Normen
BAO §80 Abs1;
BAO §80 impl;
BAO §9 Abs1 impl;
BAO §9 Abs1;
LAO Wr 1962 §54 Abs1;
LAO Wr 1962 §7 Abs1;
BAO §80 Abs1;
BAO §80 impl;
BAO §9 Abs1 impl;
BAO §9 Abs1;
LAO Wr 1962 §54 Abs1;
LAO Wr 1962 §7 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit getrennt ausgefertigten Bescheiden je vom 8. Jänner 1991 machte der Magistrat der Stadt Wien, MA 4/7, die Beschwerdeführer als Geschäftsführer der PH Ges.m.b.H. für die in der Zeit vom 1. Jänner 1989 bis 31. März 1990 entstandene Getränkesteuerschuld (samt Nebengebühren) im Betrag von S 29.643,-- haftbar.
In der dagegen erhobenen Berufung machten die Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, wie aus den Büchern und Papieren der Gesellschaft hervorgehe, habe der in den Streitjahren bestehende Geschäftsgang eine Thesaurierung von Mitteln überhaupt nicht mehr zugelassen. Es seien daher den Beschwerdeführern keinerlei flüssige Mittel zur Steuerabfuhr zur Verfügung gestanden. Ein Verschulden der Beschwerdeführer an der Nichtentrichtung der Abgaben läge daher nicht vor.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien die Berufung als unbegründet ab. Von einem mangelnden Verschulden der Beschwerdeführer könne schon deswegen nicht ausgegangen werden, weil die Getränkesteuer - wirtschaftlich betrachtet - vom Konsumenten entrichtet werde und somit die Mittel zu deren Bezahlung hätten vorhanden sein müssen. Trotz Vorhalt dieser offenkundigen Tatsache in der Berufungsvorentscheidung hätten die Beschwerdeführer nicht dargetan, daß aus besonderen Gründen dies bei ihnen nicht zugetroffen habe. Hätten die Geschäftsführer diese Mittel für andere Zwecke verwendet, müßten sie diesen Umstand selbst vertreten. Daß die Unterlassung der rechtzeitigen Bezahlung der Getränkesteuer ursächlich für die spätere Uneinbringlichkeit gewesen sei, sei evident.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach ihrem Vorbringen erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht, zur Haftung für die genannte Abgabenschuldigkeit nicht herangezogen zu werden, verletzt. Sie beantragen, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 1 WAO haften die in den §§ 54 ff. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflicht nicht eingebracht werden können.
Gemäß § 54 Abs. 1 leg. cit. haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den mit den §§ 7, 54 WAO gleichartigen Rechtsvorschriften in anderen Landesabgabenordnungen sowie in der Bundesabgabenordnung setzt eine darauf gestützte Haftungsinanspruchnahme voraus, daß die rückständigen Abgaben uneinbringlich wurden und dies auf eine schuldhafte Pflichtverletzung des Vertreters zurückzuführen ist. Die Heranziehung des Vertreters zur Haftung gemäß § 7 Abs. 1 WAO hat weiters zur Voraussetzung, daß zwischen der schuldhaften Pflichtverletzung des Vertreters und der Uneinbringlichkeit der Forderung ein Rechtswidrigkeitszusammenhang besteht. Das Tatbestandsmerkmal "... infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können" ist etwa dann als erfüllt anzusehen, wenn der Vertretene bei oder nach Fälligkeit der Verbindlichkeiten Mittel für die Bezahlung - gegebenenfalls nach gleichmäßiger Aufteilung der Bezahlungsmittel auf alle Verbindlichkeiten - zur Verfügung hatte und nicht - wenn auch nur anteilig - für die Abgabentilgung Sorge getragen hat. Insoweit - der Vertreter darf Abgabenschulden nicht schlechter behandeln als die übrigen aus dem von ihm verwalteten Vermögen zu begleichenden Schulden, auch wenn nicht verlangt wird, daß der Abgabengläubiger vor allen übrigen Gläubigern befriedigt wird - ist auch das Ausmaß der Haftung bestimmt.
Weiters ist zu beachten, daß der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht hat, es sei Sache des Geschäftsführers, darzutun, weshalb er nicht Sorge dafür tragen konnte, daß die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Außerdem hat der Vertreter darzutun, daß er die Abgabenforderungen bei der Verfügung über die vorhandenen Mittel nicht benachteiligt hat. Diese den Vertreter treffende qualifizierte Mitwirkungspflicht kann freilich nicht so aufgefaßt werden, daß die Abgabenbehörde jedweder Ermittlungspflicht entbunden wäre (vgl. hiezu zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1992, Zl. 88/17/0216, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung).
Nach dem Akteninhalt ist im Beschwerdefall das Bestehen der Abgabenforderung, die Stellung der Beschwerdeführer als Vertreter und die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung unbestritten. Strittig ist die Annahme einer schuldhaften Pflichtverletzung und der Kausalität der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit der Abgabenschuld.
Die Beschwerdeführer haben in ihrer Berufung konkret behauptet, ihnen seien während des Abgabenzeitraumes keinerlei flüssigen Mittel zur Steuerabfuhr zur Verfügung gestanden. Sie haben hiefür (arg: "Wie aus den Büchern und Papieren der Gesellschaft hervorgeht ...") auch in hinreichendem Maße Beweismittel angeboten. Sie haben damit den ihr nach der Rechtsprechung obliegenden Exkulpierungsbeweis angetreten.
Die belangte Behörde hat dem entgegengehalten, von einem mangelnden Verschulden könne schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil die Getränkesteuer - wirtschaftlich betrachtet - vom Konsumenten entrichtet werde und somit die Mittel zu der Bezahlung vorhanden gewesen sein müßten. Hiezu bringt die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift ergänzend vor, der Verwaltungsgerichtshof habe bei der Frage der Geschäftsführerhaftung bezüglich der Umsatzsteuer und Alkoholabgabe zum Ausdruck gebracht, daß mit den Preisen für die erbrachten Lieferungen und Leistungen auch diese Abgaben bezahlt würden und daher für die Abfuhr an das Finanzamt zur Verfügung stünden. Wenn der Geschäftsführer diese Abgabe, aus welchen Gründen immer, nicht abführe, sondern für andere Zwecke verwendet habe, liege darin ein abgabenrechtlich relevantes Verschulden.
Dem ist zu erwidern, daß der erkennende Senat in seinem bereits zitierten Erkenntnis vom 21. Mai 1992, Zl. 88/17/0216, diese Auffassung für den Bereich der Getränkesteuer insbesondere deshalb abgelehnt hat, weil der Unternehmer nicht etwa eine vom Konsumenten geschuldete Abgabe einbehält, sondern selbst Abgabenschuldner ist (in diesem Sinne vgl. auch das Erkenntnis vom 10. Juni 1980, Zl. 535/80). Er hat weiters darauf verwiesen, daß eine gegenteilige Auffassung gegen das oben dargelegte Gebot zur Gleichbehandlung aller Gläubiger verstieße. Es kann, wie erwähnt, nicht verlangt werden, daß der Abgabengläubiger vor allen übrigen Gläubigern befriedigt wird. Dies könnte jedoch dann der Fall sein, wenn man die Auffassung verträte, mit der "Einhebung" der auf den Konsumenten überwälzten Getränkesteuer zusammen mit dem Entgelt seien die Mittel zu deren Entrichtung unter allen Umständen ZUR GÄNZE vorhanden.
Da die belangte Behörde die Rechtslage im aufgezeigten Sinn verkannte, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhalts belastet, weshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne daß auf das weitere Vorbringen der Streitteile eingegangen werden mußte.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Stempelgebühren waren nur im erforderlichen Ausmaß zuzusprechen.
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