Normen
FrPolG 2005 §31 Abs1 Z3 idF 2009/I/122;
FrPolG 2005 §52 Abs1 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §52 Abs2 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §83 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
FrPolG 2005 §31 Abs1 Z3 idF 2009/I/122;
FrPolG 2005 §52 Abs1 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §52 Abs2 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §83 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Mit Mandatsbescheid vom 7. Dezember 2011 ordnete die Bundespolizeidirektion Graz (BPD) gegen den Mitbeteiligten, einen tunesischen Staatsangehörigen, gemäß § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 iVm. § 53 FPG und der Abschiebung an.
Begründend führte die BPD aus, der Mitbeteiligte sei bereits am 15. Juli 2011 - nachdem er (auf Grund eines Bescheides der Bezirkshauptmannschaft K.) in Schubhaft angehalten worden sei - aufgefordert worden, nach Griechenland auszureisen, weil er im Besitz eines gültigen griechischen Aufenthaltstitels sei. Sein tunesischer Reisepass befinde sich seinen Angaben zufolge bei der tunesischen Botschaft. Er habe gegenüber der BPD angegeben, im Juli 2011 zwei Tage lang in Griechenland gewesen und danach wieder nach Österreich eingereist zu sein. Einen Nachweis darüber, dass er tatsächlich in Griechenland gewesen sei, habe er nicht erbringen können.
Am 2. Dezember 2011 sei er aus der Justizanstalt G. (wo er in Untersuchungshaft angehalten worden war) entlassen und in das Polizeianhaltezentrum G. in Schubhaft überstellt worden. Noch am selben Tag habe er sich Schnittwunden zugefügt, um so die Entlassung aus der Schubhaft und Hintanhaltung der beabsichtigten fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu erreichen. Tatsächlich sei er am 2. Dezember 2011 aus der Schubhaft entlassen worden.
Am 7. Dezember 2011 sei er einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen und in der Folge "nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen" festgenommen und in das Polizeianhaltezentrum G. eingeliefert worden.
Die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung des bzw. der fremdenpolizeilichen Verfahren sei notwendig gewesen, weil zu befürchten gewesen sei, dass er sich "dem weiteren fremdenrechtlichen Verfahren bzw. Maßnahmen" zu entziehen trachten werde, zumal er bereits einmal durch das Zufügen von Schnittwunden seine Haftunfähigkeit herbeigeführt habe.
Die Verhängung von Schubhaft sei im Hinblick auf das zu erreichende Ziel angemessen und verhältnismäßig. Die Anordnung eines gelinderen Mittels gemäß § 77 FPG sei nicht in Betracht gekommen, weil die Behörde keinen Grund zur Annahme gehabt habe, dass der Zweck der Schubhaft auch durch dessen Anwendung erreicht werden könne, habe der Mitbeteiligte doch durch sein bisheriges Verhalten eindeutig zu erkennen gegeben, dass er bei Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft "untertauchen" werde, um so die beabsichtigten fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu verhindern.
Gegen die Verhängung der Schubhaft erhob der Mitbeteiligte Administrativbeschwerde an die belangte Behörde, in der er vorbrachte, dass er Inhaber einer Aufenthaltsbewilligung für Griechenland sei und einen Pass besitze, der bei der tunesischen Botschaft in Wien abgeholt werden könne. Eine "Ausweisung oder Abschiebung" sei daher unzulässig. Außerdem wohnten zwei Verwandte, die österreichische Staatsbürger seien, in Österreich und könnten für ihn sorgen.
Die BPD erstattete dazu eine Gegenschrift, in der sie ausführte, der Mitbeteiligte habe (im Juli 2011) angegeben, dass ihm sein Reisepass in Österreich gestohlen worden wäre; er habe am 15. Juni 2011 den Diebstahl seines Reisepasses zur Anzeige gebracht. Im Zuge seiner niederschriftlichen Vernehmung durch die Bezirkshauptmannschaft K. habe er zwar seinen in Österreich lebenden Bruder als Bezugsperson genannt, jedoch dezidiert angegeben, keinen Kontakt zu ihm zu haben und auch die Adresse nicht zu kennen. Am 14. Juli 2011 sei er von der Bezirkshauptmannschaft K. aus der Schubhaft entlassen und gemäß § 52 Abs. 2 FPG nachweislich aufgefordert worden, sich unverzüglich nach Griechenland zu begeben.
Auf Grund der gegebenen Sachlage und der Chronologie sei unzweifelhaft davon auszugehen, dass er dieser Verpflichtung bis dato nicht nachgekommen sei. Er verfüge nach wie vor über kein gültiges Reisedokument, halte sich offenbar seit langem im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates (gemeint: Österreich) auf und habe zusätzlich strafrechtlich relevante Verhaltensweisen gesetzt, die eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellten.
Anlässlich einer am 18. Oktober 2011 in der Justizanstalt G. durchgeführten niederschriftlichen Vernehmung habe er behauptet, im Juli 2011 nach Griechenland ausgereist zu sein und letztmalig vor zwei Monaten (also Mitte August 2011) erneut nach Österreich eingereist zu sein. Er hätte seiner in Griechenland lebenden Ehefrau seine Papiere übergeben, damit sie um einen Aufenthaltstitel ansuchen könne.
Die Angaben im Hinblick auf die Ausreise nach Griechenland seien absolut unglaubwürdig. Der Mitbeteiligte sei im Besitz eines bis 2014 gültigen griechischen Aufenthaltstitels, dieses bereits im Jahr 2010 ausgestellte Dokument habe er schon bei seiner Festnahme am 2. Juli 2011 - also vor der behaupteten Ausreise - bei sich gehabt. Außerdem müsse auf die in § 52 Abs. 2 FPG normierte Verpflichtung hingewiesen werden, die Ausreise nachzuweisen; einen solchen Nachweis sei der Mitbeteiligte schuldig geblieben.
Bei seiner Vernehmung am 2. Dezember 2011 habe er angegeben, dass sein neuer Reisepass bei der tunesischen Botschaft in Wien sei. Ein Vertreter der Botschaft habe am 14. Dezember 2011 mitgeteilt, dass der Mitbeteiligte im Juli 2011 per Telefax die Ausstellung eines Reisepasses beantragt habe; der Aufforderung seitens der Botschaft, Kopien eines alten Passes oder eines tunesischen Personalausweises beizubringen, sei bis dato nicht entsprochen worden. Es sei daher noch kein Reisepass ausgestellt worden.
Mit Bescheid vom 13. Dezember 2011 habe die BPD gemäß § 52 Abs. 1 und § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 FPG eine Rückkehrentscheidung und ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Ebenfalls am 13. Dezember 2011 sei im Wege des Bundesministeriums für Inneres die Ausstellung eines tunesischen Heimreisezertifikats beantragt worden.
Der Aufenthalt des Mitbeteiligten sei auch illegal im Sinn der Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie) iVm. dem Schengener Grenzkodex, weil der Mitbeteiligte zum einen bereits weit länger als drei Monate im Bundesgebiet und nicht im Besitz eines gültigen Reisedokuments sei sowie zum anderen wegen seines strafrechtlich relevanten Verhaltens (nicht rechtskräftige Verurteilung wegen Diebstahls, Körperverletzung, versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt und schwerer Körperverletzung zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr) und der wiederholten Ausübung unerlaubter Erwerbstätigkeiten eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstelle.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Administrativbeschwerde - unter Kostenzuspruch an den Mitbeteiligten - Folge und stellte fest, dass die Anordnung der Schubhaft durch die BPD und die Anhaltung des Mitbeteiligten in Schubhaft seit 7. Dezember 2011 rechtswidrig gewesen seien und auch die weitere Anhaltung des Mitbeteiligten in Schubhaft unzulässig sei.
Sachverhaltsmäßig ging sie davon aus, dass der Mitbeteiligte mit einer griechischen Staatsangehörigen verheiratet sei und über einen griechischen Aufenthaltstitel verfüge; am 2. Juli 2011 sei er wegen des Verdachts des nicht rechtmäßigen Aufenthalts festgenommen und es sei die Schubhaft angeordnet worden. Der Mitbeteiligte habe erklärt, dass ihm sein Reisepass gestohlen worden wäre und er dies am 15. Juni 2011 zur Anzeige gebracht hätte. Am 14. Juli 2011 sei er aus der Schubhaft entlassen und aufgefordert worden, sich unverzüglich nach Griechenland zu begeben. Er habe immer wieder gleichlautend angegeben, ständig zwischen Griechenland und Österreich hin- und herzupendeln, weil er in Griechenland verheiratet wäre und dort gemeinsam mit seinem Schwager in einer Bäckerei arbeitete. In der Zeit zwischen August 2009 und Dezember 2011 sei der Mitbeteiligte dadurch aufgefallen, dass er unerlaubt Erwerbstätigkeiten im Bundesgebiet nachgegangen sei; er sei strafrechtlich delinquent, aber bis dato noch nicht rechtskräftig verurteilt worden. Am 13. Dezember 2011 sei gegenüber dem Mitbeteiligten von der BPD eine Rückkehrentscheidung verbunden mit einem auf die Dauer von fünf Jahren befristeten Einreiseverbot erlassen worden.
In ihrer rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, der Mitbeteiligte habe wiederholt angegeben, über einen griechischen Aufenthaltstitel zu verfügen, mit einer griechischen Staatsangehörigen verheiratet zu sein und ständig zwischen Griechenland und Österreich zu pendeln. Der Bruder des Mitbeteiligten habe bei seiner Einvernahme am 28. Februar 2011 bestätigt, dass der Mitbeteiligte im Jänner 2011 aus Österreich ausgereist sei und ihn per Handy von Griechenland aus angerufen habe. Als der Mitbeteiligte am 7. Dezember 2011 einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen worden sei, sei er auf Grund seines griechischen Aufenthaltstitels zum vorübergehenden Aufenthalt in Österreich berechtigt gewesen. Es sei zwar einzuräumen, dass er zum Zeitpunkt seiner Festnahme nicht über einen gültigen Reisepass verfügt habe, allerdings habe er gegenüber der Fremdenpolizeibehörde alle seine Daten bekanntgegeben. Es seien sowohl seine Adresse in Griechenland als auch der Umstand bekannt gewesen, dass sein Bruder, ein österreichischer Staatsbürger, in Graz lebe und dass der Mitbeteiligte vorübergehend auch unter der Adresse seines Bruders wohnsitzgemeldet gewesen sei. Er habe sich somit mit einem gültigen Aufenthaltstitel ausgewiesen, und seine Identität sei auch nie angezweifelt worden. Aus den Einvernahmen lasse sich nicht ableiten, dass er ausreiseunwillig sei. Die Schlussfolgerung der BPD, wonach der Mitbeteiligte seiner Verpflichtung, das österreichische Bundesgebiet zu verlassen, nicht nachgekommen sei, sei mit den vorliegenden Ermittlungsergebnissen nicht vereinbar. Der Mitbeteiligte habe nie die Absicht gehabt, im Bundesgebiet zu verbleiben, sondern sei regelmäßig zwischen Österreich und Griechenland gependelt, sodass es bereits an der Ausreiseunwilligkeit fehle.
Auch das Vorliegen eines die Verhängung bzw. Aufrechterhaltung der Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs sei aus dem vorliegenden Sachverhalt nicht ableitbar. Der Mitbeteiligte habe weder seine Identität noch seinen Aufenthalt verschleiert. Er sei im Besitz eines Aufenthaltstitels, der ihn entsprechend dem Schengener Grenzkodex auch zum vorübergehenden Aufenthalt in Österreich berechtige. Dies habe er mehrfach gegenüber der BPD erklärt. Der Umstand, dass er zum Zeitpunkt seiner Festnahme kein gültiges Reisedokument mit sich geführt habe, sei unter Berücksichtigung des vorliegenden Sachverhalts nicht geeignet, seine Inschubhaftnahme zu rechtfertigen. Die Nachforschungen der BPD hätten ergeben, dass er diesen Umstand am 15. Juni 2011 zur Anzeige gebracht habe. Darüber hinaus sei festgestellt worden, dass der Mitbeteiligte im Juli 2011 per Telefax die Ausstellung eines Reisepasses bei der tunesischen Botschaft in Wien beantragt habe. Auch wenn er über kein gültiges Reisedokument verfügt habe, sei dies für sich allein gesehen nicht geeignet gewesen, einen die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarf anzunehmen.
Wenn die BPD mehrmals ausführe, dass der Mitbeteiligte eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, sei darauf hinzuweisen, dass die Schubhaft keine Straf- oder Beugehaft darstelle und somit nicht das geeignete Mittel sei, um einem etwaigen die öffentliche Ordnung gefährdenden Verhalten des Mitbeteiligten entgegenzuwirken.
Gerade auf Grund der entscheidungswesentlichen Punkte - Erstattung wahrheitsgemäßer Angaben über die Identität und den Ablauf des bisherigen Aufenthalts des Mitbeteiligten sowie dessen Aufenthaltsberechtigung auf Grund des griechischen Aufenthaltstitels - sei im gegenständlichen Fall keinesfalls von einem erhöhten Sicherungsbedürfnis auszugehen. Aus dem vorgelegten fremdenpolizeilichen Akt ergäben sich keinerlei Hinweise dahingehend, dass sich der Mitbeteiligte etwaigen behördlichen Maßnahmen entziehen werde. Der Umstand, dass er sich nach seiner Inhaftierung am 2. Dezember 2011 selbst Verletzungen zugefügt habe, lasse noch nicht den Schluss zu, dass er sich dem fremdenpolizeilichen Verfahren durch "Untertauchen" entziehen werde.
Die BPD habe auch unberücksichtigt gelassen, dass der Bruder des Mitbeteiligten in Graz wohnhaft sei und der Mitbeteiligte während des fremdenpolizeilichen Verfahrens bei ihm hätte Unterkunft nehmen können; der Bruder des Mitbeteiligten habe anlässlich seiner Einvernahme klar zum Ausdruck gebracht, dass er diesen vorübergehend bei sich wohnsitzgemeldet habe und davon ausgegangen sei, dass er auf Grund seines griechischen Aufenthaltstitels berechtigt gewesen sei, zwischen Österreich und Griechenland hin- und herzureisen. Die BPD habe somit die im Zusammenhang mit gelinderen Mitteln geäußerte Befürchtung, es bestehe das Risiko des "Untertauchens", keinesfalls schlüssig begründet.
Eine mündliche Verhandlung habe gemäß § 83 Abs. 2 Z 1 FPG unterbleiben können, weil aus dem vorgelegten Fremdenpolizeiakt in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen und den eingeholten Auskünften der entscheidungswesentliche Sachverhalt ausreichend geklärt sei.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Amtsbeschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid tragend darauf gestützt, dass kein die Verhängung von Schubhaft rechtfertigender Sicherungsbedarf vorliege, weil der Mitbeteiligte nicht ausreiseunwillig sei, sondern - auf Grund seines griechischen Aufenthaltstitels erlaubterweise - zwischen Österreich und Griechenland hin- und herreise.
Die beschwerdeführende Sicherheitsdirektion wendet dagegen im Wesentlichen ein, dass der Mitbeteiligte bereits einer Aufforderung zur Ausreise vom 14. Juli 2011 nicht nachgekommen sei. Den gesetzlich vorgesehenen Nachweis für die Ausreise habe er jedenfalls nicht erbracht; es sei auch unglaubwürdig, dass er ohne gültiges Reisedokument zwischen Österreich und Griechenland pendeln könne. Auch die von ihm behauptete Reise nach Griechenland über Italien, die nur unter Inanspruchnahme einer Fähre erfolgen könne, sei von ihm in keiner Weise durch Belege bescheinigt worden; Aus- und Einreisen auf dem Landweg seien denkunmöglich, weil es in diesen Fällen zwangsläufig zu einer Überschreitung der (Schengen-)Außengrenzen komme, was das Vorhandensein eines gültigen Reisepasses zwingend voraussetze. Die behauptete Rückreise nach Griechenland sei auch deswegen unglaubwürdig, weil der Mitbeteiligte angegeben habe, er wäre Ende Juli 2011 nach Griechenland zurückgekehrt und hätte seine Papiere seiner Frau übergeben, die für ihn um einen Aufenthaltstitel angesucht hätte; zwei Tage später wäre er - ohne die Papiere erhalten zu haben - über den gleichen Weg nach Österreich zurückgekommen. Dies sei nicht nachvollziehbar, zumal der Mitbeteiligte nachweislich bereits im Besitz eines bis 22. Juli 2014 gültigen Aufenthaltstitels sei. Es stelle sich daher die Frage, warum die Frau des Mitbeteiligten für ihn einen Titel beantragt haben solle, den er mit einer Gültigkeit bis ins Jahr 2014 ohnehin bereits innehabe. Somit habe es die belangte Behörde versäumt, rechtlich zu würdigen, dass der Mitbeteiligte in keiner Weise seiner gesetzlichen Verpflichtung zum Nachweis der Ausreise nach § 52 Abs. 2 FPG nachgekommen sei und seine diesbezüglichen Behauptungen angesichts der aufgezeigten Widersprüche unglaubwürdig seien. Außerdem weist die Beschwerdeführerin - wie schon die BPD in der im Verwaltungsverfahren erstatteten Gegenschrift - darauf hin, dass der Mitbeteiligte nach seinen eigenen Angaben keinen Kontakt mehr zu seinem Bruder habe und er sich seit der polizeilichen Abmeldung am 31. März 2011 überhaupt nicht mehr angemeldet habe.
Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.
Bei ihrer Annahme, dass der Mitbeteiligte nicht ausreiseunwillig sei, sondern ständig zwischen Griechenland und Österreich hin- und herpendle, hat die belangte Behörde jede Auseinandersetzung mit dem Argument der BPD unterlassen, wonach der Mitbeteiligte entgegen seiner Behauptung seit der Entlassung aus der (ersten) Schubhaft im Juli 2011 trotz ausdrücklicher Aufforderung nicht nach Griechenland ausgereist sei. Sollte es zutreffen, dass der Mitbeteiligte tatsächlich nicht ausgereist ist - wofür der unterlassene Nachweis nach § 52 Abs. 2 FPG ein Indiz ist -, so wäre zum einen der Schlussfolgerung der belangten Behörde, dass er nicht ausreiseunwillig sei, der Boden entzogen, zum anderen könnte sein Aufenthalt schon deshalb nicht als rechtmäßig nach dem Schengener Durchführungsübereinkommen (vgl. dessen Art. 21 (idF der Verordnung (EU) Nr. 265/2010 ) betreffend die Höchstaufenthaltsdauer von drei Monaten innerhalb von sechs Monaten) iVm. dem Schengener Grenzkodex beurteilt werden. Von einem rechtmäßigen Aufenthalt auf Grund des § 31 Abs. 1 Z 3 FPG (idF BGBl. I Nr. 122/2009) konnte im Beschwerdefall auf Basis der Feststellungen der belangten Behörde im Übrigen schon deswegen nicht ausgegangen werden, weil der Mitbeteiligte demnach zwischen August 2009 und Dezember 2011 unerlaubten Erwerbstätigkeiten nachgegangen ist.
Soweit die belangte Behörde gegen einen die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarf noch ins Treffen führt, der Mitbeteiligte hätte bei seinem Bruder wohnen können, übergeht sie das schon im Verwaltungsverfahren erstattete Vorbringen der BPD, wonach der Mitbeteiligte nach seinen eigenen Angaben keinen Kontakt zu seinem Bruder mehr gehabt habe.
Angesichts der aufgezeigten strittigen Punkte hätte die belangte Behörde auch nicht im Sinn des § 83 Abs. 2 Z 1 FPG von einem aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärten Sachverhalt ausgehen dürfen. Zweckmäßigerweise wäre - ungeachtet des Fehlens eines diesbezüglichen Antrags - eine mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen (vgl. - zu § 67d Abs. 1 AVG - etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Mai 2012, Zl. 2011/21/0277).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Wien, am 18. April 2013
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)