VwGH 90/07/0156

VwGH90/07/015628.5.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat 1. über den Antrag von J. und E. S. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des LAS beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung vom 29. März 1990, Zl. Bod-4108/13-1990 betreffend Einräumung eines landwirtschaftlichen Bringungsrechtes sowie 2. über die Beschwerde derselben Parteien gegen den obbezeichneten Bescheid (mitbeteiligte Parteien: A. und B. F.) den Beschluß gefaßt

Normen

AgrBehG 1950 §7 Abs1 idF 1974/476;
AgrBehG 1950 §7 Abs2 idF 1974/476;
AgrBehG 1950 §7 Abs5 litb idF 1974/476;
VwGG §46 Abs2;
AgrBehG 1950 §7 Abs1 idF 1974/476;
AgrBehG 1950 §7 Abs2 idF 1974/476;
AgrBehG 1950 §7 Abs5 litb idF 1974/476;
VwGG §46 Abs2;

 

Spruch:

1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge stellten die Agrarbezirksbehörde Linz (ABB) mit Bescheid vom 19. Februar 1988 und der diese Entscheidung mit Erkenntnis vom 9. Juni 1988 bestätigende Landesargarsenat beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung (die belangte Behörde) fest, daß der durch die mitbeteiligten Parteien (MP) gestellte Antrag auf Einräumung eines landwirtschaftlichen Bringungsrechtes unter die Bestimmungen über die Einräumung von Bringungsrechten fällt.

Die ABB räumte in weiteren Verfahren mit Bescheid vom 29. Mai 1989 den MP zu Lasten von im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Grundstücken ein landwirtschaftliches Bringungsrecht ein. Die belangte Behörde wies die dagegen durch die Beschwerdeführer eingebrachte Berufung mit Erkenntnis vom 29. März 1990 ab. Spruchgemäß wurde der erstinstanzliche Bescheid zugleich jedoch "dahingehend ergänzt, daß das landwirtschaftliche Bringungsrecht auch das Recht umfaßt, den Bringungsweg und damit den darüber liegenden Luftraum freizuhalten. Hiezu können die Äste bis zu einer Höhe von 4 m auf die mindestschädliche Weise entfernt werden." Die Rechtmittelbelehrung enthielt den Hinweis, daß gegen dieses Erkenntnis eine Berufungsmöglichkeit offenstehe.

In der Folge wies der Oberste Agrarsensat beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft (OAS) mit Erkenntnis vom 3. Oktober 1990 die Berufung der Beschwerdeführer gegen den zuletzt genannten Bescheid des LAS als unzulässig zurück. In der Begründung seiner Entscheidung wertete der OAS den zuvor wörtlich wiedergegebenen Zusatz im Spruch des vor ihm angefochtenen Bescheides als Nebenbestimmung, welche zur reibungslosen Ausübung des Rechtes beitragen solle, und verneinte zugleich das Vorliegen eines den Rechtszug an den OAS gemäß § 7 Abs. 2 Z. 5 lit. b des Agrarbehördengesetzes 1950 i.d.F. der Agrarbehördengesetznovelle 1974, BGBl. Nr. 476 (AgrBehG) einräumenden "abändernden Erkenntnisses".

In dem im Hinblick auf § 46 Abs. 3 VwGG rechtzeitig gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen das obzitierte Erkenntnis der belangten Behörde berufen sich die Antragsteller auf § 46 Abs. 2 leg. cit. Mit dem Wiedereinsetzungsantrag wurde gleichzeitig die versäumte Beschwerde nachgeholt.

1. ZUM ANTRAG AUF WIEDEREINSETZUNG IN DEN VORIGEN STAND:

Gemäß § 46 Abs. 2 VwGG ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist auch dann zu bewilligen, wenn die Beschwerdefrist versäumt wurde, weil der anzufechtende Bescheid fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat.

Wird in einem Bescheid ein Rechtsmittel eingeräumt, das sodann von der Partei ergriffen wird, dieses jedoch von der letzten Instanz als unzulässig zurückgewiesen, dann kann nach ständiger hg. Judikatur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist beim Verwaltungsgerichtshof nicht gewährt werden, wenn der Gerichtshof zur Überzeugung kommt, daß dieses Rechtsmittel - entgegen der Ansicht der obersten Behörde - zulässig war (vgl. etwa den Beschluß vom 11. September 1984, Zl. 84/07/0201, weiters den Beschluß vom 17. Juni 1986, Zl. 84/07/0255). Der Verwaltungsgerichtshof hat daher in der vorliegenden Rechtssache trotz der mit der obgenannten Begründung erfolgten Zurückweisung der Berufung der Antragsteller durch den OAS zu prüfen, ob im Bescheid der belangten Behörde vom 29. März 1990 FÄLSCHLICH ein Rechtsmittel eingeräumt wurde.

Gemäß § 7 Abs. 1 AgrBehG endet in den Angelegenheiten der Bodenreform der Instanzenzug mit den im Abs. 2 bezeichneten Ausnahmen beim Landesagrarsenat. Eine Berufung an den Obersten Agrarsenat ist gemäß § 7 Abs. 2 Z. 5 lit. b AgrBehG nur gegen ABÄNDERNDE Erkenntnisse des Landesagrarsenates, mit denen ein Bringungsrecht eingeräumt, abgeändert oder aufgehoben wird, zulässig.

Im vorliegenden Fall hat die Behörde erster Instanz ein Bringungsrecht eingeräumt und die Trassenführung festgelegt. Die belangte Behörde hat diesen Bescheid im Instanzenzug, wie oben wörtlich wiedergegeben, ergänzt.

Hiezu wird in der Begründung der Berufungsbescheide ausgeführt, daß während der Verhandlung auch die Frage erörtert wurde, was mit den (in Hinkunft) über den Luftraum der Bringungstrasse ragenden Äste geschehen solle. Da die für die Bewirtschaftung notwendigen Fahrten nur dann ohne Schwierigkeiten und ohne Schaden zu verursachen durchgeführt werden könnten, wenn auch der Luftraum von Ästen freigehalten würde, hätte ein derartiges Freihaltungsrecht eingeräumt werden müssen. Es könnten daher die Äste bis zu einer Höhe von 4 m mit einer Säge glatt abgeschnitten werden, wobei die Schnittstellen mit einem geeigneten Wundverschlußmittel zu versehen wären; der erstinstanzliche Bescheid sei daher insoweit abzuändern gewesen.

Diese "Abänderung" qualifizierte der OAS als bloße Nebenbestimmung, da sie den Inhalt des Verwaltungsaktes, dem sie beigefügt sei, nicht berühre. Die belangte Behörde kam daher zum Ergebnis, daß kein "abänderndes Erkenntnis des Landesagrarsenates" im Sinne des § 7 Abs. 2 AgrBehG vorliege.

Nach ständiger Judikatur beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes muß von einem "abändernden Erkenntnis des Landesagrarsenates" immer dann gesprochen werden, wenn der materielle Inhalt der zweitinstanzlichen Entscheidung vom materiellen Inhalt der erstinstanzlichen abweicht (vgl. VfSlg 8758; VwSlg 12481).

Im Gegenstand stellt sich die nähere Ausgestaltung des Bringungsrechtes durch die von der belangten Behörde vorgenommene Ergänzung insoweit als eine derartige inhaltliche Änderung dar, als einerseits den durch die Bringungsrechtseinräumung Begünstigten ein zusätzliches Recht (hier: Luftraumfreihaltungsrecht bis 4 m über dem Boden) eingeräumt wird, andererseits den durch die Bringungsrechteinräumung Belasteten eine korrespondierende zusätzliche Duldungsverpflichtung auferlegt wird.

Damit aber sind im vorliegenden Beschwerdefall im Grunde des § 7 Abs. 2 Z. 5 lit. b leg. cit. die Voraussetzungen für die Anfechtbarkeit des Bescheides der belangten Behörde vom 29. März 1990 im Wege der Berufung an den OAS gegeben. Dieser Bescheid hat sohin eine richtige Rechtsmittelbelehrung enthalten. Da gemäß § 46 Abs. 2 VwGG (bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen)

nur bei FÄLSCHLICHER Einräumung eines Rechtsmittels die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen ist, die Rechtsmittelbelehrung im bezeichneten Bescheid aber richtig war, war dem Antrag der Beschwerdeführer auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattzugeben.

2. ZUR BESCHWERDE GEGEN DEN BESCHEID DER BELANGTEN BEHÖRDE VOM 29. MÄRZ 1990:

Da die Beschwerde gegen diesen Bescheid unbestritten nach Ablauf der hiefür nach § 26 Abs. 1 Z. 1 VwGG maßgebenden Frist erhoben wurde und dem mit dieser Beschwerde verbundenen Wiedereinsetzungsantrag nicht stattgegeben wurde (siehe oben unter Punkt 1.), erweist sich die Beschwerde als verspätet und war gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

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