Normen
EStG 1972 §18 Abs2 Z3
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1982:1982140270.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerde und dem ihr beigeschlossenen angefochtenen Bescheid zufolge machte die Beschwerdeführerin für die Jahre 1978 bis 1980 bezüglich eines Eigenheimes mit einer Gesamtnutzfläche von 121,62 m2 Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 1 Z. 3 EStG 1972 geltend. Dieses Eigenheimdient unbestrittenermaßen zu weniger als 2/3 eigenen Wohnzwecken der Beschwerdeführerin (73,38 m2), im übrigen betrieblichen Zwecken der Beschwerdeführerin (6,76 m2) und der Vermietung an einen Dauermieter (41,48 22).
Das Finanzamt versagte der Beschwerdeführerin anläßlich der Veranlagung für die Streitjahre den beantragten Sonderausgabenabzug mit der Begründung, daß es sich um kein begünstigtes Eigenheim im Sinne des § 18 Abs. 2 Z. 3 EStG 1972 handle. Dem Erfordernis, daß im Sinne dieser Gesetzesstelle mindestens 2/3 der Gesamtnutzfläche des Gebäudes Wohnzwecken dienen, könne nur mit Räumen entsprochen werden, die Wohnzwecken des Steuerpflichtigen oder seiner Familienangehörigen bzw. Privatgästen dienen; bei auf Dauer vermieteten Teilen sei aber eine solche Eigennutzung nicht gegeben.
Mit Berufung wandte die Beschwerdeführerin dagegen ein, daß auch die an einen Dauermieter vermietete Wohnfläche von 41,48 m2 Wohnzwecken diene. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Juni 1979, Zl. 1768/78, auf das sich das Finanzamt offensichtlich stütze, könne hier nicht herangezogen werden, da der Verwaltungsgerichtshof darin die nachhaltige „landläufige Zimmervermietung“ - also die Vermietung von Fremdenzimmern - als betriebliche Nutzung eingestuft habe. Einschlägig sei jedoch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Mai 1980, Zl. 3350/79, in dem der Gerichtshof keineswegs ausgesprochen habe, daß vermietete Wohnflächen aus der Gesamtnutzfläche auszuscheiden seien. Der in der Steuer- und Wirtschaftskartei, A I Seite 165 ff vom 5. Juli 1981 (Kohler, Sonderausgabenabzug für vermietete Eigenheime bzw. Eigentumswohnungen) vertretenen Auffassung, die das Finanzamt für richtig erachte, könne nicht beigepflichtet werden, da sie sowohl der grammatikalischen als auch der teleologischen Interpretation des Gesetzes widerspreche. Wenn nämlich unterstellt werde, der vom Gesetzgeber in § 18 Abs. 2 Z. 3 EStG 1972 verwendete Begriff „Wohnzwecke“ inkludiere nur die Eigennutzung der Wohnfläche, so gehe diese Auslegung über den tatsächlichen Wortlaut „Wohnzwecke“ und über die teleologische Zielsetzung des Gesetzgebers weit hinaus. Hätte der Gesetzgeber eine derartige Einschränkung tatsächlich gewollt, so wäre dies durch die einfache Formulierung „... wenn mindestens 2/3 ... eigenen Wohnzwecken dienen“ möglich gewesen. Der Gesetzgeber habe aber diese Einschränkung unterlassen und nachträglich dürfe sie nicht in den Gesetzestext hineininterpretiert werden. Im Abgabenrecht bilde der Wortlaut die äußerste Grenze der Interpretation. Selbst wenn man dieser Auffassung nicht folge und sich auch auf die logische und die teleologische Interpretation stütze, könne die Vermietung eines Eigenheimes keinesfalls den Verlust der Steuerbegünstigung gemäß § 18 Abs. 1 Z. 3 EStG 1972 zur Folge haben. Die Betrachtungsweise des Finanzamtes führe dazu, daß z. B. der finanziell unabhängige Errichter eines großen Eigenheimes von 300 m2, der Mieteinnahmen nicht benötige, die Begünstigung beanspruchen könne, während dies dem kleinen Arbeiter mit einem winzigen Eigenheim von 120 m2, von dem er die Hälfte vermieten müsse, versagt werde. Dadurch komme die unrichtige Gesetzesauslegung des Finanzamtes klar zum Ausdruck.
Die belangte Behörde gab der Berufung der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Als Eigenheim sei, wie sie begründend ausführte, nach dem Gesetz ein Wohnhaus im Inland mit nicht mehr als zwei Wohnungen anzusehen, wenn mindestens zwei Drittel der Gesamtnutzfläche Wohnzwecken dienen. Im Falle der Beschwerdeführerin seien 2/3 der Gesamtnutzfläche 81,08 m2; die Beschwerdeführerin sehe aber dennoch unter Einbeziehung der dauervermieteten Wohnfläche bei ihr die vom Gesetz für die Anerkennung eines Eigenheimes geforderten Voraussetzungen als erfüllt an. Sie stütze sich auf die Wortinterpretation des Begriffes „Wohnzwecken dienen“. Nun bediene sich der Gesetzgeber im ersten Satz des § 18 Abs. 2 Z. 3 EStG 1972 aber auch des Begriffes „Eigenheim“. Dieser Begriff müsse ebenfalls ausgelegt werden. Er bedeute im allgemeinen Sprachgebrauch so viel wie Einfamilienhaus, das der Hausbesitzer selbst bewohnt, bzw. das vom Eigentümer bewohnte Einfamilienhaus (Hinweise auf den „Großen Duden“ und den „Großen Brockhaus“). Bei dieser Bedeutung des Begriffes im allgemeinen Sprachgebrauch, an den § 18 Abs. 2 Z. 3 EStG 1972 offensichtlich anknüpfe, liege es auf der Hand, daß unter den im Bedingungssatz genannten Wohnzwecken solche des Eigentümers oder seiner Familie zu verstehen seien. Der Einfügung des Wortes „eigenen“ vor „Wohnzecken dienen“ bedürfe es bei Anwendung der logischen Interpretation, auf die auch auf dem Gebiet des Steuerrechtes uneingeschränkt zurückgegriffen werden könne, nicht. Zudem habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 11. Juni 1979, Zl. 1768/78, als „Wohnzwecke“ im Sinne von § 18 Abs. 2 Z. 3 EStG 1972 Wohnzwecke des Eigentümers oder seiner Familienangehörigen definiert. Aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Mai 1980, Zl. 3350/79, auf das sich die Beschwerdeführerin stütze, könne hingegen nicht geschlossen werden, daß die vermieteten Teile eines Eigenheimes der Wohnnutzfläche zuzurechnen seien (wobei die belangte Behörde auf die genannte Abhandlung von Kohler verwies). Die Einwendungen der Beschwerdeführerin betreffend die unterschiedliche Behandlung von Eigenheimerrichtern, die Mieteinnahmen benötigen, und solchen, die finanziell unabhängig seien, wären rechtspolitischer Natur und würden sich an den Gesetzgeber wenden. Auf sie sei bei der gegebenen Rechtslage nicht einzugehen gewesen.
Vorliegende Beschwerde macht inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 18 Abs. 1 Z. 3 EStG 1972 läßt unter anderem Aufwendungen (Ausgaben) im Zusammenhang mit der Errichtung von Eigentumswohnungen oder Eigenheimen zum Abzug als Sonderausgaben zu. Über die Begriffe der Eigentumswohnung und des Eigenheimes gibt § 18 Abs. 2 Z. 3 EStG 1972 Auskunft. Diese Bestimmung lautet in der für die Streitjahre geltenden Fassung (Abschnitt I Art. I Z. 7 des 2. Abgabenänderungsgesetzes 1977, BGBl. Nr. 645):
Als Eigenheim im Sinne des Abs. 1 Z. 3 ist ein Wohnhaus im Inland mit nicht mehr als zwei Wohnungen anzusehen, wenn mindestens 2/3 der Gesamtnutzfläche des Gebäudes Wohnzwecken dienen. Zu der Gesamtnutzfläche des Gebäudes gehören nicht Wandstärken, Treppen, offene Balkone und Terrassen sowie Keller-, Dachboden- und sonstige Abstellräume, soweit sie nicht bewohnbar ausgestattet sind und auch nicht betrieblichen Zwecken dienen. Das Eigenheim kann auch im Eigentum zweier oder mehrere Personen stehen. Unter diesen Begriff fallen auch Gebäude, die auf fremdem Grund und Boden errichtet werden, wenn die übrigen oben erwähnten Voraussetzungen auf sie zutreffen. Als Eigentumswohnung im Sinne des Abs.1 Z.3 kann nur eine Wohnung gemäß den Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes 1975, BGBl. Nr. 417, verstanden werden, die mindestens zu 2/3 Wohnzwecken dient. Die Gesamtnutzfläche von gemäß Abs. 1 Z. 3 begünstigtem Wohnraum darf 150 m2 nicht übersteigen. Dieses Ausmaß erhöht sich um je 10 m2 für jedes Kind im Sinne des § 119. Durch Änderungen im Familienstand nach Beginn der Errichtung geht die Eigenschaft eines Eigenheimes (einer Eigentumswohnung) nicht verloren.
In Streit steht das Tatbestandselement, es müßten bei einem Eigenheim „mindestens 2/3 der Gesamtnutzfläche des Gebäudes Wohnzwecken dienen“. Diesem Erfordernis wäre im Beschwerdefall unbestrittenermaßen nur Rechnung getragen, wenn sich die Frage, ob auch der an den Dauermieter in Bestand gegebene Teil der Gesamtnutzfläche im Sinne des Gesetzes Wohnzwecken dient, bejahen läßt.
In seinem ebenfalls ein Eigenheim betreffenden Erkenntnis vom 11. Juni 1979, Zl. 1768/78, kam der Verwaltungsgerichtshof zu dem Ergebnis, daß Wohnräume eines Gebäudes dann im Sinne des § 18 Abs. 2 Z. 3 EStG 1972 Wohnzwecken dienen, wenn sie Wohnzwecken des Steuerpflichtigen oder seiner Familienangehörigen (allenfalls der Unterbringung von Privatgästen) dienen. Wohnzwecke im Sinne des Gesetzes verneinte der Gerichtshof für den Fall, in dem die Räume nicht Wohnzwecken des Steuerpflichtigen, sondern etwa betrieblichen Zwecken dienen, wobei nach dem Erkenntnis vom 11. Juni 1979 als betriebliche Zwecke nicht nur mit einem Gewerbebetrieb oder der Ausübung einer selbständigen Arbeit zusammenhängende zu verstehen sind, sondern darunter auch andere berufliche Zwecke fallen, etwa die nachhaltige Vermietung, wie sie im landläufigen Zimmervermieten besteht. Die Frage, ob die vom damaligen Beschwerdeführer behauptete Vermietung eine gewerbliche Tätigkeit ist oder als bloßer Ausfluß der Vermögensnutzung dem Bereich der Vermietung und Verpachtung zuzuordnen ist, konnte daher dem Erkenntnis vom 11. Juni 1979 zufolge auf sich beruhen.
Der Verwaltungsgerichtshof findet nun aus der Sicht des § 18 Abs. 2 Z. 3 EStG 1972 keinen Anlaß, zwischen einer nachhaltigen Vermietung, wie sie im landläufigen Zimmervermieten besteht, und der im Beschwerdefall gegebenen Dauervermietung von Wohnräumen zu differenzieren. Auch in diesem Fall dienen die Wohnräume entsprechend dem Erkenntnis vom 11. Juni 1979 keinen Wohnzwecken des Steuerpflichtigen oder seiner Familienangehörigen. In der Auffassung, daß Wohnräume nur dann gemäß § 18 Abs. 2 Z. 3 EStG 1972 Wohnzwecken dienen, wenn dies für den Steuerpflichtigen oder seine Familienangehörigen der Fall ist, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof durch den Wortlaut des hier strittigen Tatbestandselementes im Zusammenhalt mit dem übrigen Regelungsinhalt der letztgenannten Gesetzesvorschrift bestärkt. Nimmt doch der Gesetzgeber bei der Gesamtnutzfläche des begünstigten Wohnraumes auf die Zahl der Kinder des Steuerpflichtigen Bedacht. Dies bringt sinnvoll zum Ausdruck, daß der Gesetzgeber in § 18 EStG 1972 an eine Begünstigung für den Steuerpflichtigen und seinen Familienangehörigen unmittelbar dienenden Wohnraum gedacht hat. Wäre nun aber z. B. ein Eigenheim zur gänzlichen Vermietung bestimmt und entsprechend der Auffassung der Beschwerdeführerin dennoch begünstigt, weil es dann ja nicht nur zu mindestens 2/3, sondern eben zur Gänze Wohnzwecken diente, so würde das Ausmaß der begünstigten Gesamtnutzfläche nach dem Familienstand (Kinderzahl) einer Person berechnet, die mit der Nutzung des Eigenheimes zu Wohnzwecken überhaupt nichts zu tun hat. Dieser normative Gehalt kann dem § 18 Abs. 2 Z. 3 EStG 1972 aber nicht unterstellt werden. Im Wege der historischen Interpretation wird diese Überlegung, wie am Rande vermerkt sei, auch. für die Zeit nach dem 31. Dezember 1980 bedeutsam bleiben.
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin führt die Auslegung durch die Abgabenbehörden „zu dem sicherlich ungewollten und grotesken Ergebnis, daß der Errichter eines winzigen Eigenheimes von z. B. 120 m2 die Sonderausgabenbegünstigung wegen der Vermietung der „Einliegerwohnung“ verliert, während der finanziell unabhängige Errichter eines großen Wohnhauses (z. B. einer Villa) die Sonderausgabenbegünstigung ab 1. 1. 1981 beanspruchen könnte, weil er die Mieteinnahmen finanziell nicht benötigt und ab 1. 1. 1981 durch die Novellierung des § 18 EStG die Nutzflächenbegrenzung weggefallen ist“.
Dem ist entgegenzuhalten, daß auch der Errichter eines großen Wohnhauses die Sonderausgabenbegünstigung nur innerhalb der gesetzlichen Höchstbeträge in Anspruch nehmen kann und daß ihm sein Wohnhaus anders als dem Errichter des kleinen Eigenheimes weder Einkünfte noch die Möglichkeit bietet, die Errichtungskosten (teilweise) im Wege der Absetzung für Abnutzung als Werbungskosten geltend zu machen.
Daß die Regelung des § 18 Abs. 2 Z. 3 EStG 1972 zu Härten führen kann, sei der Beschwerdeführerin aber zugebilligt. Sie ergeben sich wie im Beschwerdefall dann, wenn die mehrfach genannte 2/3 Grenze knapp unterschritten wird. Härten in Grenzfällen machen jedoch eine Regelung noch nicht unsachlich.
Zum hg. Erkenntnis vom 6. Mai 1980, Zl. 3350/79, das im Verwaltungsverfahren zur Diskussion stand, sei schließlich noch bemerkt, daß diese Entscheidung sich mit dem Tatbestandsmerkmal, daß mindestens 2/3 der Gesamtnutzfläche des Gebäudes Wohnzwecken dienen, nicht näher auseinanderzusetzen hatte.
Die geltend gemachte Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt sohin nicht vor. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG 1965 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 9. November 1982
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