VwGH 94/12/0230

VwGH94/12/023021.4.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. Christoph Leon, Rechtsanwalt in Wien I, Reichratstraße 5, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 13. Juli 1994, Zl. VIII/1-L-1053/2, betreffend Verleihung einer schulfesten Leiterstelle (Hauptschule W - mitbeteiligte Partei: H in W), den Beschluß gefaßt:

Normen

VwGG §33 Abs1;
VwGG §33 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Die Anträge des Beschwerdeführers und der belangten Behörde auf Zuspruch von Aufwandersatz werden abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht seit 1. September 1997 als Schulrat in Ruhe in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Land Niederösterreich. Der angefochtene Bescheid bezieht sich auf Vorgänge, die sich noch während des Dienststandes des Beschwerdeführers ereignet haben.

Mit Schreiben vom 16. Dezember 1992 bewarb sich der Beschwerdeführer bei der NÖ. Landeslehrerkommission für allgemeinbildende Pflichtschulen (im folgenden kurz NÖ. LLK) um die im Verordnungsblatt des Landeschulrates für Niederösterreich (LSR) vom 19. November 1992 ausgeschriebene schulfeste Leiterstelle an der Hauptschule 1 W (im folgenden kurz HS 1/W).

Im Besetzungsvorschlag des zuständigen Bezirksschulrates war der Beschwerdeführer an 1. Stelle und die mitbeteiligte Partei an

2. Stelle gereiht worden; im Vorschlag des LSR wurde der Beschwerdeführer hingegen hinter der erstgereihten mitbeteiligten Partei an 2. Stelle gereiht.

Mit Bescheid vom 19. April 1993 verlieh die NÖ. LLK die schulfeste Leiterstelle der HS 1/W an die mitbeteiligte Partei und wies die übrigen Bewerbungen (darunter auch die des Beschwerdeführers) ab. Nach der Begründung dieses Bescheides sei auf Grund der vorliegenden Unterlagen und des durchgeführten Anhörungsverfahrens festgestellt worden, daß die mitbeteiligte Partei dem Anforderungsprofil für Schulleiter besser entspreche. Insbesondere erscheine sie für einen kommunikativen Führungsstil besser geeignet.

Auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers hob die belangte Behörde mit Bescheid vom 2. Februar 1994 den erstinstanzlichen Bescheid auf und verwies die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die NÖ. LLK zurück. Nach der Begründung dieses Bescheides waren dafür folgende Gründe ausschlaggebend: es liege keine Äußerung des Schulforums vor. Der Besetzungsvorschlag des LSR sei nicht begründet worden. Die Ergebnisse der Anhörung seien nicht ausreichend, um die Schlußfolgerungen der Behörde 1. Instanz zu untermauern, weil im Beratungsprotokoll bloß die Willensentscheidung festgehalten, aber dafür keine nachvollziehbare Begründung gegeben worden sei (wird näher ausgeführt). Die NÖ. LLK werde daher im fortgesetzten Verfahren den Sachverhalt dahin zu ergänzen haben, welche konkreten Fähigkeiten die Bewerber aufwiesen, die dem Anforderungsprofil eines Schulleiters entsprächen, und dies in einer nachvollziehbaren Weise begründen müssen.

Im 2. Rechtsgang verlieh die NÖ. LLK neuerlich mit Bescheid vom 25. Februar 1994 die schulfeste Leiterstelle der HS 1/W an die mitbeteiligte Partei und wies die Bewerbung des Beschwerdeführers ab. Sie stützte sich dabei vor allem auf die vom LSR nachgeholte Begründung für dessen Reihungsvorschlag (wird näher ausgeführt). Im übrigen habe die mitbeteiligte Partei die Leiteragenden seit 1. April 1993 bestens geführt. Auch aus der Begründung des Reihungsvorschlages des BSR ergebe sich die höhere Eignung für die mitbeteiligten Partei, weil beim Beschwerdeführer vor allem die außerschulische Arbeit hervorgestrichen worden sei, während bei der mitbeteiligten Partei nur dienstliche Vorzüge (insbesondere Leiterin von Seminaren des Pädagogischen Institutes für Leiter, hervorragende Kenntnisse im Schulrecht und in der Personenführung) erwähnt worden seien. Die Auswertung der dem Akt beiliegenden Beobachtungsblätter der Anhörung ergebe in bestimmten Teilbereichen ( Delegationsfähigkeit, Teamorientierung und Organisationsfähigkeit) eine äußerst positive Bewertung der mitbeteiligten Partei, während der Beschwerdeführer in diesen Bereichen durchwegs schlechter abgeschnitten habe. Bei der Entscheidung sei auch das höhere Dienstalter des Beschwerdeführers und der Umstand, daß er durch Auflassung der Planstelle die schulfeste Stelle an der Volksschule P. verloren habe, berücksichtigt worden. Die für die mitbeteiligte Partei sprechenden Gründe überwögen aber derart, daß ein um fünf Jahre weiter zurückliegender Vorrückungsstichtag des Beschwerdeführers und der Verlust einer Schulleiterstelle diese Gründe nicht aufwiegen könnten.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 13. Juli 1994 wies die belangte Behörde die neuerliche Berufung des Beschwerdeführers ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Sie stützte sich dabei ebenfalls auf die (nachgeholte) Begründung des LSR für seinen Besetzungsvorschlag und die Ergebnisse des Anhörungsverfahrens vor der NÖ. LLK (wird näher ausgeführt).

Nach seiner Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde, in der er Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machte, erachtet sich der Beschwerdeführer in seinen sich aus §§ 25 und 26 des LDG 1984 und § 66 Abs. 4 AVG ergebenden Rechten verletzt, insbesondere im Recht auf fehlerfreie Handhabung des Ermessens sowie auf Durchführung eines ordnungsgemäßen und vollständigen Ermittlungsverfahrens.

Nachdem die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt hatte - die mitbeteiligte Partei hat trotz gebotener Gelegenheit keine Gegenschrift erstattet - teilte die belangte Behörde dem Verwaltungsgerichtshof in der Folge mit, daß sich der Beschwerdeführer mit Wirkung ab 1. September 1997 im Ruhestand befinde.

Mit Berichterverfügung vom 19. Februar 1999 wurde der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine in der Zwischenzeit erfolgte Ruhestandsversetzung ersucht, mitzuteilen, ob und bejahendenfalls worin das rechtliche Interesse an der Fortsetzung dieses Beschwerdeverfahrens bestehe.

Mit Schreiben vom 16. März 1999 teilte der Beschwerdeführer mit, sein rechtliches Interesse bestehe weiterhin, weil das vorliegende Verfahren präjudiziell für die Geltendmachung zivilrechtlicher Schadenersatzansprüche sei, die er durch seine ungerechtfertigte Übergehung bei der Besetzung der schulfesten Leiterstelle erlitten habe. Außerdem bestehe sein rechtliches Interesse im Zuspruch der beantragten Kosten, die er gegenüber seinem Rechtsvertreter bis dato ausgelegt habe. Der Beschwerdeführer stelle daher den Antrag, das Beschwerdeverfahren fortzusetzen und über die Beschwerde eine Entscheidung zu fällen.

Zu diesem Vorbringen ist vorab festzuhalten, daß der in Rechtskraft erwachsene Bescheid der belangten Behörde vom 2. Februar 1994 offenkundig die Parteistellung des Beschwerdeführers als (gereihter) Mitbewerber im Verfahren um eine schulfeste Leiterstelle bejaht hat, weil damit auf Grund seiner Berufung die von der NÖ. LLK im 1. Rechtsgang bescheidförmig vorgenommene Verleihung der schulfesten Stelle an die mitbeteiligte Partei gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit an die Behörde 1. Instanz zurückverwiesen wurde. Die dem Beschwerdeführer dadurch verschaffte verfahrensrechtliche Rechtsposition entfaltete nicht nur eine Bindungswirkung im 2. Rechtsgang vor den Verwaltungsbehörden, sondern ist auch wegen der Rechtskraft des unbekämpft gebliebenen Bescheides vom 2. Februar 1994 für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beachtlich, ohne daß das Zutreffen dieser Auffassung zu prüfen ist. Die Beschwerdelegitimation des Beschwerdeführers gegen den angefochtenen Bescheid, mit dem der 2. Rechtsgang abgeschlossen wurde, ist daher zu bejahen. Wegen dieser besonderen Fallkonstellation liegt auch kein Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, wonach Bewerbern um eine schulfeste Leiterstelle nach dem LDG 1984 in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 329/1996 - diese Rechtslage ist im Beschwerdefall maßgebend - keine Parteistellung im Verwaltungsverfahren und keine Beschwerdelegitimation zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde zukommt (vgl. zB das hg Erkenntnis vom 5. März 1987, 86/12/0037 = Slg. NF Nr. 12.418 A sowie zuletzt der hg. Beschluß vom 24. März 1999, 95/12/0359).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB den hg. Beschluß vom 25. März 1998, 93/12/0090 und die dort genannte Vorjudikatur) kann die zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde auch dann eintreten, wenn auf andere Weise als durch Abänderung des angefochtenen Bescheides im Sinne des Beschwerdeführers durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung im nachhinein wegfällt. Diese Voraussetzung ist im Beschwerdefall deshalb gegeben, weil der Beschwerdeführer nach seiner Versetzung in den Ruhestand das primäre Ziel seiner Beschwerde, im Falle einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides im neuerlich vor der belangten Behörde durchzuführenden Berufungsverfahren allenfalls mit der schulfesten Stelle der HS 1/W betraut zu werden, jedenfalls nicht mehr erreichen kann, weil die Verleihung eine schulfesten (Leiter)Stelle nur an einen Lehrer des Dienststandes rechtlich zulässig ist. Das von ihm im Ergebnis zunächst in seiner Stellungnahme vom 16. März 1999 geltend gemachte rechtliche Interesse auf Schadenersatz im Amtshaftungsverfahren rechtfertigt daher im Hinblick auf die von der mitbeteiligten Partei erworbene Rechtsposition und die rechtliche Unmöglichkeit für den Beschwerdeführer, diese zu erlangen, nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls nicht die Fortsetzung des vom Beschwerdeführer geführten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mit dem möglichen Ergebnis einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes kann aber dieses geänderte rechtliche Interesse des Beschwerdeführers in einem Beschwerdeverfahren nach Art 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG auch nicht zur bloßen Feststellung der Rechtmäßigkeit/Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ohne dessen Aufhebung führen, weil eine solche Entscheidungsform für eine Bescheidbeschwerde einer Partei nach der genannten Bestimmung nach dem Verwaltungsgerichtshofgesetz nicht zulässig ist. Eine derartige Möglichkeit sieht allerdings die auf Art. 131 Abs. 2 B-VG gestützte Bestimmung des § 11 des Amtshaftungsgesetzes (AHG) vor; für dieses Verfahren gelten die §§ 64 - 70 VwGG. Die Voraussetzungen des § 11 AHG sind jedoch im Beschwerdefall nicht gegeben.

Das vom Beschwerdeführer im Ergebnis geltend gemachte Amtshaftungsinteresse ist - jedenfalls bei der im Beschwerdefall gegebenen Konstellation - nicht geeignet, ein rechtliches Interesse an der Fortsetzung des vom Beschwerdeführer geführten Verwaltungsgerichtshofverfahrens zu begründen.

Dies gilt auch für das geltend gemachte Interesse an den Verfahrenskosten.

Die vorliegende Beschwerde war daher nach Anhörung des Beschwerdeführers in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen. Zur Klarstellung weist der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, daß die Einstellung dieses Verfahrens einem allfälligen Antrag eines Gerichtes nach § 11 Abs. 1 AHG nicht entgegensteht.

Da die Entscheidung über die Kosten im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung BGBl. I Nr. 88/1997 die Lösung einer schwierigen Rechtsfrage voraussetzen würde, wird im Sinne des § 58 Abs. 2 letzter Halbsatz VwGG von einem Kostenzuspruch abgesehen.

Es waren daher die Kostenanträge des Beschwerdeführers und der belangten Behörde abzuweisen.

Wien, am 21. April 1999

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