VwGH 94/18/0800

VwGH94/18/080019.1.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des Z in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 25. März 1994, Zl. SD 64/94, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §18;
FrG 1993 §22;
FrG 1993 §23;
FrG 1993 §26;
FrPolG 1954 §6 Abs1;
FrPolG 1954 §6 Abs2;
TilgG 1972;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §18;
FrG 1993 §22;
FrG 1993 §23;
FrG 1993 §26;
FrPolG 1954 §6 Abs1;
FrPolG 1954 §6 Abs2;
TilgG 1972;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung des mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 21. März 1983 gegen ihn erlassenen unbefristeten Aufenthaltsverbotes gemäß § 26 FrG abgewiesen. In der Begründung stellte die belangte Behörde fest, daß der Beschwerdeführer erstmals im Jahr 1978 nach Österreich eingereist sei. Nachdem er bereits in den Jahren 1981 und 1982 wegen Diebstahls bzw. Einbruchsdiebstahls "strafrechtlich in Erscheinung getreten war" (gemeint: hiefür rechtskräftig bestraft worden war), sei er am 27. Jänner 1983 wegen des Verbrechens des schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten rechtskräftig verurteilt worden. In Vollstreckung des daraufhin mit Bescheid vom 21. März 1983 erlassenen unbefristeten Aufenthaltsverbotes sei der Beschwerdeführer, der im Dezember 1987 aus der Gerichtshaft entlassen worden sei, am 26. Jänner 1988 in sein Heimatland abgeschoben worden. Am 7. September 1988 habe er einen Antrag auf Bewilligung der Wiedereinreise eingebracht, dem mit Bescheid vom 13. September 1988 stattgegeben worden sei. In der Folge habe er Vollstreckungsaufschübe erhalten, und zwar zuletzt bis zum 28. Februar 1993. Am 3. Juni 1993 sei er wegen schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten, bedingt auf drei Jahre Probezeit, verurteilt worden. Den Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes habe der Beschwerdeführer damit begründet, daß er seit Jänner 1989 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei und mit dieser ein gemeinsames Kind habe. Darüber hinaus sei er auch zehn Jahre lang nicht straffällig geworden. Der Beschwerdeführer könne - so heißt es in der Begründung des angefochtenen Bescheides - zu Recht geltend machen, daß sich seine familiären Beziehungen zu Österreich aufgrund seiner Heirat und der Gründung einer Familie zu seinen Gunsten geändert hätten, doch müsse dem entgegengehalten werden, daß den durch eine Eheschließung während eines Vollstreckungsaufschubes geschaffenen persönlichen Verhältnissen kein besonders schweres Gewicht beizumessen sei. Dem gegenüber habe sich das Gewicht der für die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes sprechenden öffentlichen Interessen im Hinblick auf die neuerliche Straftat des Beschwerdeführers wesentlich erhöht. Die nachteiligen Folgen der Beseitigung des Aufenthaltsverbotes wögen daher unverhältnismäßig schwerer als dessen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene, vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 27. September 1994, B 983/94, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetretene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 26 FrG kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0181) nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgebenden Umstände zugunsten des Fremden geändert haben. Bei der Entscheidung über einen solchen Antrag ist auch auf die nach der Erlassung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen.

Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, daß die der Erlassung des Aufenthaltsverbotes zugrundeliegenden gerichtlichen Verurteilungen als bestimmte Tatsachen im Sinne des § 18 Abs. 2 Z. 1 1. und 4. Fall FrG zu werten sind; aufgrund der Schwere dieser Delikte ist unter Mitberücksichtigung der der neuerlichen gerichtlichen Verurteilung zugrundeliegenden Straftat, die im übrigen - als schwere Körperverletzung - auf der gleichen schädlichen Neigung wie der vom Beschwerdeführer zuvor begangene Raub beruht, sowohl die in § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG umschriebene Annahme als auch die weitere Annahme gerechtfertigt, daß die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 FrG zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen (Verhinderung von strafbaren Handlungen) dringend geboten ist.

Wenn der Beschwerdeführer einwendet, daß "die dem Aufenthaltsverbot zugrundeliegende Verurteilung" dreizehn Jahre zurückliege, daß ihm bereits vor sechs Jahren die Wiedereinreise in das Bundesgebiet sowie "der rechtmäßige Aufenthalt in Form von Vollstreckungsaufschüben nach dem FrPolG" gewährt worden seien und daß, was die neuerliche Verurteilung anlange, eine "wesentliche Provokation" vorgelegen sei, vermag er der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die der Erlassung des Aufenthaltsverbotes zugrundeliegenden gerichtlichen Verurteilungen sind noch nicht getilgt und können daher noch immer unter § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG subsumiert werden. Im übrigen stünde selbst eine inzwischen eingetretene Tilgung einer Berücksichtigung der den Verurteilungen zugrundeliegenden Taten im Rahmen der Beurteilung des Gesamt(fehl)verhaltens gemäß § 18 Abs. 1 FrG nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Juli 1994, Zl. 94/18/0374). Aus dem Umstand, daß dem Beschwerdeführer die Wiedereinreise in das Bundesgebiet sowie der Aufschub der Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes bewilligt wurde, kann nicht abgeleitet werden, daß das für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgebende öffentliche Interesse weggefallen wäre. Ob der Beschwerdeführer zu der zuletzt begangenen Straftat "provoziert" wurde, ist nicht von entscheidender Bedeutung; daß ihn auch mehrfache Verurteilungen und die Verbüßung der Strafen nicht von der Begehung einer weiteren, noch dazu auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlung abhalten konnten, läßt vielmehr deutlich das Weiterbestehen der von ihm ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Sicherheit erkennen. An die Erwägungen, die das Gericht veranlaßten, eine bedingte Strafnachsicht zu gewähren, war die belangte Behörde bei ihrer aus dem Blickwinkel des Fremdenrechtes eigenständig vorzunehmenden Beurteilung nicht gebunden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Oktober 1994, Zl. 94/18/0622).

Was die in § 20 Abs. 1 FrG vorgeschriebene Interessenabwägung betrifft, so hat die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Verehelichung mit einer österreichischen Staatsbürgerin und die Geburt eines Kindes zu seinen Gunsten berücksichtigt, jedoch diesen Umständen mit Recht kein besonders schweres Gewicht beigemessen, weil der Beschwerdeführer zufolge des aufrechten Bestehens des Aufenthaltsverbotes von vornherein nicht mit der Erlangung der Berechtigung zu einem längeren Aufenthalt im Bundesgebiet rechnen konnte. Der belangten Behörde ist auch darin beizutreten, daß die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes durch die neuerliche Verurteilung des Beschwerdeführers eine wesentliche Verstärkung erfahren haben. Gegen das von der belangten Behörde erzielte Ergebnis der Interessenabwägung bestehen daher keine Bedenken.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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