Normen
GaststättenpauschalierungsV 1999 §2;
GaststättenpauschalierungsV 1999 §2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem in Kopie vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer betreibt die "Apres Ski Bar Xxx-Stadl" (im Folgenden: Skibar). Er hat den Gewinn nach der Gaststättenpauschalierungs-Verordnung BGBl. II Nr. 227/1999 (in der das jeweilige Veranlagungsjahr betreffenden Fassung, im Folgenden auch kurz: Verordnung) ermittelt.
In einer den Zeitraum 2002 bis 2006 umfassenden Außenprüfung stellte der Prüfer fest, dass sich das vom Beschwerdeführer angebotene Speisenangebot auf Nüsse, "Twix", "Bounty", Kaugummi, Brezen, Bierbrezen, Landjäger, Würstl, Knoblauchbrot und Pizzaschnitten beschränkt. Die Umsätze aus diesen "Speisen" seien im Verhältnis zum Getränkeumsatz als gering einzustufen. Nach Ansicht des Prüfers erfülle ein derartiger Betrieb nicht die Voraussetzungen der Gaststättenpauschalierungs-Verordnung.
Den Prüfungsfeststellungen folgend setzte das Finanzamt mit Bescheid vom 14. April 2009 - nach Wiederaufnahme der Verfahren - Einkommen- und Umsatzsteuer 2002 bis 2006 ohne Anwendung der Gaststättenpauschalierungs-Verordnung fest. Der Gewinn wurde dabei nach den Grundsätzen der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung errechnet.
In der Berufung gegen die Bescheide betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer wandte der Beschwerdeführer ein, die Verordnung lasse die Pauschalierung zu, wenn Speisen "und" Getränke angeboten würden. Ein Überwiegen der Speiseumsätze oder ein bestimmtes Verhältnis der Speiseumsätze zu den Getränkeumsätzen sei dem Wortlaut der Verordnung nicht zu entnehmen.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. April 2012 sprach die belangte Behörde über die Berufung ab. Dabei vertrat sie die Auffassung, dass im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für die Anwendung der Gaststättenpauschalierungs-Verordnung nicht gegeben seien. Nach § 2 Abs. 2 der Verordnung lägen Betriebe des Gaststättengewerbes im Sinne dieser Verordnung nur vor, wenn in geschlossenen Räumlichkeiten Speisen und Getränke zur dortigen Konsumation angeboten würden, wobei die Verordnung Würstelstände, Eisgeschäfte, Konditoreien, etc. ausdrücklich von ihrem Anwendungsbereich ausschließe.
Die Pauschalierung diene der vereinfachten Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen. Im Ergebnis solle der Steuerpflichtige weder begünstigt noch benachteiligt werden. Die Rechtfertigung der Pauschalierung liege in der Verwaltungsvereinfachung.
Der Verordnungsermächtigung des § 17 EStG 1988 könne entnommen werden, dass Durchschnittssätze jeweils nur für Gruppen von Betrieben aufgrund von Erfahrungswerten bei der jeweiligen Gruppe festzusetzen seien. Bei den einzelnen Gruppen müssten annähernd gleiche wirtschaftliche Verhältnisse vorliegen. Daraus folge, dass Betriebe des Gaststättengewerbes im Sinne der Verordnung - wie auch dem Verordnungstext zweifelsfrei entnommen werden könne - nur dann vorlägen, wenn in geschlossenen Räumlichkeiten Speisen "und" Getränke zur dortigen Konsumation angeboten würden.
Aufgrund der Ermittlungen des Betriebsprüfers stehe fest, dass der Umsatz an "Speisen" bei bloß 3% (Veranlagungsjahre 2002 bis 2004) bzw. 2% (Veranlagungsjahre 2005 und 2006) des Gesamtumsatzes liege. Zudem beschränke sich das "Speisenangebot" im Wesentlichen auf die Abgabe von Nüssen, "Twix", "Bounty", Kaugummi, Brezen, Bierbrezen, Landjägern mit Brot.
In der streitgegenständlichen Skibar finde sich zwar ein Küchenblock. Dieser verfüge aber nur über eine Herdplatte zum Kochen von Würsteln und "eine Mikrowelle" für Pizzaschnitten.
Es stehe fest, dass eine der Voraussetzungen für das Vorliegen eines Gaststättenbetriebes im Sinne der Verordnung darin bestehe, dass Speisen und Getränke angeboten würden. Betriebe, in denen bloß Getränke angeboten würden, nicht aber "Speisen im nennenswerten Umfang", könnten die Pauschalierung nicht in Anspruch nehmen. Der Grund dafür liege darin, dass Durchschnittssätze nur für Gruppen von Steuerpflichtigen mit annähernd gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen festzusetzen seien. Betriebe, die sowohl Speisen als auch Getränke anbieten würden, befänden sich nicht in annähernd gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen wie Betriebe, die im Wesentlichen bloß Getränke anböten. Die Gewinnspanne sei nämlich bei Getränken weitaus höher als bei Speisen. Damit eine Vergleichbarkeit der Betriebe und damit die Anwendbarkeit der Gaststättenpauschalierungs-Verordnung gegeben sei, müsse sowohl die Konsumation von Speisen wie auch die Konsumation von Getränken in einem relevanten Ausmaß zum Gesamtumsatz des Betriebes beitragen.
Wie das Finanzamt aufgezeigt habe, seien im gegenständlichen Fall die aus dem Verkauf von "Speisen" erzielten Umsätze im Verhältnis zum Getränkeumsatz ohne wirtschaftliche Bedeutung. Aus diesem Grund sei die Ermittlung des Gewinnes nach der Verordnung nicht zulässig.
Dazu komme, dass die vom Beschwerdeführer verabreichten "Speisen" nicht zum typischen Speisenangebot einer Gaststätte gehörten. In einer Gaststätte würden nämlich üblicherweise "zubereitet Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle" angeboten.
Gegen diesen Bescheid, soweit er Einkommensteuer betrifft, wendet sich die Beschwerde. Die Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde bleiben unbekämpft. Der Beschwerdeführer bringt vor, der Verfassungsgerichtshof habe die Gaststättenpauschalierungs-Verordnung mit Erkenntnis vom 14. März 2012, V 113/11, aufgehoben, allerdings erst mit Wirkung ab 31. Dezember 2012, sodass sie im gegenständlichen Fall anzuwenden sei. Weiters bringt er vor, die belangte Behörde nehme zutreffen an, dass eine von der Gaststättenpauschalierungs-Verordnung erfasste Gaststätte nur dann gegeben sei, wenn im gastgewerblichen Betrieb Speisen "und" Getränke angeboten würden. Er wendet sich aber gegen die Rechtsauffassung der belangten Behörde, dass die Speiseumsätze ein bestimmtes Verhältnis des Gesamtumsatzes ausmachen müssten. Nach Ansicht des Beschwerdeführers sei im gegenständlichen Fall die Voraussetzung der Darreichung von Speisen erfüllt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Die u.a. auf Grund der Verordnungsermächtigung nach § 17 Abs. 4 und 5 EStG 1988 erlassene Gaststättenpauschalierungs-Verordnung (in der Stammfassung BGBl. II Nr. 227/1999, und in den im Beschwerdefall maßgeblichen Fassungen BGBl. II Nr. 416/2001 und BGBl. II Nr. 634/2003) ermöglicht - unter bestimmten Voraussetzungen - eine pauschale Ermittlung von Gewinn und Vorsteuern bei kleineren Betrieben des Gaststätten- und Beherbergungsgewerbes.
§ 2 Abs. 2 der Gaststättenpauschalierungs-Verordnung lautet auszugsweise:
"Betriebe des Gaststättengewerbes im Sinne der folgenden Bestimmungen liegen nur vor, wenn in geschlossenen Räumlichkeiten Speisen und Getränke zur dortigen Konsumation angeboten werden und Umsätze überwiegend aus derartigen Konsumationen erzielt werden. …"
Der Wortlaut des § 2 der Gaststättenpauschalierungs-Verordnung lässt keinen Zweifel, dass die Verordnung solche Betriebe nicht als Gaststätten erfasst, die keine Speisen (zur Konsumation in geschlossenen Räumlichkeiten) anbieten.
Unter in Gaststätten zu konsumierenden "Speisen" können mit der Verkehrsauffassung nur die in einer Küche individuell für den Gast zubereiteten Gerichte verstanden werden. Die üblicherweise in Handelsbetrieben angebotenen Lebensmittel (hier etwa Schokoriegel, Nüsse, Brezen, Landjäger oder Kaugummi) zählen keinesfalls zu den Speisen. Ein Speiseangebot, wie es von Gaststätten erwartet werden kann, wird aber auch nicht durch das bloße Erwärmen einfacher Produkte des Lebensmittelhandels ("Würstel") bewirkt.
Im angefochtenen Bescheid vertritt die belangte Behörde - wie Pircher (Gastgewerbliche Pauschalierung, SWK 2011, 861) - die Auffassung, aus Funktion und Zweck einer Pauschalierungsregelung, vergleichbare Gestaltungen einer vereinfachten Ermittlung der Abgabenbemessungsgrundlagen zu unterwerfen, ergebe sich, dass die Gaststättenpauschalierungs-Verordnung nur solche Betriebe als Gaststätten erfasse, die einen relevanten Anteil ihres Umsatzes aus der Verabreichung von Speisen erzielten. Nur solche Betriebe befänden sich in einer vergleichbaren wirtschaftlichen Lage und könnten daher von einer Durchschnittssatzregelung erfasst sein.
Pircher fordert überdies, dass, um von Gaststätten iSd Verordnung sprechen zu können, die für das Gaststättengewerbe "typische Kostenstruktur", insbesondere im Küchenbereich (Personal und Investitionen, etc.), vorliegt (aaO, 865) und den Gästen ein zumindest einigermaßen reichhaltiges Angebot an frisch zubereiteten Speisen angeboten wird (SWK 2011, 1042, 1046). Das Unterhalten eines Küchenbetriebes sei kostenintensiv (Aufwendungen für Küchenpersonal und -investitionen, Servicepersonal, Wareneinsatz im Küchenbereich) und der maßgebliche Kostenfaktor für Gaststätten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 15. September 2011, A 2011/0003 bis 0006, den Antrag auf Aufhebung der §§ 2 bis 6 der Gastgewerbepauschalierungs-Verordnung durch den Verfassungsgerichtshof gestellt. In diesem Antrag spricht der Verwaltungsgerichtshof die Möglichkeit an, die Verordnung dahingehend zu interpretieren, dass sie nur jene Gastgewerbebetriebe erfasst, welche eine "typische" Kostenstruktur aufweisen und bei denen die Darreichung von Speisen einen "relevanten" Anteil des Gesamtumsatzes ausmacht sowie die für Gaststätten im Allgemeinen "erforderliche" Personalstruktur gegeben ist, zumal es der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht, bei Auslegung von Pauschalierungsverordnungen auf ein typisches Berufsbild abzustellen (Hinweis auf das hg Erkenntnis vom 24. Februar 2005, 2003/15/0044). Bei der Gastgewerbepauschalierungs-Verordnung bestünden aber, so der Verwaltungsgerichtshof im genannten Beschluss, im Fall des ganz allgemeinen Abstellens auf die genannten Kriterien gegen die Verordnung Bedenken dahingehend, dass sie nicht jenes Mindestmaß an Bestimmtheit aufweisen würde, das jedes - im Lichte des Rechtsstaatsprinzips anzuwendende - Gesetz von einer Verordnung verlangt.
Im Erkenntnis vom 14. März 2012, V 113/11, teilt der Verfassungsgerichtshof die aufgeworfenen Bedenken. Das Abstellen auf Kriterien, wie insbesondere eine "typische Kostenstruktur" als solche, hätte zur Folge, dass die Verordnung einen völlig unbestimmten Anwendungsbereich hätte. Der Verfassungsgerichtshof hat mit diesem Erkenntnis Teile der Gastgewerbepauschalierungs-Verordnung aufgehoben, und zwar mit Ablauf des 31. Dezember 2012 (vgl. dazu etwa das hg Erkenntnis vom 28. Juni 2012, 2012/15/0085). Die Gesetzwidrigkeit der Verordnung hat sich für den Verfassungsgerichtshof daraus ergeben, dass die Verordnung einen einheitlichen Gewinndurchschnittsatz auch für der Aufwandstruktur nach nicht miteinander vergleichbare Betriebstypen vorgibt.
Der gegenständliche Beschwerdefall betrifft ausschließlich vor der Aufhebung der Verordnung durch den Verfassungsgerichtshof bzw. vor Ablauf der durch den Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis gesetzten Frist verwirklichte Tatbestände im Sinn des Art. 139 Abs. 6 B-VG. In diesem Rahmen erschließt sich dem Verwaltungsgerichtshof auf der Grundlage der Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im Erkenntnis V 113/11, wonach die Verordnungsermächtigung nach § 17 Abs. 4 und 5 EStG 1988 bloß erlaubt, Durchschnittssätze für tendenziell homogene Gruppen von Steuerpflichtigen aufzustellen, und unter Bedachtnahme darauf, der Verordnung keinen völlig unbestimmten Anwendungsbereich beizumessen, folgende Interpretation des § 2 der Gaststättenpauschalierungs-Verordnung: Die Verordnung erfasst als Gaststätten keine anderen Betriebe als solche, die den Gästen auch frisch in einem Küchenbereich zubereitete Speisen anbieten (zumindest "kleine Speisekarte") und dafür auch über die infrastrukturellen Einrichtungen einer Küche verfügen.
Im gegenständlichen Fall lag nach den unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde ein derartiges Speisenangebot nicht vor. Somit ist die belangte Behörde zutreffend zum Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für die Anwendung der Gaststättenpauschalierungs-Verordnung nicht gegeben sind.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 5. September 2012
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