VwGH 90/12/0261

VwGH90/12/026122.10.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Dr. Paul N gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 7. August 1990, Zl. 12 1200/2-IV/1/90, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens in Angelegenheit der Feststellung von Dienstpflichten, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §69 Abs1 litb;
AVG §69 Abs1 litb;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Hinsichtlich der Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 89/12/0026, verwiesen.

Am 26. April 1990 beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des mit dem zur Zl. 89/12/0026 angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. Juli 1988 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens mit folgender Begründung:

Dem Beschwerdeführer sei es am 22. April 1990 gelungen, den Kellner des Gasthauses A Kurt K. kennenzulernen und mit ihm zu reden. In diesem Gasthaus habe die Weihnachtsfeier des Finanzamtes Gmunden im Jahre 1987 stattgefunden. Durch entsprechende gerüchteweise Mitteilungen der Kollegenschaft dahingehend informiert, daß der Beschwerdeführer sowohl damals als auch am 8. März 1988 gegen seinen Willen und ohne sein Wissen Schnapswein serviert erhalten habe, habe er K. gefragt, ob im Gasthaus A einmal einem Gast, etwa über Weisung des Wirtes, ein mit Schnaps angereicherter Wein serviert worden sei. Die Antwort habe nein gelautet. Auf die weitere Frage, ob K. auch eine Weihnachtsfeier 1987 des Finanzamtes in Erinnerung sei, habe K. geantwortet: "Heißt Du PaulÜ?". Auf die Bejahung dieser Frage habe K. gesagt: "Ja da war etwas, aber hineingeschüttet hat ihn einer von Deinen Kollegen. Wenn ich ihn wieder sehe, erkenne ich ihn wieder." Weiter habe K. erklärt, daß man ihm sodann gesagt habe, er müsse diesen Mixwein nunmehr dem Paul servieren, den man ihm dann genau beschrieben habe, weil er ihm ja unbekannt gewesen sei. Diese Tatsache bzw. das Beweismittel der Vernehmung des Zeugen K. sei dem Beschwerdeführer bisher ohne sein Verschulden nicht zur Verfügung gestanden; es sei erst am 22. April 1990 hervorgekommen. Für sämtliche Behörden sei das Verhalten des Beschwerdeführers bei der Weihnachtsfeier bei ihrer Entscheidung ein Hauptkriterium gewesen, soweit die schweren Begründungsmängel dies erkennen ließen. Weiters hätte "dadurch" (gemeint die Aussage des Zeugen K.) die Glaubwürdigkeit der anderen Zeugen auch hinsichtlich der Ereignisse vom 8. März 1988 einen ganz anderen Stellenwert gehabt, und es erschienen auch die "Erinnerungslücken" des Beschwerdeführers in einem ganz anderen, verständlichen Licht. Wäre im Verwaltungsverfahren bekannt gewesen, daß die dem Beschwerdeführer unterstellten Beamten ihm bei Betriebsfeiern und offenbar auch Geburtstagsfeiern im Finanzamt Schnapswein servierten, so wäre die Behörde auf Grund dieses ganz wesentlichen Entscheidungsgrundes im Hauptteil des Spruches zu einem anders lautenden Bescheid gekommen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diesen Antrag gemäß § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 ab. Begründend wurde ausgeführt, der Wiederaufnahmsgrund des § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 liege vor, wenn "neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruchs anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätten". Es könne sich dabei immer nur um den Sachverhalt betreffende Tatsachen oder Beweismittel handeln, die im durchgeführten Verfahren, wenn sie schon damals hätten berücksichtigt werden können, zu einer anderen Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes und voraussichtlich zu einem anders lautenden Bescheid geführt hätten. Ob dem Beschwerdeführer bei einer Weihnachtsfeier mit Schnaps angereicherter Wein serviert worden sei oder nicht, spiele jedoch im gegenständlichen Fall keine Rolle. Sein Verhalten bei der Weihnachtsfeier sei keineswegs, wie er meine, Hauptkriterium für die getroffene Entscheidung gewesen; es sei vielmehr eine Vielzahl von im wesentlichen ähnlichen Aussagen betreffend sein gesamtes Verhalten für die Anordnung der vertrauensärztlichen Untersuchung ausschlaggebend gewesen. Die belangte Behörde wäre daher auch bei Kenntnis der Tatsache, daß der Beschwerdeführer nicht nur reinen, sondern mit Schnaps gemischten Wein getrunken habe, zu keiner anderslautenden Entscheidung gekommen. Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens sei daher abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Die belangte Behörde setze sich mit ihrer Begründung in Widerspruch zur Begründung des zur Zl. 89/12/0026 beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides. Darin habe die belangte Behörde nämlich ausgeführt, sie sei auf Grund der Vielzahl von Anzeigen von Wirtschaftstreuhändern und des Vorstandes des Finanzamtes Gmunden zum Ergebnis gekommen, daß der Beschwerdeführer zu erheblichen aggressiven Überreaktionen neige. Durch die Vernehmung des vom Beschwerdeführer beantragten Zeugen K. wäre hervorgekommen, daß dem Beschwerdeführer von seinen Untergebenen und Belastungszeugen bei Feiern Alkohol geheim und zusätzlich verabreicht worden sei, damit er im Zustand der Vergiftung seines Gehirnes mit Alkohol Handlungen setze, mit denen er sich selbst den ersehnten Schaden zufüge. Durch diese Tatsache bzw. durch dieses Beweismittel wäre die Glaubwürdigkeit der Belastungszeugen bereits gänzlich in sich zusammengebrochen, weil sie der Dienstbehörde äußerst wissenswerte Tatsachen verschwiegen hätten. In Verbindung mit einem weiteren Beweismittel, etwa der vom Beschwerdeführer beantragten Einvernahme der Wirtschaftstreuhänder, hätte sich sodann ergeben, daß der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegten Taten nicht begangen habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnisse des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalte des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

Ausgehend vom Vorbringen des Beschwerdeführers im Wiederaufnahmsantrag ist zwar die erste Voraussetzung des § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 gegeben; die belangte Behörde hat aber mit Recht das Vorliegen der zweiten Voraussetzung verneint. Denn selbst wenn es zutreffen sollte, daß einer der Kollegen des Beschwerdeführers den K. bei der Weihnachtsfeier des Jahres 1987 veranlaßt haben sollte, dem Beschwerdeführer "Mixwein" ("mit Schnaps angereicherten Wein") zu servieren, hätte dies unter Bedachtnahme auf die Begründung des rechtskräftigen Bescheides der belangten Behörde vom 14. Juli 1988, und zwar weder allein noch in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens, voraussichtlich einen im Hauptinhalte des Spruchs anders lautenden Bescheid herbeigeführt. Die belangte Behörde stützte nämlich ihre Annahme, es habe die Befolgung des Dienstauftrages der Dienstbehörde vom 31. März 1988 zu den Dienstpflichten des Beschwerdeführers gezählt, darauf, daß einerseits auf Grund der in einem vom "Kollegenkreis der Wirtschaftstreuhänder des Salzkammergutes" verfaßten Schreiben erhobenen Vorwürfe (die weder mit der Weihnachtsfeier 1987 noch mit den Vorfällen am 8. März 1988 im Zusammenhang stehen) und andererseits der in Niederschriften von Kollegen wiedergegebenen Äußerungen des Beschwerdeführers vom 8. März 1988 (und nicht etwa bei der Weihnachtsfeier 1987) berechtigte Zweifel an der für die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben erforderlichen körperlichen oder geistigen Eignung des Beschwerdeführers entstanden seien. Aus welchem Grund zufolge der bloßen Tatsache, daß einer der Kollegen des Beschwerdeführers ihm bei der Weihnachtsfeier 1987 "Mixwein" servieren ließ, die Glaubwürdigkeit aller die Äußerung des Beschwerdeführers vom 8. März 1988 bezeugenden Kollegen "einen ganz anderen Stellenwert" haben soll, hat der Beschwerdeführer im Wiederaufnahmsantrag nicht dargelegt; seine nunmehr in der Beschwerde daraus gezogenen Schlußfolgerungen (nämlich es sei ihm "von seinen Untergebenen und Belastungszeugen bei Feiern Alkohol geheim und zusätzlich verabreicht worden, damit er im Zustand der Vergiftung seines Gehirnes mit Alkohol Handlungen setze, ....") sind durch das im Wiederaufnahmsantrag genannte Faktum nicht gedeckt.

Da sohin schon der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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