Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Im Rahmen der Schlussbesprechung einer GPLA-Prüfung am 1. März 2011 gemäß § 149 Abs. 1 BAO betreffend Kommunalsteuer, Lohnsteuer und Sozialversicherung für den Abgabenzeitraum Jänner 2005 bis Dezember 2009 bei der Beschwerdeführerin wurden nachstehende Feststellungen getroffen:
- Die Beschwerdeführerin sei die finanzierende, verwaltende Organisation (Unternehmen) für die I-Stiftung und in weiterer Folge die S-Stiftung;
- die "entlohnenden" Beschäftigungsunternehmen, welche an dem Projekt teilnähmen, entrichteten Administrationskosten und Stipendienentgelte an die Beschwerdeführerin;
- die Teilnehmer seien zu einem Drittel im Bereich der Ausbildungskurse und zu zwei Drittel im Bereich der praktischen Arbeitsleistung tätig und erhielten neben dem Arbeitslosengeld seitens des Arbeitsmarktservice (AMS) zusätzlich auch Stipendienentgelte von den Beschäftigerunternehmen;
- die Teilnehmer würden in der Regel in den Beschäftigungsunternehmen angestellt, widrigenfalls die Verwaltungskosten und das Stipendienentgelt für ein weiteres Monat verrechnet würden;
- die Teilnehmer erhielten das Stipendienentgelt und das Arbeitslosengeld für die Dauer der tatsächlichen Tätigkeit, jedoch maximal zwölf Monate jährlich, es bestehe jedoch kein Rechtsanspruch auf Ausbildungsstipendien.
Die Überprüfung der geleisteten Stipendien, welche über 20 % des Arbeitslosengeldes lägen bzw. die monatliche Geringfügigkeitsgrenze überschritten, sei dienstnehmerbezogen erfolgt und es seien sämtliche "Stiftungsteilnehmer", deren Bezüge die monatliche Geringfügigkeitsgrenze überschritten hätten, sozialversicherungsrechtlich als Dienstnehmer der Beschwerdeführerin angemeldet worden; es seien sämtliche Stipendien, die 20 % des Arbeitslosengeldes überstiegen hätten, dem Dienstgeberbeitrag, dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und der Kommunalsteuer unterworfen worden; aufgrund der Stipendienhöhe sei es zu keiner Lohnsteuernachverrechnung gekommen.
2 Aufgrund dieser GPLA-Prüfung wurde mit Bescheid des Magistrates L vom 4. März 2011 die Kommunalsteuer für den Zeitraum 1. Jänner 2005 bis 31. Dezember 2009 festgesetzt, woraus sich eine Nachforderung ergab.
3 Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Begründend brachte sie vor, dass die Stipendien, die an die Teilnehmer von Qualifizierungsmaßnahmen im Rahmen einer Arbeitsstiftung von anderen Unternehmen geleistet würden, ohne nachvollziehbare Rechtsgrundlage in die Kommunalsteuer- Bemessungsgrundlage miteinbezogen worden wären. Sie sei als Dienstleister der S-Stiftung und in enger Abstimmung mit dem AMS tätig. Im Auftrag dieser Stiftung übernehme sie die Durchführung von theoretischen Schulungsmaßnahmen und fungiere im Auftrag der Stiftung als Zahlstelle an der Schnittstelle zwischen ausbildenden Unternehmen und den auszubildenden Volontären. Sie habe in keiner Weise eine direkte Rechtsbeziehung mit den Schulungsteilnehmern und damit den Personen, deren Stipendien nun in die Kommunalsteuerbemessungsgrundlage einbezogen würden; diese Personen seien auch nicht im eigenen Unternehmen beschäftigt.
4 Mit Bescheid vom 14. Dezember 2012 wies die Berufungsbehörde die Berufung ab. Begründend führte sie insbesondere aus, für die Entstehung eines Dienstverhältnisses sei die Eingliederung der Dienstnehmer in einen Betrieb des Dienstgebers entscheidend. Unabhängig davon, ob man von einer Ausbildung oder Arbeitsleistung der Teilnehmer am Implacementprojekt ausgehe, seien diese als Personen ("Stiftungsteilnehmer") in das von der Beschwerdeführerin eigenständig administrierte Implacementprojekt arbeitsrechtlich eingegliedert und erbrächten Arbeitsleistungen bei Beschäftigungsunternehmen, an welche sie weitervermittelt würden. Der Umstand, dass mit der Arbeitsleistung eine sicherlich nicht zu vernachlässigende Ausbildung und Einschulung verbunden sei, ändere nichts an einem Dienstverhältnis. So seien beispielsweise auch Praktikanten, welche in einem kaufmännischen Gewerbebetrieb oder einem Fabrikunternehmen zu Ausbildungszwecken übernommen würden, rechtlich als Lehrlinge kaufmännischer Dienste zu qualifizieren. Lehrlinge seien aber nach einhelliger Ansicht Dienstnehmer. Es sei gerade Intention der Implacementprojekte, nicht lediglich die entsprechenden Beschäftigungsunternehmen kennen zu lernen, sondern vielmehr im Wege von "learning by doing" in das Beschäftigungsunternehmen hineinzuwachsen und durch die Ausbildung und gleichzeitige Arbeitsleistung zu einem spezifischen Mitarbeiter dieses Beschäftigungsunternehmens zu werden, zumal nach Aussagen bestimmter Teilnehmer an den Implacementprojekten diese Personen sehr wohl umfassende Arbeitsleistungen, wie Bürodienste, Aufräum- und Reinigungsarbeiten, Krankenpflegearbeiten und Turnusdienste zu entrichten hätten und sich teilweise als "billige Arbeitskraft des Beschäftigungsunternehmens" verstanden wissen wollten. Im vorliegenden Fall überwiege keinesfalls die Ausbildung, sondern das Hinzuführen eines zukünftigen Mitarbeiters in das Beschäftigungsunternehmen im Rahmen einer Vollauslastung analog einem typischen Arbeitnehmer, selbst wenn nach den Intentionen des Implacementprojektes mit dem Beschäftigungsunternehmen selbst vorerst kein Dienstverhältnis begründet werde.
5 Nach Rechtsauffassung der Berufungsbehörde werde dieses Dienstverhältnis mit der Beschwerdeführerin begründet, welche im Rahmen des Implacementprojektes eine wesentliche Rolle spiele und insbesondere Teilnehmer an den Implacementprojekten an Beschäftigungsunternehmen als Arbeitnehmer weitervermittle, hinsichtlich dieser Arbeitnehmer eigene Lohnkonten führe, den Beschäftigungsunternehmen ein als Stipendium bezeichnetes Entgelt verrechne und dieses Entgelt als Arbeitslohn über die Lohnkonten der Teilnehmer an diese auszahle, womit sie quasi wie ein Leasingunternehmen handle, welches an ihre Leasingarbeiter Arbeitslöhne entrichte und sie an Beschäftigungsunternehmen weitervermittle. Damit fungiere sie als Unternehmerin und Arbeitgeberin für diese Stiftungsteilnehmer.
6 Kennzeichnend für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sei im Wesentlichen, dass der Verpflichtung des Arbeitnehmers, seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, die Verpflichtung gegenüberstehe, dem Arbeitnehmer einen Lohn zu bezahlen. Das treffe bei den gegenständlichen "einzugliedernden" Personen zu, welche von der Beschwerdeführerin weitervermittelt würden und direkt ein als Stipendium bezeichnetes Entgelt als Arbeitslohn erhielten, womit die Arbeitnehmer in unmittelbarer Rechtsbeziehung zu ihr stünden. Daran ändere auch nichts, dass die "Stiftungsteilnehmer" die Rechtsgrundlage auf Auszahlung ihrer Stipendien aus einer Vereinbarung zwischen der I-Stiftung (expressis verbis in Zusammenarbeit mit der Beschwerdeführerin), den Ausbildungsbetrieben und einer Leistungsordnung ableiteten, welche das Rechtsverhältnis zwischen I-Stiftung, dem AMS und den "Stiftungsteilnehmern" regle. In rechtlicher und wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei diese Vereinbarung und Leistungsordnung vor allem auch Rechtsgrundlage für die Tätigkeit der Beschwerdeführerin für die ihr zum Arbeitsimplacement anvertrauten "Stiftungsteilnehmer" und die tatsächlich regelmäßig erfolgten "Stipendienauszahlungen" an sie. Gerade der Beschwerdeführerin komme in dieser Vereinbarung ein wesentlicher Stellenwert zu.
7 Es bestünden auch umfassende "Regelungen" im Zusammenhang mit der Teilnahme von Personen am Implacementprojekt, wonach die teilnehmenden Personen bestimmten ausbildungs-, vor allem aber auch arbeitsbezogenen Auflagen unterworfen seien, um ihre Ausbildungs- bzw. Arbeitsleistung zu erbringen und ihnen auch bestimmte Rechte zustünden, wie etwa Entgeltfortzahlung im Falle eines Krankenstandes oder eines Urlaubes. Im Rahmen des Implacementprojektes sei eine Urlaubs- und Krankenstandsregelung wie bei einem typischen Dienstverhältnis vorgesehen und bestehe für die zu beschäftigenden, überlassenen Personen bei ihren Beschäftigungsunternehmen eine persönliche Dienstpflicht und Weisungsgebundenheit.
8 Nach Abweisung der Berufung erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung an die belangte Behörde, der mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben wurde.
9 Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde.
10 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
11 Gemäß § 1 KommStG unterliegen der Kommunalsteuer die Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt worden sind. Gemäß § 2 KommStG sind Dienstnehmer Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988. Zu den Dienstnehmern eines das Personalleasing (Arbeitskräftegestellung) betreibenden Betriebes gehören nicht nur die in der Verwaltung tätigen Dienstnehmer, sondern auch jene Dienstnehmer, die im Wege des Personalleasings an Dritte überlassen werden (vgl. VwGH vom 13. September 2006, 2002/13/0051, sowie vom 24. Februar 2004, 98/14/0062).
12 Dem angefochtenen Bescheid liegen die Feststellungen zugrunde, dass die Beschwerdeführerin zur Beschäftigung der "Stiftungsteilnehmer" die Beschäftigungsbetriebe kontaktiert und die "Stiftungsteilnehmer" nach Erstellung eines begleitenden individuellen Bildungsplans an diese weitervermittelt hat sowie dass sie gegenüber den Beschäftigungsunternehmen die Abrechnung im eigenen Namen durchgeführt und den "Stiftungsteilnehmern" ihre Entlohnung im Wege von Lohnkonten ausbezahlt hat. Die "Stiftungsteilnehmer" hätten Arbeitsleistungen bei den Beschäftigungsunternehmen erbracht, wobei verpflichtende Arbeitszeiten und Weisungsgebundenheit bestünden.
13 Die Beschwerde rügt ausschließlich eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheids und trägt insbesondere vor, ein zentrales Argument der Unterinstanzen, das von der belangten Behörde mitgetragen werde, sei der Umstand, dass von Beginn an eine Arbeitsleistung der "Stiftungsteilnehmer" vorliege, wohingegen dies mangels entsprechender Qualifikation tatsächlich erst gegen Ende der Ausbildung der Fall sein könne und eine Trennung in Ausbildung und Arbeitsbeschäftigung nicht möglich sei. Die Beschäftigung erfolge zudem im Ausbildungsbetrieb, die Beschwerdeführerin erhalte von diesem kein Entgelt im Sinne eines Personalleasingentgelts. Allfällige Arbeitgebereigenschaft könne daher nur den Beschäftigerunternehmen zukommen, unter deren Leitung die "Stiftungsteilnehmer" im Rahmen des Aus- und Weiterbildungsverhältnisses auch stünden. Die "Stiftungsteilnehmer" seien nicht in den Betrieb der Beschwerdeführerin eingebunden und stünden in keiner persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit zu ihr. Das Feststellen der Arbeitszeiten bzw. Anwesenheitszeiten beim Ausbildungsbetrieb berühre nicht die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit der "Stiftungsteilnehmer" zur Beschwerdeführerin.
14 Mit diesem Vorbringen gelingt es der Beschwerde nicht, eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids aufzuzeigen. Wenn die belangte Behörde vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen über die wesentliche Rolle der Beschwerdeführerin in der Durchführung des gegenständlichen Implacementprogramms zu dem Ergebnis gelangt ist, dass eine Kommunalsteuerpflicht der Beschwerdeführerin als Arbeitskräfteüberlasserin gegeben war, so vermag der Verwaltungsgerichtshof dies nicht als rechtswidrig zu erkennen.
15 Dass der Beschäftigung der "Stiftungsteilnehmer" auch Ausbildungskomponenten innewohnen und begleitende Schulungsmaßnahmen bestehen, schließt das Vorliegen eines (kommunalsteuerpflichtigen) Dienstverhältnisses dabei nicht aus (vgl. zB bereits VwGH vom 31. März 1987, 86/14/0163, sowie vom 23. September 1981, 2505/79).
16 Soweit die Beschwerdeführerin jedoch vorbringt, dass einzelne "Implacements" länger als sechs Monate gedauert hätten und daher § 7 Abs. 1 KommStG zu beachten gewesen wäre, zeigt sie erfolgreich eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
17 Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin steht - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - auch nicht das Neuerungsverbot entgegen. So wurde bereits im Prüfungsbericht der GPLA-Prüfung festgehalten, dass die Teilnehmer das Stipendienentgelt maximal zwölf Monate jährlich erhielten, was impliziert, dass es jedenfalls Personen gegeben haben dürfte, die länger als sechs Monate einem Beschäftiger überlassen worden sind. Nach der im Verwaltungsakt befindlichen Niederschrift über den Verlauf eines am 15. Dezember 2011 und am 16. Jänner 2012 vor dem unabhängigen Finanzsenat geführten Erörterungsgesprächs im parallel geführten Abgabenfestsetzungsverfahren betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag im Streitzeitraum hat die durchschnittliche Verweildauer der Stiftungsteilnehmer 12,65 Monate betragen, wovon 2/3 als Praxiszeit (bei einem oder womöglich mehreren Beschäftigern) verbracht werden. Dass sich die Beschäftiger zum Teil auch außerhalb von L befinden, ergibt sich überdies aus einem beispielhaft in den Verwaltungsakten einliegenden Bildungsplan für eine Stiftungsteilnehmerin betreffend einen Ausbildungsbetrieb im Bereich sozialer Dienste.
18 Vor diesem Hintergrund wären allerdings angesichts des § 7 Abs. 1 KommStG von Amts wegen ergänzende Feststellungen über die Arbeitskräfteüberlassung zu treffen gewesen, die unterblieben sind.
19 Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als mit prävalierender Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
20 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
21 Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.
Wien, am 15. September 2016
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