VwGH 94/18/0555

VwGH94/18/055529.9.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des V, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 11. Juli 1994, Zl. SD 151/94, betreffend Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §5 Abs1;
AVG §64 Abs2;
FrG 1993 §15 Abs1 Z3;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z6;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §36;
SGG;
AsylG 1991 §5 Abs1;
AVG §64 Abs2;
FrG 1993 §15 Abs1 Z3;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z6;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §36;
SGG;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 11. Juli 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 und 6 des Fremdengesetzes (FrG) ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer halte sich seinen Angaben zufolge seit März 1989 im Bundesgebiet auf. Ihm seien zunächst Sichtvermerke bis zum 30. Oktober 1991 erteilt worden. Am 19. Mai 1992 sei er vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen Suchtgiftbesitzes zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Nach seiner Haftentlassung im Mai 1992 habe er das "College" nicht mehr besucht, sondern sich mit dem Export von Autos beschäftigt. Trotzdem habe er anläßlich seines Sichtvermerksantrages vom 5. Juni 1992 als Beruf Student angegeben. Seine in der Berufung aufgestellte Behauptung, es sei anläßlich der niederschriftlichen Vernehmung vom 11. Dezember 1993 zu Mißverständnissen bei der Übersetzung gekommen, überzeuge nicht, zumal ein gerichtlich beeideter Dolmetscher beigezogen gewesen sei und nicht ersichtlich sei, warum gerade diese Passage unrichtig übersetzt worden sein soll.

Der Beschwerdeführer habe am 25. Juni 1991 unter dem Namen E im Flüchtlingslager Traiskirchen einen Asylantrag gestellt. Selbst wenn er, wie er behaupte, zur Führung dieses Namens berechtigt sei, habe er jedenfalls insofern unrichtige Angaben gemacht, als er behauptet habe, nach seiner Flucht durch mehrere näher bezeichnete Länder im Juni 1991 von Italien aus über die grüne Grenze nach Östereich gelangt zu sein. Der Beschwerdeführer habe somit am 25. Juni 1991 und am 5. Juni 1992 unrichtige Angaben über seine Person und seine persönlichen Verhältnisse gemacht. Der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG sei demnach erfüllt. Das Verhalten des Beschwerdeführers und die dadurch bewirkte Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung rechtfertigten die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme.

Das Aufenthaltsverbot bewirke einen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers, der seit 1989 mit seiner Ehefrau und seinem Kind in Österreich lebe, doch sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen - hier: zur Verhinderung strafbarer Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens - dringend geboten und daher zulässig. Aus den wiederholten unrichtigen Angaben des Beschwerdeführers gehe hervor, daß er keine Bedenken habe, sich über die für ihn maßgebenden fremdenrechtlichen Bestimmungen hinwegzusetzen. Die bei Verstößen gegen das Suchtgiftgesetz gegebene Wiederholungsgefahr lasse eine positive Prognose nicht zu. Den durch das Verhalten des Beschwerdeführers beeinträchtigten öffentlichen Interessen komme höheres Gewicht zu als den Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Annahme der belangten Behörde, er habe unrichtige Angaben gegenüber einer österreichischen Behörde gemacht, um sich die Aufenthaltsberechtigung zu verschaffen. Die Angaben im Sichtvermerksantrag vom 5. Juni 1992 seien richtig gewesen, weil er Student gewesen sei und sich weder damals noch zu einem späteren Zeitpunkt beruflich ausschließlich mit dem Export von Autos befaßt habe. Für diese Tätigkeit sei eine Gewerbeberechtigung nicht erforderlich gewesen.

1.2. Der Beschwerdeführer vermag damit keine Zweifel an der Richtigkeit der Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde zu wecken. Die belangte Behörde hat sich auf die Angaben des Beschwerdeführers gestützt, wonach er nach seiner Haftentlassung im Mai 1992 das "College" nicht mehr besucht habe. Welches konkrete Studium der Beschwerdeführer im Juni 1992 betrieben haben soll, das die Bezeichnung "Student" gerechtfertigt hätte, ist den Beschwerdeausführungen nicht zu entnehmen. Die in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, der Beschwerdeführer habe für seine den Export von Autos betreffende Tätigkeit keine Gewerbeberechtigung benötigt, ist im gegebenen Zusammenhang ohne Bedeutung. Gegen die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe im Sichtvermerksantrag vom 5. Juni 1992 unrichtige Angaben über seinen Beruf gemacht, bestehen demnach keine Bedenken.

2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß er rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt wurde und damit der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt ist. Nach dem oben unter Punkt 1.2. Gesagten ist auch davon auszugehen, daß er in seinem Sichtvermerksantrag vom 5. Juni 1992 unrichtige Angaben über seinen Beruf und damit über seine persönlichen Verhältnisse gemacht hat, weshalb auch der Tatbestand des § 18 ABs. 2 Z. 6 FrG erfüllt ist.

Die am 25. Juni 1991 im Asylverfahren gemachten Angaben über seine Flucht und den Zeitpunkt der Einreise nach Österreich, können nicht unmittelbar dem § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG unterstellt werden, weil sie nicht auf die Verschaffung einer Aufenthaltsberechtigung nach dem in § 15 Abs. 1 Z. 3 FrG genannten, damals noch nicht in Geltung gestandenen Asylgesetz 1991 gerichtet waren. Dies ändert aber nichts daran, daß die belangte Behörde im Rahmen des § 18 Abs. 1 FrG auch dieses Fehlverhalten zu berücksichtigen hatte, welches darauf gerichtet war, den Anschein zu erwecken, der Beschwerdeführer sei gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz (1968) zum vorläufigen Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt, und daher ebenso verwerflich ist wie ein dem § 18 Abs. 2 Z. 6 zu unterstellendes Verhalten (vgl. dazu das zu § 3 Abs. 2 Z. 6 Fremdenpolizeigesetz ergangene hg. Erkenntnis vom 25. November 1991, Zl. 90/19/0531).

3.1. Gegen die - zutreffende - Annahme der belangten Behörde, daß auf Grund des Verhaltens des Beschwerdeführers die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme berechtigt ist, führt die Beschwerde nichts ins Treffen. Der Beschwerdeführer hält die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen ihn auf Grund der §§ 19 und 20 FrG für unzulässig.

3.2. Im Gegensatz zur Ansicht des Beschwerdeführers ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde auf Grund des ihm zur Last liegenden Verhaltens die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, im besonderen zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und zum Schutz der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Fremdenwesens), für dringend geboten angesehen hat. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes war somit gemäß § 19 FrG zulässig.

3.3. Die belangte Behörde hat ausdrücklich festgestellt, daß sich der Beschwerdeführer mit seiner Ehefrau und einem Kind seit 1989 im Bundesgebiet aufhält. Sie hat damit erkennbar die Dauer seines Aufenthaltes, der allerdings nur zum Teil erlaubt war, und die damit verbundene Integration des Beschwerdeführers und seiner Familie berücksichtigt. Wenn sie dennoch auf Grund der durch die wiederholten unrichtigen Angaben des Beschwerdeführers erfolgten Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und auf Grund seiner Verurteilung wegen Suchtgiftbesitzes und der bei derartigen Delikten erfahrungsgemäß gegebenen Wiederholungsgefahr die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes als schwerer wiegend angesehen hat als die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie, kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.

Soweit der Beschwerdeführer im Unterbleiben seiner neuerlichen Vernehmung sowie der Vernehmung seiner Ehefrau Verfahrensmängel erblickt, ist seinen Ausführungen nicht zu entnehmen, welche konkreten Sachverhaltsfeststellungen die belangte Behörde auf Grund dieser Vernehmungen hätte treffen und inwieweit sie dadurch zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können.

Die Auffassung der belangten Behörde, daß die Wiederholungsgefahr bei Suchtgiftdelikten groß ist, entspricht der Lebenserfahrung. Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers war es daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde angenommen hat, daß im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (rund zwei Jahre nach der rechtskräftigen Verurteilung) eine positive Zukunftsprognose nicht möglich sei. Der Beschwerdeführer zeigt keine konkreten Umstände auf, die eine andere Beurteilung nahegelegt hätten.

4. Was die in der Beschwerde bekämpfte Bestätigung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gegen die Verhängung des Aufenthaltsverbotes anlangt, so hat der Beschwerdeführer nicht aufgezeigt, inwieweit er dadurch in seinen Rechten verletzt worden ist, zumal er nicht behauptet, auf Grund des (durchsetzbaren) erstinstanzlichen Bescheides abgeschoben worden zu sein (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 1. Juni 1994, Zl. 94/18/0258).

5. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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