VwGH 86/12/0016

VwGH86/12/001610.11.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Seiler, Dr. Drexler, Dr. Herberth und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Pinter, über die Beschwerde der HB in G, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien 1, Franz Josefs‑Kai 5, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 5. Dezember 1985, Zl. 13‑368/1 Be 126/10‑1985, betreffend Versetzung gemäß § 19 LDG 1984, zu Recht erkannt:

Normen

LDG 1984 §19 Abs5 idF 1984/550

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1986:1986120016.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin steht als Hauptschullehrer in einem öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Steiermark. Ihre Dienststelle war bis zum Ende des Schuljahres 1984/85 die Hauptschule G.

Mit Schreiben vom 24. Juli 1985 teilte der Landesschulrat für Steiermark der Beschwerdeführerin mit, auf Grund der bisher für den Beginn des Schuljahres 1985/86 vorliegenden Personalplanung sei beabsichtigt, die Beschwerdeführerin mit Beginn dieses Schuljahres in der Hauptschule D, Schulbezirk Graz‑Umgebung, zu verwenden. Gemäß § 19 Abs. 5 des Landeslehrer‑Dienstrechtsgesetzes (LDG) 1984 stehe es der Beschwerdeführerin zu, binnen 14 Tagen nach Erhalt der Verfügung, Einwendungen vorzubringen. Sollte keine Änderung in den Personalverhältnissen eintreten, die eine Änderung dieser Verfügung notwendig mache - hievon werde die Beschwerdeführerin entweder direkt oder durch den zuständigen Bezirksschulrat verständigt -, müsse sie sich an der vorgenannten Schule bzw. im Fall einer Versetzung in einen anderen Schulbezirk auch beim zuständigen Bezirksschulrat zeitgerecht melden. Die dienstrechtliche Versetzungsverfügung ergehe gesondert im Dienstweg.

Die Beschwerdeführerin erhob keine Einwendungen gegen die beabsichtigte Versetzung.

Mit Bescheid des Landesschulrates für Steiermark vom 5. September 1985 wurde die Beschwerdeführerin von Amts wegen gemäß § 19 LDG 1984 mit Wirksamkeit vom 9. September 1985 von der Hauptschule G an die Hauptschule D versetzt. Begründend führte die Behörde aus, die Versetzung sei notwendig, weil an der Hauptschule D eine Stelle zu besetzen sei. Es sei festzuhalten, daß die Beschwerdeführerin gegen die ihr mitgeteilte Absicht einer Versetzung von Amts wegen keinen Einwand erhoben habe.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung an die belangte Behörde, in der sie im wesentlichen ausführte, als definitive Hauptschullehrerin (Prüfung in Englisch und Bildnerische Erziehung) unterrichte sie seit 5 Jahren an der Hauptschule G. Nach der im Juni 1985 von der Schulleiterin der Hauptschule G erstellten Lehrfächerverteilung seien für die Beschwerdeführerin nicht genug Unterrichtsstunden vorhanden gewesen. Der Beschwerdeführerin sei erklärt worden, es werde kein Lehrer von der Hauptschule G versetzt, wenn mit Schulbeginn genügend Unterrichtsstunden vorhanden seien. Zu Schulanfang habe sich ergeben, daß „mehr Unterrichtsstunden als für eine volle Lehrverpflichtung“ vorhanden seien. Daher wäre es „mit gutem Willen und unter Berücksichtigung der Person“ der Beschwerdeführerin möglich gewesen, sie an der Hauptschule G zu belassen. sie habe sich auch bereits in den vergangenen Jahren ungeprüft in anderen Gegenständen bewährt und wäre weiterhin dazu in der Lage. Sie ersuchte, die mittlerweile durchgeführte Versetzung zu widerrufen, damit sie an der ihr „sehr vertrauten Schule“ wieder unterrichten könne.

Mit ergänzender Eingabe zur Berufung, datiert mit 10. Dezember 1985, brachte die Beschwerdeführerin vor, an der Hauptschule D sei ein Dienstposten für die Gegenstände Englisch und Bildnerische Erziehung nur durch den Karenzurlaub einer Kollegin vorübergehend frei. Die Versetzung nach D stelle für die Beschwerdeführerin einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil dar, weil sich die Dauer der Reisebewegung mit öffentlichen Verkehrsmitteln für sie mehr als verdoppelt habe. Um diese unzumutbare Reise zu vermindern, sei sie gezwungen, ein privates Kraftfahrzeug zu benützen, was mit höheren Kosten verbunden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 19 LDG 1984 ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. In der Bescheidbegründung wird nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Wiedergabe der anzuwendenen Bestimmungen festgestellt, aus der Lehrfächerverteilung der Hauptschule G vom 30. Mai 1985 (die vom zuständigen Bezirksschulinspektor überprüft und als korrekt erstellt begutachtet worden sei) gehe hervor, daß für die Beschwerdeführerin im Schuljahr 1985/86 insgesamt nur 13 Stunden vorhanden gewesen seien, davon nur „3 Stunden für Englisch geprüft, 2 Stunden Bildnerische Erziehung geprüft, die übrigen Stunden wären in ungeprüften Fächern zu unterrichten gewesen“. Zu Beginn des genannten Schuljahres hätte nur die Teilungsmöglichkeit in „Leibesübungen für Mädchen mehr Stunden“ bestanden. Durch den Wahlpflichtunterricht am Politechnischen Lehrgang seien die sechs Englischstunden ebenfalls erst zu Beginn dieses Schuljahres festgestanden. Für vier Lehrer seien nur 22 Stunden Bildnerische Erziehung vorhanden und für 46 Englischstunden hätten 7 Lehrer eingesetzt werden müssen. Für 26 Stunden Leibesübungen für Mädchen sei kein einziger geprüfter Lehrer vorhanden. Zu dem genannten Zeitpunkt habe für die Hauptschule G für die Fächer Deutsch und Leibesübungen Mädchen ein geprüfter Lehrer angefordert werden müssen. Die von der Beschwerdeführerin als Mehrdienstleistungen bezeichneten Unterrichtsstunden aus Englisch (6 Stunden) am Politechnischen Lehrgang G seien zwei geprüften Lehrern der Hauptschule G, die bereits die notwendige Erfahrung für diese Schultype mitgebracht hätten, zugeteilt worden. Was den Hinweis der Beschwerdeführerin auf „die Bewährung in ungeprüften Fächern“ betreffe, so müsse darauf verwiesen werden, grundsätzlich seien nur geprüfte Lehrer in den entsprechenden Fächern einzusetzen, was schon im Hinblick auf die große Zahl der geprüften stellenlosen Lehrer unumgänglich notwendig sei. Ausnahmen davon würden nur in dringenden und begründeten Fällen gestattet. Bei der Versetzung der Beschwerdeführerin an die Hauptschule D sei sowohl auf die sozialen Verhältnisse als auch auf das Dienstalter Rücksicht genommen worden (Einwendungen in dieser Hinsicht seien von ihr nicht vorgebracht worden). Auch gegen die Ankündigung der Versetzung vom 24. Juli 1985 habe die Beschwerdeführerin keine Einwendungen vorgebracht, womit gemäß § 19 Abs. 5 LDG 1984 ihre Zustimmung gegeben gewesen sei. Die Ausführungen in der Berufung seien im Hinblick auf die Bestimmungen des § 19 LDG 1984 und das vorliegende dienstliche Interesse an der Versetzung der Beschwerdeführerin nicht geeignet, zu einer anderen Entscheidung zu gelangen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht, nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 19 LDG 1984 von Amts wegen versetzt zu werden, sowie in Verfahrensrechten verletzt. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat unter Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Versetzung der Landeslehrer ist im § 19 des Landeslehrer‑Dienstrechtsgesetzes - LDG 1984, BGBl. Nr. 302, in der Fassung des Bundesgesetzes vom 12. Dezember 1984, BGBl. Nr. 550, geregelt. Nach Abs. 1 der genannten Bestimmung ist der Landeslehrer entweder unmittelbar einer Schule zur Dienstleistung oder der Lehrerreserve zuzuweisen. Unter Aufhebung der jeweiligen Zuweisung kann der Landeslehrer von Amts wegen oder auf Ansuchen jederzeit durch eine anderweitige Zuweisung an eine andere Schule oder zur Lehrerreserve versetzt werden (Versetzung), sofern er jedoch eine schulfeste Stelle innehat, nur in den Fällen des § 25.

Gemäß Abs. 4 des § 19 ist bei der Versetzung von Amts wegen auf die sozialen Verhältnisse und auf das Dienstalter des Landeslehrers so weit Rücksicht zu nehmen, als dienstliche Interessen nicht gefährdet werden. Die Versetzung ist unzulässig, wenn sie für den Landeslehrer einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde und ein anderer geeigneter Landeslehrer, bei dem dies nicht der Fall ist und der keine schulfeste Stelle innehat, zur Verfügung steht.

Ist die Versetzung eines Landeslehrers von Amts wegen in Aussicht genommen, so ist der Landeslehrer hievon schriftlich unter Bekanntgabe seiner neuen Verwendung mit dem Beifügen zu verständigen, daß es ihm freisteht, gegen die beabsichtigte Maßnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung Einwendungen vorzubringen. Werden innerhalb der angegebenen Frist solche Einwendungen nicht vorgebracht, so gilt dies als Zustimmung zur Versetzung (Abs. 5 der genannten Bestimmung).

Im Beschwerdefall steht unbestritten fest, daß der Beschwerdeführerin mit Schreiben des Landesschulrates für Steiermark vom 24. Juli 1985 mitgeteilt wurde, es sei beabsichtigt, sie mit Beginn des Schuljahres 1985/86 an der Hauptschule D zu verwenden; es stehe ihr frei, binnen zwei Wochen nach Erhalt dieser Verfügung Einwendungen vorzubringen. Die Beschwerdeführerin hat innerhalb der genannten Frist solche Einwendungen nicht vorgebracht. Damit ist sie nach dem klaren Wortlaut des § 19 Abs. 5 LDG 1984 als zu der angekündigten Versetzung zustimmend anzusehen. Davon ausgehend, besteht aber im Beschwerdefall kein Versetzungsschutz für die Beschwerdeführerin, da ihre Zustimmung zur Versetzung kraft Gesetzes angenommen werden muß.

Ob die Unterlassung der Einwendungen seitens der Beschwerdeführerin darin begründet war, daß sie von einem gewissen Sachverhalt ausgegangen ist, dessen Änderung eingetreten ist oder nicht, ist für die Entscheidung der Sache ohne wesentliche Bedeutung, weil das Gesetz keine Möglichkeit einräumt, die Motive, die den Landeslehrer zur Unterlassung von Einwendungen im Sinne des Gesetzes bestimmt haben, zu prüfen. Bei einer voraussehbaren Änderung in den Personalverhältnissen wäre es an ihr gelegen, Einwendungen innerhalb der Äußerungsfrist zu erheben. Eine erhebliche Änderung der sozialen Verhältnisse hat die Beschwerdeführerin aber seit Ankündigung ihrer Versetzung nie behauptet.

Daß die belangte Behörde, obwohl von einer Zustimmung der Beschwerdeführerin zu der verfügten Versetzung auszugehen ist, auf ihre erstmals in der Berufung erhobenen Einwendungen meritorisch eingegangen ist, kann eine Rechtsverletzung nicht bewirken. Die Rechtswidrigkeit des Inhaltes, die die Beschwerdeführerin darin erblickt, die belangte Behörde habe sich mit ihren Berufungsausführungen inhaltlich auseinandergesetzt, kann daher von ihr nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Die Ausführungen der Beschwerde in bezug auf die meritorische Behandlung der Berufung der Beschwerdeführerin im angefochtenen Bescheid gehen somit ins Leere.

Von der dargestellten Rechtslage ausgehend, erweist sich aber auch die Verfahrensrüge der Beschwerdeführerin als unbegründet, weil von ihrer Zustimmung zur Versetzung auszugehen ist. Damit erübrigen sich aber auch die von der Beschwerdeführerin vermißten weiteren Ermittlungen und Feststellungen der belangten Behörde.

Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Wien, am 10. November 1986

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