VwGH 94/09/0377

VwGH94/09/037720.4.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden des Ing. P in W, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 10. Oktober 1994, Zl. UVS-07/04/00593/94 (hg. Zl. 94/09/0377) und vom 10. Oktober 1994, Zl. UVS-07/04/00594/94 (hg. Zl. 94/09/0378), beide betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit und Soziales), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §18 Abs1;
AuslBG §18 Abs3 lita;
AuslBG §18 Abs3;
AuslBG §19;
AuslBG §28 Abs1 litb;
AuslBG §28 Abs1 Z1 litb idF 1990/450;
StGB §34 Z11;
VStG §19 Abs1;
VStG §19;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;
VwRallg;
AuslBG §18 Abs1;
AuslBG §18 Abs3 lita;
AuslBG §18 Abs3;
AuslBG §19;
AuslBG §28 Abs1 litb;
AuslBG §28 Abs1 Z1 litb idF 1990/450;
StGB §34 Z11;
VStG §19 Abs1;
VStG §19;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die beiden angefochtenen Bescheide werden in ihrem Straf- und Kostenausspruch wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben; im übrigen werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer zu 94/09/0377 und zu 94/09/0378 Aufwendungen in der Höhe von je S 11.540,-- zu ersetzen; das jeweilige Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war unbestritten zur Tatzeit der handelsrechtliche Geschäftsführer der H.-Gesellschaft m.b.H. (in der Folge kurz: Ges.m.b.H.) mit dem Sitz in Wien.

Mit Schreiben vom 15. Februar 1994 teilte die Ges.m.b.H. dem Arbeitsamt Graz (AA) den Beginn von Montagearbeiten der slowenischen Firma S an der Baustelle B-Straße 46 in G mit, wofür insgesamt zehn slowenische Mitarbeiter entsandt würden. Die Montage werde voraussichtlich drei Wochen in Anspruch nehmen. Dazu teilte das AA der Ges.m.b.H. mit Schreiben vom 21. Februar 1994 die grundsätzliche Notwendigkeit des Vorliegens von Beschäftigungsbewilligungen mit; gleichzeitig wurde die Ges.m.b.H. zur Bekanntgabe weiterer Einzelheiten der behaupteten Montage aufgefordert.

Am 10. März 1994 und am 23. März 1994 erstattete das Landesarbeitsamt Steiermark (LAA) an den Magistrat der Stadt Graz zwei Anzeigen gegen die Ges.m.b.H., weil diese ein slowenisches Unternehmen ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz mit Bauarbeiten (Aufstellen und Zusammenbau von Betonfertigteilen) auf der Baustelle B-Straße beauftragt habe und damit im Zusammenhang die Arbeitsleistungen mehrerer slowenischer Arbeitskräfte in Anspruch nehme. Dabei bezog sich die Anzeige vom 10. März 1994 auf sechs slowenische Arbeitskräfte, jene vom 23. März 1994 auf acht slowenische Arbeitskräfte (von denen allerdings fünf mit bereits in der ersten Anzeige genannten Personen identisch waren).

Unbestritten ist, daß für diese slowenischen Arbeitskräfte keine Beschäftigungsbewilligungen erteilt worden waren und daß sie auch über keine gültigen Arbeitserlaubnisse oder Befreiungsscheine verfügten.

In der Folge wurde der Beschwerdeführer von dem in erster Instanz zuständigen Magistrat der Stadt Wien (Mag.) mit Schreiben vom 8. April 1994 und vom 11. April 1994 zur Rechtfertigung zu den in den beiden Anzeigen erhobenen Vorwürfen aufgefordert. Der Beschwerdeführer nahm dazu in gleichlautenden Eingaben vom 6. Mai 1994 dahin Stellung, daß seiner Auffassung nach die Slowenen gemäß § 18 Abs. 3 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) ohne Beschäftigungsbewilligungen im Inland montieren durften. Es sei auch die entsprechende Anzeige an das AA erfolgt. Das AA habe mehrfach seinen Standpunkt deponiert, daß die gegenständlichen Montagearbeiten mangels Beschäftigungsbewilligung verboten seien, eine rechtliche Begründung habe es dafür jedoch nicht gegeben. Die Arbeiten würden nun vorsorglich von eigenen Leuten der Ges.m.b.H. weitergeführt.

Mit zwei Straferkenntnissen vom 1. Juni 1994 wurde der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Ges.m.b.H. schuldig erkannt, er habe es zu verantworten, daß die Ges.m.b.H. auf der Baustelle B-Straße in G Arbeitsleistungen, und zwar Montagearbeiten von Betonbaufertigteilen, von slowenischen Staatsbürgern in Anspruch genommen habe, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wurden, obwohl dafür keine Beschäftigungsbewilligungen erteilt worden waren, und zwar

1. am 25. Februar 1994 der slowenischen Staatsbürger A, B, C, D, E und F, sowie

2. in der Zeit vom 8. März 1994 bis zum 11. März 1994 der Slowenen A, G, E, D, C, L, B und M.

Der Beschwerdeführer habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b in Verbindung mit § 18 Abs. 1 AuslBG begangen und wurde dafür

1.) zu sechs Geldstrafen a S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen je zehn Tage) und

2. zu acht Geldstrafen a S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen je zehn Tage) verurteilt.

In der Begründung beider erstinstanzlicher Bescheide ging der Mag. von den erstatteten Anzeigen und von der Rechtfertigung des Beschwerdeführers aus. Die Montage von Betonfertigteilen unterliege nicht der Ausnahmebestimmung des § 18 Abs. 3 AuslBG, welche eindeutig nur auf Anlagen und Maschinen ausgerichtet sei.

Diese beiden Bescheide bekämpfte der Beschwerdeführer mit gleichlautenden Berufungen vom 5. Juli 1994, in denen er ausdrücklich erklärte, die erstinstanzlichen Bescheide ihrem gesamten Inhalt und Umfang nach wegen Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung anzufechten. Die slowenische Firma habe der Ges.m.b.H. vorgefertigte Tiefgaragen geliefert und habe diese "Anlagen" in Österreich montiert. Das AA sei nicht in der Lage gewesen, dem Beschwerdeführer eine Rechtsquelle zu nennen, daß diese Montagearbeiten einer Beschäftigungsbewilligung bedürften. Das Gesetz verstehe unter Anlagen nicht nur maschinelle Anlagen. Außerdem wendete sich der Beschwerdeführer gegen die Strafbemessung. Einen Verhandlungsantrag stellte der Beschwerdeführer in den beiden Berufungen nicht.

Zu den Berufungen nahm das Arbeitsmarktservice, Landesgeschäftsstelle Wien, am 22. Juli 1994 gleichlautend dahin Stellung, daß unter Anlagen nach der Rechtsprechung nur solche zu verstehen seien, die dem betrieblichen Produktionsprozeß dienten. Dies sei bei einer Tiefgarage nicht der Fall.

Die belangte Behörde holte noch eine Auskunft des Beschwerdeführers über seine persönlichen Verhältnisse ein und richtete an den Magistrat Graz eine Anfrage über den Zweck der gegenständlichen Tiefgarage, welche der Magistrat am 19. September 1994 wie folgt beantwortete:

"Unter Bezugnahme auf die do. Anfrage vom 9.9.1994 darf mitgeteilt werden, daß für den Standort G, B-Gasse 46, keine gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung vorliegt. Weiters ist im ha. Gewerberegister auch keine Gewerbeberechtigung für Ing. P für diesen Standort vorgemerkt.

Bei einer Überprüfung vor Ort wurde festgestellt, daß auf gegenständlichem Standort 46 Eigentumswohnungen mit Tiefgaragenstellplätzen errichtet werden. Augenscheinlich konnte kein auf eine zukünftige gewerbliche (Teil-)Nutzung hinweisender Sachverhalt festgestellt werden."

Hierauf ergingen die beiden angefochtenen Bescheide vom 10. Oktober 1994, der erste betreffend die sechs Slowenen gemäß der Anzeige vom 10. März 1994, der zweite betreffend die acht Slowenen gemäß der Anzeige vom 23. März 1994. Im zweiten der angefochtenen Bescheide wurde dieses Verfahren in teilweiser Stattgebung der Berufung hinsichtlich der fünf Slowenen A, E, D, C und B gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG mit der Begründung eingestellt, daß diese fünf Ausländer bereits im anderen Verfahren aufschienen, das eine Inanspruchnahme am 25. Februar 1994 an der gleichen Baustelle und wegen des gleichen Sachverhaltes enthalten habe. Insoweit lägen Dauerdelikte vor, die bereits mit der anderen Verurteilung abgegolten seien.

Im übrigen wurde beiden Berufungen des Beschwerdeführers keine Folge gegeben, und es wurden die erstinstanzlichen Bescheide somit hinsichtlich der in Anspruch genommenen sechs Slowenen aus der ersten Anzeige sowie hinsichtlich der weiteren drei Slowenen G, L und M aus der zweiten Anzeige gemäß § 66 Abs. 4 AVG bestätigt.

Hinsichtlich der Bestätigung der erstinstanzlichen Bescheide stimmen die Begründungen der beiden angefochtenen Bescheide wörtlich miteinander überein. Nach einer Wiedergabe des Spruches der erstinstanzlichen Bescheide, des wesentlichen Inhaltes der Berufungen sowie der §§ 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a (richtig wäre lit. b gewesen) und 18 Abs. 3 AuslBG führte die belangte Behörde aus, bekämpft würde nur die Rechtsansicht des Mag., bei einer aus Betonfertigteilen zusammengesetzten Tiefgarage handle es sich um keine Anlage im Sinne des § 18 Abs. 3 AuslBG. Dazu habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23. Februar 1994, Zl. 93/09/0441, ausgeführt, daß der Begriff "Anlagen" nicht weitest, sondern in dem Zusammenhang auszulegen sei, in dem er verwendet werde. Danach müsse es sich um Anlagen handeln, die dem betrieblichen Produktionsprozeß dienten und selbst keine Maschinen seien. Dazu gehören alle dem Produktionsprozeß einschließlich der Unternehmensverwaltung dienenden Gebäude(teile) und andere unmittelbar der Produktion zugeordneten Anlagen wie Werkstätten, Montage- und Lagerhallen, Hochöfen, Schornsteine, Silos, Tanks, Hafen- und Eisenbahnanlagen u.s.w., soferne sie durch eine Montage errichtet würden. Bei der gegenständlichen Tiefgarage handle es sich um keine Garage im Rahmen eines Betriebes, sondern um eine Garage im Zusammenhang mit Eigentumswohnungen also jedenfalls nicht um eine Anlage im Sinne des § 18 Abs. 3 AuslBG.

Zum Verschulden sei festzuhalten, daß der Beschwerdeführer zu seiner Entlastung nichts Weiteres in der Berufung vorgebracht habe. Es sei auch auf Grund der Tatumstände nicht anzunehmen gewesen, daß die Einhaltung der verletzten Vorschrift besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder die Verwirklichung des hergestellten Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Die Verwaltungsübertretungen seien daher auch in subjektiver Hinsicht als erwiesen anzunehmen.

Der objektive Unrechtsgehalt der angelasteten Taten könne nicht als gering gewertet werden, weil die illegale Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften auf gesamtwirtschaftlicher Ebene zu volkswirtschaftlichen Schäden und zu Wettbewerbsverzerrungen führe.

Die Strafen erschienen nach den Kriterien des § 19 VStG angemessen, zumal auch auf den wirtschaftlichen Vorteil Bedacht zu nehmen gewesen sei, den der Beschwerdeführer aus der Gesetzesmißachtung gezogen habe. Auch solle der Beschwerdeführer von künftigen Verstößen dieser Art wirksam abgehalten werden. Demgegenüber fielen seine eher ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse nicht sehr ins Gewicht. Da jeder Mensch seinen Unterhalt aus irgendeinem Einkommen bestreiten müsse, sei die vollkommene Einkommenslosigkeit des Beschwerdeführers nicht glaubhaft, weshalb von "durchschnittlichen Einkommensverhältnissen" ausgegangen worden sei. Die verhängten Strafen bewegten sich am unteren Rand des bis zu S 120.000,-- reichenden Strafrahmens pro illegal beschäftigtem Ausländer, sodaß eine Herabsetzung nicht in Erwägung gezogen worden sei, zumal der Beschwerdeführer zwar nicht einschlägig vorbestraft, aber auch nicht verwaltungsstrafrechtlich unbescholten sei.

Gemäß § 51e Abs. 2 VStG habe von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden können.

Gegen diese beiden Bescheide der belangten Behörde vom 10. Oktober 1994 richten sich die beiden vorliegenden Beschwerden, die zweite erkennbar nur insoweit, als mit dem zweiten angefochtenen Bescheid der erstinstanzliche Schuld- und Strafausspruch bestätigt worden ist. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und erachtet sich in seinem Recht, nicht wegen Verwaltungsübertretungen nach dem AuslBG schuldig erkannt und bestraft zu werden, verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und hat auf die Erstattung von Gegenschriften verzichtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres rechtlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Als Beschäftigung gilt nach § 2 Abs. 2 AuslBG die Verwendung a) in einem Arbeitsverhältnis, b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, soferne die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird, c) in einem Ausbildungsverhältnis, d) nach den Bestimmungen des § 18 oder e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

Gemäß § 2 Abs. 3 AuslBG sind den Arbeitgebern gleichzuhalten a) in den Fällen des Abs. 2 lit. b die inländischen Vertragspartner jener Personen, für deren Verwendung eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich ist,

b) in den Fällen des Abs. 2 lit. c und d der Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, oder der Veranstalter, und c) in den Fällen des Abs. 2 lit. e auch der Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes.

Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Gemäß § 18 Abs. 1 AuslBG bedürfen Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung. Für Ausländer nach Abs. 1, die bei

a) Montagearbeiten und Reparaturen im Zusammenhang mit Lieferungen von Anlagen und Maschinen an einen Betrieb oder

b) für die Inbetriebnahme solcher Anlagen und Maschinen nötigen Arbeiten, die von inländischen Arbeitskräften nicht erbracht werden können, beschäftigt werden, ist gemäß § 18 Abs. 2 AuslBG eine Beschäftigungsbewilligung nicht erforderlich, wenn diese Arbeiten nicht länger als drei Monate dauern. Die Beschäftigung ist vom Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, spätestens am Tage der Arbeitsaufnahme dem zuständigen Arbeitsamt unter Angabe der voraussichtlichen Dauer anzuzeigen.

Gemäß § 19 Abs. 1 AuslBG ist der Antrag auf Ausstellung einer Sicherheitsbescheinigung bzw. Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung unbeschadet der Abs. 2 und 3 des § 18 vom Arbeitgeber bei dem Arbeitsamt einzubringen, in dessen Sprengel der in Aussicht genommene Beschäftigungsort liegt, bei wechselndem Beschäftigungsort bei dem nach dem Sitz des Betriebes zuständigen Arbeitsamt.

Soferne die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, 1. wer a) entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, oder b) entgegen dem § 18 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch nimmt, ohne daß für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung (§ 18 Abs. 1, 4 und 7) erteilt wurde,

... bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei

Ausländern mit Geldstrafe von S 5.000,-- bis zu S 60.000,--, im Falle der ersten und weiteren Wiederholung von S 10.000,-- bis zu S 120.000,--, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 10.000,-- bis zu S 120.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 20.000,-- bis zu S 240.000,--.

Die belangte Behörde hat mit Recht von der Abhaltung mündlicher Berufungsverhandlungen Abstand genommen, weil gemäß § 51e Abs. 2 VStG dann, wenn in der Berufung ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet, eine Verhandlung nur anzuberaumen ist, wenn dies in der Berufung ausdrücklich verlangt wurde. Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung ausdrücklich nur unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht und keinen Antrag auf Abhaltung einer Verhandlung gestellt.

Die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Rechtsfrage betraf den Begriff der "Anlagen" in § 18 Abs. 3 AuslBG. Darauf kommt der Beschwerdeführer auch in seinen Beschwerden zurück und meint, die Lieferung und Montage von Betonfertigteilen für eine Tiefgarage habe eine Anlage im Sinne dieser Bestimmung betroffen, wobei diese Anlage auch an einen "Betrieb", nämlich an jenen der Ges.m.b.H., geliefert worden sei. Dabei ist sachverhaltsmäßig davon auszugehen, daß diese Tiefgarage, wie die belangte Behörde erhoben hat, für eine Eigentumswohnanlage bestimmt war und keiner gewerblichen Nutzung (auch nicht durch die Ges.m.b.H. selbst) dienen sollte. Die belangte Behörde hat zwar dieses von ihr ermittelte Beweisergebnis dem Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht vorgehalten und damit dessen Recht auf Gewährung des Parteiengehörs verletzt, doch leitet der Beschwerdeführer daraus keinen relevanten Verfahrensmangel ab, zumal er in seinen Beschwerden selbst von dieser Tatsache als erwiesen ausgeht.

Der in § 18 Abs. 3 lit. a AuslBG enthaltene Ausdruck "Anlagen" wird im Gesetz nicht weiter definiert. Der Inhalt dieses Begriffes ist daher aus dem Zusammenhang, in welchem ihn der Gesetzgeber verwendet, heraus zu ermitteln. Keinesfalls kann aus dem Umstand, daß der Gesetzgeber keine Definition gegeben hat, auf eine möglichst weite Auslegung geschlossen werden. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe dazu das Erkenntnis vom 23. Februar 1994, Zl. 93/09/0441) muß auf den Wortzusammenhang (Montage- und Reparaturarbeiten einerseits; Lieferungen von Anlagen und Maschinen an einen Betrieb andererseits) geschlossen werden, daß es sich um Anlagen handelt, die dem betrieblichen Produktionsprozeß dienen, die selbst aber keine Maschinen sind. Dazu gehören alle dem Produktionsprozeß (einschließlich der Unternehmensverwaltung) dienenden Gebäude(teile) und andere unmittelbar der Produktion zugeordnete Anlagen wie Werkstätten, Montage- und Lagerhallen, Hochöfen, Schornsteine, Silos, Tanks, Hafen- und Eisenbahnanlagen usw., sofern sie durch eine Montage (Zusammenstellen vorgefertigter und angehefteter Teile) errichtet werden.

Eine Tiefgarage für eine von der Ges.m.b.H. im Auftrag eines inländischen Bestellers errichtete Wohnungseigentumsanlage fällt darunter nicht, mag sie auch aus vorgefertigten Betonteilen montiert worden sein, denn es handelt sich dabei offenkundig nicht um eine Produktionsstätte oder um eine sonst dem betrieblichen Produktionsprozeß des Bestellers dienende Anlage. Die Rolle der Ges.m.b.H. als des "Zwischenunternehmers" ist daher entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung irrelevant.

Wie bereits in seinen Berufungen macht der Beschwerdeführer auch in den beiden Beschwerden geltend, ihm könne kein Verschulden an der Verwirklichung von gemäß dem AuslBG inkriminierten Tatbeständen vorgeworfen werden. Er habe sich vergeblich darum bemüht, von den zuständigen Behörden eine verbindliche Rechtsauskunft darüber zu erhalten, ob für die strittige Montage das Erfordernis von Beschäftigungsbewilligungen für die ausländischen Arbeitskräfte bestehe. Eine solche Rechtsauskunft sei ihm bis zur Erlassung der erstinstanzlichen Straferkenntnisse nie zuteil geworden. Daß ihm die Behörden keine verbindliche Rechtsauskunft gegeben hätten, könne wohl kaum sein Verschulden begründen.

Damit verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage, zumal ihm ein Rechtsanspruch auf eine verbindliche Auskunft der Arbeitsmarktbehörden über die allfällige Notwendigkeit des Vorliegens von Beschäftigungsbewilligungen für bestimmte Arbeiten nicht zustand. Es trifft wohl zu, daß dann, wenn von kompetenter Seite erteilte Auskünfte befolgt werden, trotzdem erfolgte Gesetzesverstöße nicht zum Verschulden angerechnet werden können (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Februar 1995, Zl. 94/09/0225). Im Falle nicht erteilter Auskünfte aber ist der Beschuldigte vom Vorwurf des Verschuldens nicht befreit, wenn er aus der Tatsache der unterbliebenen Auskunftserteilung für sich das Recht ableitet, einen Gesetzesverstoß zu riskieren. Daß der Beschwerdeführer dies in den konkreten Beschwerdefällen getan hat, gesteht er in seinen Beschwerden selbst zu, wenn er ausführt, er habe "die Möglichkeit einer Tatbestandsverwirklichung durchaus bedacht".

Die belangte Behörde ist daher zu Recht zur Bestätigung der erstinstanzlichen Schuldsprüche wegen vorliegender Verstöße gegen § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b AuslBG gelangt.

Zur Strafbemessung wird in den Beschwerden vorgebracht, in einem behördlichen Schreiben seien dem Beschwerdeführer 15-fache Verstöße gegen das AuslBG vorgeworfen worden. Darüber fehlten weitere Ermittlungen. Solche Ermittlungen erübrigten sich jedoch schon deshalb, weil die belangte Behörde (eben so wenig wie der Mag. in erster Instanz) bei der Strafbemessung nicht vom Vorliegen einschlägiger Vorstrafen des Beschwerdeführers ausgegangen ist. Ferner sei bei der Strafbemessung zu Unrecht berücksichtigt worden, welchen wirtschaftlichen Vorteil der Beschwerdeführer aus den vorliegenden Verwaltungsübertretungen gezogen habe; solche wirtschaftliche Vorteile lägen für den Beschwerdeführer jedoch auf Grund der "Liquiditätslage" in Wahrheit nicht vor. Wie auch immer der Beschwerdeführer oder die Ges.m.b.H. in eine mißliche Liquiditätslage geraten sein mögen, ist diesem Vorbringen jedoch entgegenzuhalten, daß durch die illegale Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte, bzw. aus dem illegalen Inanspruchnehmen von Leistungen solcher Arbeitkräfte jedenfalls in Österreich Kapital zu schlagen ist, was auch regelmäßig der Anlaß dafür ist, ausländische statt österreichischer Arbeitskräfte einzusetzen. Es war daher nicht gesetzwidrig, wenn die belangte Behörde derartige objektiv zu erzielende wirtschaftliche Vorteile in ihre Erwägungen zur Strafbemessung einbezogen hat.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind gemäß § 19 Abs. 2 VStG überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Ausgehend von diesen Bestimmungen ist in beiden Beschwerdefällen bei der Strafbemessung außer acht geblieben, daß seitens der Ges.m.b.H. eine Meldung der Beschäftigung der ausländischen Arbeitskräfte gemäß § 18 AuslBG stattgefunden und daß erst diese Meldung die vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren ausgelöst hat. Bei dieser Sachlage wäre im Rahmen der Strafbemessung zu berücksichtigen gewesen, daß das Verhalten des Beschwerdeführers unter Umständen gesetzt wurde, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommen (§ 34 Z. 11 StGB). Da § 19 Abs. 2 VStG eine besondere Bedachtnahme auf das Ausmaß des Verschuldens vorsieht, hätte die Berücksichtigung dieses Umstandes in beiden Beschwerdefällen zu einer von den angefochtenen Bescheiden abweichenden Strafbemessung führen können.

Dazu kommt im Falle der Beschwerde Zl. 94/09/0378, daß die belangte Behörde im Rechtsmittelwege die Bestrafung des Beschwerdeführers nur hinsichtlich von drei unberechtigt beschäftigten Ausländern bestätigt hat. Damit war aber in diesem Fall mit Rücksicht auf die getrennte Führung der beiden Strafverfahren vor den Verwaltungsbehörden nicht der dritte, sondern vielmehr der erste Strafsatz des § 28 Abs. 1 AuslBG anzuwenden (S 5.000,-- bis S 60.000,-- statt S 10.000,-- bis S 120.000,--). Da die belangte Behörde aber auch in diesem Fall von einem Strafsatz zwischen S 10.000,-- und S 120.000,-- ausgegangen ist, hat sie in diesem Fall überdies den Grundsatz des Verbotes der reformatio in peius bei ihrer Strafbemessung verletzt.

Aus diesen Gründen erweisen sich in beiden Fällen die angefochtenen Bescheide in ihren Straf- und demzufolge auch Kostenaussprüchen als inhaltlich rechtswidrig, weshalb sie insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben waren.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich in beiden Beschwerdefällen auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2, 50 sowie 59 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft in beiden Fällen S 240,-- an Stempelmarken für zusätzlich vorgelegte Bescheidausfertigungen.

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