VwGH 2013/10/0089

VwGH2013/10/008925.4.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der Agrargemeinschaft X in X, vertreten durch Greiter Pegger Kofler & Partner, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 24, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 11. Februar 2013, Zl. U-14.609/7, betreffend Zurückweisung einer Berufung i.A. des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005, zu Recht erkannt:

Normen

FlVfGG §36 Abs1;
FlVfLG Tir 1996 §37 Abs7;
FlVfGG §36 Abs1;
FlVfLG Tir 1996 §37 Abs7;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 28. September 2012 wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 17 Abs. 1 lit. a des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005 (TNSchG 2005) die weitere Errichtung von Wegen im Bereich Piller/Hahnenegger untersagt.

Mit weiterem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 8. November 2012 wurden der beschwerdeführenden Partei gemäß § 17 Abs. 1 lit. b TNSchG 2005 bestimmte Wiederherstellungsmaßnahmen aufgetragen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11. Februar 2013 wies die belangte Behörde eine gegen den Bescheid vom 8. November 2012 erhobene Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurück.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, gegen den erstinstanzlichen Bescheid, der am 21. November 2012 zugestellt worden sei, habe die beschwerdeführende Partei, vertreten durch ihren Obmann S.S., am 3. Dezember 2012 Berufung erhoben.

Gemäß § 12 der Satzung der beschwerdeführenden Partei zähle die Beschlussfassung zur Erhebung von Rechtsmitteln zum Wirkungskreis des Ausschusses, sofern diese Angelegenheit nicht ausdrücklich einem anderen Organ vorbehalten sei. Somit fielen Entscheidungen über die Erhebung von Rechtsmitteln bei Verwaltungsbehörden in den Kompetenzbereich des Ausschusses.

Gemäß § 13 Abs. 2 der Satzung vertrete der Obmann die Agrargemeinschaft nach außen, in Angelegenheiten, die jedoch der Beschlussfassung durch den Ausschuss unterlägen, - wie eben die Erhebung eines Rechtsmittels - allerdings nur im Rahmen entsprechender Beschlüsse.

Die beschwerdeführende Partei sei im Berufungsverfahren - aufgrund dieser Rechtsvorschriften - ersucht worden, der belangten Behörde eine allfällige Beschlussfassung des Ausschusses zur Erhebung der Berufung und deren Kundmachung zu übermitteln.

Die beschwerdeführende Partei habe daraufhin eine Kopie der Kundmachung vom 7. November 2012 betreffend die Sitzung vom 5. November 2012 nachgereicht.

Punkt 8. dieser Kundmachung laute wie folgt:

"Der Obmann berichtete, dass im Zuge der Aufräumarbeiten der Harvester-Trasse im Bereich Hahnenegger von einem Jäger Anzeige erstattet wurde - aus diesem Grund wurde die weitere Tätigkeit von der BH - Landeck eingestellt. Es kann erst nach Abklärung der Angelegenheit die Sanierung fertig gestellt werden. Der Obmann wird beauftragt eventuelle Berufungen einzubringen."

Wie der Verwaltungsgerichtshof erkannt habe, müsse der Beschluss des zuständigen Organes einer juristischen Person, in einer bestimmten Sache vor dem Verwaltungsgerichtshof Beschwerde zu erheben, nicht bloß vor Ablauf der sechswöchigen Frist, sondern dürfe auch nicht vor Beginn des Laufes dieser Frist gefasst worden sein.

Im vorliegenden Fall stehe fest, dass der erstinstanzliche Bescheid vom 8. November 2012 am 19. November 2012 abgefertigt und am 21. November 2012 der beschwerdeführenden Partei zugestellt worden sei. Der Ausschuss der beschwerdeführenden Partei als "das zur Einbringung der gegenständlichen Berufung zuständige willensbildende Organ" habe seinen Beschluss am 5. November 2012 und somit vor Beginn des Laufes der Berufungsfrist gefasst; der Ausschuss habe zu diesem Zeitpunkt noch keine genaue Kenntnis von der Rechtsauffassung der Behörde erster Instanz haben können, welche erst in dem am 21. November 2012 zugestellten erstinstanzlichen Bescheid zum Ausdruck gekommen sei.

Außerdem gehe aus der Formulierung des zitierten Punktes 8. der Kundmachung nicht eindeutig hervor, dass der darin ersichtliche Beschluss den Obmann der beschwerdeführerenden Partei zur Einbringung der gegenständlichen Berufung legitimieren solle.

Der inhaltlichen Behandlung der Berufung stehe somit der Mangel der Legitimation zu ihrer Erhebung durch den Obmann der beschwerdeführenden Partei wegen fehlender Beschlussfassung innerhalb der Rechtsmittelfrist entgegen, weshalb sie zurückzuweisen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1. Die Beschwerde bestreitet die wiedergegebenen Feststellungen der belangten Behörde, insbesondere zur kundgemachten Beschlussfassung des Ausschusses der beschwerdeführenden Partei nicht. Sie bringt allerdings im Wesentlichen vor, aus der hg. Rechtsprechung ergebe sich, dass ein entsprechender Beschluss der beschwerdeführenden Partei innerhalb der Rechtsmittelfrist gefasst werden müsse, sodass eine nachträgliche Genehmigung nicht zulässig sei. Die Voraussetzungen für die Berechtigung zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof müssten im Zeitpunkt ihrer Erhebung oder zumindest innerhalb der Beschwerdefrist vorliegen (Hinweis auf den hg. Beschluss vom 16. November 1993, Zl. 91/07/0072). Es werde somit lediglich eine nachträgliche Beschlussfassung bzw. Genehmigung ausgeschlossen. Aus der Rechtsprechung ergebe sich jedoch nicht, dass eine Beschlussfassung vor Zustellung unzulässig sei.

Der Ausschuss der beschwerdeführenden Partei habe die Erhebung "einer allfälligen Berufung" bereits am 5. November 2012 beschlossen und dies nicht widerrufen, sodass deren Obmann zur Erhebung der Berufung gegen den - danach zugestellten - erstinstanzlichen Bescheid berechtigt gewesen sei.

Im Übrigen habe der Ausschuss der beschwerdeführenden Partei in der Sitzung am 5. November 2012 bereits einen ausreichend bestimmten Beschluss fassen können, weil ihm aufgrund des bereits ergangenen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 28. September 2012 und aufgrund von Gesprächen mit Behördenvertretern "die entscheidungswesentlichen Fakten bekannt" gewesen seien.

2. Damit gelingt es der Beschwerde allerdings nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Wie sich unter anderem aus § 37 Abs. 7 Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996 - TFLG 1996 ergibt, müssen Beschlüsse von Organen der Agrargemeinschaften entsprechend kundgemacht werden. Ausschussbeschlüsse müssen daher auch einen eindeutigen Inhalt haben, sollen sie doch einem Mitglied die Möglichkeit eröffnen, gegebenenfalls dagegen (gemäß § 37 Abs. 7 dritter Satz TFLG 1996 "innerhalb von zwei Wochen nach der satzungsgemäßen Bekanntmachung") Einspruch bei der Agrarbehörde zu erheben (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. April 2012, Zl. 2011/07/0245).

Der im angefochtenen Bescheid - unbestritten - festgestellte Punkt 8. der Kundmachung über die Ausschusssitzung vom 5. November 2012 enthält unter Bezug auf eine Einstellung der "weiteren Tätigkeit" auf der "Harvester-Trasse im Bereich Hahnenegger" durch die Bezirkshauptmannschaft Landeck und eine (zunächst durchzuführende) "Abklärung der Angelegenheit" mit Blick auf eine Erhebung von Rechtsmitteln den Satz: "Der Obmann wird beauftragt eventuelle Berufungen einzubringen."

Dem so kundgemachten Ausschussbeschluss ist mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass der Obmann damit zur Erhebung einer Berufung gegen den zu jenem Zeitpunkt bereits vorliegenden erstinstanzlichen Bescheid, mit dem die weitere Errichtung von Wegen "im Bereich Piller/Hahnenegger" untersagt worden war, ermächtigt werden sollte. Eine Ermächtigung, gegen den erst in der Folge erlassenen Bescheid vom 8. November 2012, mit dem der beschwerdeführenden Partei eine Reihe von Maßnahmen zur Wiederherstellung des früheren Zustandes aufgetragen wurde, Berufung einzubringen, enthält der in Rede stehende Ausschussbeschluss allerdings nicht.

3. Der Obmann der beschwerdeführenden Partei war nach dem Gesagten nicht zur Einbringung der gegenständlichen Berufung ermächtigt, weshalb die belangte Behörde diese zu Recht zurückgewiesen hat.

4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 25. April 2013

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