Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird in Ansehung der ausgesprochenen Verwaltungsstrafen und der Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen wegen Übertretungen der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung und des Arbeitnehmerschutzgesetzes wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 8. Juli 1993, Zl. 93/18/0022, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde der an die Beschwerdeführerin ergangene Bescheid der belangten Behörde vom 6. April 1992, mit dem die Beschwerdeführerin insgesamt neun Übertretungen arbeitnehmerschutzrechtlicher Bestimmungen für schuldig erkannt wurde, in Ansehung der Strafaussprüche einschließlich der Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen betreffend sechs dieser Übertretungen wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Mit dem angefochtenen Ersatzbescheid wurden die Geldstrafen neuerlich in Übereinstimmung mit dem Vorbescheid vom 6. April 1992 mit je S 1.000,-- (je ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe) bemessen.
In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Gegenstand dieses Erkenntnisses sind nur die Strafbemessungen betreffend die drei Übertretungen nach der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) sowie dem Arbeitnehmerschutzgesetz (ANSchG). Hinsichtlich der übrigen Übertretungen ergeht die Entscheidung über die Beschwerde durch einen anderen - aufgrund der Geschäftsverteilung des Verwaltungsgerichtshofes hiefür zuständigen - Senat des Verwaltungsgerichtshofes mit gesonderter Entscheidung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Grund für die teilweise Aufhebung des Vorbescheides vom 6. April 1992 hinsichtlich der in Rede stehenden Aussprüche war, daß die belangte Behörde auf den Milderungsgrund der Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin nicht Bedacht genommen habe und daß ein Erschwerungsgrund der mangelnden Schuldeinsicht den für die Strafbemessung maßgebenden Vorschriften (§ 19 VStG iVm §§ 32 und 33 StGB) fremd sei.
Die belangte Behörde ging im fortgesetzten Verwaltungsstrafverfahren davon aus, daß die Beschwerdeführerin mit Schreiben des zuständigen Arbeitsinspektorates vom 27. November 1989 zur unverzüglichen Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes aufgefordert worden sei. Dieser Aufforderung habe sie zur Tatzeit (dem 7. Juni 1990) noch nicht entsprochen gehabt, was ihr als erschwerend anzurechnen sei. Als strafmildernd wurde die Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin gewertet.
Bei der Bemessung der Strafen für die drei Übertretungen nach dem ANSchG bzw. der AAV ist zunächst davon auszugehen, daß die gemäß § 31 Abs. 2 lit. p ANSchG verhängten Strafen gleich hoch sind wie die gemäß § 31 Abs. 3 lit. e ANSchG ausgesprochene. Die Strafrahmen nach diesen gesetzlichen Bestimmungen unterscheiden sich insofern jedoch erheblich, als er nach der ersten zitierten Bestimmung bis zu S 50.000,--, nach der zweiten zitierten Bestimmung jedoch nur bis S 20.000,-- reicht. Die Begründung des angefochtenen Bescheides läßt aber jegliche Ausführung dazu vermissen, wieso bei derart unterschiedlichen Höchststrafen gleich hohe Strafen verhängt wurden. Dies hätte einer besonderen Begründung bedurft.
Weiters ist zu berücksichtigen, daß bei der Strafbemessung im Vorbescheid ein Erschwerungsgrund und kein Milderungsgrund herangezogen wurde. Im angefochtenen Bescheid wurde ein (anderer) Erschwerungsgrund - aber auch ein Milderungsgrund - verwertet. Trotzdem kam die belangte Behörde zur Bemessung gleich hoher Strafen wie im Vorbescheid. Dies hätte ebenfalls besonders begründet werden müssen.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kann es einen Erschwerungsgrund bilden, wenn eine Tat, für deren Verwirklichung Fahrlässigkeit ausreicht, vorsätzlich begangen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 1992, Zl. 91/19/0169); einen solchen Vorsatz kann die belangte Behörde zutreffend aus dem Umstand ableiten, daß die Beschwerdeführerin vom Arbeitsinspektorat aufgefordert wurde, den Rechtsvorschriften Folge zu leisten. Allerdings wird die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren zu beachten haben, daß die Aufforderung des Arbeitsinspektorates nach dem in der Gegenschrift wiedergegebenen Wortlaut - aus der Begründung des angefochtenen Bescheides und aus den vorgelegten Verwaltungsstrafakten ergibt sich kein Anhaltspunkt für den Inhalt dieser Aufforderung - nur zwei Fälle (nämlich die Spruchpunkte 1 und 2) betroffen hat.
Der angefochtene Bescheid war daher in dem den Gegenstand dieses Erkenntnisses bildenden Umfang aufzuheben. Die Aufhebung hat gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes zu erfolgen.
Ein Zuspruch von Aufwandersatz hat im Hinblick auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. März 1994, Zl. 93/11/0254, betreffend die teilweise Aufhebung des auch hier gegenständlichen Bescheides zu unterbleiben.
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