VwGH 94/20/0008

VwGH94/20/000825.5.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Blaschek und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des S in K, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 24. Februar 1994, Zl. Wa-130/93, betreffend Ausstellung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Normen

VwGG §42 Abs2 Z3 lita;
WaffG 1986 §17 Abs2;
WaffG 1986 §18;
WaffG 1986 §6;
WaffG 1986 §7;
VwGG §42 Abs2 Z3 lita;
WaffG 1986 §17 Abs2;
WaffG 1986 §18;
WaffG 1986 §6;
WaffG 1986 §7;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem ihr beigeschlossenen angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer hat am 12. Juni 1992 die Ausstellung eines Waffenpasses beantragt und den Bedarf zum Führen einer Faustfeuerwaffe im wesentlichen damit begründet, daß er Pächter einer Tankstelle in R sei. Im Nahbereich der Tankstelle befänden sich keine Wohnhäuser und er habe daher bei einem Überfall keinerlei Hilfe von Personen zu erwarten. Weiters habe er seine Einnahmen von der Tankstelle in den Nachttresor nach Krems zu bringen und fühle sich dabei einer besonderen Gefährdung ausgesetzt.

Der Magistrat der Stadt Krems an der Donau wies den Antrag auf Ausstellung eines Waffenpasses mangels Bedarfes ab.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung.

Im Berufungsverfahren wies der Beschwerdeführer neuerlich auf die täglichen, nächtlichen Geldtransporte von der Tankstelle zum Geldinstitut hin.

Die Berufung wurde von der belangten Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gem. § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, daß aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers kein anspruchsbegründender Bedarf im Sinne des § 18 des Waffengesetzes zum Führen einer Faustfeuerwaffe zu erkennen sei. Die belangte Behörde ging dabei von den vom Beschwerdeführer im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen der Bank des Beschwerdeführers betreffend die Nachttresoreinzahlungen für den Zeitraum November 1992 bis Jänner 1993 aus. Bei täglicher Einzahlung der Geldbeträge fielen Beträge in Höhe von S 11.000,-- bis S 68.000,-- an, der Durchschnittsbetrag liege daher bei ca. S 40.000,--. Höhere Beträge ergäben sich nur, wenn die Einnahmen mehrerer Tage gesammelt in den Nachttresor eingeworfen wurden.

Da nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom Vorliegen besonderer Gefahren im Sinne des Waffengesetzes nur dann die Rede sein könne, wenn diese Gefahren das Ausmaß der für jedermann bestehenden Gefahren erheblich überstiegen, und sich die Gefahrenlage von dem Sicherheitsrisiko, dem jeder außerhalb seines Wohn- oder Betriebsbereiches ausgesetzt ist, in deutlich erkennbarer Weise abheben müsse, liege kein Bedarf im Sinne des Waffengesetzes vor. Es sei zudem zu fordern, daß die Gefahr eine solche ist, der unter Berücksichtigung aller im Einzelfall maßgebenden Umstände am zweckmäßigsten nur mit dem Einsatz von Faustfeuerwaffen wirksam begegnet werden kann.

Hinsichtlich des Vorbringens betreffend die Gefahrenlage in den Räumlichkeiten der Tankstelle verwies die belangte Behörde darauf, daß das Bei-Sich-Haben einer Faustfeuerwaffe innerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder eingefriedeten Liegenschaften mit Zustimmung des zu ihrer Benützung Berechtigten kein "Führen" im Sinne des § 5 Waffengesetz darstelle. Für den Bereich der Betriebsräume der Tankstelle könne somit mit einer Waffenbesitzkarte das Auslangen gefunden werden.

Bezüglich des Transports der Geldbeträge - insbesondere zur Nachtzeit - verwies die belangte Behörde darauf, daß die durchschnittlichen Tageseinnahmen ca. S 40.000,-- betrügen und damit gegenüber dem Transport im heutigen Privat- und Geschäftsverkehr nicht ungewöhnlich seien. Der regelmäßige Bargeldtransport in der Nachtzeit stelle zwar ein an sich erhöhtes Risiko dar, der Berufungswerber könne aber im konkreten Fall durch andere zumutbare Maßnahmen ein solches Risiko erheblich verringern bzw. vollkommen vermeiden. Es bestehe insbesondere keine Notwendigkeit, die Einnahmen eines ganzen Tages zu sammeln und den gesamten Betrag nach Betriebsschluß zum kontoführenden Geldinstitut zu transportieren. Es bestehe auch die Möglichkeit, die Tageseinnahmen während des Tages in Teilbeträgen zum Geldinstitut zu bringen und am Wochenende den Einwurf in den Nacht- und Tagtresor der Bank vorzunehmen bzw. darüber hinaus die Möglichkeit, während der Öffnungszeiten der Postämter die in dieser Zeit anfallenden Beträge bei einem Postamt einzuzahlen. Die in den Abendstunden anfallenden Einnahmen könnten in einem entsprechenden Tresor in der Tankstelle bis zum nächsten Tag aufbewahrt werden.

Bezüglich eines schon in der ersten Instanz aktenkundigen Vorfalles, in den der Beschwerdeführer verwickelt war und der zu Anzeigen wegen des Verdachtes des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 StGB an die Staatsanwaltschaft Krems geführt hatte, führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des aktenkundigen Sachverhalts und der Rechtslage und Judikatur zum Begriff der Verläßlichkeit näher aus, weshalb sie aufgrund dieser aktenkundigen Vorgänge davon ausgehe, daß die waffenrechtliche Verläßlichkeit des Beschwerdeführers verneint werden müsse.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich - zusammengefaßt - in seinem sich aus den §§ 17 Abs. 2 und 18 Waffengesetz ergebenden Recht auf Ausstellung eines Waffenpasses verletzt, weil die belangte Behörde die Notwendigkeit, REGELMÄßIG größere Geldbeträge zur späteren Abendstunde zu transportieren, nicht als bedarfsbegründend gewertet habe. Dieser Transport sei auch unvermeidbar. Im übrigen setzt sich die Beschwerde mit dem von der belangten Behörde für die Beurteilung der Verläßlichkeit des Beschwerdeführers herangezogenen Vorfall auseinander.

§ 17 Abs. 2 Waffengesetz lautet:

"(2) Die Behörde hat einer verläßlichen Person, die das 21. Lebensjahr vollendet hat, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und einen Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen nachweist, einen Waffenpaß auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verläßliche Personen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde; ebenso die Ausstellung an Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, soweit diese den Nachweis des beruflichen Bedarfes erbringen."

§ 18 des Waffengesetzes lautet:

"Ein Bedarf im Sinne des § 17 Abs. 2 ist insbesondere als gegeben anzunehmen, wenn eine Person glaubhaft macht, daß sie außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder ihrer eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann."

Die Behörde hat somit einen Waffenpaß auszustellen, wenn sowohl die Verläßlichkeit im Sinn des § 6 des Waffengesetzes als auch der Bedarf im Sinne des § 17 Abs. 2 iVm mit § 18 Waffengesetz gegeben ist. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, so ist die Ausstellung des Waffenpasses zu versagen.

Zur Frage des Bedarfes hat die belangte Behörde unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Auffassung vertreten, daß der Hinweis auf die durchgeführten Geldtransporte - insbesondere zur Nachtzeit - von der Tankstelle zur Bank nicht geeignet sei, einen Bedarf im Sinne des § 17 Abs. 2 iVm § 18 des Waffengesetzes zu begründen. Der belangten Behörde ist dabei nicht entgegenzutreten, daß bei täglicher Ablieferung der Geldbeträge die Einzelbeträge keine derartige Höhe erreichen, die es gerechtfertigt erscheinen läßt, von einer Gefahr zu sprechen, die das Ausmaß der für jedermann bestehenden Gefahren außerhalb des Wohn- und Betriebsbereiches erheblich übersteigt. Darüber hinaus hat die belangte Behörde zutreffend darauf hingewiesen, daß § 18 des Waffengesetzes eine solche Gefahr voraussetzt, der unter Berücksichtigung aller maßgebenden Umstände am zweckmäßigsten mit Waffengewalt, das heißt mit dem Einsatz von Faustfeuerwaffen wirksam begegnet wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. November 1990, Zl. 90/01/0030).

Wie der Verwaltungsgerichtshof zu vergleichbaren Sachverhalten ausgesprochen hat, erfordert es das öffentliche Interesse, die mit dem Führen von Faustfeuerwaffen auch durch verläßliche Personen verbundenen Gefahren möglichst gering zu halten, daß Einzelpersonen oder Unternehmen, die sich einer Gefährdung ausgesetzt erachten, zunächst in zumutbarem Rahmen auch sie belastende Maßnahmen ergreifen, um die von ihnen als gegeben angenommene Gefahrenlage zu vermeiden oder die Gefahr zu verringern (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 6. Mai 1992, Zl. 92/01/0405).

Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid aufgezeigten Möglichkeiten der Vermeidung des Transportes höherer Geldbeträge in den Abendstunden erscheinen durchaus geeignet (für sich allein oder in Verbindung der aufgezeigten Alternativen) die vom Beschwerdeführer (allein) für die Begründung des Bedarfes ins Treffen geführte Gefahrenlage zu entschärfen. Das Vorbringen in der Beschwerde ist nicht geeignet, die Darlegungen der belangten Behörde zu entkräften.

Da die belangte Behörde schon das Vorliegen eines Bedarfes verneinen konnte, konnte ein Eingehen auf das Vorbringen in der Beschwerde betreffend die Ausführungen zur Verläßlichkeit des Beschwerdeführers im angefochtenen Bescheid unterbleiben.

Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerde, die Behörde habe festgestellt, daß der Beschwerdeführer durchschnittlich Bargeldbeträge von ca. S 40.000,-- transportiere. Diese Feststellung stehe im Widerspruch zu der Bestätigung der Kremser Bank- und Sparkassen AG, wonach der Einwurf in den Nachttresor durchschnittlich "jeden bis jeden dritten Tag ca. S 250.000,--" betrage.

Zu diesem Vorbringen ist auf folgendes hinzuweisen:

Gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. a VwGG ist der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, wenn der Sachverhalt von der belangten Behörde IN EINEM WESENTLICHEN PUNKT AKTENWIDRIG angenommen wurde.

Wie der Verwaltungsgerichtshof zum Tatbestandselement des "wesentlichen Punktes" ausgesprochen hat, hat es sich hiebei um ein Tatbestandselement zu handeln, welches für die Entscheidung wesentlich ist, sodaß bei Nichtvorliegen des Sachverhalts oder bei einem anderen Vorliegen die Entscheidung nicht in der Weise ergehen hätte können, wie sie ergangen ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1984, Zl. 82/02/0206).

Unabhängig davon, ob im Falle der Notwendigkeit von Geldtransporten von mehreren S 100.000,-- ein Bedarf im Sinne des Waffengesetzes gegeben ist, ergibt sich im vorliegenden Falle, daß die dem Beschwerdeführer zumutbaren organisatorischen Maßnahmen eine Reduktion der zu transportierenden Beträge bewirken würden. Der Beschwerdeführer hat weder dargetan, daß die von ihm genannten Beträge in der Zeit nach Schließung der Bank bzw. der Postämter anfallen, noch daß die Verwahrung in einem Tresor unzumutbar wäre.

Die Frage, ob die vom Beschwerdeführer bei der Bank einbezahlten Beträge tatsächlich so hoch waren, wie in der Beschwerde - im übrigen in sprachlich schwer verständlicher Weise - ausgeführt wird, ist im vorliegenden Fall aber insofern nicht entscheidungswesentlich, als selbst unter Zugrundelegung der in der Beschwerde genannten Beträge das Argument der belangten Behörde, daß mit organisatorischen Maßnahmen eine Reduktion der Gefahr möglich ist, nicht entkräftet wäre.

Es läge somit selbst für den Fall, daß die Sachverhaltsannahme der belangten Behörde sich nicht mit den vorgelegten Bestätigungen deckte, keine Annahme eines aktenwidrigen Sachverhaltes IN EINEM WESENTLICHEN PUNKT vor.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war sie ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

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