VwGH 89/13/0223

VwGH89/13/022313.2.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IV) vom 25. August 1989, GZ. 6/1-1020/85, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer 1980 bis 1982 des Mitbeteiligten G, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §21;
BAO §22;
BAO §23;
BAO §25;
EStG 1972 §27 Abs1 Z2;
HGB §335;
BAO §21;
BAO §22;
BAO §23;
BAO §25;
EStG 1972 §27 Abs1 Z2;
HGB §335;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Mitbeteiligte betreibt ein Maler- und Anstreicherunternehmen und ermittelt seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1972. Anläßlich einer Betriebsprüfung in seinem Betrieb hinsichtlich der Jahre 1978 bis 1982 führte der Betriebsprüfer in Tz 7 des Prüfungsberichtes aus, "nach Darstellung des Abgabepflichtigen" habe dieser im Jahre 1980 mit seinem - damals 17 Jahre alten und daher minderjährigen - Sohn eine stille Gesellschaft gegründet. Die betreffende Abmachung zwischen den Gesellschaftern sei mündlich getroffen worden. Über diesen Vorgang existiere nur ein Aktenvermerk ohne Datum. In diesem Zusammenhang stellte der Betriebsprüfer fest, daß der Sohn des Mitbeteiligten im Zeitpunkt des angeblichen Abschlusses des in Rede stehenden Vertrages eben die Handelsschule beendet habe und am 17. Juli 1980 ein Lehrvertrag zwischen dem Sohn und dem Vater abgeschlossen worden sei. Dieses Lehrverhältnis habe am 30. Juni 1982 geendet. Weiters sei die Kapitaleinlage des stillen Gesellschafters (Sohn) "nicht in der Form einer Wertzuführung, sondern durch eine entsprechende Umbuchung vom Kapitalkonto des Abgabepflichtigen" erfolgt. Was die Gewinnverteilung anlange, sei 1980 in den zu verteilenden Gewinn die Investitionsrücklage einbezogen worden, 1981 "beinhaltete der zu verteilende Gewinn die Abfertigungsrücklage und die Gewerbesteuerrückstellung", nicht aber die Investitionsrücklage und 1982 sei "verteilbarer Gewinn .... der Gewinn laut G.u.V.-Rechnung" gewesen. Überdies hätte laut dem genannten Aktenvermerk die Gewinnbeteiligung des Sohnes als stiller Gesellschafter zunächst 20 % und erst ab 1982 30 % betragen sollen. In Wahrheit habe der stille Gesellschafter jedoch schon ab 1981 30 % an Gewinnbeteiligung erhalten.

Schließlich sei zu bemerken, daß die behauptete Gründung der in Rede stehenden Gesellschaft dem Finanzamt erstmals mit Vorlage der Bilanz zum 31. Dezember 1980 am 24. November 1981 zur Kenntnis gelangt sei.

Der Aktenvermerk über den mündlichen Abschluß des angeblichen Gesellschaftsvertrages enthalte keine Abgrenzungen des Tätigkeitsfeldes des stillen Gesellschafters und "keinen Modus, wie die Grundlage für die Berechnung der Gewinnbeteiligung zu ermitteln ist".

Auf der Basis dieser Feststellungen gelangte der Betriebsprüfer zu dem Schluß, daß "die Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung der stillen Gesellschaft zwischen Vater und Sohn nicht gegeben sind".

Gegen die unter Zugrundelegung der Ansicht des Prüfers erlassenen erstinstanzlichen Abgabenbescheide erhob der Mitbeteiligte fristgerecht Berufung. Nahe Angehörige würden in einem Betrieb häufig eine Vertrauensstellung besitzen, die einen Fremdvergleich nicht zuließe. Der zwischen dem Mitbeteiligten und seinem - damals noch minderjährigen - Sohn abgeschlossene Gesellschaftsvertrag sei von dem Sohn nach dem Eintritt von dessen Großjährigkeit sanktioniert worden. Der Sohn sei im Betrieb des Vaters voll mittätig. Er ersetze den Vater durch seine Kenntnisse in der englischen Sprache bei den Verhandlungen mit Englisch sprechenden Kunden.

Im Rahmen der vor der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlung führte der Steuerberater des Mitbeteiligten aus, daß dessen Sohn nach Absolvierung der Handelsschule im väterlichen Betrieb in ein Lehrverhältnis eingetreten sei. Es handle sich aber nicht "um ein übliches Lehrverhältnis". Dem Sohn seien vielmehr weitere Kompetenzen (Kundenbesuche etc.) eingeräumt worden, um ihn an das Unternehmen zu binden. Der Sohn habe schon während der Schulzeit im väterlichen Betrieb mitgearbeitet.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung statt. Begründend wurde die Auffassung vertreten, daß das in Rede stehende zwischen dem Vater und dem Sohn begründete Rechtsverhältnis nach außen ausreichend zum Ausdruck gekommen sei. Auch der Inhalt des betreffenden Gesellschaftsvertrages sei "weitgehend klar geregelt" und gebe "zu keinen gravierenden Zweifeln Anlaß". Schließlich sei "die Möglichkeit", daß der Mitbeteiligte "eine gleichgelagerte Gesellschaft auch mit einem Familienfremden eingegangen wäre, ... zumindest nicht auszuschließen".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die gemäß § 292 BAO wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist lediglich die Frage strittig, ob die belangte Behörde zu Recht das Vorliegen eines Vertrages über eine stille Gesellschaft zwischen dem Mitbeteiligten und seinem Sohn angenommen hat oder nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 15. April 1980, Zl. 19/79, und die dort angeführte Judikatur) setzt die steuerliche Anerkennung einer Vereinbarung zwischen nahen Angehörigen voraus, daß sie

a) nach außen hinreichend zum Ausdruck kommt, weil sonst steuerliche Folgen willkürlich herbeigeführt werden könnten,

b) einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt hat und

c) auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wäre.

Wenn nun auch eine stille Gesellschaft - deren Vorliegen im Beschwerdefall behauptet wird - durch das grundsätzliche Interesse der Vertragspartner, das Gesellschaftsverhältnis in der Geschäftswelt nicht in Erscheinung treten zu lassen, gekennzeichnet ist, so muß doch die betreffende Vereinbarung - um steuerlich anerkannt zu werden - den oben angeführten Merkmalen in vollem Umfang genügen. Ob dies der Fall ist oder nicht, wird im Einzelfall an Hand des konkreten Sachverhaltes zu überprüfen sein (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 11. November 1980, Zlen. 1175, 1533/80).

Eine solche Überprüfung ergibt nun im Streitfall, wie der beschwerdeführende Präsident richtig erkannte, daß der vorliegenden Vereinbarung die erforderlichen Merkmale mangeln; ist doch davon auszugehen, daß jener undatierte Aktenvermerk über den angeblichen mündlichen Abschluß des in Rede stehenden Gesellschaftsvertrages zwischen dem Mitbeteiligten und seinem minderjährigen Sohn erst im Rahmen der Betriebsprüfung dem Finanzamt zur Kenntnis gelangte, die in diesem Aktenvermerk vorgesehene Kapitaleinlage des stillen Gesellschafters unbestrittenermaßen lediglich durch Einbuchung einer entsprechenden Entnahme vom Kapitalkonto des Mitbeteiligten erfolgte und ein Gewinnanteil des stillen Gesellschafters zwar erstmals in der Bilanz zum 31. Dezember 1980 dem Finanzamt gegenüber aufscheint, dieser Gewinnanteil aber keinerlei Niederschlag in der Gewerbesteuererklärung 1980 (§ 7 Z. 3 Gewerbesteuergesetz) fand. Bei dieser Sachlage kann nicht davon gesprochen werden, daß das behauptete Gesellschaftsverhältnis dem Finanzamt gegenüber hinreichend bestimmt "nach außen" zum Ausdruck kam.

Mit Recht vertritt der beschwerdeführende Präsident aber auch die Auffassung, daß die in Rede stehende Vereinbarung keinen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt aufweist; mangelt es doch derselben nicht nur an einer dezidierten Aussage über die vom stillen Gesellschafter auszuübende Tätigkeit - was umso wichtiger gewesen wäre, als derselbe tatsächlich zunächst noch Lehrling und seine Kapitaleinlage de facto vom Mitbeteiligten erbracht worden war -, sondern auch an einer Festlegung der konkreten Art der Berechnung des Gewinnanteiles des Gesellschafters. Infolge des Fehlens einer solchen Festlegung wurde auch - wie die Finanzverwaltung, ohne daß dies bestritten worden wäre, feststellte - in den Jahren 1980 bis 1982 - worauf der beschwerdeführende Präsident richtig verweist - "die Basis für die Gewinnermittlung" jeweils anders berechnet. Darüber hinaus wurde der Aktenvermerk nicht einmal insoweit in der Praxis eingehalten, als sein Inhalt eindeutig ist. Denn wie der Mitbeteiligte nicht in Abrede stellt, wurde der Gewinnanteil seines Sohnes entgegen der Vereinbarung nicht erst 1982, sondern schon 1981 mit 30 % ausgewiesen.

Wenn der beschwerdeführende Präsident schließlich vermeint, daß die behauptete Vereinbarung mit einem Fremden mit dem gleichen Inhalt nicht abgeschlossen worden wäre, so ist ihm auch hierin zuzustimmen. Es widerspricht nämlich allen Erfahrungen des täglichen Lebens, daß ein Lehrherr einen eben von der Schule kommenden Lehrling vertraglich mit 20 % des Gewinnes an seinem Unternehmen beteiligt und diesen Gewinnanteil sogar vorzeitig auf 30 % erhöht. Daran vermag weder die Behauptung des Mitbeteiligten, er habe seinen bei Vertragsabschluß noch minderjährigen, am Beginn der Lehre stehenden Sohn durch diese Maßnahme zur späteren Fortführung des Unternehmens motivieren wollen, noch sein Hinweis, die (Handelsschul-)Englischkenntnisse seines Sohnes wären für den Umgang mit gelegentlich auftretenden englischsprachigen Kunden (Botschaften) von Vorteil gewesen und derselbe sei auch schon vor Beginn seiner Lehre (offenbar neben dem Schulbesuch) im Betrieb des Mitbeteiligten tätig gewesen, etwas zu ändern.

Da sich schon nach dem Dargelegten der angefochtene Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet erweist, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

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