VwGH 2013/11/0015

VwGH2013/11/001526.4.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Schick und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch in 6800 Feldkirch, Schloßgraben 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Vorarlberg vom 5. Dezember 2012, Zl. UVS-411-090/E2-2012, betreffend Entziehung einer Lenkberechtigung und weitere Maßnahmen nach dem FSG (weitere Partei: Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie; mitbeteiligte Partei: D J in F), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §26 Abs2 Z4;
FSG 1997 §7 Abs3 Z14;
FSG 1997 §7 Abs3 Z15;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §38;
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §26 Abs2 Z4;
FSG 1997 §7 Abs3 Z14;
FSG 1997 §7 Abs3 Z15;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch (im Folgenden: BH) vom 31. Juli 2012 war dem Mitbeteiligten die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von 12 Monaten, gerechnet ab 17. Mai 2012, gemäß §§ 7 Abs. 3 Z. 1, 24 Abs. 1 Z. 1, 25 Abs. 1, 26 Abs. 2 Z. 4 FSG entzogen worden; unter einem waren begleitende Maßnahmen nach dem FSG verfügt worden.

Die BH legte dieser Entscheidung zu Grunde, dass der Beschwerdeführer am 17. Mai 2012 ein näher genanntes Kraftfahrzeug in Betrieb genommen und dabei einen Unfall verursacht habe, wobei er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Alkoholgehalt der Atemluft zum Tatzeitpunkt 0,70 mg/l) befunden habe; dadurch habe er eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen. Näher genannte Vordelikte rechtfertigten eine Erhöhung der Mindestentziehungsdauer von vier Monaten nach § 26 Abs. 2 Z 4 FSG.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Vorarlberg (UVS) wurde der vom Mitbeteiligten gegen den Bescheid der BH erhobenen Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG Folge gegeben und der Bescheid der BH aufgehoben.

In der Begründung stellte die belangte Behörde den Inhalt des erstinstanzlichen Bescheids und der dagegen erhobenen Berufung (in der im Wesentlichen bestritten wurde, dass der Mitbeteiligte das in Rede stehende Fahrzeug in Betrieb genommen habe) fest, und führte abschließend aus, dass wegen des gleichen Sachverhalts gegen den Mitbeteiligten auch ein Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt worden sei, wobei mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des UVS vom 12. November 2012 der Mitbeteiligte "wegen des Vorwurfes, er habe am 17.5.2012 um 7.05 Uhr das Kraftfahrzeug ... in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, freigesprochen" worden sei. Daran schließen sich folgende Ausführungen: "Demnach ist in diesem Verfahren (nach dem Führerscheingesetz) die Grundlage für eine Entziehung der Lenkberechtigung weggefallen. Der angefochtene Bescheid war daher, zumal sich keine neue Sach- und Rechtslage für eine allfällige Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit des (Mitbeteiligten) ergeben hat, zu beheben."

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde - auch der Mitbeteiligte hat eine Stellungnahme erstattet - erwogen:

Die Beschwerde moniert im Wesentlichen, dass die belangte Behörde nach Aufhebung des gegen den Mitbeteiligten wegen des in Rede stehenden Vorfalls gefällten Straferkenntnisses verpflichtet gewesen wäre, selbst die Vorfrage, ob der Mitbeteiligte das ihm angelastete Delikt begangen habe, zu prüfen, zumal für eine Entziehung der Lenkberechtigung wegen eines Delikts iSd § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 keine Bestrafung erforderlich sei.

Sie ist damit im Recht.

Gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 26 Abs. 2 Z 4 FSG ist dann, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen wird, die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen.

Für die Verwirklichung des Entziehungstatbestands nach § 26 Abs. 2 Z 4 FSG ist - anders als etwa im Fall des § 7 Abs. 3 Z 14 oder 15 FSG - eine (rechtskräftige) Bestrafung nicht erforderlich. Liegt eine solche vor, sind die Kraftfahrbehörden daran gebunden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 2004, Zl. 2004/11/0046, mwN).

Fehlt es aber daran, liegt also im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheids über die Entziehung kein rechtskräftiges, über die Begehung der als Grundlage der Entziehung angenommenen Übertretung absprechendes Straferkenntnis vor, hat die Kraftfahrbehörde die Frage, ob das in Rede stehende Delikt begangen wurde, als Vorfrage nach § 38 AVG selbständig zu prüfen; dies gilt auch dann, wenn das erstinstanzliche Straferkenntis aufgehoben wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. September 2007, Zl. 2006/11/0027, mwN).

Da die belangte Behörde, wie die Begründung des angefochtenen Bescheids zeigt, dies verkannt hat, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am 26. April 2013

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