näher beschriebenen Ort einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW ohne die erforderliche Lenkerberechtigung auf Straßen mit öffentlichen Verkehr gelenkt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 64 Abs. 1 KFG begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 4.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluß vom 25. September 1995, Zl. B 477/95, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Erfüllung des objektiven Tatbestandes, er bringt allerdings vor, es sei ihm "Notstand" bzw. "Notwehr" zuzubilligen. Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht beizupflichten.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - von der abzugehen kein Anlaß besteht - kann unter Notstand gemäß § 6 VStG nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht; wirtschaftliche Nachteile können nur dann Notstand begründen, wenn sie die Lebensmöglichkeit selbst unmittelbar bedrohen. Des weiteren gehört es zum Wesen des Notstandes, daß die Gefahr zumutbarerweise nicht in anderer Art als durch die Begehung der objektiv strafbaren Handlung zu beheben ist und daß die Zwangslage nicht selbst verschuldet ist (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 30. September 1993, Zlen. 92/18/0118 bis 0125).

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung kann im vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Lenken eines Kraftfahrzeuges zur Erreichung des Arbeitsplatzes - was die belangte Behörde richtig erkannt hat - keine Notstandssituation erblickt werden. Die vom Beschwerdeführer vertretene These würde zu dem geradezu unerträglichen Ergebnis führen, daß das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung bei Fehlen einer entsprechenden (regelmäßigen) Verkehrsverbindung zum Arbeitsplatz nicht strafbar wäre. Damit gehen auch die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten "Reflexwirkungen" in Hinsicht auf fremdenrechtlich bedeutsame Bewilligungen bei Verlust des Arbeitsplatzes ins Leere.

Daß der Beschwerdeführer in "Notwehr" (vgl. zu diesem Begriff § 3 StGB) gehandelt haben soll, ist derart verfehlt, daß sich eine Auseinandersetzung mit dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen erübrigt.

Damit sind auch die vom Beschwerdeführer vorgetragenen, von einer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht abgeleiteten Verfahrensrügen, unberechtigt. Der Schuldspruch ist daher frei von Rechtsirrtum.

Aber auch die Strafbemessung ist nicht als rechtswidrig zu erkennen: Es entspricht der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 30. April 1992, Zl. 91/02/0146), daß das VStG für das Verhältnis zwischen Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen keinen festen Umrechnungsschlüssel vorsieht. Im Hinblick auf die einschlägigen Vorstrafen des Beschwerdeführers ist die verhängte Strafe geradezu als milde zu bezeichnen. Von einer Überschreitung des der belangten Behörde eingeräumten Ermessensspielraumes kann keineswegs die Rede sein.

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Damit erübrigt sich auch eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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