Normen
AAV §13 Abs2;
ASchG 1972;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;
AAV §13 Abs2;
ASchG 1972;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde in Verbindung mit der vorgelegten Kopie des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit Schreiben des Arbeitsinspektorates vom 5. Oktober 1988 wurde die X AG gemäß § 6 Abs. 1 des Arbeitsinspektionsgesetzes aufgrund von Feststellungen, die bei einer Begehung am 20. September 1988 getroffen worden waren, aufgefordert, in einer bestimmten Filiale u.a. im Verkaufsraum für die Zufuhr ausreichender Frischluft und die Abfuhr verbrauchter Luft unter Vermeidung von schädlicher Zugluft Sorge zu tragen, wobei als Beispiele für Behebungsmaßnahmen "Kippflügel, die von einem festen Standplatz aus leicht bedienbar sein müssen, Einbau von elektrischen Ventilatoren" angeführt wurden. Von der Durchführung war das Arbeitsinspektorat bis längstens 21. November 1988 schriftlich zu verständigen. Mit Schreiben vom 16. November 1988 teilte die X AG dem Arbeitsinspektorat zum Belüftungsproblem mit, daß die Brutto-Verkaufsraumfläche ca. 65 m2 betrage und daß durch den normalen Verkaufsbetrieb und die damit verbundene Öffnungsfrequenz der Eingangstüre ein permanenter Luftwechsel vorhanden sei. Das Arbeitsinspektorat reagierte auf dieses Schreiben zunächst nicht.
Der Beschwerdeführer wurde mit Aufsichtsratsbeschluß vom 28. November 1990 zum stellvertretenden Vorstandsmitglied der X AG mit Zuständigkeit für das Verkaufsressort bestellt. Unverzüglich nach seiner Bestellung studierte er die Verwaltungsakten sämtlicher Filialen durch. Bei Durchsicht des Aktes über die betreffende Filiale war er aufgrund des mit dem Schreiben der X AG vom 16. November 1988 endenden Schriftwechsels der Auffassung, daß auch nach Auffassung des zuständigen Arbeitsinspektorates die von der X AG mit diesem Schreiben geschilderte Luftzirkulation weitere Belüftungsmaßnahmen entbehrlich mache. Am 1. Februar 1991 fand wiederum eine Begehung der gegenständlichen Filiale durch das Arbeitsinspektorat statt, die das gegen den Beschwerdeführer geführte Verwaltungsstrafverfahren auslöste.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als gemäß § 9 Abs. 2 VStG verantwortlicher Beauftragter mit der Zuständigkeit für das Verkaufsressort für das ganze Unternehmen der X AG als Arbeitgeberin zu verantworten, daß die Gesellschaft in ihrer gewerblichen Betriebsanlage im
Standort .... am 1. Februar 1991 insofern nicht die zum Schutz
des Lebens und der Gesundheit von Arbeitnehmern erlassenen Vorschriften, wonach die natürliche Lüftung von Arbeitsräumen nach Möglichkeit durch Fenster zu erfolgen habe, Fenster und sonstige Lüftungsöffnungen einen wirksamen Lüftungsquerschnitt von mindestens einem Fünfzigstel der Fußbodenfläche des Raumes aufweisen und sich von einem festen Standplatz aus öffnen oder verstellen lassen müßten, nicht eingehalten, als in o.g. Filiale ein ca. 65 m2 großer Verkaufsraum vorgefunden worden sei, der weder mit entsprechenden Lüftungsöffnungen im Ausmaß von 2 % der Fußbodenfläche (ca. 1,3 m2), noch mit einer mechanischen Lüftungsanlage versehen gewesen sei, obwohl dieser Umstand bereits am 5. Oktober 1988 durch das Arbeitsinspektorat schriftlich mitgeteilt und dessen Behebung gefordert worden sei. Der Beschwerdeführer habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 31 Abs. 2 lit. p des Arbeitnehmerschutzgesetzes in Verbindung mit § 13 Abs. 2 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der in Rede stehenden Vorschriften, wohl aber unter Hinweis auf § 5 Abs. 2 VStG sein Verschulden.
Nach dieser Bestimmung entschuldigt die Unkenntnis einer Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwider gehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Die Unkenntnis eines Gesetzes kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist; insbesondere muß von einem Gewerbetreibenden verlangt werden, daß er über die Rechtsvorschriften, die er bei der Ausübung seines Gewerbes zu beachten hat, ausreichend orientiert ist; er ist verpflichtet, sich über diese Vorschriften, zu denen auch die Arbeitnehmerschutzvorschriften zählen, zu unterrichten. Dabei ist auch eine irrige Gesetzesauslegung ein Rechtsirrtum, der den Beschuldigten nicht zu entschuldigen vermag, wenn nach seinem ganzen Verhalten nicht angenommen werden kann, daß die irrige Auslegung unverschuldet war und daß er das Unerlaubte seines Verhaltens nicht einsehen konnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. September 1988, Zl. 88/08/0113, mit weiteren Judikaturhinweisen).
Der Beschwerdeführer meint, er habe wegen des Stillschweigens des Arbeitsinspektorates auf das Schreiben der X AG vom 16. November 1988 bis zur Beanstandung vom 1. Februar 1991 der Meinung sein müssen, die Belüftungssituation in der gegenständlichen Filiale sei gesetzeskonform.
Hiezu ist zunächst festzuhalten, daß der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 8. Juni 1989, Zl. 88/08/0275, die Anrechenbarkeit von Türen bei der Berechnung des wirksamen Lüftungsquerschnittes gemäß § 13 Abs. 2 zweiter Satz AAV mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, verneint hat (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 4. Februar 1993, Zl. 92/18/0380). Abgesehen davon, daß die Unkenntnis einer seiner Rechtsmeinung allenfalls entgegenstehenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes den Beschwerdeführer nicht entlasten konnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1992, Zl. 91/19/0130), durfte er auch nicht der Meinung sein, das Schreiben des Arbeitsinspektorates vom 5. Oktober 1988 wäre mit dem Schreiben der X AG vom 16. November 1988 abschließend beantwortet worden: Im Schreiben vom 5. Oktober 1988 waren als Beispiele für Behebungsmaßnahmen Kippflügel und Ventilatoren angeführt worden. Daß dem Arbeitsinspektorat die Existenz der Eingangstüre verborgen geblieben wäre, durfte der Beschwerdeführer nicht annehmen. Er konnte daher auch nicht im guten Glauben sein, der Hinweis auf die mit dem normalen Verkaufsbetrieb verbundene Öffnungsfrequenz der Eingangstüre würde das Belüftungsproblem endgültig erledigen.
Der Beschwerdeführer betont, daß den Ausführungen der X AG im Schreiben vom 16. November 1988 vom Arbeitsinspektorat nicht (sogleich) widersprochen worden sei, und beruft sich auf die Rechtsprechung zu Rechtsauskünften von Behördenorganen.
Es trifft zwar zu, daß Rechtsauskünfte eines Organes der zuständigen Behörde für das Vorliegen eines entschuldbaren Rechtsirrtums von Bedeutung sein können (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 27. September 1988, Zl. 88/08/0113, sowie etwa das hg. Erkenntnis vom 25. September 1991, Zl. 91/02/0054). Die Nichtbeantwortung des Schreibens der X AG vom 16. November 1988 durch das Arbeitsinspektorat war einer solchen Rechtsauskunft aber nicht gleichzuhalten. Der vom Beschwerdeführer für den Beschwerdefall angenommenen Geltung einer Zustimmungsfiktion vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht beizupflichten. Auf die obige inhaltliche Beurteilung des Schriftverkehrs wird verwiesen.
Daß der Beschwerdeführer erst etwa zwei Monate vor der Beanstandung vom 1. Februar 1991 zum verantwortlichen Beauftragten bestellt worden war, schloß sein Verschulden schon deshalb nicht aus, weil er selbst vorbringt, er habe den Akt über die betreffende Filiale mit dem erwähnten Schriftwechsel nach seiner Bestellung durchgesehen. Daß er aus den Unterlagen den Schluß zog, weitere Behebungsmaßnahmen wären entbehrlich, und daher untätig blieb, ist ihm als Fahrlässigkeit vorzuwerfen; das Unerlaubte seines Verhaltens hätte er einsehen können. Bei der Strafbemessung hat die belangte Behörde ohnehin berücksichtigt, daß sein Verschulden wegen der Kürze des seit seiner Bestellung verstrichenen Zeitraumes gering war.
Schon der Inhalt der Beschwerde läßt erkennen, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.
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