VwGH 2013/03/0012

VwGH2013/03/001226.6.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der New Media Online GmbH in Innsbruck, vertreten durch Dr. Heinz Knoflach, Dr. Erik Kroker, Dr. Simon Tonini, Dr. Fabian Höss und Mag. Harald Lajlar, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Sillgasse 12/IV, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 13. Dezember 2012, Zl 611.191/0005-BKS/2012 (weitere Partei: Bundeskanzler), betreffend Feststellung der Anzeigepflicht nach § 9 Abs 1 Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz (AMD-G), den Beschluss gefasst:

Normen

12010E056 AEUV Art56;
12010E057 AEUV Art57;
12010E267 AEUV Art267;
32002L0021 Rahmen-RL Kommunikationsnetze Art2 lita;
32010L0013 audiovisuelle Mediendienste Art1 Abs1 lita;
32010L0013 audiovisuelle Mediendienste Art1 Abs1 litb;
32010L0013 audiovisuelle Mediendienste Art1 Abs1 litg;
AMD-G 2001 §2 Z3;
AMD-G 2001 §2 Z30;
AMD-G 2001 §2 Z4;
AMD-G 2001 §9 Abs1;
12010E056 AEUV Art56;
12010E057 AEUV Art57;
12010E267 AEUV Art267;
32002L0021 Rahmen-RL Kommunikationsnetze Art2 lita;
32010L0013 audiovisuelle Mediendienste Art1 Abs1 lita;
32010L0013 audiovisuelle Mediendienste Art1 Abs1 litb;
32010L0013 audiovisuelle Mediendienste Art1 Abs1 litg;
AMD-G 2001 §2 Z3;
AMD-G 2001 §2 Z30;
AMD-G 2001 §2 Z4;
AMD-G 2001 §9 Abs1;

 

Spruch:

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden nach Art 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist Art 1 Abs 1 lit b der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) dahingehend auszulegen, dass von einer in Form und Inhalt erforderlichen Vergleichbarkeit eines in Prüfung stehenden Dienstes mit Fernsehprogrammen dann ausgegangen werden kann, wenn derartige Dienste auch in Fernsehprogrammen angeboten werden, die als Massenmedien angesehen werden können, welche für den Empfang durch einen wesentlichen Teil der Allgemeinheit bestimmt sind und bei dieser deutliche Wirkung entfalten können.

2. Ist Art 1 Abs 1 lit a sublit i der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) dahingehend auszulegen, dass bei elektronischen Ausgaben von Zeitungen im Zusammenhang mit der Prüfung des Hauptzweckes eines angebotenen Dienstes auf einen Teilbereich abgestellt werden kann, in dem überwiegend kurze Videos gesammelt bereitgestellt werden, die in anderen Bereichen des Webauftritts dieses elektronischen Mediums nur zur Ergänzung von Textbeiträgen der Online-Tageszeitung verwendet werden.

Begründung

I. Sachverhalt und Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin betreibt unter der Internetadresse http://www.tt.com die "Tiroler Tageszeitung Online". Die Textbeiträge (unter anderem Nachrichten, Berichte über Sport und Freizeit, etc) dieser elektronischen Ausgabe einer Zeitung werden auf der Webseite vereinzelt durch Videos, die oberhalb des Textes dargestellt werden, ergänzt.

Auf der bei Aufruf von http://www.tt.com erscheinenden Webseite findet sich auch ein Link mit der Bezeichnung "Video", der auf die Subdomain http://video.tt.com verweist. Die dadurch aufrufbare Webseite entspricht im Design dem übrigen Webauftritt und weist dieselben allgemeinen Navigationselemente (insbesondere Kopf-, Fußzeile und Hauptmenü) auf. Auf ihr können - auch unter Zuhilfenahme eines Suchkatalogs - insgesamt mehr als 300 Videos abgerufen werden. Bei den bereitgestellten Videos handelt es sich um redaktionell gestaltete Berichte verschiedener Länge (etwa 30 Sekunden bis mehrere Minuten), zB über lokale Ereignisse und Veranstaltungen, Sportberichte, Filmtrailer, Bastelanleitungen für Kinder, Befragungen von Passanten zu aktuellen Themen, oder um redaktionell ausgewählte Videos von Lesern. Es sind dies einerseits die auch bei den Textbeiträgen in anderen Bereichen der Website der Beschwerdeführerin präsentierten Videos, aber auch solche, die keinen unmittelbaren Bezug zu Textbeiträgen haben.

2. Mit Bescheid vom 9. Oktober 2012 stellte die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) als in erster Instanz befasste Verwaltungsbehörde fest, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen des Webauftritts http://www.tt.com mit der Subdomain http://video.tt.com/ ("Video") einen audiovisuellen Mediendienst auf Abruf im Sinne des § 2 Z 4 iVm Z 3 AMD-G veranstalte, welcher der Anzeigepflicht gemäß § 9 Abs 1 AMD-G unterliege.

Hingegen würde mit dem übrigen Internetauftritt unter http://www.tt.com kein audiovisueller Mediendienst gemäß § 2 Z 3 und 4 AMD-G veranstaltet und bestehe daher insofern keine Verpflichtung zur Anzeige nach § 9 Abs 1 AMD-G.

Begründend führte sie im Wesentlichen aus, ein audiovisueller Mediendienst müsse eine Dienstleistung im Sinne der Art 56 und 57 AEUV sein, die von einem Mediendiensteanbieter unter dessen redaktioneller Verantwortung mit dem Hauptzweck der Bereitstellung von Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung der allgemeinen Öffentlichkeit über elektronische Kommunikationsnetze erbracht werde. Diese Voraussetzungen seien im gegenständlichen Fall erfüllt. Es sei - entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin - nicht ersichtlich, warum die im Rahmen eines Katalogs angebotenen, in sich geschlossenen Beiträge mit bewegten Bildern und Ton keine "Sendungen" sein sollten. Die Inhalte würden der Information, Unterhaltung oder Bildung dienen und seien in Form und Inhalt dem, was auch im Fernsehen angeboten werde, ähnlich. Nicht nur, dass sie auch auf das gleiche Publikum wie Fernsehsendungen ausgerichtet seien, seien Sportberichte in Art 1 Abs 1 lit b der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-RL) ausdrücklich genannt. Da auch die anderen genannten Inhalte mit denen in der - demonstrativen - Aufzählung von Sendungen in Art 1 Abs 1 lit b AMD-RL vergleichbar seien, stehe fest, dass es sich bei den genannten audiovisuellen Inhalten um "Sendungen" handle. Zum Hauptzweck der Bereitstellung von Sendungen führte die KommAustria aus, es komme nicht auf das gesamte Leistungsspektrum eines Dienstanbieters an. Entscheidend sei, ob das audiovisuelle Angebot eine eigenständige Funktion erfülle und nicht nur eine Begleitung oder Ergänzung zu einem Textangebot darstelle. Dies sei insoweit, als auf der Webseite http://www.tt.com außerhalb des Bereichs "Video" einzelne Textbeiträge gelegentlich durch audiovisuelle Inhalte ergänzt würden, zu verneinen. Soweit jedoch im Bereich "Video" ein Katalog von Sendungen im Sinne des § 2 Z 30 AMD-G zum Abruf bereitgestellt werde, handle es sich um ein eigenständiges Angebot, dessen Hauptzweck die Bereitstellung von Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung sei, der unabhängig vom Rest des Webauftritts nutzbar sei und der auch ohne die Einbettung in den Gesamtwebauftritt http://www.tt.com in dieser Form angeboten werden könnte.

3. Gegen die mit dem Bescheid der KommAustria erfolgte Qualifikation ihrer Subdomain http://video.tt.com/ als audiovisueller Mediendienst auf Abruf erhob die Beschwerdeführerin Berufung an den Bundeskommunikationssenat (eine als unabhängiges Tribunal eingerichtete Verwaltungsbehörde), die mit Bescheid vom 13. Dezember 2012 abgewiesen wurde.

In der Begründung der Entscheidung schloss sich der Bundeskommunikationssenat der rechtlichen Beurteilung der KommAustria an. Es sei für ihn nicht nachvollziehbar, warum den einzelnen über die Webseite der Beschwerdeführerin abrufbaren Videos die fernsehähnliche Gestaltung abzusprechen wäre. Vielmehr sei bei den Videos in Inhalt und Gestaltung überhaupt kein Unterschied zu herkömmlichen - auch in linearen Fernsehsendern ausgestrahlten - Chronik-, Kultur-, Politik-, Wirtschaft-, Freizeit-, Film- oder Sportsendungen zu erkennen. Die gesetzlichen Regelungen würden auch keine zeitliche Mindestgrenze für die Dauer einer Sendung festlegen, sodass auch in diesem Hinblick kein Argument für den Standpunkt der Beschwerdeführerin gewonnen werden könne. Ferner liege auch das Kriterium des Hauptzwecks vor, zumal die Beschwerdeführerin selbst eingeräumt habe, dass es sich bei der betreffenden Subdomain gerade nicht um eine bloße audiovisuelle Nebenerscheinung handle. Vielmehr habe die Beschwerdeführerin diese als redaktionell gestaltete Berichte unterschiedlicher Länge zu unterschiedlichsten Bereichen bezeichnet. Die Beiträge seien Bestandteil einer ausschließlich audiovisuellen Inhalten vorbehaltenen eigenständigen Subdomain, die ein auch ohne jeglichen Textbeitrag konsumierbares Angebot darstelle. Die Aufmachung und der Inhalt der auf der betreffenden Subdomain abrufbaren Beiträge würden die von der KommAustria vorgenommene Wertung, dass diese keine bloß dienende oder untergeordnete Funktion im Sinne einer Veranschaulichung eines bestimmten Textes ausüben würden, bestätigen. Der im Bereich "Video" bereitgestellte Katalog von Sendungen stelle ein vom übrigen Angebot im Rahmen des Webauftritts http://www.tt.com getrenntes und daher auch getrennt zu beurteilendes eigenständiges Angebot dar, das als audiovisueller Mediendienst auf Abruf einer Regulierung unterliege.

4. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Darin bestreitet sie erneut, dass die unter der Subdomain http://www.tt.com angebotenen Leistungen als audiovisueller Mediendienst auf Abruf einzustufen seien.

Im Einzelnen bringt sie vor, der Hauptzweck der angebotenen Dienstleistung sei nicht die Bereitstellung von Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung. Die unter der Rubrik "Video" abrufbaren audiovisuellen Inhalte (Kurzvideos) seien lediglich eine untergeordnete Ergänzung des nicht auf die Veranstaltung eines audiovisuellen Mediendienstes ausgerichteten Internetauftrittes der Beschwerdeführerin. Ihnen komme - unter Bedachtnahme auf das Gesamtangebot der Online-Tageszeitung - keine eigenständige Bedeutung zu. Im Übrigen setze die Qualifikation des Angebots als audiovisueller Mediendienst auf Abruf voraus, dass es in Form und Inhalten mit Fernsehsendungen vergleichbar sei. Davon wäre nur dann auszugehen, wenn das Angebot in seiner Wirkung massenattraktiven Sendungen zumindest nahekäme oder diese substituieren könne. Die von der Beschwerdeführerin bereitgestellten Kurzvideos würden diese Voraussetzung nicht erfüllen und könnten daher nicht als fernsehähnlich eingestuft werden.

5. Bei der Entscheidung über diese Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof zu klären, ob das strittige Angebot als audiovisueller Mediendienst (auf Abruf) im Sinne des Art 1 Abs 1 lit a, b und g der Richtlinie 2010/13/EU anzusehen ist.

II. Die maßgebenden Bestimmungen des nationalen Rechts:

Die §§ 2 und 9 des Audiovisuellen Mediendienste-Gesetzes,

BGBl I Nr 84/2011 (AMD-G), lauten (auszugsweise):

"Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Sinne dieses Gesetzes ist:

  1. 1. (bis) 2. (...)
  1. 3. audiovisueller Mediendienst: eine Dienstleistung im Sinne der Art. 56 und 57 AEUV unter der redaktionellen Verantwortung eines Mediendiensteanbieters, deren Hauptzweck die Bereitstellung von Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung der allgemeinen Öffentlichkeit über elektronische Kommunikationsnetze (§ 3 Z 11 TKG 2003) ist. Darunter fallen Fernsehprogramme und audiovisuelle Mediendienste auf Abruf;

    4. audiovisueller Mediendienst auf Abruf: ein audiovisueller Mediendienst, der von einem Mediendiensteanbieter für den Empfang zu dem vom Nutzer gewählten Zeitpunkt und auf dessen individuellen Abruf hin aus einem vom Mediendiensteanbieter festgelegten Programmkatalog bereitgestellt wird (Abrufdienst);

    (...)

    30. Sendung: ein einzelner, in sich geschlossener Teil eine(s) Fernsehprogramms oder eines audiovisuellen Mediendienstes auf Abruf, der aus einer Abfolge von bewegten Bildern mit oder ohne Ton besteht und Bestandteil eines von einem Mediendiensteanbieter erstellten Sendeplans oder Katalogs ist;

    (...)

    Anzeigepflichtige Dienste

§ 9. (1) Fernsehveranstalter, soweit sie nicht einer Zulassungspflicht nach § 3 Abs. 1 unterliegen, sowie Anbieter von Mediendiensten auf Abruf, haben ihre Tätigkeit spätestens zwei Wochen vor Aufnahme der Regulierungsbehörde anzuzeigen."

III. Die maßgebenden Bestimmungen des Unionsrechts:

Im Beschwerdefall ist die Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste), ABl L 95 vom 15. April 2010, Seite 1 (im Folgenden: AVMD-Richtlinie) maßgebend. Von Bedeutung ist - neben den Erwägungsgründen 11, 12, 21, 22, 24, 28 und 69 - Artikel 1. Diese Bestimmungen haben - auszugsweise - folgenden Wortlaut:

"(11) Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, die Rechtssicherheit zu verbessern, zur Vollendung des Binnenmarkts beizutragen und die Entstehung eines einheitlichen Informationsraums zu erleichtern, ist es notwendig, auf alle audiovisuellen Mediendienste - sowohl Fernsehprogramme (d. h. lineare audiovisuelle Mediendienste) als auch audiovisuelle Mediendienste auf Abruf (d. h. nichtlineare audiovisuelle Mediendienste) - zumindest bestimmte gemeinsame Grundvorschriften anzuwenden.

(12) Die Kommission hat am 15. Dezember 2003 eine Mitteilung über die Zukunft der europäischen Regulierungspolitik im audiovisuellen Bereich angenommen, in der sie betont, dass die Regulierungspolitik in diesem Sektor jetzt und auch in Zukunft bestimmte Interessen der Allgemeinheit wie kulturelle Vielfalt, Recht auf Information, Medienpluralismus, Jugendschutz und Verbraucherschutz wahren sowie Bewusstseinsbildung und Medienkompetenz der Allgemeinheit fördern muss.

(...)

(21) Für die Zwecke dieser Richtlinie sollte der Begriff der audiovisuellen Mediendienste lediglich die entweder als Fernsehprogramm oder auf Abruf bereitgestellten audiovisuellen Mediendienste erfassen, bei denen es sich um Massenmedien handelt, das heißt, die für den Empfang durch einen wesentlichen Teil der Allgemeinheit bestimmt sind und bei dieser eine deutliche Wirkung entfalten könnten. Er sollte nur Dienstleistungen im Sinne des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union erfassen, also alle Arten wirtschaftlicher Tätigkeiten, auch die öffentlichrechtlicher Unternehmen, sich jedoch nicht auf vorwiegend nichtwirtschaftliche Tätigkeiten erstrecken, die nicht mit Fernsehsendungen im Wettbewerb stehen, wie z.B. private Internetseiten und Dienste zur Bereitstellung oder Verbreitung audiovisueller Inhalte, die von privaten Nutzern für Zwecke der gemeinsamen Nutzung und des Austauschs innerhalb von Interessengemeinschaften erstellt werden.

(22) Für die Zwecke dieser Richtlinie sollte der Begriff der audiovisuellen Mediendienste die Massenmedien in ihrer informierenden, unterhaltenden und die breite Öffentlichkeit bildenden Funktion erfassen, einschließlich der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation, aber alle Formen privater Korrespondenz, z.B. an eine begrenzte Anzahl von Empfängern versandte elektronische Post, ausschließen. Die Begriffsbestimmung sollte alle Dienste ausschließen, deren Hauptzweck nicht die Bereitstellung von Programmen ist, d. h. bei denen audiovisuelle Inhalte lediglich eine Nebenerscheinung darstellen und nicht Hauptzweck der Dienste sind. Dazu zählen beispielsweise Internetseiten, die lediglich zu Ergänzungszwecken audiovisuelle Elemente enthalten, z.B. animierte grafische Elemente, kurze Werbespots oder Informationen über ein Produkt oder nichtaudiovisuelle Dienste. Aus diesen Gründen sollten ferner folgende Dienste von dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen sein: Glücksspiele mit einem einen Geldwert darstellenden Einsatz, einschließlich Lotterien, Wetten und andere Gewinnspiele, sowie Online-Spiele und Suchmaschinen, jedoch nicht Sendungen mit Gewinnspielen oder Glücksspielen.

(...)

(24) Ein typisches Merkmal der Abrufdienste ist, dass sie 'fernsehähnlich' sind, d.h. dass sie auf das gleiche Publikum wie Fernsehsendungen ausgerichtet sind und der Nutzer aufgrund der Art und Weise des Zugangs zu diesen Diensten vernünftigerweise einen Regelungsschutz im Rahmen dieser Richtlinie erwarten kann. Angesichts dieser Tatsache sollte zur Vermeidung von Diskrepanzen bei der Dienstleistungsfreiheit und beim Wettbewerb der Begriff 'Sendung' unter Berücksichtigung der Entwicklungen auf dem Gebiet der Fernsehsendungen dynamisch ausgelegt werden.

(...)

(28) Elektronische Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften sollten nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen.

(...)

(69) Audiovisuelle Mediendienste auf Abruf besitzen das Potenzial, Fernsehprogramme teilweise zu ersetzen. Sie sollten daher im Rahmen des praktisch Durchführbaren die Produktion und Verbreitung europäischer Werke vorantreiben und damit einen aktiven Beitrag zur Förderung der kulturellen Vielfalt leisten. (...) KAPITEL I

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Artikel 1

(1) Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

  1. a) 'audiovisueller Mediendienst'
  2. i) eine Dienstleistung im Sinne der Artikel 56 und 57 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, für die ein Mediendiensteanbieter die redaktionelle Verantwortung trägt und deren Hauptzweck die Bereitstellung von Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung der allgemeinen Öffentlichkeit über elektronische Kommunikationsnetze im Sinne des Artikels 2 Buchstabe a der Richtlinie 2002/21/EG ist. Bei diesen audiovisuellen Mediendiensten handelt es sich entweder um Fernsehprogramme gemäß der Definition unter Buchstabe e des vorliegenden Absatzes oder um audiovisuelle Mediendienste auf Abruf gemäß der Definition unter Buchstabe g des vorliegenden Absatzes,

    ii) die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation;

    b) 'Sendung' eine Abfolge von bewegten Bildern mit oder ohne Ton, die Einzelbestandteil eines von einem Mediendiensteanbieter erstellten Sendeplans oder Katalogs ist und deren Form und Inhalt mit der Form und dem Inhalt von Fernsehprogrammen vergleichbar sind. Beispiele für Sendungen sind unter anderem Spielfilme, Sportberichte, Fernsehkomödien, Dokumentarfilme, Kindersendungen und Originalfernsehspiele;

  1. c) (bis) f) (...)
  2. g) 'audiovisueller Mediendienst auf Abruf' (d. h. ein nichtlinearer audiovisueller Mediendienst) einen audiovisuellen Mediendienst, der von einem Mediendiensteanbieter für den Empfang zu dem vom Nutzer gewählten Zeitpunkt und auf dessen individuellen Abruf hin aus einem vom Mediendiensteanbieter festgelegten Programmkatalog bereitgestellt wird;

    (...)"

    IV. Zur Vorlageberechtigung

    Der Verwaltungsgerichtshof ist ein Gericht im Sinne des Art 267 AEUV, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können.

    V.1. Erläuterungen zu den Vorlagefragen

    Es ist in Bezug auf die maßgeblichen Bestimmungen des Art 1 Abs 1 lit a, b und g der AVMD-Richtlinie nicht strittig, dass die Beschwerdeführerin mit den in Rede stehenden Diensten eine Dienstleistung im Sinne der Art 56 und 57 AEUV anbietet, für die sie die redaktionelle Verantwortung trägt und die der allgemeinen Öffentlichkeit über elektronische Kommunikationsnetze im Sinne des Art 2 lit a der Richtlinie 2002/21/EG zur Verfügung gestellt werden. Auch steht fest, dass die Dienste für den Empfang zu dem vom Nutzer gewählten Zeitpunkt und auf dessen individuellen Abruf hin aus einem von der Beschwerdeführerin (Mediendiensteanbieter) festgelegten Programmkatalog bereitgestellt werden.

    Fraglich ist jedoch, ob die - unter Punkt I.1. umschriebenen -

Dienste den Hauptzweck der Bereitstellung von Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung verfolgen. In diesem Zusammenhang ist zu beantworten, ob die in eine Videosammlung eingestellten kurzen Videos, die überwiegend auch in Zusammenhang mit tagesaktuellen Berichten einer Online-Zeitung abgerufen werden können, unter den Sendungsbegriff des Art 1 Abs 1 lit b der AVMD-Richtlinie fallen können, insbesondere, welche Bedeutung dem Kriterium, sie müssten in Form und Inhalt mit der Form und dem Inhalt von Fernsehprogrammen vergleichbar sein, zukommt. Es ist auch zu klären, ob es zulässig ist, den Hauptzweck der Bereitstellung dieser Videos im Rahmen einer elektronischen Ausgabe einer Zeitung getrennt vom Gesamtangebot dieser Online-Zeitung zu beurteilen.

V. 2. Zur ersten Vorlagefrage

Die Anwendung der AVMD-Richtlinie hängt unter anderem davon ab, ob die angebotenen Videos als "Sendung" im Sinne von Art 1 Abs 1 lit b AVMD-Richtlinie qualifiziert werden können. Für den vorliegenden Fall ist dabei von Bedeutung, ob die strittige Sammlung von Videos, die vom Nutzer über einen Katalog abgerufen werden können, der in der genannten Bestimmung festgelegten Anforderung entspricht, in "Form und Inhalt mit der Form und dem Inhalt von Fernsehprogrammen vergleichbar" zu sein. Zur Erläuterung verweist Art 1 Abs 1 lit b AVMD-Richtlinie beispielhaft auf einzelne Sendungen, die als vergleichbar anzusehen wären, und nennt Spielfilme, Sportberichte, Fernsehkomödien, Dokumentarfilme, Kindersendungen und Originalfernsehspiele. Bei den aufgezählten Sendungen handelt es sich jedenfalls um solche, die typischerweise auch in Fernsehprogrammen ausgestrahlt werden. Die demonstrative Aufzählung lässt aber nicht erkennen, wie andere Formen der Bereitstellung von audiovisuellen Inhalten einzustufen sind, die es - zumindest in dieser Zusammenstellung - im "klassischen" Fernsehen nicht gibt, die aber im audiovisuellen Bereich an Bedeutung gewinnen. Dies gilt etwa - wie im vorliegenden Fall - für die Bereitstellung von zeitlich kurzen Videos, mit denen etwa kurze Sequenzen aus (lokalen) Nachrichten, Sport und Unterhaltung gezeigt werden. Derartige Kurzvideosammlungen wurden - soweit der Verwaltungsgerichtshof dies überblicken kann - in Fernsehprogrammen bislang typischerweise nicht gezeigt; neue Entwicklungen vor allem im Bereich von mobilem TV lassen aber nicht ausschließen, dass es solche neuen Formate auch in Fernsehprogrammen geben kann bzw schon gibt (vgl die Hinweise in Kogler, TV (On Demand), Europäische Content-Regelung für Audiovisuelle Mediendienste (2010), Seite 46).

Im Erwägungsgrund 24 wird ausgeführt, ein typisches Merkmal der Abrufdienste sei, dass sie "fernsehähnlich" seien, das heiße, dass sie auf das gleiche Publikum wie Fernsehsendungen ausgerichtet seien und der Nutzer aufgrund der Art und Weise des Zugangs zu diesen Diensten vernünftigerweise einen Regelungsschutz im Rahmen der AVMD-Richtlinie erwarten könne. Angesichts dieser Tatsache sollte der Begriff "Sendung" unter Berücksichtigung der Entwicklungen auf dem Gebiet der Fernsehsendungen dynamisch ausgelegt werden.

Eine dynamische Auslegung des Begriffs der Sendung ließe die Möglichkeit zu, auch die im vorliegenden Fall strittigen Kurzvideos als "Sendungen" einzustufen. Hinzu kommt, dass die Fernsehähnlichkeit offenbar auch daran gemessen werden soll, ob das in Rede stehende Angebot das gleiche Publikum wie Fernsehsendungen anspricht (und - wie sich aus Erwägungsgrund 69 ergibt - das Potenzial besitzt, Fernsehprogramme teilweise zu ersetzen) und ein der AVMD-Richtlinie entsprechender Regelungsschutz erwartet werden darf. In dieselbe Richtung deutet Erwägungsgrund 21, wonach die AVMD-Richtlinie jene Dienste erfassen soll, bei denen es sich um Massenmedien handelt, das heiße, die für den Empfang durch einen wesentlichen Teil der Allgemeinheit bestimmt seien und bei dieser eine deutliche Wirkung entfalten könnten.

Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht, dass die Vergleichbarkeit eines in Prüfung stehenden Dienstes mit Form und Inhalt von Fernsehprogrammen im Sinne des Art 1 Abs 1 lit b AVMD-Richtlinie von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Es ist jedoch zu klären, welchen Kriterien bei dieser Prüfung entscheidende Bedeutung zukommt.

Ungeachtet der Frage, ob die in Rede stehenden Dienste in vergleichbarer Weise bereits in (zum Beispiel mobilen) Fernsehprogrammen gezeigt werden, erscheint klärungsbedürftig, welche Bedeutung dem Hinweis in Erwägungsgrund 21 zukommt, nur Massenmedien, die für den Empfang durch einen wesentlichen Teil der Allgemeinheit bestimmt seien und bei dieser eine deutliche Wirkung entfalten könnten, sollten dem Anwendungsbereich der AVMD-Richtlinie unterliegen. Ausgehend davon könnte in Erwägung gezogen werden, die Anwendung der AVMD-Richtlinie selbst dann zu verneinen, wenn vergleichbare Sendungen in einzelnen Fernsehprogrammen vorkommen, die nicht als Massenmedien mit dem in Erwägungsgrund 21 verwendeten Begriffsverständnis einzustufen wären.

Auch der Hinweis in Erwägungsgrund 24, wonach sich die Fernsehähnlichkeit aus der Ausrichtung auf das gleiche Publikum wie Fernsehsendungen ergäbe, wirft die Frage auf, ob dabei nur auf Publikumsgruppen abzustellen ist, die als wesentlicher Teil der Allgemeinheit anzusehen sind.

Der Verwaltungsgerichtshof geht vorerst davon aus, dass von einer (in Form und Inhalt erforderlichen) Vergleichbarkeit des in Prüfung stehenden Dienstes mit Fernsehprogrammen dann ausgegangen werden kann, wenn derartige Dienste in Fernsehprogrammen angeboten werden, die als Massenmedien im Sinne der Definition im Erwägungsgrund 21 der AVMD-Richtlinie angesehen werden können. Da zur Klärung dieser Frage noch keine Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union vorliegt, wird die erste Frage des gegenständlichen Vorabentscheidungsersuchens gestellt.

V. 2. Zur zweiten Vorlagefrage

Erwägungsgrund 28 der AVMD-Richtlinie stellt klar, dass elektronische Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften nicht in den Anwendungsbereich der AVMD-Richtlinie fallen sollen. Mit dem Kriterium des Hauptzwecks in Art 1 Abs 1 lit a AVMD-Richtlinie wurde zusätzlich - wie Erwägungsgrund 22 näher erläutert - die Anwendung der AVMD-Richtlinie auf alle Dienste ausgeschlossen, bei denen audiovisuelle Inhalte lediglich eine Nebenerscheinung darstellen und nicht Hauptzweck des Dienstes sind.

Im vorliegenden Fall ist der Webauftritt einer elektronischen Ausgabe einer Zeitung zu beurteilen. Textbeiträge dieser Online-Zeitung werden zum Teil durch Kurzvideos ergänzt, wobei die Regulierungsbehörde - unbekämpft und nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes zu Recht - davon ausgegangen ist, dass die Bereitstellung der Videos insoweit bloß ergänzende Funktion hat und daher nicht als audiovisueller Mediendienst angesehen werden kann. Daneben bietet diese Online-Zeitung den Nutzern aber die Möglichkeit an, über einen Link zu einer Subdomain und damit zu einer Webseite zu gelangen, auf der die in Prüfung stehenden Kurzvideos anhand eines Katalogs abgerufen werden können. Die Regulierungsbehörde hat diesen Dienst entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin getrennt vom übrigen Webauftritt der Beschwerdeführerin geprüft und als audiovisueller Mediendienst auf Abruf eingestuft.

Die AVMD-Richtlinie lässt nicht eindeutig erkennen, ob es bei der Qualifikation einer Dienstleistung als audiovisueller Mediendienst unter dem Aspekt des "Hauptzwecks", insbesondere bei elektronischen Ausgaben von Zeitungen, auf das gesamte Leistungsspektrum des Anbieters ankommt oder eine Prüfung von Teilangeboten zulässig ist. Die Zielsetzung der AVMD-Richtlinie, wie sie vor allem auch aus den angesprochenen Erwägungsgründen ersichtlich wird, spricht nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes dafür, auch Teilangebote als audiovisuellen Mediendienst zu qualifizieren, wenn sie für sich betrachtet den Voraussetzungen des Art 1 Abs 1 lit a AVMD-Richtlinie entsprechen. Anderenfalls stünde es einem Anbieter durch Erweiterung seines Leistungsspektrums offen, Dienste, für die ein Regelungsschutz nach dieser Richtlinie zu erwarten wäre, ihrem Anwendungsbereich zu entziehen.

Der Verwaltungsgerichtshof geht daher vorerst davon aus, dass bei elektronischen Ausgaben von Zeitungen im Zusammenhang mit der Prüfung des Hauptzweckes eines angebotenen Dienstes auf einen Teilbereich abgestellt werden kann, in dem - wie im vorliegenden Fall - überwiegend kurze Videos gesammelt bereitgestellt werden, die in anderen Bereichen des Webauftritts dieses elektronischen Mediums nur zur Ergänzung von Textbeiträgen der Online-Tageszeitung verwendet werden. Da auch zu dieser Frage keine Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union vorliegt, wird die zweite Vorlagefrage mit dem Ersuchen um Vorabentscheidung vorgelegt.

Wien, am 26. Juni 2014

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