VwGH 2013/01/0004

VwGH2013/01/000429.5.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, in der Beschwerdesache des M in W, vertreten durch Mag. Hans-Christian Obernberger, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Ardetzenbergstraße 42, gegen den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit einer Übertretung des Vorarlberger Gesetzes über Angelegenheiten der Sittenpolizei (weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

SittenpolG Vlbg 1976 §18 Abs2;
VStG §51 Abs7;
VStG §56;
VwGG §27;
SittenpolG Vlbg 1976 §18 Abs2;
VStG §51 Abs7;
VStG §56;
VwGG §27;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit der vorliegenden Beschwerde macht der Beschwerdeführer eine behauptete Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde betreffend seine Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 14. Juni 2012 geltend.

Mit diesem Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe am 9. April 2012 durch näher bezeichnete Tathandlungen § 18 Abs. 1 lit. g iVm § 12 lit. c (Vorarlberger) Sittenpolizeigesetz verletzt.

2. Gemäß Artikel 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war. In Verwaltungsstrafsachen ist eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht nicht zulässig; dies gilt nicht für Privatanklage- und für Finanzstrafsachen.

3. Die vorliegend maßgeblichen Bestimmungen des Vorarlberger Gesetzes über Angelegenheiten der Sittenpolizei, LGBl. Nr. 6/1976 in der Fassung LGBl. Nr. 1/2008 lauten:

"§ 12

Ehrenkränkung

Es ist verboten,

c) einen anderen zu beschimpfen, zu verspotten, am Körper zu misshandeln oder mit einer körperlichen Misshandlung zu bedrohen.

§ 18

Strafen

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer

g) einen anderen vorsätzlich durch eine im § 12 genannte Handlung in seiner Ehre kränkt, sofern nicht ein gerichtlich strafbarer Tatbestand vorliegt,

(2) …

Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 lit. g sind jedoch nur zu verfolgen, wenn ein Strafantrag gemäß § 56 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 gestellt wird."

Durch den Verweis auf § 56 VStG (Privatanklagesachen) wird klargestellt, dass es sich bei der vorliegenden Verwaltungsstrafsache um eine Privatanklagesache iSd Art. 132 B-VG handelt.

4. Gemäß § 27 Abs. 1 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG (unter anderem) erst erhoben werden, wenn der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Nun sieht (der auch in Privatanklagesachen anwendbare) § 51 Abs. 7 VStG vor, dass ein Straferkenntnis dann, wenn seit dem Einlangen einer vom Beschuldigten rechtzeitig eingebrachten und zulässigen Berufung 15 Monate vergangen sind, von Gesetzes wegen außer Kraft tritt; das Verfahren ist einzustellen.

Damit ist der Berufungsbehörde eine 15-monatige Entscheidungsfrist in jenem - auch der Beschwerde zu Grunde liegenden - Fall eingeräumt, in dem vom Beschuldigten gegen ein Straferkenntnis Berufung erhoben wurde. Eine Säumnis der Behörde vor Ablauf dieser Frist ist diesfalls ausgeschlossen; die sechsmonatige Entscheidungsfrist gemäß § 27 VwGG kann daher nicht zum Tragen kommen (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 22. März 1996, Zl. 95/17/0450).

5. Im Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer als Beschuldigter gegen das Straferkenntnis vom 14. Juni 2012 am 2. Juli 2012 Berufung erhoben. Die am 10. Jänner 2013 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte Säumnisbeschwerde wurde daher zu einem Zeitpunkt erhoben, als die fünfzehnmonatige Entscheidungsfrist nach § 51 Abs. 7 VStG noch nicht abgelaufen war.

6. Die Beschwerde war somit schon aus diesem Grund mangels Berechtigung zur Erhebung ohne weiteres Verfahren in einem gemäß Art. 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 29. Mai 2013

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