VwGH 92/17/0262

VwGH92/17/026211.12.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, in der Beschwerdesache der M A in L, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz vom 8. Juli 1992, Zl. Jv 4461-33.4/90-5, betreffend Nachsicht von Gerichtsgebühren und Kosten, den Beschluß gefaßt:

Normen

GEG §9 Abs2;
VwGG §26 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
GEG §9 Abs2;
VwGG §26 Abs2;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Aus dem Vorbringen in der Beschwerde sowie der ihr angeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Bescheid vom 8. Juli 1992 hat der Präsident des Oberlandesgerichtes Linz auf Antrag des C A und der M A die beim Oberlandesgericht Linz vorgemerkten Gerichtsgebühren und Kosten in der Höhe von insgesamt S 62.160,61, für die die Beschwerdeführerin zur ungeteilten Hand haftete, gemäß § 9 Abs. 2 GEG 1962 den Antragstellern nachgelassen. Die Zahlungspflicht der Beschwerdeführerin blieb weiterhin aufrecht.

Dieser nicht an die Beschwerdeführerin gerichtete Bescheid war in Ablichtung dem Zahlungsauftrag des Bezirksgerichtes über S 62.210,61 (inkl. S 50,-- Einhebungsgebühr) beigeheftet.

Die Beschwerdelegitimation sei nach Ansicht der Beschwerdeführerin gemäß § 26 Abs. 2 VwGG gegeben, da sie als übergangene Partei nach Einsichtnahme in die Bescheidkopie vom Inhalt des Bescheides Kenntnis erlangt habe. Sie erachte sich in dem gesetzlich gewährleisteten Recht verletzt, den mit der Beschwerdeführerin zu ungeteilten Hand für Gerichtsgebühren haftenden Personen die Gebühren gemäß § 9 Abs. 2 GEG 1962 nur dann nachzulassen, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für diese verbunden wäre oder der Nachlaß im öffentlichen Interesse gelegen sei.

Hätte die belangte Behörde die anderen Parteien nicht aus ihrer Zahlungsverpflichtung entlassen, dann hätte der Gebührengläubiger bei der Einbringlichmachung des Betrages die Frage, welchen Schuldner er mit welchem Betrag heranziehe, nach den Gesichtspunkten des "Ermessens" lösen müssen. Bei der Ausübung dieses Ermessens hätten sowohl die Intensität der Bindung, die jeweilige Situation und auch Vorschriften des Privatrechtes über das Innenverhältnis der Gemeinschaft sowie besondere Vereinbarungen zwischen den Parteien berücksichtigt werden müssen. Wenn daher die Behörde in jenem Fall von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hätte, hätte sie zu berüchsichtigen gehabt, daß Herr C A und Frau M A und die Beschwerdeführerin nach der vor dem Notar getroffenen Vereinbarung nur nach Köpfen hafteten.

Weiters erscheine es fraglich, ob es der Beschwerdeführerin nach Entlassung der beiden Mitschuldner aus der Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Gebührengläubiger überhaupt möglich sei, ihre Regreßforderung gegen diese auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen.

Gemäß § 26 Abs. 2 VwGG kann die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof auch erhoben werden, bevor der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt oder verkündet worden ist. Für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gilt in diesem Falle der Bescheid als an dem Tag zugestellt, an dem der Beschwerdeführer von seinem Inhalt Kenntnis erlangt hat.

Diese Bestimmung ist nur auf einen im Mehrparteienverfahren erlassenen Bescheid anwendbar, und zwar dann, wenn einer Partei der Bescheid weder zugestellt noch verkündet worden ist, sie aber von der Erlassung desselben und von seinem wesentlichen Inhalt Kenntnis erlangt hat (vgl. hiezu auch Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 34).

Begehren mehrere Solidarschuldner eine Nachsicht von Verfahrenskosten gemäß § 9 Abs. 2 GEG 1962, dann sind diese jeweils Partei ihres Nachsichtsverfahrens, nicht aber auch Partei in den Nachsichtsverfahren der Solidarschuldner. Demgemäß kommt der Beschwerdeführerin in den Nachsichtsverfahren der weiteren Solidarschuldner keine Parteistellung zu; sie ist daher auch nicht "übergangene Partei" des Verfahrens, sodaß sie zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den an die Solidarschuldner ergangenen Nachsichtsbescheid nicht legitimiert ist (hg. Beschluß vom 21. Dezember 1965, Z. 2351-2360/64; 367-373/65).

Mit der Entscheidung über die Nachsicht der übrigen Solidarschuldner tritt im Schuldverhältnis der Beschwerdeführerin im Verhältnis zum Gläubiger keine Änderung ein. Sie schuldet nach wie vor den gesamten Betrag. Da überdies die Regreßmöglichkeit gewahrt geblieben ist, besteht auch aus diesem Gesichtspunkt kein rechtliches Interesse und damit keine Parteistellung. Allfällige Rechtsverletzungen im Bereich der Einhebung könnte die Beschwerdeführerin erst im Falle einer bescheidmäßigen, mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof anfechtbaren Erledigung in dem sie betreffenden Einhebungsverfahren geltend machen.

Die Beschwerde war daher mangels Berechtigung zur Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 mit Beschluß als unzulässig zurückzuweisen.

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