VwGH 85/15/0233

VwGH85/15/02337.10.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Großmann, Dr. Närr, Dr. Wetzel und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Tobola, über die Beschwerde des LS in W, vertreten durch Dr. Rudolf Giroborn, Rechtsanwalt in Mödling, Badstraße 14, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 18. April 1985, Zl. MA 63-St 38/85, betreffend Verweigerung der Verlängerung eines Taxilenkerausweises, zu Recht erkannt:

Normen

BetriebsO 1955 §34 Abs1 Z3
BetriebsO 1955 §36 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1985:1985150233.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Wie den durch eine Ausfertigung des im Instanzenzug ergangenen Bescheides des Landeshauptmannes von Wien belegten Beschwerdeausführungen zu entnehmen ist, hat die Bundespolizeidirektion Wien - Verkehrsamt mit Bescheid vom 11. Februar 1985 den Antrag des Beschwerdeführers um Verlängerung seines Taxilenkerausweises gemäß § 36 Abs. 2 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr, BGBl. Nr. 289/1955 (Betriebsordnung), abgewiesen. Der dagegen erhobenen Berufung gab der Landeshauptmann von Wien mit dem vorgelegten Bescheid unter der ergänzenden Anführung von § 34 Abs. 1 Z 3 der Betriebsordnung keine Folge. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei seit dem Jahre 1981 zweimal strafgerichtlich verurteilt worden. Die Einsichtnahme in die Gerichtsakten habe ergeben, daß der Beschwerdeführer am 11. Mai 1980 im Zuge eines Raufhandels in alkoholisiertem Zustand NS durch Schläge am Körper verletzt habe und deshalb vom Bezirksgericht Baden am 27. April 1981 verurteilt worden sei. Einer dagegen erhobenen Berufung wegen Nichtigkeit habe das Kreisgericht Wr. Neustadt mit Urteil vom 14. Oktober 1981 keine Folge gegeben. Weiters habe der Beschwerdeführer am 3. Mai 1982 als Lenker eines Pkws in alkoholisiertem Zustand einen Verkehrsunfall verursacht und dadurch GS am Körper schwer verletzt (Nasenbeinbruch, Oberschenkelbruch mit Absprengung eines Keiles). Der Beschwerdeführer sei deshalb mit Urteil des Kreisgerichtes Wr. Neustadt vom 9. Mai 1983 wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten verurteilt worden. Daß der Beschwerdeführer immer wieder dem Alkohol zuspreche und in alkoholisiertem Zustand Kraftfahrzeuge lenke sowie, daß er zu aggressiven Handlungen gegenüber seinen Mitmenschen neige, ergebe sich auch daraus, daß er schon in den Jahren 1958, 1959 und 1967 insgesamt viermal wegen Körperverletzung schuldig erkannt, in den Jahren 1965 und 1966 zweimal wegen Gattenmißhandlung verurteilt und im Jahre 1966 wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand beanstandet worden sei. Es stelle sich somit heraus, daß sich der Charakter des Beschwerdeführers nicht zu seinen Gunsten verändert habe. Dieses im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu beachtende Gesamtverhalten führe zu dem Schluß, daß der Beschwerdeführer die für den Erwerb und Besitz des Taxilenkerausweises erforderliche Vertrauenswürdigkeit nicht besitze.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf eine der Rechtsordnung und der Spruchpraxis entsprechende Beurteilung seiner Vertrauenswürdigkeit verletzt. Die inhaltliche Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides beruhe darauf, daß der belangten Behörde in mehrfacher Hinsicht schwere Rechtsirrtümer unterlaufen seien. Insbesondere widerspreche es den Vorschriften des Tilgungsgesetzes 1972, wenn die belangte Behörde auf getilgte Vorstrafen aus der Zeit zwischen 1958 und 1966 Bezug nehme. Vielmehr habe gemäß § 1 Abs. 4 Tilgungsgesetz 1972 ein Verurteilter mit der Tilgung fortan als gerichtlich unbescholten zu gelten, soweit dem nicht eine andere noch ungetilgte Verurteilung entgegenstehe. Daraus ergebe sich, daß hinsichtlich des Beschwerdeführers nur zwei ungetilgte Verurteilungen vorlägen, wobei die diesen zugrunde liegenden Straftaten, da sie bereits am 11. Mai 1980 bzw. am 3. Mai 1982 begangen worden seien, im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rund 5 bzw. 3 Jahre zurückgelegen seien. Demgegenüber sei die belangte Behörde aber bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit nicht von den Tatzeitpunkten, sondern von den Urteilsdaten ausgegangen, die aber für den Zeitraum des seit der letzten Straftat eingetretenen Wohlverhaltens des Beschwerdeführers nicht maßgeblich seien. Dieses Wohlverhalten des Beschwerdeführers auch in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht und insbesondere seine anstandslose Teilnahme am Straßenverkehr als Pkw-Lenker seit Wiederausfolgung seines Führerscheines im Mai 1983 und das lange Zurückliegen der beiden Vorstraftaten seien als Kriterien zu werten, auf Grund derer die Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Bescheiderlassung als gegeben anzunehmen gewesen sei. In Ausführung der Verfahrensrüge macht der Beschwerdeführer geltend, daß es die belangte Behörde entgegen seinem diesbezüglichen Antrag unterlassen habe, Erhebungen über sein Verhalten im Straßenverkehr als Pkw-Lenker seit der Wiederausfolgung seines durch 9 Monate entzogenen Führerscheines im Mai 1983 anzustellen. Diese Erhebungen hätten ergeben, daß der Beschwerdeführer in den letzten zwei Jahren völlig anstandslos Kraftfahrzeuge sowohl privat als auch beruflich gelenkt habe.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 1 Z 3 der Betriebsordnung ist der gemäß § 32 Abs. 1 leg. cit. für Lenker im Fahrdienst für das Taxi-Gewerbe erforderliche Ausweis auszustellen, wenn - neben anderen subjektiven Zulassungsvoraussetzungen - der Bewerber vertrauenswürdig ist.

Gemäß § 36 Abs. 2 der Betriebsordnung kann nach Ablauf der Geltungsdauer der Ausweis auf Antrag auf jeweils weitere fünf Jahre verlängert werden, solange die im § 34 bezeichneten Voraussetzungen gegeben sind.

Hinsichtlich des normativen Gehaltes des im vorliegenden Beschwerdefall maßgebenden rechtserheblichen Begriffes "Vertrauenswürdigkeit" gemäß § 34 Abs. 1 Z 3 der Betriebsordnung hat der Verwaltungsgerichtshof bereits zu wiederholten Malen, so insbesondere in seinem Erkenntnis vom 10. Mai 1984, Zlen. 84/16/0025, 0026 - welches auch die Vorjudikatur ausführlich behandelt und auf dessen Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen wird -, ausgesprochen, dem Wort "Vertrauen" komme, da die Betriebsordnung keine nähere Begriffsbestimmung für die Vertrauenswürdigkeit enthalte, inhaltlich die gleiche Bedeutung zu wie einem "Sich verlassen". Hiebei beschränkt sich der Schutzzweck der Betriebsordnung nicht auf den Straßenverkehr, sondern ist darauf gerichtet, jedermann vor der Verletzung, jedes durch die Rechtsordnung geschützten Rechtsgutes zu bewahren. So vermag insbesondere Körperverletzung die Vertrauenswürdigkeit im Sinne der angegebenen Verordnungsstelle zu erschüttern. Es kommt sohin auf das strafgerichtlichen Verurteilungen zugrunde liegende Verhalten und die daraus deutlich werdende charakterliche Eigenschaft des Taxilenkers an. Die Zurücknahme bzw. die Nichtverlängerung des Ausweises ist eine Sicherungsmaßnahme, die dazu dient, die Allgemeinheit vor den Gefährdungen durch ungeeignete Lenker zu schützen. Die für die Ausübung des Taxi-Gewerbes geforderte persönliche Vertrauenswürdigkeit ist dann zu verneinen, wenn aus bestimmten Tatsachen zu schließen ist, daß der Taxilenker in Zukunft nicht die Gewähr für eine einwandfreie Ausübung dieses Gewerbes und die Erfüllung der für dieses Gewerbe bestehenden besonderen Anforderungen bietet. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob zurückliegende Strafen im Strafregister getilgt sind oder nicht (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 22. November 1984, Zl. 84/16/0105).

Die vorsätzliche Körperverletzung von Personen deutet auf einen erheblichen Mangel an Selbstbeherrschung und Respekt vor der Integrität der Mitmenschen hin und begründet, jedenfalls wenn dies wiederholt geschehen ist, den Mangel der Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 34 Abs. 1 Z 3 der Betriebsordnung. Daraus ergibt sich, daß schon allein auf Grund der im bekämpften Bescheid angeführten und hinsichtlich der Richtigkeit ihrer Wiedergabe vom Beschwerdeführer nicht bekämpften strafgerichtlichen Verurteilungen wegen Körperverletzung, deren bindende Wirkung sich auch auf die tatsächlichen Feststellungen, auf denen der Spruch beruht, erstreckt (vgl. das zuletzt zitierte VwGH-Erkenntnis), dem Beschwerdeführer die im § 34 Abs. 1 Z 3 der Betriebsordnung geforderte Vertrauenswürdigkeit mangelt. Darüber hinaus kann aber der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie die wiederholte Alkoholisierung des Beschwerdeführers bei der Begehung von Straftaten und den Umstand, daß der Beschwerdeführer wiederholt Kraftfahrzeuge in einem durch Alkoholgenuß beeinträchtigten Zustand gelenkt hat, als weitere Tatsachen gewertet hat, die die geforderte Vertrauenswürdigkeit ausschließen.

Der im Rahmen der Verfahrensrüge geltend gemachten Unterlassung der belangten Behörde, Erhebungen über das Verhalten des Beschwerdeführers als Pkw-Lenker seit der Wiederausfolgung seines Führerscheines anzustellen, kommt keine Berechtigung zu. Im Hinblick auf die bis in das Jahr 1958 zurückreichenden Straftaten könnte nämlich selbst für den Fall des erwiesenen Wohlverhaltens des Beschwerdeführers im Straßenverkehr seit der Wiederausfolgung seines Führerscheines dieses Wohlverhalten auf Grund seiner bis zur Bescheiderlassung noch nicht einmal zweijährigen Dauer nicht dazu führen, daß seine Vertrauenswürdigkeit wieder als gegeben angesehen werden könnte. In der Unterlassung derartiger vom Beschwerdeführer begehrter Erhebungen kann sohin kein eine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides bewirkender Verfahrensmangel erblickt werden.

Da schon ihr Inhalt erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, mußte die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abgewiesen werden.

Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (§ 30 Abs. 2 VwGG) durch den Berichter gesondert abzusprechen.

Wien, am 7. Oktober 1985

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