VwGH 2013/05/0164

VwGH2013/05/016429.9.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Beschwerde 1. des A P,

2. der R P, beide in T, beide vertreten durch die Saxinger Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in 4600 Wels, Edisonstraße 1, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 16. November 2012, Zl. IKD(BauR)-014471/3-2012- Hc/Wm, betreffend Bauaufträge (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde G, vertreten durch den Bürgermeister in G), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58;
AVG §59 Abs1;
AVG §60;
VwRallg;
AVG §58;
AVG §59 Abs1;
AVG §60;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 14. September 2011 wurden den Beschwerdeführern gemäß § 49 Abs. 1 und Abs. 6 OÖ Bauordnung 1994 (BauO) Beseitigungsaufträge für die auf dem als "Grünland - Traunauen-Grünzug" gewidmeten, näher bezeichneten Grundstück konsenslos errichteten und nicht gesetzeskonformen Gebäude und baulichen Anlagen und die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes auf dem Grundstück erteilt. Dies bedeute - so wird im Spruch dieses Bescheides weiter ausgeführt -, dass sämtliche zur Ausführung gelangten Gebäude und baulichen Anlagen (wie Holzhütte zu Aufenthaltszwecken mit gedeckter Terrasse, Gerätehütte und eigenes WC-Gebäude, Maschendrahtzaun entlang der Straßengrundgrenze mit 1,90 m Höhe, mit waagrechten Betonbrettern, senkrechter Holzverschalung und Aluschiebetor) entsprechend der Beschreibung in der Niederschrift vom 8. Juni 2011 zu entfernen seien.

Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 29. März 2012 hinsichtlich der Beseitigung der Holzhütte zu Aufenthaltszwecken mit gedeckter Terrasse, der Gerätehütte und des WC-Gebäudes sowie der straßenseitigen Einfriedung und des Alu-Schiebetors im Einfahrtsbereich als unbegründet abgewiesen und die Beseitigung der genannten baulichen Anlagen aufgetragen. Der erstinstanzliche Beseitigungsauftrag betreffend den Maschendrahtzaun an drei Seiten der Liegenschaft (linke, rechte und hintere Seite) wurde aufgehoben.

Die dagegen erhobene Vorstellung wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Begründend legte die belangte Behörde im Wesentlichen dar, dass der gegenständliche Bescheid über zwei bauliche Anlagen (die Natursteinmauer und die ca. 20 m2 große befestigte Außenfläche im Einfahrtsbereich) keinerlei Aussagen im Spruch treffe. Da es sich im gegenständlichen Fall um sachlich-technisch und rechtlich getrennte Gebäude und bauliche Anlangen handle, hätte ein Teilbescheid iSd § 59 Abs. 1 letzter Satz AVG ergehen können. Mangels eines Entscheidungsvorbehaltes sei gegen § 59 Abs. 1 AVG verstoßen worden; es sei aber nicht ersichtlich, wie sich dieser Verfahrensmangel auf den Inhalt des ergangenen Bescheides auswirken solle, noch könne - der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge - durch die mangelnde Erledigung eines trennbaren Teiles der Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet werden. Auch wenn in der Bescheidbegründung Ausführungen zur Natursteinmauer getroffen worden seien, sei festzuhalten, dass sich der Gegenstand eines Bescheides ausschließlich nach dem Inhalt seines (eindeutigen) Spruchs bestimme, und das auch dann, wenn die dem Bescheid beigegebene Begründung diesen Spruch nicht zur Gänze decke. Nur wenn der Spruch auslegungsbedürftig sei, könne seine Begründung zur Deutung - also nicht zur Ergänzung oder Ausweitung - von Sinn und Inhalt der darin enthaltenen individuellen Norm herangezogen werden. Da im vorliegenden Fall kein unklarer Spruch vorliege, sondern der Spruch eindeutig keinen Auftrag zur Beseitigung der Natursteinmauer und der befestigen Außenfläche enthalte, sei über diese Bauteile noch nicht entschieden worden.

Hinsichtlich der im Jahr 1998 errichteten Gerätehütte, dem im Jahr 1956 errichteten WC-Gebäude und der im Jahr 2000 errichteten Einfriedung samt Alu-Schiebetor habe gemäß § 1 OÖ Bauordnung 1875 und gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 BauO im Errichtungszeitpunkt eine Bewilligungspflicht für den Neubau von Gebäuden bestanden. Betreffend die Holzhütte mit gedeckter Terrasse sei der Errichtungszeitpunkt strittig, jedoch habe zu beiden möglichen Errichtungszeitpunkten (1956 oder 1996) eine Bewilligungspflicht bestanden, weshalb es rechtlich unerheblich sei, auf den Zeitpunkt der Errichtung näher einzugehen.

Im Zeitpunkt des Beseitigungsauftrages habe hinsichtlich der Holzhütte mit gedeckter Terrasse und der Gerätehütte eine Bewilligungspflicht gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 BauO und hinsichtlich der WC-Hütte mit einer bebauten Fläche von ca. 5 m2 eine Anzeigepflicht gemäß § 25 Abs. 1 Z 9 BauO bestanden.

Ein vermuteter Baukonsens sei nicht gegeben, da eine mündliche Zusage baubehördlicher Organe eine erforderliche Bescheiderlassung nicht ersetze, und eine Baubewilligung nicht ersessen werden könne. In Bezug auf die gegenständlichen Zeiträume sei keine Unvollständigkeit der Archive anzunehmen. Die Berufungsbehörde habe - wie im Berufungsbescheid festgehalten - Einsicht in die Archive genommen und dabei festgestellt, dass in anderen Akten aus der gleichen Entstehungszeit im örtlichen Umkreis Baubewilligungen vorlägen. Von den Berufungswerbern seien nicht einmal ansatzweise Anhaltspunkte für eine etwaige Unvollständigkeit der Archive dargelegt worden. Weiters seien die Beschwerdeführer in einer Stellungnahme vom 11. Juli 2011 selbst davon ausgegangen, dass die Holzhütte mit Terrasse keiner Bewilligung bedurft hätte, da sie als bewilligungsfreier Altbestand anzusehen sei, was im Widerspruch zur Behauptung eines vermuteten Baukonsenses stehe.

Der im Zeitpunkt der Zustellung des Berufungsbescheides in Kraft stehende Flächenwidmungsplan Nr. 7/2009 lege für das gegenständliche Grundstück die Widmung "Grünland - Traunauen-Grünzug" fest und bestimme ausdrücklich, dass Neubauten jeder Art, mit Ausnahme von Bauten der Land- und Forstwirtschaft im Hofbereich im Umkreis von höchstens 50 m unzulässig seien. Dass die gegenständlichen Bauten als land- und forstwirtschaftliche Bauten einzuordnen wären, sei von den Berufungswerbern nicht behauptet worden. Sie hätten sogar selbst vorgebracht, dass die Gebäude ausschließlich Erholungs- und Freizeitzwecken dienten. Aus diesem Gründen sei ein unbedingter Beseitigungsauftrag zu erlassen gewesen.

Im Zeitpunkt der Errichtung der straßenseitigen Einfriedung samt Alu-Schiebetor sei der Flächenwidmungsplan Nr. 5/1991, im Zeitpunkt der Erlassung des Bauauftrages der Flächenwidmungsplan Nr. 7/2009 in Geltung gestanden, welche Neubauten jeder Art, mit Ausnahme von Bauten der Land- und Forstwirtschaft im Hofbereich im Umkreis von höchstens 50 m, für unzulässig erklärt hätten. Die Einfriedung samt Alu-Schiebetor stelle eine bauliche Anlage dar, zu deren werkgerechter Errichtung fachtechnische Kenntnisse erforderlich seien, weshalb diese als "Bau" zu qualifizieren und folglich im Errichtungszeitpunkt als auch im Zeitpunkt des Beseitigungsauftrages unzulässig gewesen sei, weshalb der unbedingte Beseitigungsauftrag zu Recht ergangen sei.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 7. Juni 2013, B 1542/2012-9, abgelehnt und die Beschwerde mit Beschluss vom 9. August 2013, B 1542/2012-11, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Ablehnungsbeschluss ausgeführt:

"Spezifisch verfassungsgerichtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen.

Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat:

Aus den vorgelegten Verordnungsakten ergibt sich, dass das Grundstück der Beschwerdeführer Nr. 1391/4, KG S., bereits vor Erlassung des aktuellen Flächenwidmungsplanes Nr. 7/2009 als Grünland gewidmet war. Für die bestehenden baulichen Anlagen auf diesem Grundstück besteht kein Konsens. Bei der Erlassung eines Flächenwidmungsplanes besteht keine Verpflichtung des Verordnungsgebers zur Sanierung des Widmungsgebietes wegen rechtswidriger Bauführungen.

Aus den Verordnungsakten ergibt sich auch, dass die Behauptung der Beschwerdeführer, der Flächenwidmungsplan Nr. 7/2009 habe im Grünland bestehende Wohngebäude als sogenannte 'Sternchen-Bauten' legalisiert, nicht zutrifft. Unabhängig davon hat die rechtwidrige Widmung auf anderen Grundflächen keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Widmung auf dem Grundstück der Beschwerdeführer."

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde begehren die Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden

2. Die Beschwerdeführer bringen im Wesentlichen vor, § 2 OÖ Bauordnung 1875 sei nicht in Betracht gezogen worden. Diese Bestimmung enthalte Regelungen für anzeigepflichtige Bauvorhaben, deren Anwendbarkeit im gegenständlichen Fall nicht von vornherein ausgeschlossen werden könne. Die belangte Behörde sei verpflichtet gewesen, diesen Umstand in die rechtliche Beurteilung einfließen zu lassen bzw. diesbezüglich weitergehende Ermittlungen anzustellen.

Weiters hätten die beantragten Zeugen zum entscheidungswesentlichen Thema eines vermuteten Konsens von Amts wegen einvernommen werden müssen. Der Gemeinderat habe diesbezüglich jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen, was ein an Willkür grenzendes Verhalten darstelle. Auch sei davon auszugehen, dass die zweite Instanz die Natursteinmauer und die befestigte Außenfläche im Ausmaß von ca. 20 m2 übersehen habe und dies ebenfalls die Einseitigkeit des auf Gemeindeebene geführten Verfahrens sowie die an der Grenze zur Willkür liegende Verfahrensführung aufzeige.

Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, dass auch wenn für die im Umkreis bestehenden Bauten Baubewilligungen vorhanden seien, für das gegenständliche Grundstück jedoch nicht, daraus nicht geschlossen werden könne, dass die Archive vollständig seien und keine Baubewilligung vorgelegen hätte. Dass die Beschwerdeführer darlegen müssten, warum hinsichtlich ihres Grundstückes das Archiv unvollständig sei, stelle eine nicht gerechtfertigte Beweislastumkehr dar. Die Frage der Vollständigkeit der Archive sei von Bedeutung, da der Rechtsprechung zufolge ein vermuteter Baukonsens schon dann anzunehmen sei, wenn die Unterlagen über eine Bewilligung für ein seit Jahrzehnten bestehendes Gebäude nicht mehr auffindbar seien, aber - wie im vorliegenden Fall - feststehe, dass baubehördliche Beanstandungen aus dem Grund, weil ein Konsens fehle, niemals stattgefunden hätten.

Die Beschwerdeführer machen auch geltend, dass mit dem angefochtenen Bescheid nicht über alle im Verfahren erfassten baulichen Anlagen (wie die Natursteinmauer und die befestigte Außenfläche im Ausmaß von 20 m2) abgesprochen worden sei. Diese baulichen Anlagen seien übersehen worden, was die Einseitigkeit und die Willkür des gemeindebehördlichen Verfahrens zeige, weshalb der angefochtene Bescheid aufgehoben werden müsse. Die belangte Behörde habe die Rechtsfolgen dieser Vorgangsweise mit ihren Überlegungen zur Trennbarkeit von Bescheiden bzw. Bescheidabsprüchen zu Unrecht verworfen.

3. Im vorliegenden Beschwerdefall kommt die OÖ Bauordnung 1994 (im Folgenden: BauO) in der Fassung LGBl. Nr. 36/2008 zur Anwendung. In Bezug auf die auch relevante Frage des Vorliegens einer Bewilligungspflicht für die baulichen Anlagen im Errichtungszeitpunkt ist die jeweilige Rechtslage in diesem Zeitpunkt maßgeblich.

Die relevanten Bestimmungen der BauO lauten auszugsweise:

"§ 24

Bewilligungspflichtige Bauvorhaben

(1) Folgende Bauvorhaben bedürfen einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung), soweit die §§ 25 und 26 nichts anderes bestimmen:

  1. 1. der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden;
  2. 2. Die Errichtung oder wesentliche (umbaugleiche) Änderung sonstiger Bauten über oder unter der Erde, die auf Grund ihrer Verendung, Größe, Lage, Art oder Umgebung geeignet sind, eine erhebliche Gefahr oder eine wesentliche Belästigung für Menschen herbeizuführen oder das Orts- und Landschaftsbild zu stören;

    ..."

    "§ 49

    Bewilligungslose bauliche Anlagen

(1) Stellt die Baubehörde fest, daß eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, hat sie - unabhängig von § 41 - dem Eigentümer der baulichen Anlage mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist die Baubewilligung zu beantragen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen und gegebenenfalls den vorigen Zustand wiederherzustellen. Die Möglichkeit, nachträglich die Baubewilligung zu beantragen, ist dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann.

...

(6) Stellt die Baubehörde fest, daß eine baubehördlich nicht bewilligungspflichtige bauliche Anlage nicht entsprechend den für sie geltenden bau- oder raumordnungsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere jenen des Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans, ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, hat sie dem Eigentümer mit Bescheid die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen. § 48 Abs. 7 gilt sinngemäß."

Der im Errichtungszeitpunkt der Gerätehütte (1998) maßgebliche § 24 BauO, LGBl. Nr. 66/1994, lautet auszugsweise:

"§ 24

Bewilligungspflichtige Bauvorhaben

(1) Einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung) bedürfen:

1. der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden;

..."

Der im Errichtungszeitpunkt der Einfriedung samt Alu-Schiebetor (2000) maßgebliche § 24 BauO idF LGBl. Nr. 70/1998 lautet auszugsweise:

"§ 24

Bewilligungspflichtige Bauvorhaben

(1) Folgende Bauvorhaben bedürfen einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung), soweit die §§ 25 und 26 nichts anderes bestimmen:

1.(...)

2. die Errichtung oder wesentliche (umbaugleiche) Änderung sonstiger Bauten über oder unter der Erde, die auf Grund ihrer Verwendung, Größe, Lage, Art oder Umgebung geeignet sind, eine wesentliche Beeinträchtigung für Menschen herbeizuführen oder das Orts- und Landschaftsbild zu stören;

..."

Die §§ 1 und 2 der Bauordnung für das Land Oberösterreich 1875 mit Ausnahme jener Orte, welche eine eigene Bauordnung besitzen, GuVBl. Nr. 15, idF LGBl. Nr. 53/1950 lauten:

"§ 1. Zur Führung von Neu-, Zu- oder Umbauten, dann zur Vornahme von wesentlichen Ausbesserungen oder Umänderungen an bestehenden Gebäuden ist die Bewilligung der nach dem Gesetze kompetenten Behörden erforderlich.

Zu den wesentlichen Ausbesserungen oder Umänderungen werden diejenigen gerechnet, welche auf den Baustand, die Festigkeit und Feuersicherheit des Gebäudes oder auf die Rechte der Nachbarn irgendwie Einfluß nehmen können.

§ 2. Ausbesserungen und Abänderungen geringerer Art sind vor Beginn derselben ohne Einholung der Baubewilligung dem Gemeindevorsteher bloß anzuzeigen.

Diesem bleibt es jedoch vorbehalten, erforderlichen Falls die Ausführung dieser Ausbesserungen und Abänderungen von der Vorlage und Genehmigung des Planes abhängig zu machen.

Bei der Ausbesserung einzelner schadhafter Gegenstände, wodurch der allgemeine Baustand keine Änderung erleidet, ist keine Anzeige erforderlich."

4.1. Zu dem Vorbringen, dass die Anwendbarkeit des § 2 OÖ Bauordnung 1875 nicht von vornherein ausgeschlossen werden könne, genügt es darauf hinzuweisen, dass es sich bei den angeführten errichteten baulichen Anlagen nicht um Ausbesserungen und Abänderungen handelt. Eine Anwendung dieser Bestimmung ist auszuschließen.

4.2. Dem Vorbringen, dass die beantragten Zeugen von Amts wegen einvernommen werden hätten müssen, ist - wie dies die belangte Behörde zutreffend getan hat - entgegenzuhalten, dass daraus, dass Organe der Behörde die Zulässigkeit des Bestandes mündlich bestätigt hätten, für die Rechtsfrage des Vorliegens eines vermuteten Konsens nichts gewonnen werden kann.

4.3. Die Rechtsvermutung der Konsensmäßigkeit eines Baues setzt voraus, dass der Zeitpunkt der Erbauung so weit zurückliegt, dass die Erteilung der Baubewilligung fraglich erscheint oder bestimmte Indizien dafür sprechen, dass trotz Fehlens behördlicher Unterlagen von der Erteilung einer Baubewilligung auszugehen ist (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 31. August 1999, Zl. 99/05/0088, mwN). Da die Beschwerdeführer der Behörde keine konkreten Hinweise für das Vorliegen von Baubewilligungen gegeben haben, konnte diese im Hinblick auf die von ihr angestellten Erhebungen, insbesondere durch Einsichtnahme in die bezughabenden Archive, von weiteren Ermittlungen Abstand nehmen. Ohne konkreten Anhaltspunkt für die Unvollständigkeit der Archive bestand im Beschwerdefall keine weitere Erhebungspflicht der Behörde. Die gegenteilige von den Beschwerdeführern vorgetragene Rechtsansicht würde zu einer Überspannung der Erhebungspflicht dahingehend führen, dass die Behörde einen (praktisch unmöglichen) Negativbeweis erbringen müsste (vgl. hierzu unter vielen die hg. Erkenntnisse vom 26. April 1990, Zl. 90/06/0042 und vom 30. Jänner 2001, Zl. 2000/05/0252). Die Behörden sind in diesem Zusammenhang vielmehr zutreffend davon ausgegangen, dass die Partei eine besondere Mitwirkungsverpflichtung trifft. Ist es in der Regel doch der Eigentümer des Bauwerkes, der zielführende Hinweise über das Vorliegen einer Baubewilligung geben kann (vgl. das bereits angeführte hg. Erkenntnis vom 31. August 1999).

4.4. Nach der hg. Rechtsprechung kommt eine Auslegung des Spruchs eines Bescheides nach dessen Begründung nur in jenen Fällen in Betracht, in denen der Spruch für sich allein Zweifel an seinem Inhalt offen lässt. Dagegen kommt eine Umdeutung (oder auch Ausweitung) eines klar gefassten Spruches anhand der Begründung des Bescheides nicht in Betracht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. Dezember 2008, Zl. 2007/18/0327). Ist somit der Spruch des Bescheides eindeutig, dann kommt der Begründung eine den Inhalt des Bescheides modifizierende Wirkung nicht zu. Selbst ein Widerspruch der Begründung zum Spruch ist unerheblich, wenn nach dem Wortlaut des Spruchs eines Bescheides über dessen Inhalt kein Zweifel herrschen kann. Eine über den formalen Spruchinhalt hinausgehende Gesamtbetrachtung von Spruch und Begründung findet somit ihre Grenze dann, wenn der formale Spruchinhalt durch Ausführungen im Begründungsteil nicht ergänzt bzw. komplettiert wird, sondern mit diesem in Widerspruch gerät (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 13. Mai 2005, Zl. 2004/02/0354, und vom 18. Oktober 2012, Zl. 2008/22/0693, mwN). Im gegenständlichen Fall zählt der Spruch des Berufungsbescheides vom 6. Dezember 2012 die Gebäudeteile auf, hinsichtlich derer die Berufung gegen den Beseitigungsauftrag als unbegründet abgewiesen bzw. der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben wird. Diese Aufzählung lässt keinen Spielraum, den Spruch gegenteilig auszulegen oder zu erweitern. Über die in der Begründung, jedoch nicht im Spruch thematisierte Beseitigung der Natursteinmauer wie die unerwähnt gebliebene Außenfläche ist folglich noch nicht abgesprochen worden. Eine Rechtswidrigkeit ist darin im Lichte des § 59 AVG im Hinblick auf die Trennbarkeit des baupolizeilichen Auftrages nach den verschiedenen, davon betroffenen Bauten nicht zu sehen. Eine solche wird auch von den Beschwerdeführern in diesem Zusammenhang nicht geltend gemacht.

5. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff iVm § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG iVm § 3 Z 1 der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014 iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 29. September 2015

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