Normen
UStG 1972 §2 Abs2 Z2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1984:1982150140.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei ist eine mit Notariatsakt vom 9. Februar 1968 errichtete GesmbH, deren Unternehmensgegenstand laut Gesellschaftsvertrag die Schaffung von Wohnungseigentum und die Ausübung der diesem Zweck dienenden Gewerbe, insbesondere des Baumeistergewerbes und des Gewerbes des Immobilienhandels ist. Ihr alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war in den Streitjahren Ing. RB, Baumeister in V. Als Bauunternehmung hat sich die mitbeteiligte Partei u.a. mit der Errichtung von Appartement-, Hotelbauten und Feriendörfern (Hoteldörfern) befaßt. Zu ihrem Betriebsvermögen gehören auch Beteiligungen an Komplementär-Gesellschaften m.b.H. und GesmbH & Co Kommanditgesellschaften, die zum Betrieb der von ihr errichteten Feriendörfer gegründet wurden. Der Alleingesellschafter Ing. RB ist außerdem Gesellschafter von Personengesellschaften, die die Vermietung von Appartements an Urlaubsgäste betreiben.
Geschäftsgegenstand der „O GesmbH“ (O) ist laut Beschluß der Generalversammlung vom 5. Februar 1977 die Errichtung, der anteilige Verkauf, die anteilige Vermietung und die Verwaltung eines Büro- und Geschäftshauses in X, O‑gasse 21, sowie die Verwaltung eigenen Vermögens, insbesondere eigener Liegenschaften und sonstiger eigener Immobilienprojekte. Tatsächlich hat die O neben der Liegenschaft O‑gasse 21 (EZ. 1251, 1368, 1369, 1379 KG W) weder in den Streitjahren noch vorher oder danach weiteres Vermögen besessen.
Zu Jahresbeginn 1977 wurde der mitbeteiligten Partei von der „J GmbH“, mit Generalversammlungsbeschluß vom 5. Februar 1977 umbenannt in obgenannte GesmbH (O), die Möglichkeit geboten, auf der vorbezeichneten Liegenschaft ein bereits geplantes und baubehördlich bewilligtes Büro- und Geschäftsgebäude mit Tiefgarage, für welches Projekt eine Darlehenszusage der Landes‑Hypothekenbank Niederösterreich (kurz: Hypothekenbank) über S 270 Mio. vorlag, zu errichten. Um nicht der im Auslaufen begriffenen Baubewilligung verlustig zu gehen und die bis zum 31. Dezember 1978 zugesicherte Finanzierung zu gefährden, war der Bau bis zum 20. Juni 1977 in Angriff zu nehmen und bis zum 31. Dezember 1978 fertigzustellen. Das Interesse der mitbeteiligten Partei lag darin, ihre zu jener Zeit schlechte Auftragslage durch die Erlangung eines Großbauauftrages entscheidend zu verbessern. Nach einer von ihr im Februar und März 1977 durchgeführten Baukostenkalkulation erklärte sich die mitbeteiligte Partei zur Übernahme des Bauauftrages mit einem Auftragsvolumen von S 220 Mio. zuzüglich Umsatzsteuer unter den Bedingungen bereit, daß die Hypothekenbank der O ein zusätzliches Darlehen von S 67 Mio. zusichert und die Bankgarantie für die volle Zahlung des Werklohnes (zuzüglich Umsatzsteuer) übernimmt. Am 29. April 1977 wurde der O das geforderte Zusatzdarlehen bewilligt und gleichzeitig eine an die O gerichtete Bankgarantieerklärung hinsichtlich der auf die Baukosten entfallenden Mehrwertsteuer in der Höhe bis zu S 39,6 Mio. ausgefertigt. Außerdem garantierte die Hypothekenbank die volle Bezahlung des Werklohnes von S 220 Mio. Der insgesamt zur Verfügung gestellte Darlehensbetrag von S 337 Mio. diente gemäß Pkt. 14 der Darlehensbewilligung vom 29. April 1977 außer der Grundstücks- und Baukostenfinanzierung der Abdeckung sämtlicher aus der Gewährung und Sicherung der Darlehen resultierenden Gebühren und Spesen sowie der die Grundstücks- und Baukostenfinanzierung betreffenden Darlehenszinsen, letztere zeitlich begrenzt bis 31. Dezember 1978. In Pkt. 13 der Darlehensbewilligung findet sich die Bestimmung, daß der zwischen der O und der bauausführenden Firma abzuschließende Bauvertrag an die Zustimmung der Darlehensgeberin gebunden ist. Ferner wurde festgelegt, daß im Bauvertrag die Gesamtbaukosten mit S 220 Mio. und die Bauzeit mit 18 Monaten zu limitieren ist. Gemäß Pkt. 16 der Darlehensbewilligung war die O verpflichtet, die Hypothekenbank laufend über die Verwertung des Objektes O-Gasse 21 zu informieren und Miet- und Kaufverträge nicht ohne vorherige Zustimmung der Hypothekenbank abzuschließen.
Im Februar und März 1977 ergriff die mitbeteiligte Partei Vorsorgemaßnahmen für eine Umplanung, um eine allfällige Verwertung des Gebäudes als Hotel zu ermöglichen. Im April 1977 wurden Probebohrungen im Grundwasserbereich durchgeführt, um dort für die Tiefgarage eine bessere Planungslösung zu finden.
Am 7. Juni 1977 waren an der O die „P GesmbH zu 80 v.H. (entsprechend einer Stammeinlage von S 96.000,--) und Dr. H, Rechtsanwalt und damals aufsichtsbehördlicher Kommissär des Landes Niederösterreich für die Hypothekenbank, zu 20 v.H. (entsprechend einer Stammeinlage von S 24.000,--) beteiligt. Dr. H hatte seine Anteile auf Grund eines Anbotes vom 5. Februar 1977 mit Abtretungsvertrag vom 13. April 1977 zum Preis von S 24.000,-- erworben. An die „P GesmbH“ waren die Anteile am 12. Mai 1977 von D und Dr. J, die auch Gesellschafter dieser GesmbH waren, um den Betrag von S 6 Mio. abgetreten worden.
Da die O unter D und Dr. J als Geschäftsführer nicht als Bauherr auftreten wollte, machte sie die Erteilung des Bauauftrages von der Bedingung der Übernahme von Anteilen an der O unter Zahlung eines Agiobetrages abhängig. Dementsprechend wurde am 8. Juni 1977 ein in die Form eines Notariatsaktes gekleideter Abtretungsvertrag geschlossen, demzufolge die „P GesmbH“ von ihrer an der O bestehenden Beteiligung im Nominale von S 96.000,-- (das sind 80 v.H. des Stammkapitals) einen Anteil am Nominale von S 72.000,-- um S 28,072.000,-- an die mitbeteiligte Partei und die restliche Beteiligung im Nominale von S 24.000,-- um diesen Betrag an RZ, einem Cousin des Ing. RB, abtrat, wobei letztgenannter Abtretungspreis von der mitbeteiligten Partei für RZ beglichen wurde. Aus den Verwaltungsakten geht hervor, daß in Höhe des Betrages von S 24.000,-- eine Forderung der mitbeteiligten Partei gegen RZ besteht und die von RZ übernommene Beteiligung als Bestandteil von dessen Vermögen betrachtet wird.
Mit Gesellschafterbeschluß vom 8. Juni 1977 wurden die bisherigen Geschäftsführer D und Dr. J abberufen und Ing. RB und RZ zu kollektiv vertretenden, neuen Geschäftsführern der O bestellt.
Bezüglich der Beteiligung von Dr. H stellte die mitbeteiligte Partei am 8. Juni 1977 das notarielle Anbot, diese um den Betrag von S 7,024.000,-- im Abtretungswege zu übernehmen. Dr. H war damals aber nicht bereit, seinen Geschäftsanteil abzutreten. Erst am 3. Mai 1978 kam es zur Abtretung an die R GesmbH (Mitbeteiligte), wobei als Abtretungspreis ein Betrag von S 15,500.000,-- vereinbart wurde. An den Beteiligungsverhältnissen bei der O hat sich seit diesem Zeitpunkt nichts geändert.
Zeitlich vor dem Abschluß des Abtretungsvertrages vom 8. Juni 1977 war zwischen der mitbeteiligten Partei und der O ein Werkvertrag abgeschlossen worden, der die mitbeteiligte Partei verpflichtete, gemäß den bereits vorliegenden, von der Bestellerin beigestellten und behördlich genehmigten Bauplänen nach näheren Bestimmungen des Werkvertrages den Büro- und Geschäftshausbau zum Pauschalpreis von S 220 Mio. zuzüglich S 39,6 Mio. Umsatzsteuer als Generalunternehmerin auszuführen. Als Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrages ist in Pkt. VI des Abtretungsvertrages vom 8. Juni 1977 der 3. Juni 1977 angeführt. Daß der Anteilserwerb durch die mitbeteiligte Partei erst nach Zustandekommen des Werkvertrages erfolgte, ergibt sich auch aus Pkt. V des vorgenannten Abtretungsvertrages, worin von dem bereits beiderseitig genehmigten Bauwerkvertrag die Rede ist. Nach den Angaben des Alleingesellschafters der mitbeteiligten Partei in der mündlichen Berufungsverhandlung wurden zwei Werkverträge unterfertigt: der erste seitens der O von D und Dr. J, der zweite anstelle dieser Personen im Zeitpunkt des Anteilskaufes von den neuen Geschäftsführern (Ing. RB und RZ); das zweite Vertragswerk unterscheidet sich vom ersten nur durch einen neu hinzugekommenen Zusatz.
Mit der Errichtung des Baues wurde am 15. Juni 1977 begonnen. Laut Bauakten sahen die von einem Architekten verfaßten und der Baubewilligung zugrunde liegenden Pläne die Errichtung eines Büro- und Geschäftshauses, bestehend aus einer zweigeschossigen Tiefgarage, einem Erdgeschoß mit Geschäftsräumlichkeiten und zwei Baublöcken mit 14 bzw. 9 Obergeschossen mit Räumlichkeiten für Bürozwecke, diese vornehmlich im Ausmaß von 13 bis 29 m2, vor. Während der Bauführung erfolgten einige Planwechsel, so wegen nachträglicher Einplanung einer mechanischen Be- und Entlüftung für die Tiefgarage (bewilligt mit Bescheid vom 28. November 1977), wegen Änderung der Dachkonstruktion, des äußeren Aussehens im Dachbereich, wegen Einplanung je eines Maschinenraumes für jeden Baukörper im Dachbereich, wegen Änderung der inneren Raumeinteilung (in den Obergeschossen im wesentlichen unter Beibehaltung der bisherigen Raumgrößen) und wegen Veränderung der Stiegenanlage (bewilligt mit Bescheid vom 29. Juni 1978) und schließlich wegen Einplanung von Abstellräumen in den Tiefgeschossen und eines Müllabwurfschachtes (bewilligt mit Bescheid vom 17. November 1978). Nach den Ausführungen Ing. RB in der mündlichen Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde sind zum Zwecke einer allfälligen Verwertung des Gebäudes als Hotel in den Räumlichkeiten Aussparungen für Installationen (Abflußleitungen u.dgl.) vorgesehen worden. Da für die Klimaanlage und den Maschinenraum nach den ursprünglichen Plänen keine raummäßige Vorsorge getroffen worden sei, habe man diese in einem zusätzlich geschaffenen Geschoß unterbringen müssen.
Mit Grundbuchseingabe der O vom 3. April 1978 wurde von der Kanzlei Dr. H/Dr. S. namens der O ein Ansuchen auf Anmerkung der beabsichtigten Veräußerung der Streitliegenschaft mit dem weiteren Antrag eingebracht, eine Ausfertigung des hierüber ergehenden Beschlusses Dr. H zuzustellen. Wie sich aus einer von der mitbeteiligten Partei im Jahre 1980 für Zwecke der Erstellung eines Rechtsgutachtens verfaßten Sachverhaltsdarstellung ergibt, fand am 10. April 1978 in den Räumen der Hypothekenbank bezüglich der Frage der Verwertung des Bauwerkes eine Besprechung statt, anläßlich welcher von der Hypothekenbank ein Verkauf an das Land Niederösterreich begehrt worden sei, während Ing. RB eine Bewirtschaftung als Hotel durch den Steigenberger Konzern oder einen Verkauf an die österreichische Länderbank um S 395 Mio. gewünscht habe. Für den Fall einer Veräußerung an das Land Niederösterreich habe Ing. RB Sicherheiten dafür verlangt, daß der erzielte Kaufpreis zur Tilgung sämtlicher Kreditverbindlichkeiten der O gegenüber der Hypothekenbank ausreiche; die hiezu nötige Kaufsumme sei von der Hypothekenbank mit S 330 Mio. beziffert worden. Am 24. April 1978 gab die Hypothekenbank die verbindliche Erklärung ab, daß per 31. Dezember 1978 für die Darlehenszahlung ein Betrag von gerundet S 330 Mio. (anstatt von S 337 Mio.) erforderlich sein werde.
Mit Kaufvertrag vom 12. Dezember 1978 erwarb das Land Niederösterreich die besagte Liegenschaft um den Kaufpreis von S 355 Mio. Dieser Betrag war bis auf eine bar zu bezahlende Summe von S 25 Mio. in der Weise zu berichtigen, daß das Land Niederösterreich als Käufer die per 31. Dezember 1978 aushaftende Darlehensschuld der O von S 330 Mio. zu übernehmen hatte. Als Stichtag für den Übergang von Eigentum und Besitz wurde der 1. Jänner 1979 vereinbart. Laut einem Schreiben des steuerlichen Vertreters der mitbeteiligten Partei vom 30. November 1980 (gerichtet an die Abgabenbehörde) wurden die Kaufverhandlungen mit der Niederösterreichischen Landesregierung von der Hypothekenbank geführt. Dr. H hat nach Aussage Ing. RB die Kaufverhandlungen mit der Niederösterreichischen Landesregierung entscheidend gelenkt und von der O für Vertretungen ein Honorar von S 4 Mio. zuzüglich S 320.000,-- Umsatzsteuer erhalten. Die Benützungsbewilligung für den termingerecht fertiggestellten Bau wurde mit Bescheid vom 27. Dezember 1978 der O erteilt.
Nach den Abgabenerklärungen der O für 1977 bis 1979 befand sich der Sitz der Gesellschaft in X. Tatsächlich wurde jedoch nach den Wahrnehmungen der Betriebsprüfung das Unternehmen ab 8. Juni 1977 vom Unternehmenssitz der mitbeteiligten Partei aus (V) geleitet. Von den beiden Geschäftsführern abgesehen verfügte die mitbeteiligte Partei in X weder über eigenes Büropersonal noch über eigene Geschäftsräumlichkeiten oder über eine eigene kaufmännische Organisation.
Über ihre Generalunternehmerleistungen legte die mitbeteiligte Partei der O am 31. Dezember 1978 eine Rechnung über einen Betrag von S 220 Mio. zuzüglich S 39,6, Mio. Umsatzsteuer und am 30. September 1979 „für den Aufbau eines zusätzlichen Geschosses“ eine Rechnung über den Betrag von S 18 Mio. (mit Gutschriftanzeige vom 20. Dezember 1978 auf S 16,940.000,-- reduziert) zuzüglich einer Umsatzsteuer von S 3,240.000,-- (entsprechend der späteren Entgeltsberichtigung auf S 3,049.200,-- korrigiert). Darüber hinaus wurden der O auch von anderer Seite Leistungsentgelte mit Umsatzsteuer in Rechnung gestellt.
Sowohl die mitbeteiligte Partei als auch die O, beide steuerkundig vertreten, gingen zunächst vom Nichtbestehen einer Organschaft und folglich von der Umsatzsteuerpflicht des Bauumsatzes der mitbeteiligten Partei an die O aus. Entgegen dem sich aus § 12 Abs. 3 im Zusammenhalt mit § 6 Z. 9 lit. a Umsatzsteuergesetz 1972, BGBl. Nr. 223 (UStG 1972), ergebenden Abzugsverbot hat die O die mit der Errichtung und Verwertung des Gebäudes O-Gasse 21 zusammenhängenden Umsatzsteuerbeträge, insbesondere die ihr von der mitbeteiligten Partei in Rechnung gestellten, als Vorsteuern geltend gemacht und hiedurch Umsatzsteuererstattungen von rund S 43 Mio. erwirkt.
Mitte 1980 wurden beide Gesellschaften abgabenbehördlichen Prüfungen unterzogen, die sich mit Unterbrechungen bis in das Jahr 1981 hinein erstreckten. Nach Feststellung der Unrechtmäßigkeit des von der O in Anspruch genommenen Vorsteuerabzuges hob der Bundesminister für Finanzen den an die O ergangenen Umsatzsteuerbescheid 1978 in Ausübung des Aufsichtsrechtes auf. Der daraufhin ergangene Ersatzbescheid vom 27. April 1981, der die abziehbare Vorsteuer und Zahllast/Gutschrift mit S 0 festsetzte, wurde mit Berufung bekämpft.
Nachdem die Unzulässigkeit des Vorsteuerabzuges durch die O aufgedeckt worden war, wiesen die beiden Gesellschaften erstmals auf das Vorliegen eines zwischen ihnen bestehenden Organverhältnisses hin und beriefen sich zu dessen Begründung auf ein von ihnen eingeholtes Rechtsgutachten des Vorstandes des Institutes für Finanzrecht an der Universität Graz (N). Diesem Vorbringen trug jedoch die Betriebsprüfung nach Vornahme weitwendiger Sachverhaltsermittlungen nicht Rechnung. Das inzwischen auch für die O zuständig gewordene Finanzamt Klagenfurt erließ in jeweils gemäß § 303 Abs. 4 BAO wiederaufgenommenen Verfahren an beide Gesellschaften den Prüfungsergebnissen entsprechende Umsatzsteuerbescheide (an die mitbeteiligte Partei für 1977 und 1978, an die O für 1978 und 1979).
In den gegen die angeführten Umsatzsteuerbescheide eingebrachten Berufungen wurde zur Frage der Organschaft im wesentlichen vorgebracht:
Finanzielle Eingliederung:
An sich erfülle schon die Beteiligung der R GesmbH von.60 v.H. den Tatbestand der finanziellen Eingliederung, wenn daneben eine besonders intensive wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung feststellbar sei. Die R GesmbH sei im Sinne des § 24 Abs. 1 lit. d BAO auch wirtschaftliche Eigentümerin der Stammeinlage RZ, da dieser als Verwandter des Inhabers der Baufirma den Geschäftsanteil nicht zum Zwecke einer kapitalmäßigen Beteiligung, sondern nur wegen seiner in Aussicht genommenen Bestellung zum zweiten Geschäftsführer und Bekräftigung dieser Funktion nach außen hin übernommen habe. Deshalb habe auch RZ für seinen Anteil weder den Nominalbetrag noch ein Agio aufgewendet und der mitbeteiligten Partei den von ihr vorgestreckten Anschaffungsbetrag bis jetzt noch nicht refundiert. Auf die Willensbildung der mitbeteiligten Partei habe allein Ing. RB Einfluß genommen. RZ sei nach außen nie in Erscheinung getreten. Seit 3. Mai 1978 verfüge die mitbeteiligte Partei nominell sogar über 80 v.H., faktisch über sämtliche Geschäftsanteile der O.
Wirtschaftliche Eingliederung:
Beide hiefür nötigen Voraussetzungen (sinnvoller betriebswirtschaftlicher Zusammenhang, Einflußnahme der mitbeteiligten Partei auf die wirtschaftlichen Entscheidungen) lägen vor, da der Erhalt des Bauauftrages und die Verwertung des errichteten Objektes der R GesmbH nur durch Erwerb von Geschäftsanteilen an der O möglich gewesen sei. Die mitbeteiligte Partei habe sich weitaus überwiegend mit dem Appartement- und Hotelbau befaßt und sich auch in der Touristik betätigt. Die Errichtung und der damit verbundene Erwerb des auch Hotelzwecken „dienenden“ Gebäudes sei somit im wirtschaftlichen Interesse der R GesmbH gelegen gewesen. Die mitbeteiligte Partei habe auch auf die wirtschaftlichen Entscheidungen der O Einfluß genommen, so in bezug auf die Art der Bauführung, den Umfang, die Qualität und die Verwertung des Bauwerkes.
Organisatorische Eingliederung:
Diese sei dadurch erfüllt, daß der Geschäftsführer und Alleingesellschafter der R GesmbH auch allein zeichnungsberechtigter Geschäftsführer der O gewesen sei und tatsächlich auch allein die Geschäfte der O geführt habe. Darüber hinaus seien alle Verwaltungsagenden der O ausschließlich über die R GesmbH abgewickelt worden, zumal die O weder eigene Büroräumlichkeiten noch eigenes Personal besessen habe und das Rechnungs- und Bestellwesen über die Buchhaltung und Organisation der mitbeteiligten Partei geführt worden sei.
Gesamtbild:
Die einzelnen Elemente, welche für eine Organschaft sprächen, seien nicht nur eindeutig gegeben, sondern wiesen eine besondere Intensität auf. Die O habe nämlich keine andere Aufgabe zu erfüllen gehabt, als der mitbeteiligten Partei den Bauauftrag zu verschaffen und die Verwaltung des Gebäudes zu ermöglichen.
In der mündlichen Berufungsverhandlung wurden einige Klarstellungen getroffen, so dahingehend, daß RZ nicht als Strohmann (Treuhänder) fungierte und die auf seinen Namen lautende Beteiligung nicht nur zivilrechtlich, sondern auch steuerlich ihm zuzurechnen ist.
Die belangte Behörde hat den Berufungen beider Gesellschaften Folge gegeben und die Organschaft mit der Wirkung anerkannt, daß hinsichtlich des zivilrechtlichen Leistungsaustausches zwischen der mitbeteiligten Partei und der O ein Innenumsatz angenommen und die mit der Bauerrichtung zusammenhängende Vorumsatzsteuer wegen der Veräußerung des strittigen Grundstückes durch die O als nicht abziehbar erklärt wurde.
In der Begründung der die mitbeteiligte Partei betreffenden und nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsentscheidung führte die belangte Behörde unter Zitierung des § 2 Abs. 2 Z. 2 UStG 1972 und unter Hinweis auf einschlägige Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes folgendes aus:
Eine juristische Person sei dem Willen eines Unternehmers dann derart untergeordnet, daß sie keinen eigenen Willen habe (Organgesellschaft), wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in sein Unternehmen eingegliedert sei. Die genannten drei Voraussetzungen müßten gleichzeitig erfüllt sein. Da es auf das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse ankomme, müßten aber nicht alle drei Eingliederungsmerkmale vollkommen ausgeprägt sein. Es sei vielmehr für das Vorliegen einer Organschaft unschädlich, wenn eines der Merkmale weniger eindeutig erfüllt sei, dafür aber die beiden anderen Merkmale stärker in Erscheinung treten, sodaß das Gesamtbild dennoch eine Unterordnung ergebe.
Was nun zunächst das Merkmal der finanziellen Eingliederung anlange, so liege diese vor, wenn der Unternehmer unmittelbar oder mittelbar über eine so entscheidende kapitalmäßige Beteiligung an der juristischen Person (hier: GesmbH) verfüge, daß er alle Geschäftsbeschlüsse derselben in seinem Sinn zu lenken vermöge. Doch sei der Anteilsbesitz nicht allein von ausschlaggebender Bedeutung, vielmehr müsse sich aus ihm auch die Möglichkeit ergeben, die Beschlüsse der kapitalmäßig beherrschten Gesellschaft durch Ausübung des (anteilsgebundenen) Stimmrechtes entscheidend zu beeinflussen. Richte sich das Gewicht oder die Zahl der Stimmrechte nach dem Ausmaß des Anteilsbesitzes, könne im Falle einer hundertprozentigen Beteiligung an der als Organ in Betracht kommenden Gesellschaft deren finanzielle Eingliederung nicht zweifelhaft sein. Liege die Beteiligung zwischen 50 und 100 v.H., komme es zusätzlich darauf an, welche Erfordernisse der Gesellschaftsvertrag für die Beschlußfassung aufstelle. Besage dieser darüber nichts, so genüge für die wichtigsten Maßnahmen eine Stimmenmehrheit von 75 v.H., sodaß bei einem Anteilsbesitz bis zu diesem Prozentsatz herab die Möglichkeit der finanziellen Beherrschung als gegeben anzusehen sei. Bei einer Beteiligungsquote zwischen 50 und 75 % könne eine finanzielle Eingliederung nur dann angenommen werden, wenn zur stimmenmäßigen noch eine besonders ausgeprägte wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung hinzutrete. Im Beschwerdefall sei als erwiesen anzusehen, daß die mitbeteiligte Partei am 8. Juni 1977 60. v.H. und am 30. Mai 1978 weitere 20 v.H. der Beteiligungen an der O in ihrem Namen erworben habe. Eine Bestimmung des Inhaltes, daß das Stimmrecht der Gesellschafter von einem anderen Kriterium als dem des Ausmaßes der Beteiligung an der O abhänge, sei im Gesellschaftsvertrag der letztangeführten Gesellschaft nicht enthalten. Infolgedessen sei nicht zweifelhaft, daß die mitbeteiligte Partei seit 3. Mai 1978 auf Grund ihrer 80 %igen Beteiligung in der Lage gewesen bzw. noch sei, der O bei Fassung der wichtigsten Beschlüsse ihren Willen aufzuzwingen. Für die Zeit vom 8. Juni 1977 bis 2. Mai 1978 lasse sich eine qualifizierte Stimmenmajorität auf Grund nominell eigenen Anteilsbesitzes zwar nicht annehmen, da die mitbeteiligte Partei nur über 60 v.H. der Anteile an der O verfügt habe, dennoch könne für diesen Zeitraum eine wenn auch nur faktische Stimmenmajorität der mitbeteiligten Partei von 80 v.H. unterstellt werden, da der Mitgesellschafter RZ ungeachtet des Umstandes, daß weder ein Fall eines bloß wirtschaftlichen Eigentums oder einer Treuhandschaft vorliege, offenbar nur im Interesse der mitbeteiligten Partei als Gesellschafter fungiere. Dies sei aus der verwandtschaftlichen Beziehung zum Alleingesellschafter der mitbeteiligten Partei und aus dem Umstand zu schließen, daß RZ der mitbeteiligten Partei den von ihr verauslagten Anteilserwerbspreis „bis dato“ nicht habe refundieren müssen. Aber auch der eigene Anteilsbesitz der mitbeteiligten Partei von 60 v.H. sei ausreichend, da die wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung stärker ausgeprägt sei.
Eine wirtschaftliche Eingliederung liege vor, wenn der finanziell beherrschende Unternehmer und die finanziell beherrschte Gesellschaft eine wirtschaftliche Einheit bilden, bei der die beherrschte Gesellschaft untergeordnet sei, und zwar in dem Sinne, daß sie verpflichtet sei, ihre Tätigkeit nach dem Willen des beherrschenden Unternehmens auszuüben. Es müsse jedoch ein vernünftiger betriebswirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den beiden Gebilden bestehen; ihre Tätigkeiten müßten aufeinander abgestellt sein, sie müßten sich gegenseitig ergänzen. Nicht ausreichend für die wirtschaftliche Eingliederung sei es, wenn der finanziell beherrschende Unternehmer bloß in Ausübung seiner Eigenschaft als Hauptgesellschafter einen wesentlichen Einfluß ausübe. Eine derartige geschäftsleitende Tätigkeit, die Ausfluß der Gesellschaftereigenschaft sei, bei der der Mehrheitsgesellschafter den Geschäftsbetrieb der beherrschten Gesellschaft fördere, erfülle nicht die Voraussetzungen der wirtschaftlichen Eingliederung. Es müsse bei einem Organverhältnis das Organ dem Organträger „untergeordnet“ sein. Das Organverhältnis verlange nämlich ein Dienen des Organes im Betriebe des Organträgers; eine Förderung der beherrschten Gesellschaft durch den beherrschenden Unternehmer genüge hier nicht. Es könne nicht in Abrede gestellt werden, daß eine GesmbH, deren Geschäftszweck wie im vorliegenden Fall die Errichtung und Verwertung eines Büro- und Geschäftsgebäudes sei, und eine Baufirma in einem vernünftigen betriebswirtschaftlichen Zusammenhang stehen und sich gegenseitig ergänzen können, etwa dadurch, daß die Baufirma an die GesmbH Bauleistungen erbringe und umgekehrt die GesmbH der Baufirma Bauaufträge verschaffe. Komme noch hinzu, daß die die GesmbH finanziell beherrschende Baufirma die Geschäftstätigkeit der GesmbH in welcher Weise auch immer in nennenswertem Maße nach ihren Vorstellungen lenke, sei das Tatbestandsmerkmal der wirtschaftlichen Eingliederung verwirklicht. Nicht anders sei der vorliegende Fall zu betrachten. Die mitbeteiligte Partei habe sich der O zu dem Zwecke bedient, um von dieser einen Großbauauftrag zu erhalten. Andererseits sei die mitbeteiligte Partei der O dadurch förderlich gewesen, daß sie als sachkundiges Bauunternehmen für Appartement-, Hotelbauten und Feriendörfer ein Bauwerk errichtete, das auf Grund der von der mitbeteiligten Partei initiierten baulichen Vorkehrungen nötigenfalls auch als Hotel, allenfalls zu ihrem eigenen Nutzen, Verwendung hätte finden können. Der O wären für diesen Fall auch die Branchenkenntnisse der mitbeteiligten Partei als Mitgesellschafterin einiger Komplementär‑Gesellschaften m.b.H. und Personengesellschaften, die zum Betrieb der von der mitbeteiligten Partei errichteten Feriendörfer gegründet worden seien, sowie die Erfahrungen des Alleingesellschafters der mitbeteiligten Partei auf den Gebieten der Touristik und Appartementvermietung zugute gekommen. Es wäre nämlich bis etwa anfangs April 1978, bevor sich also der Verkauf der Liegenschaft an das Land Niederösterreich abzuzeichnen begonnen habe, eine Verwertung des Bauwerkes als Hotel - unter Mitwirkung der mitbeteiligten Partei in irgendeiner Weise - im Bereiche des Möglichen gelegen gewesen. Aber nicht nur der vernünftige betriebswirtschaftliche Zusammenhang zwischen beiden Gesellschaften und deren gegenseitige wirtschaftliche Abhängigkeit sei zu bejahen. Auch die maßgebliche Einflußnahme der mitbeteiligten Partei auf die wirtschaftlichen Entscheidungen der O lasse sich nicht bestreiten. Darauf weise schon die gegebene - wenn auch für die Zeit vom 8. Juni 1977 bis 2. Mai 1978 schwächer ausgeprägte - finanzielle Beherrschung der O durch die mitbeteiligte Partei und die nachfolgend noch zu beurteilenden Anzeichen für die organisatorische Eingliederung (Fehlen eigener Geschäftsräumlichkeiten, eigenen Personals und einer eigenen Organisation bei der O, Gemeinsamkeit eines Geschäftsführers) hin. Seien nämlich die zu betrachtenden Gebilde miteinander wirtschaftlich sinnvoll verflochten, so könne nur angenommen werden, daß die finanziell und organisatorisch eingegliederte Gesellschaft auch wirtschaftlich eingegliedert sei. Insbesondere aber ließen die von der mitbeteiligten Partei seit Eintritt in die O und auch schon vor Abschluß des Abtretungsvertrages vom 8. Juni 1977 - ab Jahresbeginn 1977 - entfalteten Aktivitäten erkennen, daß die mitbeteiligte Partei auf die Geschäftstätigkeit der O einen wesentlichen Einfluß ausgeübt habe. Wenn auch der Erwerb der Bauliegenschaft, die Veranlassung der Bauplanung, die Erlangung der Baubewilligung und die Beschaffung der Darlehensmittel zur Finanzierung des Bauvorhabens nicht ihrer Initiative zuzuschreiben seien und die Art der Verwertung der Streitliegenschaft ausschließlich von der Hypothekenbank bestimmt worden sei, so sei doch ein dispositionsfreier Raum verblieben, innerhalb dessen die mitbeteiligte Partei auf Grund ihrer Machtstellung in der O dieser ihren geschäftlichen Willen habe aufzwingen können. So habe sie nach ihren glaubhaften Darlegungen gewisse Planänderungen initiiert, bei der Auswahl der zu verwendenden Baumaterialien ihren Einfluß geltend gemacht und im Zuge der Verkaufsverhandlungen mit der Niederösterreichischen Landesregierung die Interessen der O anscheinend insofern vertreten, als sie auf Grund ihrer Verwertungsvorschläge (Verkauf an die österreichische Länderbank bzw. Überlassung an den Steigenberger Konzern) einen günstigeren Kaufpreis (Erhöhung von S 330 Mio. auf S 355 Mio.) erwirkt habe. Vor allem aber falle ins Gewicht, daß der Erwerb der Geschäftsanteile an der O der mitbeteiligten Partei den Bauauftrag eingebracht habe. Die für die Annahme der wirtschaftlichen Eingliederung erforderlichen Kriterien seien daher als erfüllt anzusehen.
Die organisatorische Eingliederung sei konkretisiert, wenn durch entsprechende organisatorische Maßnahmen sichergestellt sei, daß der Wille der finanziell beherrschten juristischen Person nicht vom Willen des finanziell beherrschenden Unternehmers abweichen könne. Das treffe zu, wenn der beherrschende Unternehmer im Rahmen der beherrschten juristischen Person die Geschäftsführung ausübe oder leite und überwache. Maßnahmen, die die organisatorische Eingliederung bewirken, seien unter anderem: der alleinige Geschäftsführer der herrschenden Gesellschaft sei alleiniger Geschäftsführer der beherrschten GesmbH; Fehlen eigenen Büropersonals und eigener Büroräume bei der beherrschten Gesellschaft sowie Führung der Bücher und des Schriftwechsels durch Angestellte des herrschenden Unternehmers. Maßgebend seien letztlich die Verhältnisse im Einzelfall. Eine organisatorische Eingliederung werde jedenfalls immer dann zu unterstellen sein, wenn die Untergesellschaft nach Art einer Geschäftsabteilung in das Unternehmen der Obergesellschaft eingegliedert sei. Im vorliegenden Fall sei das Erfordernis der organisatorischen Eingliederung dadurch erfüllt, daß der Geschäftsführer und Alleingesellschafter der mitbeteiligten Partei in den Streitjahren zugleich auch Geschäftsführer der O gewesen sei, die O über kein eigenes Büropersonal und keine eigenen Büroräumlichkeiten verfügt, sondern sich bei der Abwicklung ihrer Geschäfte der Büroorganisation der mitbeteiligten Partei bedient habe; und ferner, daß die Bücher der O bei der mitbeteiligten Partei geführt worden seien. Die in den Abgabenerklärungen als Sitz der O angeführte Adresse „X, G‑gasse 1“ beziehe sich auf das Büro des früheren Mitgesellschafters Dr. J und sei ebenso unzutreffend wie die im Handelsregister verzeichnete Geschäftsanschrift „X, O-Gasse 21“, die lediglich den Standort der im Eigentum der O gestandenen Liegenschaft benenne. Tatsächlich seien die Geschäfte der O seit dem 8. Juni 1977 von V aus, dem Ort der Geschäftsleitung der mitbeteiligten Partei, geleitet worden, wofür auch spreche, daß in den Erfolgsrechnungen der O keine Personal- und Bürounkosten aufscheinen. Nicht zu folgen vermöge die belangte Behörde andererseits der Berufungsbehauptung, Ing. RB wäre allein zeichnungsberechtigter Geschäftsführer der O gewesen. Das stehe nicht nur in Widerspruch zur Handelsregistereintragung, wonach die O von ihren beiden Geschäftsführern gemeinsam zu vertreten sei, sondern auch mit einer Reihe von Schriftstücken (wie Eingaben an die Baubehörde, Schreiben an die Hypothekenbank, Kaufvertrag und Steuererklärungen), die die Unterschriften beider Geschäftsführer aufweisen. Auch habe RZ seine Zustimmung zur Abtretung der H‑Anteile an die mitbeteiligte Partei geben müssen. Es erscheine jedoch glaubhaft, daß in Belangen der O RZ als Geschäftsführer ausschließlich dem Willenseinfluß des Ing. RB unterlegen sei und sich nach dessen Anordnungen habe richten müssen. Dies folge auch aus der Interessenlage, da eine Beteiligung an der O nur für die mitbeteiligte Partei von Nutzen gewesen sei (Erlangung eines Bauauftrages) und die O von vornherein durch die hohen Kostenbelastungen bestenfalls mit einer ausgeglichenen Gebarung, eher aber mit Verlusten habe rechnen müssen (für die Jahre 1977 bis 1979 ergebe sich für die O auch insgesamt ein Verlust). Auch sei RZ auf die einschlägigen Branchenkenntnisse der mitbeteiligten Partei angewiesen gewesen. Insgesamt würden somit die Umstände dafür sprechen, daß die Durchsetzung des Willens der mitbeteiligten Partei im Rahmen der O durch entsprechende organisatorische Vorkehrungen sichergestellt gewesen sei.
Für die Beurteilung der Eingliederungsmerkmale in ihrem Zusammenhang sei das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse in dem Zeitraum maßgebend, für den die Umsatzsteuer festgesetzt werde, im vorliegenden Fall daher in den Jahren 1977 und 1978. Ziehe man in Betracht, daß die mitbeteiligte Partei die Geschäftsanteile nur zur Erlangung eines Großbauauftrages erworben habe, sie (und nur sie) in diesem Zusammenhang Agiobeträge (und zwar in der Gesamthöhe von rund S 43 Mio.) aufgewendet habe, sie auf Grund ihres eminenten wirtschaftlichen Interesses an dem Projekt sich durch eine genügend große finanzielle Beteiligung und durch organisatorische Maßnahmen den entscheidenden Einfluß habe sichern müssen, sie RZ in ihrem Interesse als Gesellschafter und Geschäftsführer in die O eingeschleust habe, ferner, daß die Geschäftstätigkeit der O von ihr entscheidend beeinflußt worden sei und ihr zur Durchsetzung ihres Willens die nötigen finanziellen und organisatorischen Beherrschungsinstrumente zur Verfügung gestanden seien, ergebe sich die Schlußfolgerung, daß die Voraussetzungen für die Annahme einer Organschaft zutreffen.
Diesem Ergebnis tue es keinen Abbruch, daß während des Zeitraumes vom 8. Juni 1977 bis 2. Mai 1978 die finanzielle Eingliederung mit nominell 60 v.H. des Stammkapitals weniger stark in Erscheinung getreten sei. Die zumindest faktische Abhängigkeit RZ von der mitbeteiligten Partei bzw. von Ing. RB sowie die starke Ausprägung der übrigen Eingliederungsmerkmale würden dieses Manko ausgleichen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde des Präsidenten der belangten Behörde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine schriftliche Stellungnahme abgegeben.
Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Degenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 2 Z. 2 UStG 1972 wird eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig im Sinne des Abs. 1 der zitierten Rechtsvorschrift ausgeübt, wenn eine juristische Person dem Willen eines Unternehmers derart untergeordnet ist, daß sie keinen eigenen Willen hat. Eine juristische Person ist dem Willen eines Unternehmers dann derart untergeordnet, daß sie keinen eigenen Willen hat (Organgesellschaft), wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in sein Unternehmen eingegliedert ist.
Im vorliegenden Fall gehen die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens übereinstimmend von den in Lehre und Rechtsprechung zur umsatzsteuerlichen Organschaft entwickelten Grundsätzen aus (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. April 1970, Zl. 135/68, vom 10. September 1975, Zl. 640/73, vom 23. Mai 1978, Zl. 1620/75, Slg. Nr. 5263/F, vom 7. Mai 1979, Zl. 2319/78, Slg. Nr. 5377/F, und vom 9. September 1980, Zlen. 2595, 2833‑2837/80). Im Sinne dieser Rechtsprechung ist auch unbestritten, daß eines der drei Eingliederungsmerkmale ‑ nämlich das finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Merkmal ‑ ohne Schaden für die Organschaft weniger ausgeprägt sein kann, wenn nur die beiden anderen Merkmale umso eindeutiger im selben Zeitraum erkennbar sind, daß aber keines der eben genannten Merkmale gänzlich fehlen darf. In Streit steht hingegen, ob und inwieweit der im Beschwerdefall vorliegende Sachverhalt den gesetzlichen Einordnungskriterien unterstellt werden kann und ob sich daraus nach dem Gesamtbild in den Streitjahren eine Unselbständigkeit der O gegenüber der mitbeteiligten Partei ergibt. Während die belangte Behörde die Organstellung der O in den Streitjahren als gegeben ansieht, liegt eine solche Unselbständigkeit der O gegenüber der mitbeteiligten Partei nach Ansicht des Beschwerdeführers im gesamten Streitzeitraum nicht vor.
In der Folge wird diese Frage zunächst an Hand der einzelnen Einordnungskriterien und sodann auf Grund des sich daraus ergebenden Gesamtbildes näher untersucht:
Zur finanziellen Eingliederung:
Dem von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gezogenen Schluß, aus der entfernten Verwandtschaft RZ mit Ing. RB einerseits und aus der bloßen Kreditierung des Kaufpreises für den von RZ am 8. Juni 1977 erworbenen 20 %‑Anteil am Stammkapital der O durch die mitbeteiligte Partei andererseits ergebe sich trotz der gleichzeitig getroffenen Feststellung, daß RZ seinen Stammanteil nicht bloß als Bevollmächtigter oder Treuhänder innehatte und auch der mitbeteiligten Partei hinsichtlich des RZ‑Anteiles nicht die Stellung eines wirtschaftlichen Eigentümers zukam, daß die mitbeteiligte Partei schon vor dem 3. Mai 1978 - das ist vor jenem Zeitpunkt, in dem die mitbeteiligte Partei von Dr. H einen weiteren 20 %‑Anteil an der O erwarb - zu 80 v.H. die O finanziell beherrschte, vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen. Die aufgezeigten Umstände gestatten vielmehr nur die Annahme, daß das Merkmal der finanziellen Eingliederung ab 3. Mai 1978 mit 80 v.H. hinreichend ausgeprägt war. Im Zeitraum vom 8. Juni 1977 bis 2. Mai 1978 verfügte die mitbeteiligte Partei hingegen nur über einen Anteilsbesitz von 60 v.H. des Stammkapitals der O, sodaß zu dieser Zeit die finanzielle Eingliederung nur schwach ausgeprägt war. Von einer umsatzsteuerlich anzuerkennenden Organschaft zwischen der mitbeteiligten Partei und der O vor dem 8. Juni 1977 kann hingegen schon deshalb keine Rede sein, weil die mitbeteiligte Partei erst mit diesem genannten Tag einen 60 %‑Anteil am Stammkapital der O käuflich erworben hat.
Zur wirtschaftlichen Eingliederung:
Dem Beschwerdeführer ist grundsätzlich darin beizupflichten, daß von der mitbeteiligten Partei vor dem Erwerb eines 60 %‑Anteiles am Stammkapital der O am 8. Juni 1977 gesetzte Maßnahmen nicht als Beurteilungskriterium für das Vorliegen einer Organschaft zwischen den beiden genannten Gesellschaften herangezogen werden dürfen. Soweit der Beschwerdeführer jedoch allein wegen dieser auf der zeitlichen Abfolge der Ereignisse aufbauenden Überlegung die Erteilung des Bauauftrages seitens der O an die mitbeteiligte Partei als für die allfällige wirtschaftliche Eingliederung unmaßgeblich erachtet, ist ihm im Sinne der Ausführungen der mitbeteiligten Partei entgegenzuhalten, daß es bei Beachtung der tatsächlichen Verhältnisse nicht darauf ankommen kann, in welcher Reihenfolge ein einheitlich abgehandeltes rechtliches Paket urkundlich gefaßt wird. Da im vorliegenden Fall kein Zweifel besteht, daß der nur kurze Zeit vor dem Erwerb von 60 v.H. der Stammanteile an der O durch die mitbeteiligte Partei dieser erteilte Bauauftrag mit dem Anteilserwerb in engstem Konnex steht, durfte die Erteilung des Bauauftrages bei der im vorliegenden Fall zu lösenden Frage des Vorliegens einer wirtschaftlichen Eingliederung nicht außer Betracht bleiben. Das Ergebnis dieser Prüfung ist allerdings, daß in diesem Umstand keine Maßnahme zu erblicken ist, deretwegen auf eine wirtschaftliche Eingliederung der O in das Unternehmen der mitbeteiligten Partei im Streitzeitraum geschlossen werden darf. Durch den Abschluß eines einzigen Rechtsgeschäftes der vorliegenden Art wird nämlich zwischen den genannten Gesellschaften noch keine Verbindung hergestellt, die die Bezeichnung „wirtschaftliche Einheit“ verdient. Abgesehen davon, daß ein wirtschaftliches Dienen der O mit ihrer Stellung als Auftraggeber nur schwer zu vereinbaren ist, fehlt es im Beschwerdefall überhaupt an einer dauerhaften - d.h. über das Werkleistungsverhältnis hinaus andauernden - Wirtschaftsbeziehung zwischen der mitbeteiligten Partei und der O. Hinzu kommt, daß die Aktivitäten der O in den Streitjahren auf ein einziges Objekt und überdies durch ein maßgebliches Mitspracherecht der Hypothekenbank beschränkt waren. Mangels anderer wesentlicher Wirtschaftsbrücken zwischen den genannten Gesellschaften in den Streitjahren kann daher nicht auf eine wirtschaftliche Eingliederung der O in das Unternehmen der mitbeteiligten Partei geschlossen werden.
Zur organisatorischen Eingliederung:
Auf dieselbe näher einzugehen, erübrigt sich im Beschwerdefall im Hinblick auf das eben zur wirtschaftlichen Eingliederung Gesagte.
Zusammenfassend liegt sohin schon wegen des Fehlens einer wirtschaftlichen Eingliederung eine umsatzsteuerlich anzuerkennende Organschaft zwischen der mitbeteiligten Partei und der O im gesamten Streitzeitraum nicht vor.
Da die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung von einer anderen Rechtsansicht ausgegangen ist, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VWGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.
Wien, am 23. Februar 1984
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