VwGH 93/14/0106

VwGH93/14/01065.8.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der Z-Gesellschaft m.b.H. & Co KG in R, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat) vom 28. April 1993, Zl. 121/1-5/89, betreffend Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1985, 1986 und 1987, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §24 Abs1 lite;
BewG 1955 §3;
BewG 1955 §6 Abs1;
BewG 1955 §7 Abs1;
HGB §109;
HGB §121;
HGB §161 Abs1;
HGB §161;
HGB §162 Abs1;
HGB §163;
HGB §167 Abs3;
HGB §167;
HGB §176;
BAO §24 Abs1 lite;
BewG 1955 §3;
BewG 1955 §6 Abs1;
BewG 1955 §7 Abs1;
HGB §109;
HGB §121;
HGB §161 Abs1;
HGB §161;
HGB §162 Abs1;
HGB §163;
HGB §167 Abs3;
HGB §167;
HGB §176;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die negativen Einheitswerte des Betriebsvermögens der beschwerdeführenden GmbH & Co KG wurden zu den oben genannten Stichtagen mit 116,46, 119,884 und 126 Millionen Schilling festgestellt.

Vor den Abgabenbehörden strittig war die Aufteilung dieser negativen Einheitswerte auf die Mitunternehmer:

Die Beschwerdeführerin vertrat die Meinung, trotz des negativen Kapitalkontos der Kommanditisten müßten auch diese entsprechend ihrem Beteiligungsverhältnis an der Aufteilung der negativen Einheitswerte des Betriebsvermögens teilhaben, resultierten diese doch überwiegend daraus, daß die Bewertung der Betriebsliegenschaft bei einem Investitionsrahmen von ca. 130 Millionen Schilling unter Zugrundelegung des Einheitswertes der Betriebsliegenschaft von lediglich S 10,679 Millionen erfolgt sei. Im übrigen seien nur zwei der insgesamt 15 Kommanditisten mit ihrer Hafteinlage von jeweils 50.000 Schilling zu den Bewertungsstichtagen im Handelsregister eingetragen gewesen, die übrigen jedoch nicht. Es müßten daher wenigstens diese 13 Kommanditisten im Hinblick auf ihre aus § 176 Abs 2 HGB folgende unbeschränkte Haftung den ihrer Beteiligung entsprechenden Anteil am negativen Einheitswert des Betriebsvermögens erhalten. Sollte auch diesem Antrag nicht stattgegeben werden, begehrte die Beschwerdeführerin die Zurechnung von negativen Einheitswertanteilen an die Kommanditisten insoweit, als der negative Einheitswert des Betriebsvermögens durch Bewertungsdifferenzen zwischen dem steuerlichen Einheitswert und dem Bilanzwert der Betriebsliegenschaft entstanden sei.

Die belangte Behörde gab mit dem angefochtenen Bescheid im Instanzenzug keinem dieser Begehren statt und bestätigte unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Zuteilung der negativen Einheitswerte des Betriebsvermögens zur Gänze an den einzigen Komplementär (GmbH), weil zu den Stichtagen für sämtliche Kommanditisten in den Bilanzen der Beschwerdeführerin negative Kapitalkonten ausgewiesen gewesen seien und weder aus dem Gesellschaftsvertrag hervorgehe, daß sich die Kommanditisten verpflichtet hätten, über ihre Einlagen hinaus am Verlust der Gesellschaft teilzunehmen, noch von der Beschwerdeführerin das Bestehen einer solchen ausschließlich das Innenverhältnis der Gesellschaft betreffenden Verpflichtung behauptet worden sei. Die 13 Kommanditisten, deren Firmenbucheintragung unterblieben sei, seien sich dieser Tatsache sowie der Haftungsproblematik nicht bewußt gewesen. Die Haftung beziehe sich außerdem nur auf die zwischen Eintritt des Kommanditisten in die Gesellschaft und dessen Eintragung in das Firmenbuch begründeten Schulden. Schließlich komme die Haftung gegenüber Gläubigern nicht zum Tragen, denen die Kommanditisteneigenschaft bekannt gewesen sei. Dies treffe auf das Finanzamt zu, das entsprechende Kenntnisse aus dem Gesellschaftsvertrag seit 1981 gehabt habe. Außerdem stünde den nicht in das Firmenbuch eingetragenen Kommanditisten im Falle ihrer Inanspruchnahme aus der Haftung im Innenverhältnis ein der gesellschaftsvertraglichen Haftungsbeschränkung entsprechendes Regreßrecht gegenüber den nicht in Anspruch genommenen Gesellschaftern zu. Auch fehle der Nachweis der Haftungsvoraussetzung, daß der nicht im Firmenbuch eingetragene Kommanditist einer Fortführung der Geschäfte zugestimmt habe. Sowohl der Einheitswert der Betriebsliegenschaft als auch der Einheitswert des Betriebsvermögens würden auf der Grundlage des Bewertungsgesetzes ausschließlich für steuerliche Zwecke festgestellt. Die Werte seien daher für einen Vergleich mit Verkehrswerten nicht geeignet und könnten deshalb nicht unter Hinweis auf den Verkehrswert in Frage gestellt werden. Dem negativen Kapitalkonto eines Kommanditisten komme nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf Grund der für diesen bestehenden handelsrechtlichen Haftung, wenn er seine Einlageverpflichtung erfüllt und keine unzulässigen Entnahmen getätigt habe, nur die Bedeutung eines Wertberichtigungspostens zu den positiven Kapitalkonten der anderen Gesellschafter zu. Es bewirke daher keine Forderung der Gesellschaft gegen den Kommanditisten und könne somit auch nicht als Ausdruck einer echten Vermögensminderung angesehen werden. Dies habe zur Folge, daß die negativen Einheitswertanteile der Kommanditisten mit negativen Kapitalkonten dem Komplementär zuzurechnen seien.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem gesetzmäßigen Recht aus § 186 Abs 3 BAO iVm § 24 BAO und § 3 BewG dadurch verletzt, daß die negativen Einheitswertanteile ausschließlich dem Komplementär und nicht den Kommanditisten zugewiesen werden. Sie behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Gerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 27. Mai 1983, 82/17/0159 (VwSlg. 5790 F/1983), ausgesprochen, daß mangels Vorhandenseins von Beteiligungsquoten bei Personengesellschaften des Handelsrechtes für die Zurechnung nicht nur der Liquidationsmaßstab in Betracht komme. Auch bei einer Personengesellschaft des Handelsrechtes bestimme sich die Höhe der gemäß § 24 Abs 1 lit. e BAO zu fingierenden Bruchteile nach den Anteilen, zu denen die Personen an dem Vermögen ungeteilt berechtigt seien. Hiefür seien die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages entscheidend, enthielten diese jedoch keine Anordnung, die Bestimmungen des HGB über die offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft. Ungeachtet der an dieser Entscheidung geübten Kritik (vgl. Beiser, Negativer Einheitswert eines Kommanditisten?, ÖStZ 1990, 174), hat der Verwaltungsgerichtshof daran festgehalten (vgl. die Erkenntnisse vom 26. November 1990, 89/15/0049 und 89/15/0087), daß die Zurechnung von Anteilen am negativen Einheitswert des Betriebsvermögens einer Kommanditgesellschaft an Kommanditisten mit negativen Kapitalanteilen nur insoweit in Betracht komme, als sich der Kommanditist verpflichtet habe, über seine Einlage hinaus am Verlust der Gesellschaft teilzunehmen. Wurde eine solche am Bewertungsstichtag bestehende Verpflichtung nicht begründet, komme die Vorschrift des § 167 Abs 3 HGB zum Tragen, wonach der Kommanditist an dem Verlust nur bis zum Betrag seines Kapitalanteiles und seiner noch rückständigen Einlage teilnehme. Daraus folge, daß Kommanditisten über den genannten Betrag hinaus an den Verbindlichkeiten der Gesellschaft, soweit diese die Aktiven überstiegen, kein Anteil zustehe, jene also dem Komplementär zuzurechnen seien. Anteile am negativen Einheitswert des Betriebsvermögens seien Kommanditisten mit negativem Kapitalkonto nicht deshalb zuzurechnen, weil die negativen Kapitalanteile mit späteren Gewinnen aufzufüllen wären. Die Bewertung habe sich nämlich an den Verhältnissen am Stichtag zu orientieren. Für diese sei die Auffüllung des negativen Kapitalkontos mit späteren Gewinnen ohne Relevanz und müsse deshalb bei der am Stichtag orientierten Zurechnung des Betriebsvermögens außer Betracht bleiben.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Judikatur abzugehen. Er teilt die Meinung in der oben zitierten Kritik, daß das Bewertungsgesetz einen Rückgriff auf die realen und erst durch eine (betriebswirtschaftliche) Unternehmensbewertung zu ermittelnden Wertverhältnisse verbietet. Er folgt daher nicht der Judikatur des Bundesfinanzhofes. Der Verwaltungsgerichtshof teilt aber die Meinung nicht, es komme hinsichtlich des negativen Kapitalkontos von Kommanditisten, sofern die Hafteinlage des Kommanditisten erbracht ist und er zum Stichtag keine weitergehende Pflicht zur Tragung von Verlusten übernommen hat, von einer Schuld (einem Leisten-Sollen) des Kommanditisten, die lediglich auflösend bedingt sei, gesprochen werden müsse, weil allfällige zukünftige Gewinnanteile zunächst auf seinem Kapitalkonto gutzuschreiben seien, bis das Passivum ausgeglichen ist und der aktive Kapitalanteil die Höhe der bedungenen Einlage erreicht habe. Zum Bewertungsstichtag liegt nämlich ein derartiges "Leisten-Sollen" noch nicht vor, es ist zu diesem Stichtag völlig ungewiß, ob es überhaupt je eintreten wird, weil es von der in der Zukunft liegenden Erwirtschaftung entsprechender Gewinne abhängt. Wenn überhaupt, so könnte nur von einer aufschiebend bedingten Last gesprochen werden, die daher nach Bewertungsrecht (§ 6 Abs 1 BewG) am Stichtag noch nicht zu beachten ist.

Mit dieser Sicht ist keine Durchbrechung des Ordnungssystems des Bewertungsgesetzes verbunden.

Die allfällige Haftung der mit ihrer Hafteinlage in das Firmenbuch zum Bewertungsstichtag noch nicht eingetragenen Kommanditisten gegenüber gutgläubigen Gesellschaftsgläubigern ist - entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin - schon deshalb bedeutungslos, weil sich auch aus ihr keine Nachschußpflicht der Kommanditisten mit negativem Kapitalkonto ergibt. Für diese kommt es nämlich ausschließlich auf das Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern an. Dies hat die belangte Behörde zutreffend erkannt. Auf die Richtigkeit der übrigen Begründungselemente des angefochtenen Bescheides zu diesem Punkt muß daher nicht mehr eingegangen werden. Anders läge der Fall nur dann, wenn der betreffende Kommanditist zum Stichtag ernsthaft (mit hoher Wahrscheinlichkeit) mit der Inanspruchnahme aus der Haftung gegenüber Gesellschaftsgläubigern gemäß § 176 HGB hätte rechnen müssen, ohne gleichzeitig mit der dem Gesellschaftsvertrag entsprechenden Vergütung aus dem Einstehenmüssen für eine fremde Schuld rechnen zu können. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, keinen derartigen Fall vor den Abgabenbehörden vorgetragen zu haben.

Was den Eventualantrag anlangt, die negativen Einheitswertanteile den Kommanditisten insoweit zuzurechnen, als diese durch Bewertungsdifferenzen zwischen dem (niedrigeren) steuerlichen Einheitswert der Liegenschaft und dem (höheren) Bilanzwert der Liegenschaft entstanden seien, ergibt sich die mangelnde Berechtigung schon aus der oben erwähnten Maßgeblichkeit bewertungsrechtlicher Vorschriften und darüber hinaus aus dem Umstand, daß im angefochtenen Bescheid durch die Beschwerde unbestritten festgestellt wurde, für sämtliche Kommanditisten seien zu den Stichtagen IN DEN BILANZEN der Beschwerdeführerin NEGATIVE KAPITALKONTEN ausgewiesen, diese Kontenstände sich also ohnedies aus der Berücksichtigung des Bilanzwertes der Betriebsliegenschaft und nicht dem Einheitswert ergaben. Daraus folgt, daß das Kapitalkonto der Kommanditisten auch bei Ansatz des Einheitswertes der Betriebsliegenschaft anstelle ihres Bilanzwertes nicht positiv werden könnte. Da es für die Berechtigung der Beschwerde auf die Umstände des konkreten Falles ankommt, ist es belanglos, ob "durchaus der Fall denkbar (ist), daß das bilanzielle Kapitalkonto eines Kommanditisten positiv ist, hingegen das bewertungsrechtliche Kapitalkonto negativ".

Es ließ daher bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen, daß die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte