VwGH 91/19/0247

VwGH91/19/024730.9.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Weich, über die Beschwerde des Friedrich H in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 26. Juni 1991, Zl. MA 63-H 51/91/Str, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des KJBG, zu Recht erkannt:

Normen

KJBG 1987 §10;
KJBG 1987 §11;
VStG §5 Abs1;
KJBG 1987 §10;
KJBG 1987 §11;
VStG §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit Straferkenntnis des magistratischen Bezirksamtes für den 4./5.Bezirk war der nunmehrige Beschwerdeführer "als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ" der X-GmbH unter anderem - nur insoweit ist das Straferkenntnis im vorliegenden Fall von Belang - dafür zur Verantwortung gezogen worden,

"daß diese Gesellschaft in W, den jugendlichen Lehrling Maria G in der Woche vom 4.-8. Juli 1988 45 Stunden, in der Woche vom 11.-15. Juli 1988 44 Stunden und in der Woche vom 18.-22. Juli 1988 45 Stunden beschäftigte und somit die zulässige wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden in der Woche vom 4.-8. Juli 1988 um 5 Stunden, in der Woche vom

11.-15. Juli 1988 um 4 Stunden und in der Woche vom 18.-22. Juli 1988 um 5 Stunden überschritten wurde."

Der Beschwerdeführer war deshalb wegen Übertretung des § 11 Abs. 1 KJBG gemäß § 30 Abs. 1 leg. cit. mit einer Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage) bestraft worden.

2. Aufgrund der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung bestätigte der Landeshauptmann von Wien (die belangte Behörde) das Straferkenntnis im vorbezeichneten Umfang gemäß § 66 Abs. 4 AVG mit der Ergänzung, daß der "betroffene jugendliche Lehrling Maria G am 27. September 1970 geboren wurde."

Zur Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe das Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems nicht schlüssig dargetan. Dies deshalb, weil er anläßlich seiner Einvernahme vor der Erstinstanz angegeben habe, niemals Kontrollen der Einhaltung der Arbeitszeit- und Arbeitsruhebestimmungen durchgeführt, keinen Einblick in Arbeitszeitaufzeichnungen genommen und auch von Rudolf K. und Martin B. - diesen seien vom Beschwerdeführer nach dessen Vorbringen die Überwachung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften und die Angelegenheiten der Personalpolitik im Jahr 1985 in die Eigenverantwortung übertragen worden - niemals diesbezügliche Berichte verlangt zu haben. Ebenso habe Martin

B. als Zeuge vernommen angegeben, daß der Beschwerdeführer keinerlei Kontrolltätigkeit hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften ausgeübt habe. Martin B. und Rudolf K. hätten dem Beschwerdeführer niemals darüber zu berichten gehabt, der Beschwerdeführer habe nie Einblick in die Arbeitszeitaufzeichnungen genommen und auch keine stichprobenartigen Überprüfungen vorgenommen. Rudolf K. habe anläßlich seiner zeugenschaftlichen Vernehmung ausgesagt, daß ihn der Beschwerdeführer niemals über die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen im Betrieb der Gesellschaft befragt habe und auch er (Rudolf K.) dem Beschwerdeführer nicht darüber zu berichten gehabt habe. Aus diesen Aussagen ergebe sich zweifelsfrei, daß der Beschwerdeführer kein taugliches und damit kein schuldausschließendes Überwachungssystem zur Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften geschaffen habe. Der Beschwerdeführer habe somit nicht glaubhaft gemacht, daß ihm die Einhaltung der übertretenen Bestimmungen des KJBG ohne sein Verschulden unmöglich gewesen wäre. Auch die behauptete Freiwilligkeit der Überstundenleistung durch den Lehrling stelle keinen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund dar, da das KJBG eine freiwillige Überschreitung der höchstzulässigen Wochenarbeitszeit durch den Arbeitnehmer nicht kenne.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid deshalb aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Vorweg ist festzuhalten, daß der Beschwerdeführer nicht die von der belangten Behörde als erwiesen angenommene Verwirklichung des objektiven Tatbestandes, sondern ausschließlich bestreitet, daß ihn daran "irgendein Grad des Verschuldens" treffe.

2. Da zum Tatbestand der dem Beschwerdeführer angelasteten Übertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser um ein Ungehorsamsdelikt, dies mit der Folge, daß die im § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG verankerte Schuldvermutung zu Lasten des Täters Platz greift:

Dieser hat von sich aus sein mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen. Entgegen der Ansicht der Beschwerde ist der Verwaltungsgerichtshof in Übereinstimmung mit der belangten Behörde der Auffassung, daß dies dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist.

3.1. Der Beschwerdeführer behauptet, daß Rudolf K. und Martin B., denen er im Jahre 1985 die Überwachung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften übertragen habe, ein Kontrollsystem eingeführt hätten. Er hat hingegen nicht - wie von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für erforderlich erachtet (vgl. etwa jüngst das Erkenntnis vom 8. Juli 1991, Zl. 91/19/0086) - auf der Grundlage entsprechenden Tatsachenvorbringens dargetan, wie dieses Kontrollsystem KONKRET funktionieren sollte. Verfehlt ist der in diesem Zusammenhang zu sehende Beschwerdeeinwand, die Behörde habe bei der Vernehmung der beiden vorgenannten Personen "keinerlei genaueren Erhebungen über Art und Umfang des zum Tatzeitpunkt bestehenden Kontrollsystems innerhalb der X-GmbH durchgeführt", verkennt doch damit der Beschwerdeführer, daß es - wollte er sein mangelndes Verschulden glaubhaft machen - im Grunde des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG ihm oblegen wäre, von sich aus das Kontrollsystem und die Art und Weise seines Funktionierens darzustellen.

3.2. Unbestritten blieben in der Beschwerde die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, daß der Beschwerdeführer seinerseits keinerlei Kontrolltätigkeit in bezug auf die Einhaltung arbeitszeitrechtlicher Vorschriften ausgeübt habe. Der Beschwerdeführer meint vielmehr, die Tatsache, daß er nach der Betrauung von Rudolf K. und Martin B. keine Einsicht mehr in Arbeitsaufzeichnungen genommen und auch nicht diesbezügliche Berichte verlangt habe, könne "keine subjektive Vorwerfbarkeit der Tat hinsichtlich des Beschwerdeführers" begründen. Auch insoweit irrt der Beschwerdeführer. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt - um von einem WIRKSAMEN Kontrollsystem sprechen zu können - nicht die Erteilung von Weisungen; geboten ist vielmehr darüber hinaus die Überwachung der erteilten Weisungen auf ihre Befolgung (vgl. nochmals das Erkenntnis Zl. 91/19/0086). Aus diesem Grund vermag auch der Hinweis, Rudolf K. und Martin B. sei aufgetragen worden, "angemessene Kontrolleinrichtungen zur Überwachung der arbeitszeitrechlichen Bestimmungen zu installieren", den Beschwerdeführer nicht zu entlasten.

3.3. Was schließlich die vom Beschwerdeführer behauptete Freiwilligkeit der Leistung von Überstunden durch den betreffenden Lehrling anlangt, so hat die belangte Behörde zutreffend darauf hingewiesen, daß die zulässige Wochenarbeitszeit nach dem Gesetz nicht zur Disposition des Jugendlichen steht.

4. Nach dem Gesagten durfte die belangte Behörde zu Recht das Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems die Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften betreffend und damit die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens des Beschwerdeführers im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG verneinen.

5. Die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung liegt somit nicht vor. Da dies bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, war diese gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte