Normen
WRG 1959 §107 Abs2;
WRG 1959 §26 Abs3;
WRG 1959 §107 Abs2;
WRG 1959 §26 Abs3;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der mitbeteiligten Wassergenossenschaft wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 29. September 1981 die Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer Entwässerungsanlage in der Marktgemeinde S erteilt. Dieser Bescheid wurde diversen Verfahrensparteien zwischen dem 2. und 5. Oktober 1981 nachweislich zugestellt. Das bewilligte Projekt sah unter anderem auch eine Entwässerung des Grundstückes 729/3 KG W vor, das im Eigentum von F und NB steht. Ing. LB der nach Einbringung der vorliegenden Beschwerde am 12. Februar 1985 verstorben ist und dessen Verlassenschaft nunmehr als Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof auftritt, ist dem diesem Bescheid vorangegangenen Verfahren von der Behörde erster Instanz nicht als Partei beigezogen worden, weil er nicht als solche der Behörde bekannt gegeben worden ist.
Mit Schriftsatz vom 5. März 1984 begehrte Ing. LB die Zustellung des Bescheides der Behörde erster Instanz vom 29. September 1981 mit der Begründung, er sei Eigentümer der Liegenschaft EZ. 107 KG W. Unmittelbar neben der Quelle für seine Liegenschaft seien Drainagearbeiten geplant; es bestehe Gefahr, daß die Quellen des Einschreiters nicht mehr ausreichend mit Wasser versorgt und er sohin in seinem Wasserbezugsrecht beeinträchtigt würde. Er sei daher als Partei im Sinne des § 102 WRG 1959 anzusehen; er sei im Verwaltungsverfahren bisher jedoch nicht geladen worden und habe auch keine Möglichkeit gehabt, seine Einwände gegen das geplante Bauvorhaben vorzubringen. Am 15. März 1984 wurde der Bescheid der Behörde erster Instanz Ing. B. nachweislich zugestellt. Gegen diesen Bescheid erhob dieser sodann Berufung, in der er im wesentlichen ausführte, es sei zugunsten seiner Liegenschaft EZ. 107 KG W im Wasserbuch der Bezirkshauptmannschaft Gmunden ein Wasserbezugsrecht an der Quelle auf dem Grundstück 729/3 KG W eingetragen. Er, Ing. B., sei daher als Partei im Sinne des § 102 WRG 1959 anzusehen. Durch das bewilligte Entwässerungsprojekt würden nicht nur dieses Wasserbezugsrecht, sondern auch angrenzende in seinem Eigentum stehende Liegenschaften beeinträchtigt. Da das bisherige wasserrechtliche Bewilligungsverfahren ohne seine Mitwirkung durchgeführt worden sei, sei der Bescheid der Behörde erster Instanz aufzuheben und eine neuerliche Verhandlung zu der er beizuziehen sei, durchzuführen.
Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid vom 3. Mai 1984 wurde diese Berufung zurückgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, Ing. B. komme nach den Akten des Verwaltungsverfahrens im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren für die Entwässerungsanlage tatsächlich die Stellung einer übergegangenen Partei zu. Einerseits liege seine Liegenschaft bzw. seine Quelle im möglichen Einflußbereich der gegenständlichen Entwässerungsanlage und andererseits sei er von der Wasserrechtsbehörde erster Instanz nicht im durchgeführten Bewilligungsverfahren beigezogen worden. Gemäß § 107 Abs. 2 WRG 1959 hätte er, Ing. B., daher das Recht gehabt, bis zur Rechtskraft des angefochtenen Bescheides (diese sei bereits im Jahre 1981 eingetreten) gegen das vorliegende Vorhaben der Wassergenossenschaft S Einwendungen zu erheben. Eine Voraussetzung für die rechtmäßige Erhebung dieser Einwendungen wäre gewesen, daß Ing. B. nicht länger als zwei Wochen vor diesem Zeitpunkt Kenntnis von der Berührung seiner Rechte erlangt habe. Übergangene Parteien hätten somit gemäß § 107 Abs. 2 WRG 1959 nur das Recht, bis zur rechtskräftigen Entscheidung Einwendungen zu erheben. Mit Eintritt der formellen Rechtskraft des Bewilligungsbescheides gegenüber den Parteien, denen der Bescheid zugestellt worden sei, sei dieser infolge der Regelung gemäß § 107 Abs. 2 WRG 1959 auch der übergangenen Partei gegenüber in formeller und materieller Rechtskraft erwachsen. Das Berufungsbegehren sei daher als verspätet und somit unzulässig zurückzuweisen gewesen. Dadurch sei es der Wasserrechtsbehörde auch verwehrt, über die konkret erhobenen Berufungseinwendungen materiell abzusprechen. Ergänzend sei auf die Bestimmung des § 26 Abs. 3 WRG 1959 hinzuweisen.
Gegen diesen Bescheid erhob Ing. B. zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser hat mit Beschluß vom 21. Juni 1985, B 563/84-4, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt. Gleichzeitig wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde wird ausgeführt, wenn auch die Beschwerdeführerin für den Fall, als ihr Wasserbezugsrecht durch das gegenständliche Vorhaben beeinträchtigt werde, einen Schadenersatzanspruch erhalte, so sei sie doch durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt. Der Beschwerdeführerin stehe ein seit langem im Wasserbuch eingetragenes Recht auf Wasserbezug an der auf dem Grundstück 729/3 Wiese der KG W befindlichen Quelle zu und sei auch der Brunnen der Beschwerdeführerin im Mappenplan, der dem Bauvorhaben zugrunde gelegen sei, vermerkt. Es wäre Aufgabe der Behörde erster Instanz gewesen, Ing. B. als Partei, der durch dieses Verfahren betroffen sei, zur mündlichen Verhandlung zu laden und seinen gerechtfertigten Einwendungen Rechnung zu tragen. Die belangte Behörde bestreite nicht, daß Ing. B. als Partei im gegenständlichen Verfahren anzusehen gewesen sei und dem Verfahren hätte beigezogen werden müssen. Die Beiziehung von Ing. B. sei notwendig und geboten gewesen, um dessen Rechte zu gewährleisten und hätte sich die Behörde zweiter Instanz nicht auf den formellen Standpunkt der Rechtskraft zurückziehen dürfen, sondern auch die sachlich gerechtfertigten Einwände von Ing. B. beachten und die Berufung behandeln müssen. Im übrigen sei "das vorangegangene Verfahren im Zuge der Durchführung des Verfahrens abgeändert" worden, so daß gemäß ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Slg. Nr. 6087/1963) eine neuerliche mündliche Verhandlung mit sämtlichen Nachbarn hätte durchgeführt werden müssen.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstatte. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift in der sie mitteilte, daß sie im Jänner 1985 auf eine Dränung des Grundstückes 729/3 gegenüber der Bezirkshauptmannschaft Gmunden verzichtet habe.
Der Gerichtskommissär in der Verlassenschaftssache nach dem am 12. Februar 1985 verstorbenen Ing. B teilte in der Folge mit, daß bisher keine Erbserklärungen abgegeben worden sind.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im vorliegenden Fall ist allein die Rechtsfrage strittig, ob die belangte Behörde zu Recht eine Sachentscheidung über die Berufung von Ing. B. verweigern durfte. Ing. B. ist, wie sich aus der Sachverhaltsdarstellung ergibt, übergangene Partei gewesen. Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung auf § 107 Abs. 2 WRG 1959 gestützt. Darnach kann eine Partei (§ 102 Abs. 1), die eine mündliche Verhandlung versäumt hat, weil sie nicht persönlich verständigt worden war, selbst dann, wenn die Anberaumung der mündlichen Verhandlung öffentlich bekannt gemacht worden ist (§ 41 Abs. 2 AVG 1950), ihre Einwendungen auch nach Abschluß der mündlichen Verhandlung und bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Angelegenheit vorbringen. Solche Einwendungen sind binnen zwei Wochen von dem Zeitpunkt, in dem die Partei nachweislich davon Kenntnis erhalten hat, daß ihre Rechte durch das Bauvorhaben berührt werden, bei der Behörde einzubringen, die die mündliche Verhandlung anberaumt hat, und von dieser oder von der Berufungsbehörde in gleicher Weise zu berücksichtigen, als wären sie in der mündlichen Verhandlung erhoben worden. Aus dieser Regelung folgt - wie der Verwaltungsgerichtshof in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wiederholt dargetan hat -, daß dem wasserrechtlichen Bescheid in solchen Fällen auch Rechtskraftwirkung gegenüber einer übergangenen Partei zukommt (Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes Slg. Nr. 3246/1957 und Slg. Nr. 5884/1969; Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisse vom 2. Februar 1978, Zl. 2484/76, vom 2. März 1978, Zl. 2723/77, vom 11. November 1980, Zl. 3221/80, und vom 14. September 1981, Zl. 81/07/0122). Eine übergangene Partei kann den Bescheid nicht mehr bekämpfen. Die Folgen einer nicht rechtzeitigen Geltendmachung der Einwendungen regelt § 26 Abs. 3 WRG 1959. Für Nachteile, die eine übergangene Partei erleidet, haftet demnach der Wasserberechtigte, der die Partei der Wasserrechtsbehörde nicht bekanntgegeben hat, doch kann der durch Zustellung an den Konsenswerber und durch Ablauf der Berufungsfrist in Rechtskraft erwachsene Bescheid durch die übergangene Partei nicht mit Berufung bekämpft werden.
Die Behauptungen in der Beschwerde, das "vorangegangene Verfahren" (sinnvoll wohl Projekt) sei im Zuge der Ausführung abgeändert worden, ist nicht nur aktenwidrig, sondern erweist sich auch als eine unzulässige Neuerung; der im übrigen erst im Jänner 1985 erfolgte Verzicht der mitbeteiligten Partei auf Dränung des Grundstückes 729/3 erweist sich auch nicht als eine solche Abänderung des Vorhabens, die einer Bewilligung nach § 40 WRG 1959 bedürfte.
Da die Beschwerde sich demnach als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 21. Oktober 1986
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