VwGH 84/17/0176

VwGH84/17/017614.12.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Straßmann und die Hofräte Dr. Hnatek und Dr. Wetzel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Schöller, in der Beschwerdesache der A-AG in W, vertreten durch DDr. Rene Laurer, Rechtsanwalt in Wien I, Wollzeile 6-8/50, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 6. September 1984, Zl. 30 1001/5-V/5/84, betreffend Bewilligung nach dem Kreditwesengesetz (mitbeteiligte Partei: B-Aktiengesellschaft in W), den Beschluss gefasst:

Normen

KWG 1979 §13 Abs5;
KWG 1979 §8 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;
KWG 1979 §13 Abs5;
KWG 1979 §8 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und aus dem ihr angeschlossenen angefochtenen Bescheid geht der folgende entscheidungswesentliche Sachverhalt hervor:

Mit Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 6. September 1984 wurde über Antrag der Spar- und Darlehenskasse X in W vom 23. August 1984 dieser Gesellschaft "gemäß § 8 Abs. 1 Z. 1 des Kreditwesengesetzes, BGBl. Nr. 73/1979, die Bewilligung zur Verschmelzung durch Einbringung des Betriebes gemäß Artikel I § 1 Abs. 2 des Strukturverbesserungsgesetzes zum Stichtag 1. Jänner 1984 in die neu zu gründende B-Aktiengesellschaft, W, erteilt". Unter einem wurde festgestellt, daß gemäß § 7 Abs. 2 leg. cit. mit der Eintragung dieser Verschmelzung in das Genossenschaftsregister für die antragstellende Gesellschaft die Konzession zum Betrieb von Bankgeschäften erlischt. Eine Begründung enthält dieser Bescheid nicht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin führt aus, sie sei ausweislich beigelegter Mitgliedsurkunden Genossenschafter der vorgenannten antragstellenden Gesellschaft und gleichzeitig für Kreditgenossenschaften nach dem System Schulze-Delitzsch im Sinne des § 13 Kreditwesengesetz (KWG) zuständiges Zentralinstitut. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in folgenden Rechten verletzt:

1. in dem ihr aus § 13 in Verbindung mit § 8 KWG und § 30 ff GenG herrührenden Recht, daß eine besondere Bewilligung zur Verschmelzung einer Kreditgenossenschaft nach dem System Schulze-Delitzsch, die daher zur Liquiditätshaltung gemäß § 13 KWG bei ihr verpflichtet sei, nur dann erteilt werde, wenn der der Verschmelzungsbewilligung zugrundeliegende Verschmelzungsbeschluß nach den Vorschriften des Genossenschaftsgesetzes und Genossenschaftsvertrages vorschriftsmäßig zustandegekommen sei,

2. in dem ihr aus § 13 in Verbindung mit § 8 KWG erfließenden Recht, daß die Bewilligung zur Verschmelzung einer Kreditgenossenschaft nach dem genannten System nur dann erteilt werde, wenn der der Verschmelzungsbewilligung zugrundeliegende Verschmelzungsbeschluß vorsehe, daß

a) der Einbringung eine nach § 24 KWG (in Verbindung mit dem Genossenschaftsrevisionsgesetz) ordnungsgemäß errichtete Bilanz im Sinne des § 1 Abs. 4 Strukturverbesserungsgesetz zugrundegelegt werde,

b) nach dem Verschmelzungsvertrag bzw. Einbringungsvertrag und Einbringungsbeschluß auf jeden Genossenschafter wenigstens eine Aktie der das Vermögen der Genossenschaft übernehmenden Aktiengesellschaft entfalle, und

3. in ihrem aus § 13 in Verbindung mit § 8 KWG erfließenden Recht, daß die Bewilligung zur Verschmelzung einer Kreditgenossenschaft nach dem genannten System nur dann erteilt werde, wenn der beabsichtigte Vorgang dem volkswirtschaftlichen Interesse entspreche.

Zur Beschwerdelegitimation führt die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde und in ihrer Äußerung vom 28. November 1984 aus, der angefochtene Bescheid sei auch ihr zugestellt worden. Da für die Genossenschaft gemäß § 13 Abs. 5 KWG (mit welcher Bestimmung der Gesetzgeber auch das Interesse an einer finanziellen Stärkung des jeweiligen Zentralinstitutes von Kreditunternehmungen berücksichtigt habe) die Verpflichtung zur Haltung einer Liquiditätsreserve bei der Beschwerdeführerin bestanden habe, eine solche Verpflichtung aber für die mitbeteiligte Partei nicht bestehe, berühre der angefochtene Bescheid die Beschwerdeführerin in ihren Rechten. Sie wäre daher auch im Verwaltungsverfahren als Partei heranzuziehen gewesen.

Die Beschwerde erweist sich aus folgenden Gründen als unzulässig:

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof von demjenigen erhoben werden, der durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf die vorgenannte Verfassungsbestimmung gestützte Beschwerde nur dann zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde; dies gilt sogar dann, wenn dem Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren zu Unrecht Parteistellung zuerkannt worden sein sollte (vgl. z.B. den Beschluß eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Juli 1981, Zlen. 04/0671, 0672/80, Slg. N.F. Nr. 10511/A). Diesem Beschluß ist ferner zu entnehmen, daß ein Recht der in Rede stehenden Art nur dann vorliegt, wenn der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seiner eigenen (gegen den Staat als Träger der Hoheitsgewalt gerichteten) Interessenssphäre betroffen wurde.

Mißt man die Beschwerde an diesem Erfordernis, so ist die Beschwerdelegitimation im vorliegenden Fall zu verneinen, weil dem angefochtenen Bescheid nicht die Eignung zukommt, eigene Rechte der Beschwerdeführerin zu verletzen.

Gemäß § 13 Abs. 5, erster Satz, KWG haben Kreditunternehmungen, die einem Zentralinstitut angeschlossen sind, bei ihrem Zentralinstitut eine Liquiditätsreserve im Ausmaß von 10 v.H. der Spareinlagen und 20 v.H. der sonstigen Schilling-Einlagen, höchstens jedoch 14 v.H. der gesamten Schilling-Einlagen zu halten.

Gemäß § 8 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. bedarf u.a. die Verschmelzung zweier Kreditunternehmungen, sofern es sich nicht um die Verschmelzung einer Kreditunternehmung mit ihrem Zentralinstitut handelt, einer besonderen Bewilligung des Bundesministers für Finanzen.

Die §§ 30 ff GenG enthalten Regeln über die Form der Einberufung der Generalversammlung einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft, über die Beschlußfähigkeit dieses Organes und über die Mehrheitserfordernisse in diesem.

Weder aus diesen eben zitierten Rechtsvorschriften noch aus anderen kann abgeleitet werden, daß der angefochtene Bescheid in eigene Rechte der Beschwerdeführerin eingegriffen hat. Die im § 13 Abs. 5, erster Satz, KWG getroffene Anordnung, daß die einem Zentralinstitut angeschlossenen Kreditunternehmungen bei jenem eine Liquiditätsreserve im gesetzlichen Ausmaß halten müssen, gewährt dem jeweiligen Zentralinstitut nämlich keinen Rechtsanspruch darauf, daß die ihr angeschlossenen Kreditunternehmungen ihre Rechtsform und damit die Bindung an sie auf Dauer beibehalten, sondern begründet die Einlagepflicht von Kreditunternehmungen nur für jenen Zeitraum, in dem auf Grund ihrer Rechtsform eine solche Zugehörigkeit zu einem bestimmten Zentralinstitut (hier: zur Beschwerdeführerin) besteht. Das Gesetz unterscheidet auch nicht, ob eine Kreditunternehmung auf Grund eines den Rechtsvorschriften entsprechenden oder eines dagegen verstoßenden Vorganges einem Zentralinstitut angeschlossen ist. Das bloß wirtschaftliche Interesse der Beschwerdeführerin an der Aufrechterhaltung der Liquiditätsreserve durch die mitbeteiligte Partei ist hingegen mit dem zur Begründung der Beschwerdelegitimation erforderlichen rechtlichen Interesse nicht gleichzusetzen (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 2. Auflage, S. 321 zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes). § 8 Abs. 1 Z. 1 KWG sieht für Verschmelzungen der vorliegenden Art eine besondere Bewilligung des Bundesministers für Finanzen vor. Diese Rechtsvorschrift läßt hinsichtlich der erforderlichen Bewilligung nur auf ein rechtliches Interesse der an der Verschmelzung beteiligten Kreditunternehmungen, nicht aber auf ein rechtliches InteresseDritterschließen. Auch dem § 30 Genossenschaftsgesetz kann schon im Hinblick auf seinen Regelungsgegenstand nicht entnommen werden, daß der angefochtene Bescheid in eigene Rechte der Beschwerdeführerin eingegriffen hat. Gleiches gilt für die seinerzeitige Stellung der Beschwerdeführerin als Genossenschaftsmitglied der Spar- und Darlehenskasse X, zumal es die rechtliche Qualität der Beschwerdeführerin als Körperschaft gebietet, deren durch den angefochtenen Bescheid betroffene Rechtssphäre von der ihrer Mitglieder auseinanderzuhalten. Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, daß die Bewilligungspflicht des § 8 Abs. 1 Z. 1 KWG den Schutz von Mitgliedern zu verschmelzender Kreditunternehmungen gegen gesetzwidrige Verschmelzungsbeschlüsse und damit die Einrichtung eines die Feststellungsklage gemäß § 228 ZPO (vgl. z.B. Kastner, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts, 3. Auflage, S. 310) konkurrenzierenden Rechtsinstitutes bezweckt.

Auf Grund des Gesagten war die Beschwerde mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG 1965 in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 14. Dezember 1984

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