VwGH 2013/08/0090

VwGH2013/08/009025.6.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde der M GmbH in Wien, vertreten durch MMag. Damir Hajnovic, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Marc-Aurel-Straße 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 12. März 2013, Zl. BMASK- 426930/0001-II/A/3/2012, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG und AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. D N in 1210 Wien,

2. Wiener Gebietskrankenkasse in 1100 Wien, Wienerbergstraße 15- 19, 3. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert Stifterstraße 65- 67), zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §1 Abs1 lita;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;
AlVG 1977 §1 Abs1 lita;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Wie sich aus der Beschwerde und dem mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt, stellte die belangte Behörde fest, dass der Erstmitbeteiligte auf Grund seiner Beschäftigung als Pizzabote bei der beschwerdeführenden Partei am 12. Jänner 2011 der Vollversicherung nach § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlag. Der Erstmitbeteiligte sei am 12. Jänner 2011 um 22 Uhr von Organen der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse sowie des Landespolizeikommandos Wien in einem Nebenraum der Betriebsräumlichkeiten der beschwerdeführenden Partei angetroffen worden. N. habe dabei in einem kleinen Raum, der in das Lokal führt, mit einer Pizzatasche hantiert und an der rechten Hüfte eine schwarze Tasche getragen, wie sie in ähnlicher Form von Servierkräften getragen werde. In dem Raum hätten sich am 1. Februar 2011 bei einer weiteren Kontrolle, die im Beisein des Geschäftsführers der beschwerdeführenden Partei durchgeführt worden sei, außer Garderobekästen zwei Stöße von Pizzataschen in Rot am Boden liegend, Schaufel, Besen und diverse Kartons für die Pizzazustellung befunden. Der Erstmitbeteiligte habe gegenüber den Kontrollorganen am 12. Jänner 2011 angegeben, er habe das WC gesucht. Damals sei eine weitere, nicht zur Sozialversicherung gemeldete Person bei der Verrichtung von Tätigkeiten eines "Pizzakochs" im Lokal angetroffen worden.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, während der Erstmitbeteiligte behauptet habe, in dem kleinen Raum das WC gesucht zu haben, habe die beschwerdeführende Partei ausgeführt, der Erstmitbeteiligte sei langjähriger Familienfreund auf dem Weg in die privaten Räumlichkeiten der betriebsführenden Familie gewesen. Ein "langjähriger Freund der Familie" sei aber nicht nur ortskundig, sondern er habe nach allgemeiner Lebenserfahrung keinen Anlass, sich als ein WC-suchender Gast auszugeben. Bei den Aussagen des Erstmitbeteiligten handle es sich um eine Schutzbehauptung. Dies werde durch den Umstand unterstrichen, dass er zum Zeitpunkt der Kontrolle Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezogen habe. Weiters sei darauf hinzuweisen, dass bei derselben Kontrolle eine zweite Person angetroffen worden sei, die unangemeldet die Tätigkeit eines "Pizzakochs" verrichtet habe. Die beschwerdeführende Partei habe dies damit begründet, dass dies im Rahmen eines seit 17 Uhr dieses Tages dauernden Vorstellungsgespräches der Fall sei (vgl. zu diesem Sachverhalt das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2013/08/0091). Die widersprüchlichen Erklärungsvarianten könnten nicht überzeugen. Hingegen böten die eindeutigen Beobachtungen der Kontrollorgane bezüglich eines Hantierens mit einer Zustelltasche sowie bezüglich der schwarzen Tasche an der rechten Hüfte keinen Anlass, deren Richtigkeit in Zweifel zu ziehen. Die Vernehmung allfälliger weiterer Zeugen oder gar die Abhaltung eines Lokalaugenscheins, "zum Beweis dafür, dass es sich beim konkreten Raum nicht um einen 'Lagerraum' handelt" erübrige sich.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, der Erstmitbeteiligte sei am 12. Jänner 2011 bei der Tätigkeit eines Pizzazustellers angetroffen worden. Es lägen keine atypischen Umstände vor, die einer Beurteilung dieser Tätigkeit als abhängige Beschäftigung entgegenstehen würden. Der Erstmitbeteiligte sei am 12. Jänner 2011 von der beschwerdeführenden Partei gegen Entgelt beschäftigt worden und unterliege daher an diesem Tag der Pflichtversicherung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die Beschwerde bringt vor, die Feststellungen der belangten Behörde würden nicht ausreichen, um eine Tätigkeit des Erstmitbeteiligten als in persönlicher Abhängigkeit von der beschwerdeführenden Partei ausgeübt klassifizieren zu können. Das Tragen einer schwarzen Tasche sei keine Teiltätigkeit der Tätigkeit eines Pizzaboten.

Die Beschwerde ist nicht berechtigt.

Die belangte Behörde hat zutreffend auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach vom Bestehen eines Dienstverhältnisses im üblichen Sinne auszugehen ist, wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten. Im Gegensatz zur Auffassung der beschwerdeführenden Partei erfüllen die Umstände, unter denen der Erstmitbeteiligte in den Betriebsräumlichkeiten der beschwerdeführenden Partei angetroffen wurde, die von der zitierten Rechtsprechung genannten Voraussetzungen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2012, Zl. 2010/08/0179).

Auch der Beweiswürdigung kann der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seines eingeschränkten Prüfungskalküls (vgl. § 41 VwGG) nicht entgegentreten. Die Beschwerde vermag keine Umstände aufzuzeigen, die die Feststellungen unschlüssig erscheinen ließen. Dies gilt insbesondere für deren Vorbringen, es könne nicht auf die Tätigkeit eines Pizzaboten geschlossen werden, weil diesem eine schwarze Tasche, wie sie von Kellnern am Gürtel getragen werde, beim Transport von Speisen hinderlich gewesen wäre. Die beschwerdeführende Partei hat auch keinen nachvollziehbaren Grund dargelegt, der die Situation, in der der Erstmitbeteiligte in den Betriebsräumlichkeiten der beschwerdeführenden Partei angetroffen wurde, anders als mit dem Ausüben einer Arbeitstätigkeit erklären könnte. Wenn die Beschwerde schließlich vorbringt, der Beschwerdeführer habe "ausführliches Vorbringen erstattet und jeweils bestimmte, genau bezeichnete Beweise zu konkreten Beweisthemen beantragt" bzw. "wiederholt substantiierte Beweisanträge gestellt, die von den Behörden schlichtweg ignoriert wurden", womit ihr die Möglichkeit genommen worden sei, "die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen" (Freundschaft zwischen dem Erstmitbeteiligten und dem Geschäftsführer; private Nutzung des Durchgangsraums, in dem der Erstmitbeteiligte bei der Kontrolle angetroffen worden war) unter Beweis zu stellen, so vermag sie einen relevanten Verfahrensmangel nicht aufzuzeigen, ist doch nicht ersichtlich, inwieweit die behauptete Freundschaft bzw. private Nutzung des Durchgangsraumes zu einem anderen für den Beschwerdeführer günstigen Ergebnis führen könnte (zu Gefälligkeits- und Freundschaftsdiensten im Rahmen eines Gewerbebetriebs sowie zur anzunehmenden Entgeltlichkeit vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2012, Zl. 2012/08/0165).

Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 25. Juni 2013

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