European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:2013150281.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
1 Im Zuge einer bei der B GmbH durchgeführten GPLA-Prüfung wurde festgestellt, dass die mitbeteiligte Partei in den Jahren 2004 bis 2007 im Fitnessstudio der B GmbH als (nebenberufliche) Trainerin tätig war und für diese Tätigkeit eine Entlohnung erhalten hat, die bisher nicht der Einkommensteuer (Lohnsteuer) unterworfen wurde.
2 Das Finanzamt schloss sich der rechtlichen Beurteilung des Prüfers zum Vorliegen eines Dienstverhältnisses an, nahm die Arbeitnehmerveranlagungen der angeführten Jahre wieder auf und erließ neue Einkommensteuerbescheide, in denen die Vergütungen für die Trainertätigkeit als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erfasst wurden.
3 In ihren gegen die Einkommensteuerbescheide 2004 bis 2007 erhobenen Berufungen brachte die Mitbeteiligte im Wesentlichen vor, dass sie Vereinsmitglied des P Vereins (im Folgenden: Verein) sei, für den sie ehrenamtlich als Aerobic-Trainerin tätig werde. Es liege kein Dienstvertrag, sondern ein Werkvertrag (mit dem Verein) vor, nach dem der Leistungserfolg vergütet werde. Die Gebietskrankenkasse habe sich mit der Behauptung des Finanzamtes zum Vorliegen einer Scheingründung und einer Umgehungstätigkeit des Vereins nicht auseinandergesetzt. Im gesamten Verfahren habe der Verein keine Möglichkeit gehabt, den Sachverhalt darzustellen. Lediglich die subjektiven Darstellungen einzelner Trainerinnen seien für die Gebietskrankenkasse die Bestätigung dafür gewesen, vom Vorliegen eines Schwindels und eines Dienstverhältnisses zur B GmbH auszugehen. Alle Beträge, die die Mitbeteiligte erhalten habe, stellten (nicht steuerpflichtige) Spesenersätze im Sinne der Vereinsrichtlinien dar.
4 Nach Vorlage der Berufungen an die Abgabenbehörde zweiter Instanz forderte diese die Mitbeteiligte auf, für den Fall, dass eine gewerbliche Tätigkeit vorliegen sollte, Betriebsausgaben geltend zu machen.
5 Die Mitbeteiligte kam dieser Aufforderung nach und bezifferte ihre Aufwendungen für Aus- und Fortbildung (einschließlich Übernachtung, Diäten und Fahrtkosten), für Fahrten zwischen Wohn- und Tätigkeitsort sowie für Fachliteratur, CD, DVD, Bekleidung und Telefon der einzelnen Jahre. Über weiteren Vorhalt der belangten Behörde erläuterte die Mitbeteiligte die betriebliche Veranlassung einzelner Aufwandsposten. Das neue Vorbringen wurde dem Finanzamt mit der Aufforderung übermittelt, dazu und zur Frage des Vorliegens eines Dienstverhältnisses Stellung zu nehmen und sachdienliche Unterlagen vorzulegen.
6 Mit Antwortschreiben vom April 2012 wies das Finanzamt u. a. darauf hin, dass die Gebietskrankenkasse und die Landesregierung im Berufungsverfahren betreffend Versicherungspflicht sowie das Finanzamt die im Fitnessstudio tätigen Trainerinnen einvernommen hätten. Die entsprechenden Niederschriften würden angeschlossen übermittelt und zusammenfassend beispielsweise auf die Niederschrift mit Sonja E verwiesen, die angegeben habe, dass sie seit 1996 im Fitnessstudio als Aerobic-Trainerin gearbeitet habe. Die Aerobic-Stunden seien fix eingeteilt gewesen, sowohl was die Zeit als auch was die Räumlichkeiten betreffe. Es gebe einen Stundenplan, in dem alle Trainerinnen eingetragen seien und der für die Kunden ersichtlich ausgehängt und auch im Internet veröffentlicht werde. Auf einer Tafel würden sämtliche Trainerinnen mit Foto und Namen vorgestellt. Die Sportgeräte befänden sich im Gymnastik- oder Geräteraum des Studios. Eine Musikanlage sei in jedem Gymnastikraum vorhanden. Könne die Trainerin eine vereinbarte Stunde nicht abhalten, habe sie sich selbst um Ersatz umsehen müssen. Dies habe jedoch nur eine andere vom Verein beschäftigte Kollegin sein können. Die Trainerin habe Aufzeichnungs- und Abrechnungsblätter sowie Statistiklisten zu führen. In das Aufzeichnungsblatt seien der Tag, der Beginn der Trainingsstunde, die Anzahl der Einheiten und das Taggeld sowie die Bezeichnung der Tätigkeit einzutragen gewesen (inklusive jener Einsätze, die sie im Vertretungsfall für Kolleginnen übernommen habe). Ein Arbeitseinsatz habe inklusive An- und Abreise mindestens vier Stunden gedauert. Abgerechnet werde nicht pro Unterrichtseinheit, sondern pro Einsatztag. In das Abrechnungsblatt seien die Anzahl der Einsatztage sowie der Fahrtkostenersatz einzutragen. Das Abrechnungsblatt sei monatlich im Fitnessstudio abzugeben. Außerdem habe jede Trainerin eine Statistikliste zu führen, in welche im Anschluss an eine Trainingseinheit der Name der Trainerin, die Anzahl der Teilnehmer, wie viele Frauen, wie viele Männer, wie viele Neue und "gesonderte Bemerkungen" einzutragen seien. Die Liste komme in ein spezielles Statistikfach. Werde eine Stunde nicht "angenommen", so werde diese entweder gestrichen oder verlegt. Seit der Vereinsgründung im Jahr 1998 seien einige Änderungen im Ablauf erfolgt: So hätten die Trainer nunmehr die erforderlichen Geräte zu warten und zu reparieren, die Stereoanlage zu reinigen und den Kunden die "gesamte Anlage" vorzuführen. Die Trainerinnen hätten auch vermehrt anwesend sein müssen, um den Kunden das Gefühl zu geben, laufend betreut zu werden. Es habe Schulungen im Haus (Ernährungsseminare, Wirbelsäulen-Workshop) gegeben, die vom Fitnessstudio organisiert worden seien und kostenlos hätten besucht werden können. Diese Seminare seien auch für die Arbeit als Trainerin wichtig gewesen. Zudem habe sich die Abrechnung im Laufe der Zeit geändert. Früher habe die Trainerin eine Honorarnote gelegt und selbst versteuert, durch "den Aufwandersatz sei dies aber nicht mehr notwendig gewesen". Dazu erläuterte das Finanzamt im Einzelnen, warum sich aus den vorgelegten Beweismitteln ein Gesamtbild ergebe, das auf das Vorliegen nichtselbständiger Einkünfte der Mitbeteiligten schließen lasse.
7 Mit dem angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde die Einkommensteuerfestsetzungen der Jahre 2004 bis 2007 ab.
8 Begründend wird ausgeführt, zwischen dem Verein und der B GmbH, als Besitzerin der Fitnessstudios bestünde ein Geschäftsbesorgungsvertrag, der auszugsweise folgenden Inhalt habe:
"Im Freizeitzentrum (...) erfolgt eine Trennung zwischen Besitz und Betrieb. Der (Verein) wird das Fitness- und Aerobictraining innerhalb der Freizeitanlagen (...) durchführen.
Der Betrieb soll wie folgt geregelt werden:
Wir haben davon auszugehen, dass das (Freizeitzentrum) Mitglieder hat, die Leistungen des Vereines in Anspruch nehmen werden. Für seine Tätigkeit erhält der Verein eine pauschale Vergütung. Anzahl und Art der Vereinsleistungen werden im Einvernehmen mit dem (Freizeitzentrum) festgelegt (Anzahl der Stunden, Inhalt der Stunden usw.).
Vereinsleistungen:
Die Abwicklung der Stunden organisiert der Verein.
Der Verein teilt die Trainer ein.
Der Verein sorgt dafür, dass die Trainer fortlaufend ausgebildet werden.
Der Verein sorgt dafür, dass höchste Qualität in den Stunden
angeboten wird.
Der Verein überwacht (Supervision) die Trainer.
Der Verein wird die Trainer fortlaufend schulen und ausbilden. Die Vergütung der Trainer erfolgt ausschließlich nach den Vereinsrichtlinien mit Taggeld, Kilometergeld, Sponsorbeitrag und dem vorgesehenen Pauschalbetrag.
Der Verein verpflichtet sich, im Vereinsnamen (Freizeitzentrum) aufzunehmen und auch die Trainer werden Unterrichtskleidung mit (Freizeitzentrum)-Beflockung tragen. Für diese Werbetätigkeit erhält der Verein einen jährlichen Beitrag (Sponsorbeitrag). Für die Nutzung der Räumlichkeiten (...) bezahlt der (Verein) eine monatliche Miete in Höhe von ATS 2000,-- + USt,....
Der Vereinsname mit dem Zusatz (Freizeitzentrum) ist nur solange gestattet, als die Tätigkeit des Vereines in der (Straße) ausgeführt wird."
9 Die Mitbeteiligte sei auf Grund einer mit dem Verein geschlossenen Vereinbarung nebenberuflich als Aerobic-Trainerin tätig. Diese Vereinbarung laute auszugsweise:
"(Die Mitbeteiligte) ist Aerobic Trainerin im (Verein).
1. Aufgaben der Aerobic Trainerin in Alleinverantwortung:
- Abhalten von Trainingseinheiten;
- Sportliche Betreuung und Beratung der Vereinsmitglieder bzw. Kursteilnehmer
- Führen von Trainingsaufzeichnungen
2. Aufgaben der Aerobic Trainerin im Bereich Aus-und Fortbildung:
- Die Aerobic Trainerin kann im Bereich Aus- und Fortbildung (nur Vereinsveranstaltungen) vom Sportlichen Leiter als Referentin eingesetzt werden. Die Terminplanung muss rechtzeitig gemeinsam erfolgen.
3. Entschädigung:
- Der Aufwand der Aerobic Trainerin wird vom (Verein) in Form über den Erhalt einer Vergütung im Rahmen eines freien Dienstvertrages gemäß § 4 Abs. 4 ASVG, für Einzelsportlerinnen, Trainerinnen, Schiedsrichterinnen in der Höhe von monatlich höchstens EUR 537,78 entschädigt.
Erläuterungen: Keine Sozialversicherungspflicht besteht It. Verordnung des BMAGS ZI. 20.063/4 -1/98 bis zur monatlichen Höchstgrenze von derzeit EUR 537,78 ("Beitragsfreie pauschalierte Aufwandsentschädigungen") für Einzelsportlerinnen, Trainerinnen und Schiedsrichterinnen, welche die oben genannte Tätigkeit nicht als Hauptberuf ausüben. Fahrt- und Reisekostenvergütungen in tatsächlicher Höhe oder nach den geltenden VereinsRL, AÖFV Stück
28. vom 19. 2. 2002, veröffentlicht in den Ergänzungen zu den Totorichtlinien v. 15. 11. 2002, sind in die Pauschale nicht einzurechnen, können zusätzlich erstattet werden und sind nicht sozialversicherungspflichtig.
- Die Fahrtkosten und Verpflegungskosten werden nach den Totorichtlinien der BSO abgerechnet.
4. Dauer:
- Diese Vereinbarung wird für die Dauer eines Jahres geschlossen, beginnend mit 1.1.2006. Sie verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn sie nicht vom (Verein) oder von der Aerobic-Trainerin gekündigt wird."
10 Die Mitbeteiligte habe für ihre Tätigkeit eine Entlohnung in Form von Aufwandsentschädigungen (für jeden länger als vier Stunden dauernden Arbeitstag ein Taggeld von 29,40 EUR zuzüglich Fahrt- und Verpflegungskosten, maximal 537,78 EUR monatlich) erhalten. Die Auszahlung erfolge durch den Verein, der den Betrag mit einem Verwaltungsaufschlag der B GmbH in Rechnung stelle. Der Mitbeteiligten würden für die Abhaltung der Kurse Räumlichkeiten und Stereoanlage zur Verfügung gestellt. Sie sei zur Führung von Abrechnungs- und Aufzeichnungsblättern sowie Statistiken verpflichtet. Die Kurse der Mitbeteiligten seien in einen Stundenplan eingebunden. Die Erstellung des Stundenplanes erfolge aber in Abstimmung mit der Mitbeteiligten. Im Krankheitsfalle oder sonstigen Verhinderung habe die Mitbeteiligte für eine Vertretung aus dem Kreis ihrer Kolleginnen zu sorgen. Die Entlohnung erfolge in diesem Falle direkt an die vertretende Kollegin. In den Streitjahren habe die Mitbeteiligte diverse Fortbildungsveranstaltungen besucht, deren Kosten sie selbst getragen habe.
11 Die belangte Behörde teile nicht die Ansicht des Finanzamtes, wonach es sich beim Verein um eine Scheingründung zur Steuerumgehung handle. Der Verein habe besagten Geschäftsbesorgungsvertrag geschlossen; es gebe keine Hinweise, dass diese Vereinbarungen nicht "gelebt" worden seien.
12 Zur streitgegenständlichen Frage des Vorliegens nichtselbständiger Einkünfte enthält der angefochtene Bescheid neben allgemeinen Rechtsausführungen die Feststellung, dass keine Eingliederung gegenüber der B GmbH, sondern eine solche gegenüber dem Verein vorliege. Der B GmbH komme daher keine Dienstgebereigenschaft zu. Dies reiche jedoch nicht aus, um den Verein als Dienstgeber auszuweisen, denn:
"Wie aus dem Gesamtbild der Verhältnisse ersichtlich, überwiegen bei der Tätigkeit der Bw. als Aerobic-Trainerin die Merkmale eines, für die selbständige Tätigkeit typischen, Unternehmensrisikos. Die Kurse der Bw. wurden unter Zugrundelegung eines Stundenplanes abgehalten. Die Erstellung dieses Stundenplanes erfolgte jedoch nach Abstimmung mit der Bw. Die Tatsache, dass dieser Stundenplan öffentlich, etwa auf der Homepage des Vereins, zugänglich war, kann im gegenständlichen Fall allein noch keine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers begründen. Entscheidend ist vielmehr, dass die Bw. durch die Mitwirkung bei der Erstellung des Stundenplanes die Möglichkeit hatte ihre Arbeitszeiten frei und selbstverantwortlich zu gestalten.
Sie hat dadurch die Möglichkeit gehabt, im Rahmen ihrer Tätigkeit Aufträge anzunehmen oder abzulehnen, indem sie nur eine bestimmte Anzahl an Stunden mit dem für die Stundenplanerstellung zuständigen Mitarbeiter vereinbarte. Wie bereits festgehalten, erzielte die Bw. für ihre Tätigkeit keinen Stundenlohn, sondern eine Vergütung je nach Arbeitseinsatz. Sie hatte daher die Möglichkeit den Umfang ihres Tätigwerdens bzw. den wirtschaftlichen Erfolg selbst zu bestimmen und ihre Einnahmen und Ausgaben maßgeblich zu beeinflussen. Da die Bw. im Falle einer Nichterbringung einer Arbeitsleistung, etwa wegen Krankheit keine Vergütung erhalten hat, hing die Höhe der erzielten Einnahmen der Bw. somit von ihrem persönlichen Einsatz ab.
Darüber hinaus durfte die Bw. im Falle einer Verhinderung aus dem Kreis der Kollegenschaft selbst eine Vertretung aussuchen. Die Einschränkung des Kreises der Vertreter auf Mitglieder der Kollegenschaft kann nicht gegen eine Vertretungsbefugnis sprechen. Entscheidend ist vielmehr, dass die Bw. die Vertreter selbst bestimmen konnte."
13 Die Tätigkeit eines Sporttrainers stelle, soweit kein Dienstverhältnis vorliege, eine gewerbliche Tätigkeit dar. Das Tätigwerden im Freizeitzentrum sei keine Reise iSd § 4 Abs. 5 EStG 1988. Eine Regelung, die ähnlich den Vereinsrichtlinien pauschale Reiseaufwandsentschädigungen durch bestimmte begünstigte Rechtsträger von vornherein steuerfrei stelle, finde sich erst in § 3 Abs. 1 Z 16 EStG 1988 iVm § 124b Z 159 EStG 1988 mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2009 und sei für die Streitjahre daher nicht anwendbar. Die Vereinsrichtlinien stellten keine Rechtsquelle dar. Den Einnahmen seien - wie im Einzelnen begründet - in den Streitjahren Betriebsausgaben in einer Höhe zwischen rund 1.200 EUR und 2.000 EUR jährlich gegenüberzustellen.
14 Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde des Finanzamtes, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch das an die Stelle der belangten Behörde getretene Bundesfinanzgericht und Erstattung einer Gegenschrift durch die mitbeteiligte Partei erwogen hat:
15 Das beschwerdeführende Finanzamt bringt vor, es habe das Vorliegen eines Dienstverhältnisses nie mit dem Argument einer Scheingründung des Vereins begründet, sondern in der Stellungnahme vom April 2012 umfassend dargelegt, weshalb trotz Auszahlung der Trainerentschädigungen durch den Verein von einer Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der B GmbH auszugehen sei. Bei der mitbeteiligten Partei handle es sich jedenfalls um eine Arbeitnehmerin iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988, weil eine weitgehende Eingliederung in den betrieblichen Organismus des Fitnesscenters mit entsprechender Weisungsgebundenheit vorliege. Auch könne nach dem festgestellten Sachverhalt keinesfalls davon ausgegangen werden, dass die Mitbeteiligte ein nennenswertes Unternehmerrisiko getragen habe oder eine relevante generelle Vertretungsbefugnis vorgelegen wäre.
16 Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitsgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Auch gemeinnützigen Rechtsträgern kann die Stellung als Arbeitgeber iSd § 82 EStG 1988 zukommen (vgl. VwGH vom 24. September 2008, 2006/15/0342).
17 Ob bzw. in welcher Ausprägung und Intensität im konkreten Fall die einzelnen genannten Kriterien vorliegen, ist eine Sachverhaltsfrage (vgl. VwGH vom 18. Dezember 2013, 2009/13/0230).
18 Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 167 Abs. 2 BAO) schließt eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle nicht aus. Der Verwaltungsgerichtshof prüft, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat (vgl. VwGH vom 9. September 2013, 2010/17/0268, mit weiteren Nachweisen).
19 Der angefochtene Bescheid hält einer solchen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht stand:
20 Der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. In Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa auf das Fehlen eines Unternehmerrisikos) Bedacht zu nehmen (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. November 2004, 2003/13/0018).
21 Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführung einzelner Arbeiten verspricht, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt (vgl. VwGH vom 21. Dezember 1993, 90/14/0103).
22 Das beschwerdeführende Finanzamt hat in seiner Stellungnahme vom April 2012 auf Beweisergebnisse verwiesen, die für das Vorliegen einer persönlichen Weisungsgebundenheit der Mitbeteiligten sprechen. So lässt etwa die Aussage der Sonja E, die Trainerinnen hätten vermehrt im Fitnessstudio anwesend sein müssen, um den Kunden das Gefühl zu geben, laufend betreut zu werden, auf eine persönliche Arbeitsverpflichtung schließen, die über die Abhaltung einzelner Unterrichtseinheiten hinausgeht. Die belangte Behörde hat sich mit diesem Vorbringen nicht auseinandergesetzt. Ob die Aussage der Sonja E auch auf die Tätigkeit der Mitbeteiligten zutrifft, wurde nicht festgestellt. Die Art der Entlohnung ("für einen länger als vier Stunden dauernden Arbeitstag" habe Anspruch auf eine bestimmte Entlohnung bestanden) spricht jedenfalls dafür, dass auch die Mitbeteiligte nicht nur die Abhaltung einzelner Kurseinheiten schuldete, sondern ihre Arbeitskraft für eine bestimmte Zeit zur Verfügung zu stellen hatte. Zudem scheinen die Vereinbarung im Geschäftsbesorgungsvertrag, wonach der Verein die Trainer zu überwachen habe ("Supervision") und die diversen Aufzeichnungsverpflichtungen für eine Unterordnung der Trainerinnen im Rahmen ihrer Tätigkeit im Fitnesscenter zu sprechen. Indem sich der angefochtene Bescheid jeglicher Feststellungen zur Frage der (persönlichen) Weisungsgebundenheit der Mitbeteiligten enthält, liegt bereits ein wesentlicher zur Bescheidaufhebung führender Begründungsmangel vor.
23 Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers zeigt sich u.a. in der Vorgabe der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Arbeitsmittel durch den Auftraggeber sowie die unmittelbare Einbindung der Tätigkeit in betriebliche Abläufe des Arbeitgebers (vgl. VwGH vom 29. Juli 2010, 2007/15/0223).
24 An einer Stelle des angefochtenen Bescheides spricht die belangte Behörde zwar von einer Eingliederung "gegenüber dem Verein", kommt an anderer Stelle des Bescheides aber offenbar zu der ihre Entscheidung tragenden Schlussfolgerung, dass eine relevante Eingliederung nicht gegeben sei, weil die Mitbeteiligte zwar an einen Stundenplan gebunden sei, aber an der Erstellung desselben mitwirken dürfe. Diese Ausführungen überzeugen schon deshalb nicht, weil die Feststellungen der belangten Behörde nicht erkennen lassen, in welcher Form die "Mitwirkung" an der Erstellung des Stundenplanes erfolgt ist. Die bloße Bekanntgabe des gewünschten Beschäftigungsausmaßes und von möglichen Zeiten, in denen die Mitbeteiligte für eine Tätigkeit zur Verfügung stehen könnte, ginge nicht über das hinaus, was auch im Rahmen von nichtselbständigen Teilzeitbeschäftigungen vorkommen kann und nicht entscheidend gegen eine Eingliederung in den Betrieb des Fitnessstudios ins Treffen geführt werden könnte. Zudem scheint - wie aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag hervorgeht - im Beschwerdefall sogar eine Verpflichtung der Trainerinnen bestanden zu haben, eine bestimmte Unterrichtskleidung zu tragen, die ihre Zugehörigkeit zum namentlich genannten Fitnesscenter zum Ausdruck bringen sollte.
25 Erst wenn Feststellungen zur Weisungsgebundenheit und Eingliederung der Mitbeteiligten in den Betrieb des Fitnessstudios auch im fortzusetzenden Verfahren keine Klarheit über das Vorliegen selbständiger oder nichtselbständiger Tätigkeit ergeben sollten, könnte - wie schon ausgeführt - weiteren Abgrenzungskriterien, wie dem Vorliegen eines Unternehmerrisikos und einer Vertretungsbefugnis Bedeutung zukommen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass eine Entlohnung nach Arbeitstagen oder Arbeitsstunden kein Indiz dafür ist, dass die im Betrieb tätige Person einen bestimmten Arbeitserfolg schuldet (vgl. VwGH vom 22. März 2010, 2009/15/0200). Eine Erfolgsabhängigkeit der Entlohnung läge in Bezug auf das Erteilen von Unterricht insbesondere dann vor, wenn die Entlohnung von der Anzahl der Kursteilnehmer abhängig wäre, was im Beschwerdefall aber unstrittig nicht der Fall war. Sozialleistungen, wie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, sind zwar Kennzeichen eines allgemein üblichen Dienstverhältnisses, ihr Fehlen bedeutet aber noch nicht, dass kein Dienstverhältnis im Sinne des § 47 EStG 1988 vorliegt (vgl. nochmals VwGH vom 18. Dezember 2013, 2009/13/0230).
26 Welches Gewicht einer vertraglich vereinbarten Vertretungsbefugnis als Indiz für die Selbständigkeit einer Tätigkeit zukommt, hängt schließlich von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. VwGH vom 28. April 2004, 2000/14/0125). Dass der Stundenplan die jeweils eingeteilte Trainerin namentlich nennt, eine Vertretung nur innerhalb des Kollegenkreises möglich ist und im Vertretungsfall der Entlohnungsanspruch unmittelbar auf die Vertreterin übergeht, stellen Umstände dar, die im Beschwerdefall dem vereinbarten Vertretungsrecht an Gewicht nehmen.
27 Der angefochtene Bescheid war nach dem Gesagten gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
28 Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.
Wien, am 29. Juni 2016
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