VwGH 82/07/0211

VwGH82/07/02119.10.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hinterwirth über die Beschwerde der NN AG in X, vertreten durch Dr. Erasmus Schneditz-Bolfras, Rechtsanwalt in Gmunden, Marktplatz 16, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 7. September 1982, Zl. 15.412/10-I 5/82, betreffend Gewässerreinhaltung, zu Recht erkannt:

Normen

BauRallg impl;
GewO 1973 §77 Abs1 impl;
GewO 1973 §79 impl;
GewO 1973 §81 impl;
VwRallg impl;
WRG 1959 §33 Abs2;
BauRallg impl;
GewO 1973 §77 Abs1 impl;
GewO 1973 §79 impl;
GewO 1973 §81 impl;
VwRallg impl;
WRG 1959 §33 Abs2;

 

Spruch:

1. Der angefochtene Bescheid wird insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, als mit ihm der Spruchpunkt II.4. des erstinstanzlichen Bescheides bestätigt wurde.

2. Der angefochtene Bescheid wird insoweit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, als mit ihm der zweite Teil des Spruchpunktes III. des erstinstanzlichen Bescheides (Abweisung des Antrages auf Erhöhung des festgesetzten Maßes der Wasserbenutzung) bestätigt wurde.

3. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 4.811,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1.1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22. April 1982 wurden der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich der Abwasserbeseitigung der Papier- und Zellstoffabrik in X - gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 eine Reihe näher umschriebener Auflagen zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes erteilt,

1.2. Die vorgenannten Spruchinhalte weisen - soweit für das vorliegende Beschwerdeverfahren von Belang - folgenden Wortlauf auf:

"I. Herstellung eines gesetzmäßigen Zustandes

Gemäß §§ 12, 99, 137 und 138 Abs. 1 des Wasserrechtsgesetzes 1959, BGBl. Nr. 215, in der Fassung der Wasserrechtsgesetznovelle 1969, BGBl. Nr. 207 (im folgenden: WRG 1959), wird der NN AG in W bzw. L - d. i. der nunmehrigen Beschwerdeführerin hiemit aufgetragen,

....

2. bis zum 31. Dezember 1983 die Brüdenkondensat-Kreislaufrückführung technisch einwandfrei so zu ergänzen, daß zumindest ein Teilstrom von 50 g der Brüdenkondensate in den Zellstoffkreislauf (Betriebswasser) zurückgeführt wird. Der Rest ist in der Copeland-Eindampfanlage und in etwaigen weiteren Verdampfern (s. Z. 4) zur Gänze einzudampfen; die Rückstände sind zu verbrennen.

...

...

II. Anpassung der Reinhaltungsvorkehrungen

Gemäß §§ 12, 33 Abs. 2 und 4, 99, 105 und 120 WRG 1959 wird der NN AG hiemit aufgetragen,

...

...

...

4. auf Grund des Ergebnisses der Untersuchungen gemäß Z. 2 und 3 unter Berücksichtigung der allfälligen Möglichkeit eines Anschlusses oder einer Verbindung an den bzw. mit dem Wasserverband 'Reinhaltungsverband Großraum L' bis zum 30. Juni 1983 der Wasserrechtsbehörde ein baureifes Projekt einer biologischen oder gleichwertigen Abwasserreinigungsanlage zur möglichsten Rückhaltung aller biologisch abbaubaren Abwässer aus dem gesamten Werksbereich X vorzulegen.

III. Abweisung von Anträgen

Die Anträge der NN AG vom 28. Dezember (richtig: Oktober) 1980 auf Festlegung einer Bestimmungsmethode für die Bemessung der gelösten organischen Stoffe, die aus dem Werk X an die Vorflut abgegeben werden dürfen, und vom 30. Dezember 1981 auf Erhöhung des mit dem rechtskräftigen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 4. 12. 1976, Wa-218/8-1976 (richtig: Wa-216/8- 1976), Spruchabschnitt III/B, festgesetzten Maßes der Wasserbenutzung (für die Ableitung von Abwässern in den Traunfluß bzw. in den Werkskanal der Wasserkraftanlage X in der Zeit vom 1. Jänner 1978 bis zur Inbetriebnahme einer biologischen oder gleichwertigen Reinigungsstufe) werden im Grunde der Bestimmungen der §§ 11, 12, 13, 99, 105 und 111 WRG 1959 abgewiesen."

2. Gegen diesen Bescheid, und zwar eingeschränkt auf dessen Spruchpunkte I.2., 3., 4., II..2., 3., 4. und III. zweiter Teil, erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig Berufung. Im Zuge des ergänzenden Ermittlungsverfahrens holte der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft (die belangte Behörde) eine Stellungnahme des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik ein (Gutachten vom 6. Juli 1982). Zu diesem Gutachten erstattete die beschwerdeführende Partei im Rahmen des ihr gewährten Parteiengehörs eine Stellungnahme (vom 17. August 1982). Mit Bescheid vom 7. September 1982 änderte die belangte Behörde den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22. April 1982 gemäß § 66 AVG 1950 dahin gehend ab, "daß der letzte Satz des Spruchpunktes 1.2. zur Gänze zu entfallen hat". Im übrigen wurde der Berufung keine Folge gegeben.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Inhaltes des erstinstanzlichen Bescheides sowie des Berufungsvorbringens - soweit für die Beschwerdeerledigung von Bedeutung - nachstehendes aus: Gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 sei unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen. Im gegenständlichen Fall stehe der Beschwerdeführerin ein durch den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 4. Dezember 1976 ab 1. Jänner 1978 mit 20 Tagestonnen gelöster organischer Substanz begrenzter Konsens zur Einleitung von Abwässern in den Traunfluß zu. Sowohl die von der beschwerdeführenden Partei selbst vorgelegten Messungen wie auch Kontrollmessungen des oberösterreichischen Gewässeraufsichtsdienstes hätten ergeben, daß diese Konsensmenge - gleichgültig welche Meßmethode auch immer zu ihrer Ermittlung angewendet werde - laufend um wesentliches überschritten werde. Die in dieser Hinsicht vom Unternehmen eingewendeten Unrichtigkeiten und Unsicherheiten der einzelnen Meßmethoden, insbesondere der Glühverlustmethode, lägen nach der einvernehmlichen und auf sachverständiger Basis nicht widerlegten Meinung der dem Verfahren beigezogenen Amtssachverständigen in einem Fehlerbereich von etwa 10 bis 15 %. Daraus ergebe sich, daß die teilweise das zweifache und mehr der konsentierten Einleitungsmenge betragenden Überschreitungen des Konsenses nicht mit dem Hinweis auf Fehlerhaftigkeiten der Bestimmungsmethode erklärt werden könnten. Die laufend erfolgende Überschreitung des dem Unternehmen zustehenden Einleitungskonsenses sei somit vielmehr als erwiesen anzusehen. Was im besonderen den Spruchpunkt

1.2. des erstinstanzlichen Bescheides anlange, so sei darauf hinzuweisen, daß die Rücknahme der Brüdenkondensate den Bestrebungen der Beschwerdeführerin entspreche. Dies gehe auch aus dem im Dezember 1981 vorgelegten Projekt über Maßnahmen der Abwasserbeseitigung hervor. Diesem Projekt sei zu entnehmen, daß Versuche mit der Rücknahme eines Teilstromes der Brüdenkondensate in einem Ausmaß von ca. 50 % erfolgreich abgeschlossen worden seien und daß ab Ende März nach Einbau von säurefesten Pumpen das gesamte anfallende Brüdenkondensat in den Sortierkreislauf zurückgeführt werden könne. Die Vorschreibung einer zumindest 50%igen Rücknahme der Brüdenkondensate entspreche somit den vom Unternehmen selbst angegebenen Möglichkeiten und diene einer Rückführung der in die Traun eingeleiteten Abwasserinhaltsstoffe auf das konsentierte Maß. Hingegen habe in Entsprechung der in dieser Hinsicht schlüssigen Argumentation der beschwerdeführenden Partei die in diesem Punkt enthaltene Verpflichtung zur weiteren Eindampfung der Brüdenkondensate spruchgemäß zur Gänze entfallen können. In bezug auf die im Spruchpunkt 11.4. des Bescheides der Erstinstanz enthaltene Anpassungs-Vorschreibung vertrat die belangte Behörde nach Zitierung des § 33 Abs. 2 WRG 1959 die Ansicht, daß sowohl der Stand der technischen Entwicklung - die biologische Reinigung von Zellstoffabwässern sei möglich und erprobt - wie auch die wasserwirtschaftliche Entwicklung eine entsprechende Anpassung der Maßnahmen zur Gewässerreinhaltung des Unternehmens erforderlich machten. Insbesondere die nach wie vor schlechte Wassergüte der Traun und die vor allem in den Stauräumen der Traunkraftwerke auftretenden Mißstände kennzeichneten die wasserwirtschaftliche Entwicklung im Bereich unterhalb der Einmündung der Abwässer des Unternehmens. Es sei daher erforderlich, über die Bemühungen zur Herabsetzung der Einleitung auf das konsentierte Ausmaß hinausgehend, weitere Maßnahmen für eine Reduzierung der Abwasserbelastung der Traun durch die Abwässer des Unternehmens vorzuschreiben. Was die für die Vorlage eines baureifen Projektes einer biologischen oder gleichwertigen Abwasserreinigungsanlage im Spruchpunkt 11.4. vorgesehene, von der beschwerdeführenden Partei bekämpfte Frist betreffe, so habe diese im Hinblick darauf, daß die Vorlage der Ergebnisse der aufgetragenen Untersuchungen (Spruchpunkt II.2.) die Voraussetzung für die fristgerechte Planung und Berechnung einer allenfalls gemeinsamen Abwasserreinigungsanlage für die Abwässer des Unternehmens und des Wasserverbandes L darstelle, aber auch auf Grund des Umstandes, daß für die biologische Abwasserreinigung bereits im Dezember 1981 ein Vorprojekt vorgelegt worden sei und somit ja bereits ein Großteil von Überlegungen und Berechnungen hinsichtlich der Planung einer solchen Anlage im Bereich des Unternehmens vorhanden sein müsse, nicht erstreckt werden können. Zu der von der Beschwerdeführerin in dieser Hinsicht aufgeworfenen Frage der Zumutbarkeit der Vorschreibung einer biologischen Reinigungsanlage sei zunächst festzuhalten, daß mit dem bekämpften Bescheid keineswegs die Errichtung einer biologischen Kläranlage verfügt worden sei. Vielmehr stelle die gegenständliche Vorschreibung der Vorlage eines Projektes lediglich die erste Stufe eines in Hinkunft zu erlassenden Anpassungsauftrages dar. Zu den im Spruchpunkt III des erstinstanzlichen-Bescheides ausgesprochenen Abweisungen einer Neufestsetzung des Abwassereinleitungskonsenses der Beschwerdeführerin und des Antrages auf Festlegung einer Meßmethode für die Bestimmung der gelösten organischen Substanz sei zunächst festzuhalten, daß der in dieser Hinsicht maßgebliche Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 4. Dezember 1976, Zahl Wa-216/8-1976/Re, unbestrittenerweise in Rechtskraft erwachsen sei. Gemäß Spruchpunkt III B 2 dieses Bescheides sei die Menge der zur Ableitung gelangenden gelösten organischen Substanzen (einschließlich der Inhaltsstoffe aus den Brüdenkondensaten) mit 20 tato nach oben begrenzt worden, wobei Überschreitungen bis 22 tato an maximal 5 Tagen je Kalendermonat für zulässig erklärt worden seien. Dieser Konsens sei der beschwerdeführenden Partei, wie sich aus der Überschrift zu Spruchabschnitt III dieses Bescheides "Neufestsetzung des Maßes der Wasserbenutzung (Betriebsabwässer aus dem Hauptwerksbereich, WBPzl. 591, und aus dem Bereich Aichberg, WBPzl. 592)" ergebe, für die Abwässer des gesamten Betriebes in X erteilt worden. Dieser Konsens gelte gemäß Spruchabschnitt III B in der Zeit vom 1. Jänner 1978 bis zur Neufestsetzung nach Errichtung einer biologischen oder gleichwertigen Reinigungsstufe. Dem Einwand der Beschwerdeführerin, daß dieser Konsens sich lediglich auf die Zellstoffabrik beziehe, während die Abwässer der Papierfabrik und der Holzschleiferei darin nicht berücksichtigt worden seien, sei entgegenzuhalten, daß sich die konsentierte Menge gemäß Spruchabschnitt III B Ziffer 5 des Bescheides aus 1976 aus der Summe der Abwassereinleitung bei den 4 Meßstellen ergebe. Damit sei aber klargestellt, daß die wasserrechtlich bewilligte Einleitungsfracht an gelösten Stoffen sich auf die Gesamtheit aller im Werk X anfallenden Abwässer beziehe. Eine Änderung des Sachverhaltes, die eine Neufestsetzung des Konsenses erforderlich machen würde, sei nicht eingetreten. Vielmehr gebiete das öffentliche Interesse an der Erreichung tragbarer Gewässergüteverhältnisse in der Traun eine möglichst rasche Erreichung und Einhaltung des bestehenden Konsenses sowie darüber hinaus eine in möglichst naher Zukunft herbeizuführende Senkung des Abstoßes von biologisch abbaubaren Stoffen in diesen Fluß. Hinsichtlich der Abweisung des Antrages auf Festlegung einer Methode zur Bestimmung der gelösten organischen Substanz sei zu bemerken, daß die Art der Bestimmung gemäß dem rechtskräftigen Bescheid aus 1976 der Beschwerdeführerin freigestellt worden sei. Wenn die Beschwerdeführerin der Auffassung sei, daß die von ihr praktizierte Glühverlustmethode mit so großen Fehlern behaftet sei, so werde es, wie dies von den Amtssachverständigen ja bereits empfohlen worden sei, ihre Aufgabe sein, durch Paralleluntersuchungen mit einer anderen sicheren Methode und dann durch Übergang auf diese Bestimmungsart eine verläßliche Vorgangsweise für die Bestimmung der gelösten organischen Substanzen zu finden. Ein Anlaß, über den seinerzeitigen rechtskräftigen Bescheid hinausgehend nunmehr der Beschwerdeführerin eine Bestimmungsmethode aufzuerlegen, sei dem Aktenvorgang nicht zu entnehmen.

3. Diesen Bescheid bekämpft die beschwerdeführende Partei - offensichtlich nur insoweit, als mit ihm ihrer Berufung nicht Folge gegeben worden war - mit der vorliegenden Beschwerde. Sie behauptet Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und begehrt deshalb, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die beschwerdeführende Parte, beantragt zwar, "den angefochtenen Bescheid" aufzuheben, beschränkt sich aber in ihrem Beschwerdevorbringen auf die Geltendmachung der ihrer Meinung nach vorliegenden Rechtswidrigkeit der von der belangten Behörde bestätigten Spruchpunkte I.2., 11.4. und III. des Bescheides der Behörde erster Instanz. Dem entsprechend hat sich die Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof nur auf diese Teile des bekämpften Bescheides zu erstrecken.

2. Unter dem Gesichtspunkt inhaltlicher Rechtswidrigkeit macht die Beschwerde geltend, daß der - auf § 138 Abs. 1 WRG 1959 gestützte - wasserpolizeiliche Auftrag einer Rückführung von mehr als 50 % der Brüdenkondensate in den Zellstoffkreislauf technisch unmöglich sei. Die Beschwerdeführerin habe sowohl in ihrer Berufung als auch in ihrer Stellungnahme vom 17. August 1982 darauf hingewiesen, daß nur bis zu 50 % der Brüdenkondensate in den Zellstoffkreislauf zurückgeführt werden könnten. Diesem Einwand kann nicht beigepflichtet werden.

Der von der belangten Behörde insoweit bestätigte Spruchpunkt

1.2. des erstinstanzlichen Bescheides normiert die Verpflichtung der Beschwerdeführerin, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt die Brüdenkondensat-Kreislaufrückführung technisch einwandfrei in der Form zu ergänzen, "daß zumindest ein Teilstrom von 50 % der Brüdenkondensate in den Zellstoffkreislauf (Betriebswasser) zurückgeführt wird". Diese Anordnung steht mit der von der Beschwerdeführerin angegebenen Möglichkeit einer Rückführung von "bis zu 50 V" der Brüdenkondensate nicht in Widerspruch. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wird man "bis zu 50 V" mit "einschließlich 50 V" gleichzusetzen haben. Dafür, daß auch die Beschwerdeführerin diese Bedeutung ihrer Aussage nicht ausschließen wollte, sprechen nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch die in der Beschwerde verwendeten Formulierungen "etwa 50 % des anfallenden Brüdenkondensates", eine "größere Menge" könne für diesen Zweck nicht verwendet werden, eine "weitere Rücknahme" sei bei den angegebenen Verhältnissen technisch unmöglich. Wenn somit die beschwerdeführende Partei ihren eigenen Aussagen zufolge - wenn auch höchstens 50 % für möglich hielt, so läßt sich damit der behördliche Auftrag, "zumindest 50 %" zurückzuführen, durchaus vereinbaren, da dieser Verpflichtung seitens der Beschwerdeführerin (schon dann) entsprochen wird, wenn die bezeichnete Mindestmenge - eben 50 % - der Brüdenkondensate in den Zellstoffkreislauf zurückgeführt wird. Eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin durch den von der belangten Behörde übernommenen Spruchpunkt I.2. des erstinstanzlichen Bescheides liegt demnach nicht vor.

3. Eine weitere Rechtswidrigkeit erblickt die Beschwerdeführerin in der Abweisung ihres auf Erhöhung des mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. Juni 1978, Zl. 15.412/01-I 5/78, festgesetzten Maßes der Wasserbenutzung zur Ableitung gelöster organischer Substanz in der Höhe von 20 tato (Tagestonnen) gerichteten Antrages (zweiter Teil des durch den angefochtenen Bescheid bestätigten Spruchpunktes III. des Bescheides der Erstinstanz). Die Beschwerdeführerin habe im Zuge des Verwaltungsverfahrens mehrmals darauf hingewiesen, daß die seinerzeitige Vorschreibung ausschließlich für die Zellstofferzeugung gedacht gewesen sei und daß die abzuleitenden Mengen gelöster organischer Substanz aus dem Bereich Papiererzeugung, Schleiferei, Naßentrindung und De-Inkinganlage nicht berücksichtigt worden seien. Es sei deshalb eine Erhöhung der mit 20 tato festgesetzten Menge beantragt worden, weil es nicht möglich sei, eine Papierfabrik "abwasserfrei zu fahren". Die Behörde habe sich dazu auf den Standpunkt gestellt, daß die seinerzeit festgelegten Kennwerte für das gesamte Werk gelten würden. Dem widersprächen jedoch eindeutig die Ausführungen der belangten Behörde in der Begründung des vorgenannten Bescheides vom 16. Juni 1978 (Seite 7), wonach bei Zellstofferzeugungsbetrieben mit hochprozentiger Ablaugenerfassung diese Werte bei der geplanten Produktionsmenge erreichbar seien und somit dem Bedarf des Unternehmens entsprächen. Da somit die Ansicht der Wasserrechtsbehörde als falsch betrachtet werden müsse, sei die Beschwerdeführerin "absolut berechtigt, eine höhere Menge als 20 to gelöster organischer Substanz in den Vorfluter abzuleiten". Zu diesem Einwand ist folgendes zu sagen.

Wie der Sachverhaltsdarstellung zu entnehmen ist, hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Auffassung vertreten, es ergebe sich aus der Überschrift des Spruchabschnittes III des - insoweit durch den Bescheid der belangten Behörde vom 16. Juni 1978, Zl. 15.412/01-I 5/78, bestätigten - Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 4. Dezember 1976, Zl. Wa-216/8-1976/Re, daß die Festsetzung der mit 20 tato nach oben begrenzten Menge der zur Ableitung gelangenden gelösten organischen Substanz (mit der Zulässigkeit von Überschreitungen bis zu 22 tato an maximal 5 Tagen je Kalendermonat) für die Abwässer des gesamten Betriebes in X erfolgt sei. Zur Untermauerung dieser Ansicht wies die belangte Behörde des weiteren auf Spruchabschnitt III B 5 des vorzitierten Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich hin, wonach sich die konsentierte Menge aus der Summe der Abwassereinleitungen bei den vier Meßstellen ergebe. Die besagte Überschrift - "Neufestsetzung des Maßes der Wasserbenutzung (Betriebsabwässer aus dem Hauptwerksbereich, WB-PZl. 591, und aus dem Bereich Aichberg, WB-PZl. 592)" läßt nach Auffassung des Gerichtshofes im Zusammenhalt mit den im Sinne einer systematischen Auslegung gleichfalls heranzuziehenden Spruchabschnitten I und II des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 4. Dezember 1976 den von der belangten Behörde gezogenen Schluß an sich zu. Mit dem sich auf die Abwasserbeseitigung im Hauptwerksbereich (WB-PZl. 591) beziehenden Spruchabschnitt I wird unter Punkt b) die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung des "Sammelkanals Papierfabrik", unter Punkt c) eine solche zur Errichtung der Anlagen zur Zusammenfassung der Abwässer aus der Zellstoffabrik und unter Punkt d) die Bewilligung zur Errichtung der Meßstationen 1, 2 und 4 erteilt. Der die Abwasserbeseitigung im Bereich Aichberg (WB-PZl. 592) betreffende Spruchabschnitt II hat die wasserrechtliche Bewilligung a) zur Errichtung einer Entrindungsanlage, b) zur Errichtung einer De-Inkinganlage und c) zur Errichtung der Meßstation 3 zum Inhalt. Setzt man sämtliche der eben angeführten Komponenten in Beziehung zu dem vorerwähnten Punkt 5 des Spruchabschnittes III B des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 4. Dezember 1976, so kann es keine begründeten Zweifel daran geben, daß die mit 20 tato festgesetzte Menge der zur Ableitung gelangenden gelösten organischen Substanz sich nicht allein auf die Zellstoffproduktion, sondern - entgegen der Meinung der beschwerdeführenden Partei - auch auf die Papiererzeugung, Naßentrindung und De-Inkinganlage bezieht. Keine Deckung in den dem Gerichtshof vorliegenden Verwaltungsakten findet hingegen die Annahme der belangten Behörde, es sei von der konsentierten Menge von 20 tato auch die Abwassereinleitung der (Holz-)Schleiferei erfaßt. Die von der Erstinstanz im gegebenen Zusammenhang als Argumentationsstütze verwendete Verhandlungsschrift vom 2. Dezember 1976 erwähnt die Schleiferei ausschließlich im Zusammenhang mit einem unter WB-PZl. 590 eingetragenen Wasserbenutzungsrecht; für die diesem Recht dienende Anlage (Nutzwasserversorgungs- und Aufbereitungsanlage) wurde der Beschwerdeführerin in Übereinstimmung mit dem Gutachten des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik laut Spruchabschnitt VI des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 4. Dezember 1976 die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung zum Einbau neuer Filter erteilt. Weder dem bezüglichen Verhandlungsgegenstand (siehe Punkt 5 auf S. 4 der Verhandlungsschrift) noch den dazu abgegebenen Äußerungen des Amtssachverständigen noch dem vorgenannten bescheidmäßigen Abspruch kann - jeweils in Verbindung mit den die "Neufestsetzung des Maßes der Wasserbenutzung" betreffenden Aussagen des Amtssachverständigen und den diesbezüglichen Abschnitten des mehrfach zitierten Bescheides vom 4. Dezember 1976 - entnommen werden, daß die Abwasserfracht der Schleiferei von der in Rede stehenden höchstzulässigen Menge von 20 tato tatsächlich als erfaßt anzusehen ist.

Die aufgezeigte Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung ist deshalb wesentlich, weil nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde, wäre ihr dieser Fehler nicht unterlaufen, in Ansehung des zweiten Teiles des Spruchpunktes III. des erstinstanzlichen Bescheides zu einer anderen Berufungsentscheidung hätte kommen können.

4. In Ansehung des von der belangten Behörde übernommenen Spruchpunktes 11.4. des erstinstanzlichen Bescheides (Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Vorlage eines baureifen Projektes einer biologischen oder gleichwertigen Abwasserreinigungsanlage) wirft die Beschwerde dem angefochtenen Bescheid inhaltliche Rechtswidrigkeit insofern vor, als die nach § 33 Abs. 2 WRG 1959 - jene Gesetzesstelle, auf die sich der genannte Auftrag gründet - erforderliche Zumutbarkeit nicht gegeben sei, und zwar weder in technischer noch in wirtschaftlicher Hinsicht. Weiters sei die Beschwerdeführerin der Ansicht, daß die aufgetragene Vorlage eines Projektes ohne eindeutige Konkretisierung der von ihr zu ergreifenden Maßnahmen den gesetzlichen Erfordernissen des § 33 Abs. 2 leg. cit. nicht entspreche. Mit dem zuletzt genannten Bedenken nimmt die beschwerdeführende Partei offensichtlich auf das bereits in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. April 1966, Zl. 652/65, Slg. Nr. 6912/A, Bezug.

In diesem Erkenntnis hat der Gerichtshof zum Ausdruck gebracht, daß Inhalt eines auf die Bestimmung des § 33 Abs. 2 WRG 1959 gegründeten Bescheides - im Hinblick auf die in dieser Gesetzesstelle vorgesehene Ermächtigung der Behörde, unabhängig von der Rechtskraft von Bescheiden zusätzliche Vorkehrungen zur Reinhaltung der Gewässer anzuordnen nicht der Auftrag zur Vorlage eines Projektes sein könne, sondern nur ein Auftrag zur Durchführung bestimmter Maßnahmen im Interesse der Reinhaltung der Gewässer. Ein solcher Auftrag sei eine Vollziehungsverfügung (Polizeibefehl), weil durch ihn die Behörde in die Lage versetzt werden solle, den vom Gesetz gewollten Zustand erforderlichenfalls mit den Mitteln des Verwaltungszwanges herzustellen. Diese Möglichkeit bestehe aber nicht, wenn dem Wasserberechtigten lediglich die Vorlage eines Projektes aufgetragen werde. Mit diesen eindeutigen Aussagen steht die in Spruchpunkt 11.4. des von der belangten Behörde bestätigten Bescheides der Erstinstanz getroffene Anordnung in Widerspruch. Die dazu in der Begründung des bekämpften Bescheides vertretene Meinung, es stelle die gegenständliche Vorschreibung der Vorlage eines Projektes "lediglich die erste Stufe eines in Hinkunft zu erlassenden Anpassungsauftrages dar", vermag ebensowenig zu überzeugen wie die in der Gegenschrift vorgetragene Ansicht der belangten Behörde, bei Vorliegen eines Projektes werde die Wasserrechtsbehörde die Möglichkeit haben, dieses Projekt zu bewilligen, darüber hinaus gemäß § 33 Abs. 2 WRG 1959 aber auch befugt sein, die Durchführung dieses Projektes verpflichtend vorzuschreiben. Diese Argumentation übersieht zum einen, daß der Bestimmung des § 33 Abs. 2 WRG 1959 die Erteilung eines wasserpolizeilichen Auftrages in mehreren "Stufen", deren erste angeblich die Vorlage eines Projektes sei, fremd ist, und zum anderen, daß die Annahme, es könne nach wasserrechtlicher Bewilligung des Projektes die Ausführung desselben aufgetragen werden, mit dem Wesen einer Bewilligung nicht in Einklang zu bringen ist. Inbegriff einer Bewilligung (auch einer wasserrechtlichen) ist es, daß dem Bewilligungsinhaber die Entscheidung darüber zukommt, ob er von der ihm erteilten Bewilligung Gebrauch macht oder nicht (vgl. auch dazu das vorzitierte hg. Erkenntnis). Mit diesem Verständnis aber wäre ein Auftrag an den Inhaber einer (wasserrechtlichen) Bewilligung, eben diese Bewilligung auszuüben (auf den vorliegenden Fall bezogen:

das bewilligte Projekt einer Abwasserreinigungsanlage auszuführen), schlechthin unvereinbar. Die belangte Behörde hat sohin dadurch, daß sie gestützt auf § 33 Abs. 2 WRG 1959 die Beschwerdeführerin, anstatt ihr konkrete Maßnahmen zur Reinhaltung der Gewässer vorzuschreiben, zur Vorlage eines Projektes verpflichtet hat, den angefochtenen Bescheid insoweit mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. In Anbetracht dessen erübrigt sich ein Eingehen auf das die Frage der Zumutbarkeit des Projektes betreffende Beschwerdevorbringen.

5. Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid in dem im Spruch unter Punkt 1. angeführten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und in dem im Spruch unter Punkt 2. angeführten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Im übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 leg. cit. als unbegründet abzuweisen.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 lit. a und b und 59 Abs. 1 VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221, im Rahmen des gestellten Antrages. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da der zur Rechtsdurchsetzung notwendige Aufwand an Stempelgebühren lediglich S 275,-- (Eingabengebühr für zwei Ausfertigungen der Beschwerde S 200,--, Beilagengebühr für die Vorlage einer Ausfertigung des bekämpften Bescheides S 75,--) betragen hat.

Wien, am 9. Oktober 1984

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