VwGH 88/10/0075

VwGH88/10/007516.5.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Waldner und Dr. Sittenthaler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des F und der I S in K, beide vertreten durch Dr. Herwig Hammerer, Rechtsanwalt in Krems, Utzstraße 13, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 10. Februar 1988, Zl. VI/4-Fo-89, betreffend forstpolizeilicher Auftrag, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
ForstG 1975 §1 Abs3;
ForstG 1975 §17 Abs1;
ForstG 1975 §172 Abs6;
ForstG 1975 §33 Abs2 litb;
AVG §59 Abs1;
ForstG 1975 §1 Abs3;
ForstG 1975 §17 Abs1;
ForstG 1975 §172 Abs6;
ForstG 1975 §33 Abs2 litb;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Beschwerdeführer gemäß § 172 Abs. 6 lit. a i.V.m. §§ 17 Abs. 1 und 13 Abs. 1 und 2 des Forstgesetzes 1975 verpflichtet, auf der konsenslos gerodeten, 676 m2 (26 x 26 m) großen Teilfläche des Waldgrundstückes nnn/2, KG M, auf der eine Hütte in Holzbauweise mit einem Flächenausmaß von 13,25 m2 und ein Schlagbrunnen errichtet worden sind, umgehend den vor Durchführung der Rodung bestandenen Zustand durch Realisierung von in vier Punkten aufgegliederten (hier nicht im einzelnen wiedergegebenen) Maßnahmen wiederherzustellen.

2. Mit Bescheid vom 10. Februar 1988 hat der Landeshauptmann von Niederösterreich (die belangte Behörde) der dagegen von den Beschwerdeführern erhobenen Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 i.V.m. § 172 Abs. 6 des Forstgesetzes 1975 i.d.F. BGBl. Nr. 576/1987 (in der Folge: FG) teilweise Folge gegeben und den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend abgeändert, dass anstatt der dort in vier Punkten angeordneten Maßnahmen folgende fünf Maßnahmen vorgeschrieben wurden:

"1) Sämtliche bauliche Objekte mit Ausnahme des Zaunes sind bis spätestens 30. April 1988 zu entfernen.

2) Sämtliche gerodete Grundstücksteilflächen sind bis spätestens 30. April 1988 umzuackern, wobei danach diese Grundstücksteilflächen nur mehr zur Durchführung von Pflegemaßnahmen betreten werden dürfen.

3) Sollte die Naturverjüngung bis 31. August 1994 unterbleiben oder bis zur vollen Bestockung nicht ausreichen, ist bis spätestens 30. April 1995 die Wiederbewaldung mit standortsgemäßen forstlichen Holzgewächsen (Pappel, Erle, Esche, Traubenkirsche, Ahorn) in einem beliebigen Mischungsverhältnis durchzuführen.

4) Die durch die Aufforstung erzielte Naturverjüngung ist im Bedarfsfalle solange nachzubessern, bis sie gesichert ist.

5). Der Zaun ist binnen eines Zeitraumes von zwei Monaten ab dem Zeitpunkt zu entfernen, ab dem die Verjüngung als gesichert gilt (§ 13 Abs. 8 des Forstgesetzes)."

In der Begründung führte die belangte Behörde nach wörtlicher Wiedergabe des im Berufungsverfahren eingeholten Gutachtens (einschließlich dessen Ergänzung) des forstfachlichen Amtssachverständigen und Zitierung der §§ 1 Abs. 1 und 172 Abs. 6 FG im wesentlichen folgendes aus: Das Grundstück nnn/2 liege inmitten eines 35 ha großen geschlossenen Auwaldkomplexes südlich der Donau; der Bestand (vor der Rodung) habe sich aus verschiedenen im Anhang zum Forstgesetz angeführten Arten zusammengesetzt; das Gesamtausmaß des Grundstückes betrage

5.841 m2, die Breite im Hinblick auf die Breite der Rodungsfläche von 26 m jedenfalls mehr als 10 m. Bei dem Grundstück nnn/2 handle es sich demnach um ein Waldgrundstück im Sinne des § 1 Abs. 1 FG. Zur Funktion der darauf errichteten Hütte im Ausmaß von ca. 13 m2 habe der forstfachliche Amtssachverständige in seinem Gutachten dargelegt, dass ein forstbetrieblicher Zusammenhang zwischen der Hütte und dem umliegenden Forst nicht hergestellt werden könne. Die Aufstellung einer Gerätehütte für die Bewirtschaftung einer

5.841 m2 großen Laubholz-Aufläche sei auf Grund der guten Verkehrserschließung und der Entfernung zum Wohnort der Beschwerdeführer nicht erforderlich. Diesen Ausführungen seien die Beschwerdeführer nicht entgegengetreten. Nach der "ständigen Rechtsprechung" diene eine Hütte der forstbetrieblichen Bewirtschaftung nur dann, wenn allein diese Verwendung der Hütte gegeben sei. Die Verwendung der in Rede stehenden Waldfläche für eine Hütte, die auch anderen Zwecken diene, widerspreche daher dem Rodungsverbot des § 17 FG. Eine Wiederbewaldung könne ohne Beseitigung der Hütte nicht durchgeführt werden, wobei die unter lit. a bis e des § 172 Abs. 6 FG enthaltene beispielsweise Aufzählung von Maßnahmen dem Beseitigungsauftrag nicht entgegenstehe. Dem Einwand der Beschwerdeführer, dass die Entfaltung eines Baumbestandes durch die Verbauung einer Fläche von ca. 13 m2 nicht behindert werde, hielt die belangte Behörde entgegen, es sei offenkundig, dass an der Stelle, an der die Hütte stehe, der Waldboden nicht als solcher erhalten bleibe und keine Produktionskraft des Waldes vorhanden sei. Da es sich um eine widerrechtlich gerodete Fläche handle, gehe der Einwand, dass auch ansonsten Grundstücksteile mit diesem Ausmaß häufig vom Baumbewuchs freiblieben, ins Leere. § 172 Abs. 6 FG fordere eine umgehende Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes, wobei eine unterschiedliche Belassungsdauer der Hütte und des Zaunes gerechtfertigt sei, da der Zaun als Schutz vor Wildverbiss bis zur Sicherung der Naturverjüngung oder der später vorzunehmenden Wiederbewaldung belassen werden könne. Eine Duldung der Belassung der Hütte über mehrere Jahre würde hingegen einer befristeten Rodungsbewilligung gleichkommen. Schließlich sei nicht erkennbar, welchen Zwecken die Hütte in diesen Jahren dienen sollte - abgesehen von Freizeitzwecken, was aber in Widerspruch zur angestrebten Naturverjüngung stehen würde, weshalb auch ein Betretungsverbot auszusprechen gewesen sei.

3. Die Beschwerdeführer erachten sich durch diesen Bescheid in ihrem "Recht auf Beibehaltung des derzeitigen Zustandes des Grundstückes nnn/2 KG M" verletzt. Sie behaupten inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und begehren deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

II.

1.1. Die Beschwerdeführer halten die unter Punkt 1) des Spruches des bekämpften Bescheides getroffene Anordnung deshalb für inhaltlich rechtswidrig, weil der Begriff "bauliche Objekte" weder vom Forstgesetz noch der NÖ Bauordnung und dem NÖ Raumordnungsgesetz verwendet werde. Der Inhalt des Begriffes "bauliches Objekt" lasse sich demnach aus den in Frage kommenden Normen nicht ableiten. Der übliche Sprachgebrauch eines Durchschnittsmenschen schließlich lasse für diesen Begriff durchaus auch die Deutung zu, dass eine Holzhütte und ein Brunnen sowie ein Zaun hievon nicht umfasst seien. Unter "bauliche Objekte" würden vom Durchschnittsmenschen nur gemauerte, stark fundierte und vom Boden aufragende Gebäude verstanden. Durch die Verwendung des unbestimmten Begriffes "bauliche Objekte" sei die belangte Behörde ihrer Verpflichtung, die in Verhandlung stehende Angelegenheit in deutlicher Fassung zu erledigen (§ 59 AVG 1950), nicht nachgekommen.

1.2. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Forstbehörde nicht gehalten ist, für die Umschreibung eines den Gegenstand eines forstpolizeilichen Auftrages bildenden Objektes ausschließlich Gesetzesbegriffe (im Beschwerdefall: Begriffe des Forstgesetzes bzw. der NÖ Bauordnung oder des NÖ Raumordnungsgesetzes) zu verwenden. Rechtlich ohne Bedeutung ist im gegebenen Zusammenhang auch, welcher Inhalt dem Begriff "bauliches Objekt" im Sprachgebrauch des Durchschnittsmenschen beigemessen wird.

Festzuhalten ist vielmehr zum einen, dass die Beschwerde nicht zum Ausdruck bringt, die Beschwerdeführer selbst hätten den Inhalt dessen, was die belangte Behörde mit "bauliche Objekte" umschrieben hat, nicht als (ausreichend) deutlich bezeichnet angesehen, zum anderen, dass bei einer den Spruch des angefochtenen Bescheides in seiner Gesamtheit - somit unter Einschluss des zum Teil unverändert übernommenen Spruches des erstinstanzlichen Bescheides - im Auge habenden Betrachtung nicht zweifelhaft sein kann, dass unter den in seinem Punkt 1) angesprochenen "baulichen Objekten mit Ausnahme des Zaunes" (letzterer wird in Punkt 5) gesondert erfasst) nur die auf dem Waldgrundstück nnn/2 errichteten Objekte "Hütte in Holzbauweise" und "Schlagbrunnen" gemeint sein können. Wenn es noch eines weiteren Beweises bedürfte, dass auch die Beschwerdeführer der zitierten Wendung diesen Inhalt beigemessen haben, so seien sie auf ihren in der Beschwerde enthaltenen Aufschiebungsantrag hingewiesen, in dem sich folgende Formulierung findet:

"...... sind wir verpflichtet, bis 30.4.1988 den Brunnen auf dem Grundstück nnn/1 (richtig: nnn/2) zuzuschütten, die dort bestehende Holzhütte niederzureißen und wegzutransportieren, sowie

.....".

Der behauptete Verstoß gegen § 59 Abs. 1 AVG 1950 liegt demnach nicht vor.

2.1. Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides erblicken die Beschwerdeführer darüber hinaus darin, dass die belangte Behörde auch in Bezug auf die Punkte 3), 4) und

5) des Spruches dem Gebot des § 59 Abs. 1 AVG nicht entsprochen habe. Dies deshalb, weil der dort jeweils verwendete Begriff "Naturverjüngung" im Forstgesetz selbst nicht definiert werde, dem Sprachschatz eines Durchschnittsmenschen überhaupt fremd sei und lediglich zum Sprachschatz der in forstlichen Belangen tätigen Personen gehöre. Das gleiche gelte für den Begriff "Sicherung der Naturverjüngung". Die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen zu umschreiben, in welchem Umfang Holzgewächse ohne Anpflanzung nachgewachsen sein müssen, um überhaupt von einer Naturverjüngung bzw. einer gesicherten Naturverjüngung sprechen zu können; dies wäre für die Exequierbarkeit des angefochtenen Bescheides in den Punkten 3), 4) und 5) erforderlich gewesen.

2.2. Auch dieser Einwand ist nicht zielführend. Dazu genügt es auf die Abs. 7 und 8 des mit "Wiederbewaldung" überschriebenen § 13 FG zu verweisen. Diese Bestimmungen lassen über den Inhalt der dort verwendeten Begriffe "Naturverjüngung" (Abs. 7) und "Sicherung einer Verjüngung" (Abs. 8) keine Zweifel aufkommen. Im übrigen scheinen die Beschwerdeführer übersehen zu haben, dass Punkt 5) des Spruches des angefochtenen Bescheides genau der Textierung des § 13 Abs. 8 FG folgt und diese Gesetzesstelle ausdrücklich zitiert.

Die behauptete Nichtbeachtung des § 59 Abs. 1 AVG 1950 liegt daher auch in dieser Hinsicht nicht vor. Gleiches gilt für die insoweit behauptete mangelnde Vollstreckbarkeit.

3.1. Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften wenden sich die Beschwerdeführer gegen die im bekämpften Bescheid enthaltene Feststellung, dass ein forstbetrieblicher Zusammenhang zwischen der Hütte und dem umliegenden Forst nicht hergestellt werden könne. Diese Feststellung stütze sich auf das in diesem Punkt mangelhafte Gutachten des Amtssachverständigen. Es sei nämlich aus dem Gutachten nicht ersichtlich, welche Bewirtschaftungsmaßnahmen überhaupt notwendig seien und, ob bzw. welche Maschinen und Geräte hiefür erforderlich seien. Die verkehrsmäßig gute Erschließung der Waldfläche einerseits und deren geringes Flächenausmaß anderseits sowie die gute Resistenz der dort vorhandenen Hölzer könnten für sich allein bzw. in ihrem Zusammenhang die Unnötigkeit einer Gerätehütte nicht begründen. Erst dann, wenn zur Waldbewirtschaftung keine oder nur leicht zu transportierende Geräte notwendig seien, könne davon gesprochen werden, dass ein forstlicher Zusammenhang zwischen der Hütte und der übrigen Fläche des Grundstückes nnn/2 gemäß § 1 Abs. 3 FG nicht gegeben sei.

3.2. Gemäß § 1 Abs. 3 FG gelten unbeschadet ihrer besonderen Nutzung auch dauernd unbestockte Grundflächen als Wald im Sinne des Abs. 1, insoweit sie in einem unmittelbaren räumlichen und forstbetrieblichen Zusammenhang mit Wald stehen und dessen Bewirtschaftung dienen (wie forstliche Bringungsanlagen, Holzlagerplätze, Waldschneisen).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 30. März 1987, Z1. 87/10/0030, unter Bezugnahme auf das Erkenntnis vom 13. September 1979, 609/78, Slg. Nr. 9920/A, zum Ausdruck gebracht hat, liegt bei Verwendung einer unbestockten Grundfläche für die Bebauung mit einer Hütte nur dann keine Rodung nach § 17 Abs. 1 FG vor, mit der Folge, dass diese Nutzung keiner Rodungsbewilligung bedarf, wenn die Hütte tatsächlich der forstlichen Bewirtschaftung dient und sie dazu unbedingt erforderlich ist. Vom Vorliegen der erstgenannten Voraussetzung kann nach der zitierten Judikatur nur dann gesprochen werden, wenn die forstliche Bewirtschaftung des angrenzenden Waldes der alleinige Zweck der Hütte ist.

Die belangte Behörde ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu dem sachverständig untermauerten Ergebnis gelangt, dass die von den Beschwerdeführern errichtete Hütte zur Bewirtschaftung des 5.841 m2 großen Grundstückes nnn/2 (Laubholz-Aufläche) nicht erforderlich sei. Die dagegen ins Treffen geführte Beschwerdebehauptung, das Fehlen eines forstbetrieblichen Zusammenhanges im Sinne des § 1 Abs. 3 FG könne erst dann angenommen werden, "wenn zur Waldbewirtschaftung überhaupt keine oder nur leicht zu transportierende Geräte notwendig sind", vermag - wie immer man diese Meinung bewertet - die Auffassung der belangten Behörde schon deshalb nicht zu entkräften, weil die Beschwerdeführer mit ihrer lediglich abstrakten Formulierung nicht einmal behauptet, geschweige denn sachverhaltsbezogen belegt haben, dass von ihnen zur Bewirtschaftung des besagten Waldgrundstückes (auch) schwer zu transportierende Geräte benötigt würden. Die im bekämpften Bescheid enthaltene Feststellung schließlich, dass die Hütte nicht allein für Zwecke der Waldbewirtschaftung genutzt werde, blieb in der Beschwerde unbestritten.

Aus diesen Erwägungen ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde in Ansehung der mit der Hütte verbauten Teilfläche des Waldgrundstückes nnn/2 vom Erfordernis einer Rodungsbewilligung ausgegangen ist und als Folge des Nichtvorliegens einer solchen Bewilligung den Beschwerdeführern den Auftrag erteilt hat, die Hütte zu entfernen.

4. Da nach dem Gesagten die Beschwerdeführer in dem vom Beschwerdepunkt (oben I.3.) erfassten Recht nicht verletzt worden sind, und sich dies bereits aus dem Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, war diese gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 16. Mai 1988

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