Normen
ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 lita idF 1990/357;
BAO §308 Abs1 idF 1987/312;
FinStrG §167 Abs1 idF 1987/312;
VwGG §46 Abs1;
ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 lita idF 1990/357;
BAO §308 Abs1 idF 1987/312;
FinStrG §167 Abs1 idF 1987/312;
VwGG §46 Abs1;
Spruch:
Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
Mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Jänner 1991, Zl. 90/03/0244, wurde das Verfahren über die Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid eingestellt, weil der Antragsteller den ihm gemäß § 34 Abs. 2 VwGG erteilten Verbesserungsauftrag vom 7. November 1990 nur teilweise befolgt hatte. Der Antragsteller hatte nämlich den ergänzenden Schriftsatz entgegen dem hg. Mängelbehebungsauftrag nur in zweifacher, statt in der erforderlichen dreifachen Ausfertigung vorgelegt.
Mit dem vorliegenden Antrag vom 25. Februar 1991 begehrt der Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 46 VwGG, weil er durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen und vollständigen Befolgung des Mängelbehebungsauftrages verhindert gewesen sei. Der Rechtsvertreter des Antragstellers habe ordnungsgemäß den ergänzenden Schriftsatz in dreifacher Ausfertigung erstellt. Durch einen Stenogrammfehler sei jedoch am Schriftsatz lediglich die Zusendung "zweifach" vermerkt. Die überzählige Ausfertigung sei als zusätzliche Kopie dem Mandanten übermittelt worden, der diesen Schriftsatz somit in zweifacher Ausfertigung erhalten habe. Dieses Versehen sei nicht voraussehbar gewesen und habe auch nicht zeitgerecht berichtigt werden können, da der Antragsteller keine Veranlassung gesehen habe, wegen der Zusendung des Schriftsatzes in doppelter Ausfertigung bei der Kanzleileiterin nachzufragen. Bei dieser handle es sich um eine erfahrene Fachkraft, die bereits seit mehr als zehn Jahren Kanzleileiterin sei. In all diesen Jahren sei ihr kein derartiges Versehen bei der Postabfertigung zur Erledigung des aufgetragenen Schriftsatzes unterlaufen.
Dem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG in der Fassung des Bundesgesetzes vom 12. Dezember 1985, BGBl. Nr. 564, ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung sowohl zu § 71 Abs. 1 lit. a AVG 1950 als auch zu § 46 Abs. 1 VwGG ausgesprochen, daß ein Verschulden des Parteienvertreters einem Verschulden der Partei gleichzusetzen ist. Ein Versehen eines Angestellten eines Rechtsanwaltes ist dem Rechtsanwalt als Verschulden anzurechnen, wenn der Anwalt die gebotene und ihm zumutbare Kontrolle gegenüber dem Angestellten unterlassen hat. Der bevollmächtigte Anwalt muß den Aufgaben, die ihm aus dem Bevollmächtigungsvertrag erwachsen, auch insoweit nachkommen, als er sich zu ihrer Wahrnehmung seiner Kanzlei als seines Hilfsapparates bedient. Insbesondere muß der bevollmächtigte Rechtsanwalt die Organisation seines Kanzleibetriebes so einrichten, daß u.a. auch die vollständige und fristgerechte Erfüllung von Mängelbehebungsaufträgen, die ja bereits das Vorliegen einer zumindest zum Teil nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechenden Eingabe zur Grundlage haben, gesichert scheint. An dieser grundsätzlichen Verpflichtung hat sich auch durch die Neufassung des § 46 Abs. 1 VwGG durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 564/1985 nichts geändert. Es ist daher in derartigen Fällen weiterhin ausschlaggebend, ob der Rechtsanwalt der genannten Verpflichtung entsprochen hat, wobei der Unterschied zur früheren Rechtslage lediglich darin besteht, daß dann, wenn ein Verschulden des Rechtsanwaltes hervorkommt, nunmehr noch zusätzlich zu klären ist, ob es sich hiebei nicht um einen minderen Grad des Versehens handelte. Der - aus der Zivilprozeßordnung in der Fassung der Zivilverfahrensnovelle 1983 übernommene - Begriff des minderen Grades des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber oder sein Vertreter darf nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer acht gelassen haben. Irrtümer und Fehler der Kanzleiangestellten von Rechtsanwälten sind diesen zuzurechnen und ermöglichen jedenfalls dann eine Wiedereinsetzung, wenn sie trotz der Einhaltung der berufsgebotenen Sorgfaltspflichten des Anwaltes bei der Kontrolle der Termin- und Fristenevidenz und trotz bisheriger objektiver Eignung und Bewährung der Kanzleiangestellten unterlaufen und eine durch die konkreten Umstände des Einzelfalles bedingte entschuldbare Fehlleistung gewesen sind (vgl. u.a. die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Oktober 1987, Zl. 87/08/0256, vom 15. Dezember 1988, Zl. 88/08/0278, und vom 14. März 1991, Zl. 91/06/0026).
Der ergänzende Schriftsatz, der auftragsgemäß in dreifacher Ausfertigung einzubringen gewesen wäre, enthält auf dem Deckblatt den eindeutigen Hinweis "zweifach". Mag der anwaltliche Vertreter auch richtig dreifach diktiert haben und es sich bei der Wiedergabe "zweifach" um einen Stenogrammfehler handeln, so hätte dieser Umstand aber bei der Unterfertigung des Schriftsatzes durch den anwaltlichen Vertreter diesem auffallen müssen; ist er doch vor Unterfertigung des Schriftsatzes verpflichtet, die Richtigkeit von dessen Inhalt zu überprüfen, wozu auch der Hinweis auf die Zahl der erforderlichen Ausfertigungen zählt. Der anwaltliche Vertreter konnte sich daher nicht darauf verlassen, daß seine Kanzleileiterin dennoch die erforderliche Anzahl von Ausfertigungen anschließen werde. Bei einem Sachverhalt wie dem vorliegenden kann nicht von einem bloß minderen Grad des Versehens die Rede sein.
Dem Wiedereinsetzungsantrag war daher nicht stattzugeben.
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