VwGH 93/18/0313

VwGH93/18/031323.6.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, in der Beschwerdesache des B in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 19. Mai 1993, Zl. IV-666.531-FrB/93, betreffend Versagung eines Sichtvermerkes, den Beschluß gefaßt:

Normen

VwGG §33 Abs1;
VwGG §56;
VwGG §58;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §56;
VwGG §58;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird für gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien (der belangten Behörde) vom 19. Mai 1993 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines jugoslawischen Staatsangehörigen, vom 14. Jänner 1993 auf Erteilung eines Sichtvermerkes gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, daß der dem Beschwerdeführer zuletzt erteilte Sichtvermerk mit 20. Jänner 1993 befristet gewesen sei. Er habe diesen Sichtvermerk verfälscht, indem er die Ziffer 3 auf eine Ziffer 8 korrigiert habe. Wegen dieser Verfälschung sei er bei der Staatsanwaltschaft Wien zur Anzeige gebracht worden. Weiters habe der Beschwerdeführer versucht, gemeinsam mit seinen Eltern Munition nach Serbien zu befördern. Auch diesbezüglich sei er zur Anzeige gebracht worden. Als Rechtfertigung für die Verfälschung des Sichtvermerkes habe der Beschwerdeführer angegeben, daß er dies nur getan habe, um wieder nach Österreich zurückkehren zu können und nicht an den Kampfhandlungen in seiner Heimat teilnehmen zu müssen. Dieser Sachverhalt stelle eindeutig eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicherheit dar und lasse sich aus dem Verhalten des Beschwerdeführers erkennen, daß er nicht gewillt sei, sich den entsprechenden Rechtsvorschriften zu verhalten.

Mit dem am 18. Juni 1993 bei der belangten Behörde eingelangten Schriftsatz begehrte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme dieses Verfahrens und die Erteilung eines Sichtvermerkes gemäß seinem Antrag vom 14. Jänner 1993. Er brachte vor, daß er von dem wider ihn erhobenen Strafantrag wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 223 Abs. 2 und 224 StGB gemäß § 259 Z. 3 StPO freigesprochen worden sei.

Nach dem Inhalt des Verwaltungsaktes wurde über den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nicht entschieden. In der Gegenschrift vom 25. August 1993 führte die belangte Behörde dazu aus, daß in "formloser Stattgebung dieses Antrages" dem Beschwerdeführer am 15. Juli 1993 aus humanitären Gründen ein Sichtvermerk bis 31. Jänner 1994 erteilt worden sei, weshalb Klaglosstellung eingewendet wird. Der Beschwerdeführer wurde vom Verwaltungsgerichtshof aufgefordert, sich hiezu binnen zwei Wochen zu äußern. Er gab keine Stellungnahme ab.

Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluß als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, daß der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Diese Gesetzesstelle ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung, d.h. auf die Aufhebung des mit Beschwerde angefochtenen Bescheides, beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt vielmehr auch dann vor, wenn auf andere Weise als durch formelle Klaglosstellung das rechtliche Interesse an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes weggefallen ist (siehe den Beschluß vom 23. September 1991, Zl. 90/19/0567). Dies ist hier der Fall, weil - obgleich ohne formelle Aufhebung des angefochtenen Bescheides - dem Beschwerdeführer unbestrittenerweise der beantragte Sichtvermerk (vor Zustellung der Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Einleitung des Vorverfahrens an die belangte Behörde) erteilt wurde. Im Hinblick darauf kann der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Erteilung eines Sichtvermerkes nicht verletzt sein. Da der Verwaltungsgerichtshof - nach Wegfall des Rechtsschutzinteresses - zu einer abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides nicht berufen ist, war die Beschwerde gemäß § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Mangels einer formellen Klaglosstellung liegt die Voraussetzung für einen Kostenzuspruch an den Beschwerdeführer gemäß § 56 VwGG nicht vor. Es kommt vielmehr der Grundsatz des § 58 VwGG zum Tragen, wonach jede Partei den ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenen Aufwand selbst zu tragen hat. Daher kommt ein Zuspruch von Aufwandersatz an die belangte Behörde ebenfalls nicht in Betracht.

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