VwGH 94/16/0111

VwGH94/16/011127.6.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über den Antrag des O in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der unter hg. Zl. 93/16/0174 protokollierten Beschwerde gegen den Bescheid des Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 22. Oktober 1993, Zl. Jv 173-33/93, betreffend Gerichtsgebühren, den Beschluß gefaßt:

Normen

VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben. Gleichzeitig wird die in drei weiteren Ausfertigungen nochmals eingebrachte Beschwerde gegen diesen Verwaltungsakt zurückgewiesen.

Begründung

Mit einem in einfacher Ausfertigung eingebrachten Schriftsatz vom 30. Oktober 1993 erhob der Antragsteller gegen den Bescheid des Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 22. Oktober 1993, Jv 173-33/93, Beschwerde. In der daraufhin ergangenen hg. Verfügung vom 22. November 1993, Zl. 93/16/0174-2, wurde der Antragsteller unter anderem aufgefordert, die Beschwerde mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes zu versehen sowie weitere Ausfertigungen der Beschwerde für die belangte Behörde und den Bundesminister für Justiz beizubringen.

Hierauf langte beim Verwaltungsgerichtshof ein von dem zum Verfahrenshelfer bestellten Rechtsanwalt unterfertigter, als "Bescheidbeschwerde" bezeichneter Schriftsatz in dreifacher Ausfertigung ein. Angeschlossen war die vom Beschwerdeführer ursprünglich eingebrachte Beschwerde in einfacher Ausfertigung, die nach wie vor nicht von einem Rechtsanwalt unterfertigt war.

Mit hg. Beschluß vom 17. Februar 1994, Zl. 93/16/0174, wurde daraufhin das Verfahren eingestellt.

Im Antrag vom 29. April 1994 wird unter Anschluß dreier Kopien der ursprünglichen Beschwerde die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln begehrt. In der Begründung des Antrages wird angeführt, die Vertreterin des Antragstellers habe nach Unterfertigung der "gegenständlichen Bescheidbeschwerde" bemerkt, daß der vom Antragsteller selbst verfaßte Schriftsatz vom 30. Oktober 1993 nur einfach angeschlossen gewesen sei. Sie habe daraufhin der Sekretärin Brigitte O. den ausdrücklichen Auftrag erteilt, zwei Kopien des Schriftsatzes vom 30. Oktober 1993 anzufertigen und der bereits unterschriebenen "Bescheidbeschwerde" beizulegen sowie jeweils auf der ersten Seite der Beschwerde und der Gleichschrift rechts unten nach dem Vermerk "Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 30.10.1993 im Original" mit Schreibmaschine zu ergänzen: "sowie 2-fach in Kopie". Trotz dieses Auftrages habe Brigitte O. nur das Original des Schriftsatzes vom 30. Oktober 1993 der "Bescheidbeschwerde" beigelegt.

Dem Antragsteller ist entgegenzuhalten:

Nach § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß einer Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach ständiger Rechtsprechung gibt ein einem Rechtsanwalt widerfahrenes Ereignis einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann ab, wenn dieses Ereignis für den Rechtsanwalt selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei nur um einen minderen Grad des Versehens handelt (vgl. z.B. den Beschluß vom 14. September 1992, 92/15/0118, 0119, 0120 und das Erkenntnis vom 16. März 1993, 89/14/0254).

Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptung des Wiedereinsetzungswerbers im Wiedereinsetzungsantrag vorgegeben war. Im Antragsfall war Gegenstand der hg. Verfügung vom 22. November 1993, Zl. 93/16/0174-2, unter anderem die Beschwerde - das ist der Schriftsatz vom 30. OKTOBER 1993 - mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes zu versehen und zwei weitere - also gleichlautende, somit ebenfalls mit der Unterschrift des Rechtsanwaltes versehene - Ausfertigungen beizubringen. Die Leistung der Unterschrift auf allen an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Anbringen trifft dabei den einschreitenden Rechtsanwalt höchstpersönlich. Die Unterlassung der Beisetzung der Unterschrift durch den Rechtsanwalt stellt sich also als ein Ereignis dar, das überhaupt nicht im Bereich des Erfüllungsgehilfen, sondern in jenem des Rechtsanwaltes selbst - dessen Verschulden der Partei zuzurechnen ist - geschehen ist. Der Umstand, daß der Rechtsanwalt selbst bei der Unterfertigung der Beschwerdeergänzungen nicht unter Bedachtnahme auf den Mängelbehebungsauftrag auch die weiteren Ausfertigungen der (Ur-)Beschwerde unterfertigt hat, ist nicht der Sekretärin, sondern dem Rechtsanwalt selbst zuzuordnen (vgl. den Beschluß vom 23. März 1994, 94/13/0006, 0052). Dem Rechtsanwalt des Antragstellers fällt daher ein Verschulden an der Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der gegenständlichen Beschwerde zur Last, das einen minderen Grad des Versehens im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG übersteigt, weswegen der Antrag abzuweisen war.

Zur Klarstellung wird bemerkt, daß der auch im nunmehrigen Verfahren als "Bescheidbeschwerde" bezeichnete Schriftsatz vom 3. Februar 1994 jedenfalls aus der Sicht der (Ur-)Beschwerde vom 30. Oktober 1993, hinsichtlich welcher Beschwerde der Mängelbehebungsauftrag ergangen war, lediglich als ein die Beschwerde ergänzenden Schriftsatz anzusehen war. Selbst wenn der Gerichtshof diesen Schriftsatz vom 3. Februar 1994 als Beschwerde ansehen wollte, wäre für den Antragsteller nichts gewonnen, weil eine solche neuerliche Beschwerde wegen des Verbrauches des Beschwerderechtes durch die Beschwerde vom 30. Oktober 1993 zurückzuweisen wäre.

Die in drei weiteren Ausfertigungen nochmals eingebrachte Beschwerde gegen den Bescheid des Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 22. Oktober 1993 war wegen entschiedener Sache gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen, weil der Gerichtshof das Verfahren über die denselben Verwaltungsakt bekämpfende Beschwerde mit dem Beschluß vom 17. Februar 1994 eingestellt hat.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte