VwGH 90/01/0042

VwGH90/01/004219.9.1990

A gegen Bundeseinigungsamt beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 31. Jänner 1990, Zl. 60/BEA/1990-2, betreffend Wiederaufnahme der Verfahren Re 36/85 des Einigungsamtes Graz und 60/BEA/1989 des Bundeseinigungsamtes (mitbeteiligte Partei: X-AG)

Normen

AVG §69 Abs1 litb;
AVG §69 Abs1 Z2;
BAO §303 Abs1 impl;
AVG §69 Abs1 litb;
AVG §69 Abs1 Z2;
BAO §303 Abs1 impl;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war bei der mitbeteiligten Partei seit 15. Oktober 1977 in der Betriebsorganisation Ost in Brunn am Gebirge beschäftigt. Als Betriebsleiter unterstand er dem Verkaufsleiter des Werkes Graz, einer Filiale der mitbeteiligten Partei. Nach der vollständigen Auflösung des Betriebes in Brunn am Gebirge mit 31. Jänner 1985 war der Beschwerdeführer zunächst dienstfreigestellt worden. Mit Schreiben vom 25. Juni 1985 wurde der Beschwerdeführer von der mitbeteiligten Partei zum 31. Dezember 1985 gekündigt, nachdem zuvor der Betriebsrat des Filialwerkes Graz der beabsichtigten Kündigung des Beschwerdeführers zugestimmt hatte.

Mit Schriftsätzen vom 2. Juli 1985 focht der Beschwerdeführer die Kündigung beim Einigungsamt Graz und beim Einigungsamt Wien an.

1. Mit Bescheid des Einigungsamtes Graz vom 10. Oktober 1986, Re 36/85, zugestellt am 16. Dezember 1986, wurde der Antrag des Beschwerdeführers, die Aufkündigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 1985 durch seinen Arbeitgeber für rechtsunwirksam zu erklären, abgewiesen. Begründet wurde die Entscheidung im wesentlichen damit, daß der Betriebsrat des Betriebes Graz - wohin der Antragsteller betriebsverfassungsrechtlich zugehörig gewesen sei - der Kündigung zugestimmt und damit die Anfechtung durch den Arbeitnehmer im Sinne des § 105 ArbVG "gesperrt" habe. Die diesbezüglichen Feststellungen im Bescheid des Einigungsamtes Graz (S 11) lauten:

"Mit Schreiben 12.6.1986 (richtig wohl: 1985) verständigte die Antragsgegnerin den Angestelltenbetriebsrat der X-AG, Bereich Graz, davon, daß der Antragsteller auf dem Standpunkt stehe, daß die zum 30.6. ausgesprochene Kündigung unwirksam sei und daß für 30.6.1985 eine neuerliche Kündigung zum 31.12.1985 beabsichtigt sei (Beilage ./3)."

Dieses Schreiben wurde vom Betriebsratsobmann F am 14.6. 1986 übernommen. Bei einer Betriebsratssitzung am 20.6. 1985 wurde beschlossen, der beabsichtigten Kündiung im Hinblick auf die Schließung des Brunner Betriebes zuzustimmen. Am 21.6.1985 teilte der Betriebsratsobmann F Dr. H mit, daß der Betriebsrat der Kündigung zustimme. Der Betriebsratsobmann unterfertigte auf dem an den Betriebsrat gerichteten Verständigungsschreiben den Vermerk "einverstanden". (Zeuge F , AS 60, Zeuge Dr. H , AS 46f)."

2. Nachdem bei einer mündlichen Verhandlung vor dem Einigungsamt Wien am 13. Jänner 1986 der Beschwerdeführer und die mitbeteiligte Partei sich mit einer Unterbrechung des Verfahrens einverstanden erklärt hatten, wobei eine Fortsetzung des Verfahrens nur über Antrag erfolgen sollte, stellte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 29. Dezember 1988 einen Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens. Mit Bescheid des Bundeseinigungsamtes beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 17. Mai 1989, Zl. 60/BEA/1989, wurde der Antrag des Beschwerdeführers, die zum 31. Dezember 1985 erfolgte Kündigung des Antragstellers für rechtsunwirksam zu erklären, zurückgewiesen. Ferner wurde der während des Verfahrens gestellte Antrag, das Verfahren Re 36/85 des Einigungsamtes Graz wiederaufzunehmen abgewiesen, und der Antrag, den Bescheid des Einigungsamtes Graz vom 10. Oktober 1986 gemäß § 68 Abs. 4 AVG 1950 für nichtig zu erklären, zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Behörde aus, da unbestritten feststehe, daß der Betriebsrat der Zentrale Wien der mitbeteiligten Partei niemals in die Kündigung des Beschwerdeführers eingeschaltet gewesen sei, wäre die Kündigung wegen fehlender Einschaltung des Betriebsrates rechtsunwirksam, die Zuständigkeit des Einigungsamtes und damit auch des Bundeseinigungsamtes nicht gegeben, da eine Kündigungsanfechtung vor diesen Verwaltungsbehörden das Vorliegen einer nach zivilrechtlichen Grundsätzen gültigen Kündigung zur Voraussetzung habe. Fehle es daran, seien die Gerichte (nunmehr das Arbeits- und Sozialgericht) zur Entscheidung über die Geldansprüche bzw. ein Feststellungsverfahren auf Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses zuständig. Der Wiederaufnahmsantrag bezüglich des Verfahrens vor dem Einigungsamt Graz sei deshalb abgewiesen worden, weil die gesetzlichen Voraussetzungen einer Wiederaufnahme nicht vorlägen. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Beweise für seine Behauptungen seien nämlich schon jahrelang in seinem Besitz gewesen. Der Antrag schließlich, den Bescheid des Einigungsamtes Graz für nichtig zu erklären, habe an der fehlenden Zuständigkeit des Bundeseinigungsamtes scheitern müssen, da dieses - ebensowenig wie seinerzeit das Obereinigungsamt - nicht die sachlich in Betracht kommende Oberbehöre der Einigungsämter sei bzw. gewesen sei.

Die unter 1. und 2. genannten Bescheide sind in Rechtskraft erwachsen und bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts nicht angefochten worden.

Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 1989 beantragte der Beschwerdeführer "innerhalb offener Frist die Wiederaufnahme der beiden Verfahren - primär des Verfahrens beim EA Graz, dann des Verfahrens beim BEA - aus den Wiederaufnahmegründen des § 69 Abs. 1 lit. a und b AVG". Der Beschwerdeführer stützte seinen Antrag "auf neu hervorgekommene Tatsachen und Beweismittel zu zwei Themen: 1. Fehlen einer Stellungnahme des Betriebsrates innerhalb der Fünftagefrist. 2. Mein Status und meine betriebliche organisatorische Zuordnung als Konzernangestellter". Ferner machte der Beschwerdeführer geltend, "daß der Bescheid des EA Graz und unmittelbar des BEA durch Irreführung (Vorlage einer im Nachhinein erstellten Beurkundung unrechtmäßigen Inhaltes als Beweismittel) erschlichen wurde".

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens Re 36/85 des Einigungsamtes Graz und des Verfahrens 60/BEA/1989 des Bundeseinigungsamtes abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Verfahren über den Wiederaufnahmsantrag betreffend das Verfahren vor dem Einigungamt Graz habe keinen Umstand ergeben, der diese Feststellungen des Einigungsamtes Graz widerlegen könne: Zwar habe die entscheidende Sitzung des Betriebsrates nicht erst am 20. Juni 1985, sondern schon am 17. Juni 1985 stattgefunden, doch habe der Zeuge F ausgesagt, am 20. Juni habe nochmals eine Sitzung des Betriebsrates stattgefunden, welche sich mit der Kündigungssache des Beschwerdeführers befaßt habe (allerdings ohne daß der Beschluß vom 17. Juni "umgestoßen" worden wäre). Der Umstand, daß zwischen den Aussagen des Zeugen F und des Zeugen Dr. H ein Widerspruch darüber bestehe, wann der Vermerk "übernommen 14.6." angebracht worden sei (nämlich am 14. Juni, wie Dr. H meine, oder am 21. Juni, wie der Zeuge F glaube), vermöge nichts daran zu ändern, daß beide Zeugen den tatsächlichen Vorgang des Schreibens an F mit 14. Juni bekundet hätten. Damit bestehe aber an der Rechtzeitigkeit der am 21. Juni erfolgten Zustimmung des Betriebsrates zur Kündigung kein Zweifel, zumal beide Zeugen angegeben hätten, daß der Samstag für die Angestellten kein Arbeitstag gewesen und der Tag der Verständigung bei der Ermittlung der Fünf-Tag-Frist nicht mitzuzählen sei (§ 32 Abs. 1 AVG - Floretta-Strasser in ArbVG-Handkommentar, 667). Die Frage, ob es sich bei der mündlichen Mitteilung des Dr. H an den Betriebsratsobmann F am 12. Juni 1985 schon um die rechtlich relevante Verständigung von der Kündigung des Antragstellers gehandelt habe, müsse jedenfalls dann verneint werden, wenn - wie im Werk Graz der mitbeteiligten Partei - eine von beiden Seiten (Betriebsinhaber und Betriebsrat) eingehaltene und gewünschte betriebliche Übung herrschte, daß mündliche Mitteilungen über beabsichtigte Kündigungen nur informeller Natur seien, ausnahmslos schriftliche Mitteilung erfolgen und erst diese den Lauf der Frist des § 105 Abs. 1 ArbVG in Kraft setzen sollten. Eine solche betriebliche Übung sei aber von den Zeugen Dr. H und F bestätigt worden. Davon abgesehen, sei die Tatsache der mündlichen "Vorverständigung" am 12. Juni schon im Verfahren Re 36/85 des Einigungsamtes Graz erörtert und entschieden worden. Neue Tatsachen und Beweise in dieser Frage und damit ein Grund zur Wiederaufnahme des Verfahrens lägen insoweit nicht vor. Der Umstand schließlich, daß der Zeuge F den Anruf von Dr. H offenbar zum Anlaß genommen habe, die Absicht der Kündigung des Beschwerdeführers auf seinem Kalender am 12. Juni zu vermerken, vermöge ebenfalls keinen Wiederaufnahmsgrund zu bilden, da nie bestritten worden sei, daß der Betriebsratsobmann von der Kündigungsabsicht von Dr. H schon am 12. Juni mündlich erfahren habe. Es seien daher keine neuen Tatsachen und Beweismittel hervorgekommen, die allein oder in Verbindung mit den sonstigen Ergebnissen des Verfahrens voraussichtlich einen anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten. Dafür, daß das Schreiben vom 12. Juni schon an diesem oder am darauffolgenden Tag dem Betriebsrat zugekommen wäre, bestehe außer der diesbezüglichen Hoffnung des Beschwerdeführers keinerlei Anhaltspunkt. Auch die übrigen Wiederaufnahmsgründe (§ 69 Abs. 1 lit. a und c) lägen nicht vor.

Bezüglich des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem Bundeseinigungsamt führte die belangte Behörde zur Begründung aus, diesem Antrag habe von vornherein kein Erfolg beschieden sein können, da eine beweisbare Zuständigkeit des Betriebes Wien aus den schon im Bescheid vom 17. Mai 1989 dargelegten Gründen zu keiner erfolgreichen Kündigungsanfechtung, sondern nur zu einer Zurückweisung des Anfechtungsantrages hätte führen können. Der Beschwerdeführer hätte bei Richtigkeit seiner Behauptung vielmehr seinen Entgeltanspruch über den 31. Dezember 1985 hinaus beim Arbeits- und Sozialgericht geltend machen müssen. Ein Weg, den der Antragsteller inzwischen ohnehin - erfolglos - eingeschlagen habe. Auch an dem Umstand, daß die belangte Behörde nicht die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde des Einigungsamtes Graz sei, habe sich durch die im gegenständlichen Verfahren aufgestellten Behauptungen und angebotenen Beweise nichts geändert. Gleiches gelte für die neuerlich aufgestellten Behauptungen und eingebrachten Beweismittel, die eine Zuständigkeit des Betriebes Wien der mitbeteiligten Partei dartun sollten. Weil die Richtigkeit dieser Behauptung nur zur Unzuständigkeit der belangten Behörde führen könnte, sei der Wiederaufnahmsantrag auch insoweit abzuweisen gewesen, ohne daß es der Aufnahme der beantragten Beweise bedurft hätte. Dem Wiederaufnahmsantrag habe daher insgesamt der Erfolg versagt bleiben müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich nach dem Beschwerdevorbringen in seinem Recht auf Wiederaufnahme der Verfahren verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 69 Abs. 1 AVG 1950 ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und: a) der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder b) neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnisse des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten oder c) der Bescheid gemäß § 38 AVG 1950 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.

Der Beschwerdeführer rügt zunächst unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften, sein Wiederaufnahmsantrag vom 17. Oktober 1989 sei mit der Ladung der Zeugen zur mündlichen Verhandlung am 31. Jänner 1990 jenen zugestellt worden. Darin sei ein Verfahrensmangel gelegen, weil die Zeugen dadurch auch über sein Vorbringen und nicht nur über die Tatsachen, über die sie vernommen werden sollten, informiert worden seien. Wenn auch dieser Vorgang ungewöhnlich ist, so vermag der Verwaltungsgerichtshof darin keinen wesentlichen Verfahrensmangel zu erblicken, weil dadurch die unter Wahrheitspflicht stehenden und einvernommenen Zeugen über den Gegenstand der Verhandlung unterrichtet und die einzelnen Beweisthemen erst in der Verhandlung vom Leiter der Amtshandlung festgelegt worden sind.

Auch die Rüge, die belangte Behörde habe sich nicht mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt, das Schreiben vom 12. Juni 1985 (womit der Angestelltenbetriebsrat des Filialwerkes in Graz von der beabsichtigten Kündigung des Beschwerdeführers durch die mitbeteiligte Partei benachrichtigt worden ist) sei erst am 24. Juni 1985 im kündigenden Betrieb in Wien eingelangt, ist unberechtigt. Denn wenn, wie die belangte Behörde zutreffend feststellte, für die Kündigung des Beschwerdeführers der Betriebsrat in Graz im Sinne des § 105 ArbVG zuständig war (vgl. auch das Urteil des OGH vom 14. Juni 1989, 9 Ob A 106/89), dann war es rechtlich bedeutungslos, darüber Überlegungen im angefochtenen Bescheid anzustellen, welche Bedeutung der Eingang des Schriftstückes bei einem unzuständigen Angestelltenbetriebsrat haben könnte. Schließlich kann der Verwaltungsgerichtshof auch keinen wesentlichen Verfahrensmangel in der Unterlassung der begehrten Vernehmung des Beschwerdeführers darüber erblicken, was der Betriebsratsobmann dem Beschwerdeführer erzählt habe. Hat doch der Beschwerdeführer diese Erzählung in seinem Antrag vom 17. Oktober 1989 bereits ausgeführt und ist der Betriebsratsobmann zu allen rechtlich relevanten Themen in der Verhandlung vom 31. Jänner 1990 unter Wahrheitspflicht vernommen worden.

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes behauptet der Beschwerdeführer, es sei eine neu hervorgekommene Tatsache, daß der Vermerk auf dem mehrfach erwähnten Schreiben vom 12. Juni 1985 "übernommen 14.6.1985 F" erst am 21. Juni 1985 beigefügt worden sei. Dies hätte die Urkunde im seinerzeitigen Verfahren vor dem Einigungsamt Graz in einem gänzlich anderen Licht erscheinen lassen. Diese neu hervorgekommene Tatsache der nachträglichen Beifügung des Vermerkes vermag indes weder allein noch in Verbindung mit den sonstigen Ergebnissen des Verfahrens einen anders lautenden Bescheid herbeizuführen. Denn es steht unwidersprochen fest, daß der Betriebsratsobmann das mit 12. Juni 1985 datierte Schreiben an den Angestelltenbetriebsrat Graz am 14. Juni 1985, wie dies bereits das Einigungsamt Graz in seinem Bescheid vom 10. Oktober 1986 (Seite 11) zutreffend festgestellt hat, übernommen und somit die Einhaltung der Fünftagefrist nach § 105 Abs. 3 ArbVG als gegeben angenommen hat (Seite 15).

Schließlich bringt der Beschwerdeführer vor, aus der neu hervorgekommenen Tatsache, daß der Betriebsratsobmann eine Kalendereintragung am 12. Juni 1985 "Kündigung Dr. A" vorgenommen habe, gehe hervor, daß der Betriebsratsobmann bereits am 12. Juni 1985 über die beabsichtigte Kündigung informiert worden sei. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde sei gemäß § 105 ArbVG eine schriftliche Verständigung von der beabsichtigten Kündigung nicht notwendig. Die Erklärung müsse nur eindeutig, bestimmt und verständlich sein. Diese Voraussetzungen seien zufolge der Kalendereintragung gegeben, sodaß der Fristlauf bereits am 12. Juni 1985 und nicht am 14. Juni 1985 begonnen habe. Dazu sei im Bescheid des Einigungsamtes Graz vom 10. Oktober 1986 nichts gesagt worden; lediglich im Verfahren sei angeklungen, es sei dem Betriebsrat mitgeteilt worden, es würde noch ein Schreiben "kommen".

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Bereits in der Verhandlung vor dem Einigungsamt Graz am 21. April 1986 hat der Betriebsratsobmann auf Anfrage des damaligen Vertreters des Beschwerdeführers angegeben, daß er ein oder zwei Tage vor Erhalt des Schreibens vom 12. Juni 1985 (am 14. Juni 1985 erhalten) fernmündlich von der beabsichtigten Kündigung von der mitbeteiligten Partei verständigt worden sei und daß ein dementsprechendes Schreiben ihm zukommen werde (Seite 60 des Aktes des Einigungsamtes Graz). Der Inhalt der Kalenderaufzeichnung des Betriebsratsobmannes - wann immer diese geschehen sein mag - ist, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, keine neue Tatsache und kein neues Beweismittel im Sinne des § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 über die bereits am 12. Juni 1985 erfolgte Vorinformation des Betriebsratsobmannes über die beabsichtigte Kündigung des Beschwerdeführers. Der Verwaltungsgerichtshof ist wie die belangte Behörde der Ansicht, daß die Frage des Zeitpunktes der Verständigung des Betriebsratsobmannes im Verfahren vor dem Einigungsamt Graz erörtert und insofern entschieden worden ist, als das Einigungsamt Graz in seinem Bescheid vom 10. Oktober 1986 von der rechtlich maßgeblichen Verständigung des Betriebsratsobmannes am 14. Juni 1985 über die beabsichtigte Kündigung des Beschwerdeführers ausgegangen ist. Eine allfällige Mangelhaftigkeit des früheren Verfahrens hinsichtlich der getroffenen Feststellungen in dem das Verfahren abschließenden Bescheid oder eine unrichtige rechtliche Beurteilung des im früheren Verfahren vorgelegenen Tatbestandes sind keine Wiederaufnahmegründe nach § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 (vgl. auch Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 7. Mai 1951, Slg. N.F. Nr. 2078/A). Hat es eine Verfahrenspartei unterlassen, den letztinstanzlichen Bescheid wegen Verfahrensmängel oder unrichtiger rechtlicher Beurteilung beim Verwaltungsgerichtshof zu bekämpfen, dann kann dieses Versäumnis nicht durch einen Wiederaufnahmsantrag ausgeglichen werden (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 4. November 1971, Zl. 350/71).

Da die Beschwerde sich sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

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