VwGH 94/18/0150

VwGH94/18/015019.5.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der E in Ä, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 8. Februar 1994, Zl. SD 610/93, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §21;
EMRK Art8 Abs2;
StGB §41;
VStG §55 Abs1;
VwRallg;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §21;
EMRK Art8 Abs2;
StGB §41;
VStG §55 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 8. Februar 1994 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine ägyptische Staatsangehörige, gemäß § 18 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z. 1 FrG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Nach der Begründung sei die Beschwerdeführerin wegen des Verbrechens des schweren Raubes gemäß §§ 142, 143 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 Jahren, davon 6 Monate unbedingt und 18 Monate unter bedingter Strafnachsicht, rechtskräftig verurteilt worden. Damit seien die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG und somit auch des § 18 Abs. 1 leg. cit. gegeben. Der Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin, welcher darin bestehe, daß sie nach einem mehrjährigen Aufenthalt in Österreich nicht weiterhin hier und damit in der Nähe ihres Gatten, der hier eine langjährige Freiheitsstrafe verbüße, werde leben können, sei zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (hier: Schutz der Rechte Dritter) dringend geboten. Maßgebend sei im vorliegenden Fall, daß es sich um eine Straftat mit einer sehr hohen Strafdrohung (von 5 bis 15 Jahren) gehandelt habe. Eine solche Strafdrohung hätte selbst bei sehr langem Aufenthalt in Österreich die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Sinne des § 20 Abs. 2 FrG gerechtfertigt erscheinen lassen. Die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wögen dermaßen schwer, daß demgegenüber die Auswirkungen auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin, mögen sie auch keineswegs unbeträchtlich sein, zurückzutreten hätten. Die Frage, ob die Beschwerdeführerin außerhalb Österreichs Aufenthalt nehmen sollte oder könnte und welche Probleme mit einer Rückkehr in ihre Heimat verbunden seien, sei im Verfahren nicht zu prüfen gewesen. Auch die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes sei berechtigt. Bei einem Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG handle es sich gerade um einen jener Fälle, bei denen die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes vorgesehen und nicht zu erkennen sei, wann die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände wegfallen würden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin läßt die - zutreffende - Auffassung der belangten Behörde, es sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht und die in § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt, unbestritten.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Zulässigkeit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 FrG mit der Behauptung, die belangte Behörde hätte sich mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob der Beschwerdeführerin bei ihrer Verurteilung die außerordentliche Strafmilderung zuerkannt worden sei. Die beantragten, aber von der belangten Behörde nicht aufgenommenen Beweise hätten Aufschluß über diese Frage gebracht. Diese Beweismittel hätten zutage gefördert, daß bei der Beschwerdeführerin Anlaß zur Erwartung bestehe, daß sie nicht mehr straffällig werde und bei ihr die Milderungsgründe deutlich überwogen hätten. Dies hätte die belangte Behörde veranlassen müssen, kein Aufenthaltsverbot zu verhängen.

Mit diesen Ausführungen vermag die Beschwerdeführerin keine dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit aufzuzeigen. Die belangte Behörde hatte ohne Bindung an die für die Strafbemessung maßgebenden Erwägungen des Gerichtes zu beurteilen, ob die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 19 FrG). Eine Beweisaufnahme durch Einsicht in den betreffenden Strafakt war daher nicht geboten. Der belangten Behörde ist zuzustimmen, daß mit Rücksicht auf die besondere Schwere der Straftat nach den §§ 142, 143 StGB die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele, nämlich zur Verhinderung strafbarer Handlungen und zum Schutz der Rechte Dritter, im Sinne des § 19 FrG dringend geboten ist.

Auch die gegen die gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommene Interessenabwägung vorgebrachten Einwände schlagen nicht durch. Die belangte Behörde hat die zugunsten der Beschwerdeführerin sprechenden Gesichtspunkte (längerer - seit 1988 währender - Aufenthalt in Österreich und die daraus entstandenene Bindung, Trennung von ihrem eine mehrjährige Freiheitsstrafe in Österreich verbüßenden Ehegatten) berücksichtigt, sodaß sich die Aufnahme der von der Beschwerdeführerin dazu beantragten Beweise erübrigte. Wenn die belangte Behörde wegen der Schwere der von der Beschwerdeführerin begangenen strafbaren Handlung das öffentliche Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes als unverhältnismäßig schwerer wiegend ansah, als das gegenläufige private Interesse der Beschwerdeführerin, kann ihr nicht entgegengetreten werden. Bei der Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG sind entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin die Verhältnisse in ihrem derzeitigen Aufenthaltsland Ägypten (sie sei mittellos und ständig in der Gefahr, von ihrem Vater aufgespürt und getötet zu werden) nicht zu berücksichtigen.

Die Beschwerdeführerin macht schließlich geltend, die belangte Behörde hätte kein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängen dürfen. Der Wegfall der Gründe für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei von Anfang an vorhersehbar, weil er mit dem Ende der Tilgungsfrist (Hinweis auf ZfVB 1992/2063) - somit am 3. November 2006 - zusammenfalle.

Dem kann nicht zugestimmt werden. Die Bemessung der Gültigkeitsdauer und die dazu im angefochtenen Bescheid gegebene Begründung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Frage. Demnach ist - unter Bedachtnahme auf § 21 Abs. 1 FrG - ein Aufenthaltsverbot für jenen Zeitraum, nach dessen Ablauf vorsehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit zu erlassen, wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann (vgl. etwa das Erkenntnis vom 28. Oktober 1993, Zl. 93/18/0474). Wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall zum Ausdruck brachte, daß nicht zu erkennen sei, wann der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgebliche Grund, nämlich die Gefährdung der von ihr genannten öffentlichen Interessen durch den Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet, wegfallen werde, so stößt diese Auffassung bei der gegebenen Sach- und Rechtslage auf keinen Einwand. Der Tilgungsfrist kommt im gegebenen Zusammenhang keine Bedeutung zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1993, Zl. 93/18/0474). Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die im ZfVB 1992/2063 zitierte hg. Entscheidung geht schon deswegen fehl, weil dort zur Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes keine Aussage enthalten ist.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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