VwGH 2012/08/0123

VwGH2012/08/012311.7.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des R L in A, vertreten durch Dr. Gunther Huber, Rechtsanwalt in 4050 Traun, Heinrich-Gruber-Straße 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 26. April 2012, Zl. BMASK-421180/0001- II/A/3/2012, betreffend Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:

Normen

GSVG 1978 §2 Abs1 Z4 idF 1998/I/139;
HGB §164;
UGB §164;
GSVG 1978 §2 Abs1 Z4 idF 1998/I/139;
HGB §164;
UGB §164;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer auf Grund der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit vom 1. Jänner 2006 bis 31. Dezember 2007 in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG versichert sei.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides legt die belangte Behörde zunächst den Gang des Verwaltungsverfahrens sowie die wesentlichen anzuwendenden Rechtsvorschriften und dazu ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dar.

Ausgehend von den Feststellungen der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt im erstinstanzlichen Bescheid, wonach der Beschwerdeführer im Zeitraum vom 1. Jänner 2006 bis 31. Dezember 2007 Kommanditist der C KEG gewesen sei und daraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezogen habe, deren Höhe über der - aufgrund des Pensionsbezugs des Beschwerdeführers maßgeblichen - Versicherungsgrenze des § 4 Abs. 1 Z 6 GSVG lag, stellt die belangte Behörde in der Folge fest, dass Punkt 6 des im strittigen Zeitraum geltenden Gesellschaftsvertrages der C KEG wie folgt gelautet habe:

"Vertretungsmacht und Geschäftsführung:

Die Gesellschaft wird durch die persönlich haftende

Gesellschafterin Frau C L vertreten.

(...)

Die Geschäftsführung wird durch die persönlich haftende

Gesellschafterin alleine besorgt.

Sie ist im Innenverhältnis verpflichtet, die Geschäftsführung nach der erlassenen Geschäftsordnung zu richten.

Der Abschluss von Dienstverträgen, Mietverträgen, Beteiligungsverträgen, Gesellschaftsverträgen, Kreditverträgen, Kaufverträgen und sonstigen Verträgen, welche die Gesellschaft im Einzelfall und/oder für das jeweilige Geschäftsjahr gerechnet mit dem Betrag von ATS 25.000,-- berechtigen oder verpflichten würde, bedarf der Einwilligung und Zustimmung sämtlicher Gesellschafter und somit auch der Zustimmung des Kommanditisten."

Dem Beschwerdeführer seien kraft dieser Bestimmung im strittigen Zeitraum auf Grund rechtlicher Gegebenheiten Geschäftsführungsbefugnisse zugekommen, die über die ihm gesetzlich zustehenden Mitwirkungsrechte hinausgingen. Der Betrag, mit dem in Punkt 6 des Gesellschaftsvertrages die Geschäfte des gewöhnlichen Betriebes von denen des außergewöhnlichen Geschäftsbetriebes unterschieden würden, sei mit ATS 25.000,-- außergewöhnlich niedrig angesetzt. Weiters würden nicht nur spezielle Arten von Verträgen genannt, von denen man annehmen könnte, dass sie in einem Gastgewerbebetrieb typischerweise nur ausnahmsweise anfallen würden, sondern es würden neben Dienstverträgen auch alle Kaufverträge und sonstigen Verträge genannt. Die Befugnis des Beschwerdeführers zur Geschäftsführung habe sich somit auf Handlungen erstreckt, die der gewöhnliche Betrieb einer Gastwirtschaft nach allgemeiner Lebenserfahrung mit sich bringe.

Soweit der Beschwerdeführer einwende, es habe praktisch keine Einmischung in den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der C KEG stattgefunden, so sei dem zu entgegnen, dass seine diesbezüglichen rechtlichen Befugnisse ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag festgelegt seien. Mit welcher Häufigkeit der Beschwerdeführer von seiner Befugnis Gebrauch gemacht habe, sei nicht relevant. Auch wenn der Beschwerdeführer angebe, sich tatsächlich praktisch nicht in die Geschäftsführung eingemischt zu haben, so habe ihm der Gesellschaftsvertrag doch die rechtliche Möglichkeit verliehen, im Bedarfsfall auf die ihm rechtlich zugesicherten Zustimmungsrechte zu bestehen.

Nach der Auseinandersetzung mit dem weiteren Berufungsvorbringen fasst die belangte Behörde zusammen, dass der Beschwerdeführer kraft seiner in Gesellschaftsvertrag verankerten Rechtstellung Mitwirkungsrechte am gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der C KEG innegehabt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Im Beschwerdefall ist strittig, ob der Beschwerdeführer als Kommanditist der einen Gastgewerbebetrieb führenden C KEG auf Grund einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG im hier maßgeblichen Zeitraum der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG unterlag. Die Beschwerde zieht weder die Höhe der aufgrund der Gesellschafterstellung bezogenen Einkünfte noch den festgestellten Inhalt des Gesellschaftsvertrages der C KEG in Zweifel.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 11. September 2008, Zl. 2006/08/0041, mit der Pflichtversicherung von Kommanditisten nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG in der hier ebenfalls maßgebenden Fassung der 23. GSVG Novelle, BGBl. I Nr. 139/1998, auseinandergesetzt. Er hat dabei ausgesprochen, dass Kommanditisten einer KG nach Maßgabe einer "aktiven Betätigung" im Unternehmen, die auf Einkünfte gerichtet ist, pflichtversichert sein sollen, nicht aber Kommanditisten, die nur "ihr Kapital arbeiten lassen", d.h. sich im Wesentlichen auf die gesetzliche Stellung eines Kommanditisten beschränken. Die Beantwortung der Frage, ob sich der Kommanditist in einer für § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG relevanten Weise "aktiv" im Unternehmen betätigt, kann in rechtlicher Hinsicht nur vom Umfang seiner Geschäftsführungsbefugnisse und zwar auf Grund rechtlicher - und nicht bloß faktischer - Gegebenheiten abhängen. Kommanditisten, die nur "ihr Kapital arbeiten lassen", und die daher nicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG pflichtversichert sein sollen, sind jedenfalls jene, deren Rechtsstellung über die gesetzlich vorgesehenen Mitwirkungsrechte an der Geschäftsführung nicht hinausgeht.

Wurden dem Kommanditisten entsprechende Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt, welche über die Mitwirkung an außergewöhnlichen Geschäften hinausgehen, oder steht ihm ein derartiger rechtlicher Einfluss auf die Geschäftsführung des Unternehmens zu, dann ist es unerheblich, in welcher Häufigkeit von diesen Befugnissen tatsächlich Gebrauch gemacht wird, sowie ob und in welcher Form sich der Kommanditist am "operativen Geschäft" beteiligt oder im Unternehmen anwesend ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 2011, Zl. 2007/08/0099).

3. Nach der dargelegten Rechtsprechung kommt es somit nur darauf an, ob dem Beschwerdeführer solche weiterreichenden Befugnisse eingeräumt wurden.

Nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid kann dem Beschwerdeführer gemäß dem Gesellschaftsvertrag in der Kommanditerwerbsgesellschaft im hier verfahrensgegenständlichen Zeitraum ein Zustimmungsrecht bei allen Verträgen zu, wenn die Gesellschaft dadurch im Einzelfall und/oder für das jeweilige Geschäftsjahr mit einem Betrag von ATS 25.000,-- (EUR 1.816,82) berechtigt oder verpflichtet würde. Weiters ergibt sich aus dem angefochtenen Bescheid wie auch aus der Beschwerde, dass die Gesellschaft Dienstnehmer beschäftigte, für die der Beschwerdeführer gelegentlich Ansprechpartner war.

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass jeweils im Einzelfall nach den konkreten Verhältnissen der jeweiligen Gesellschaft zu entscheiden sei, ob ein Geschäft zu den gewöhnlichen Betriebsgeschäften gehöre oder nicht, wobei neben dem Gesellschaftsvertrag auch Art und Umfang des Betriebes sowie Art, Größe und Bedeutung des Geschäftes für den Betrieb im Einzelfall maßgebend sei. Bei der C KEG handle es sich um einen Kleinbetrieb, wobei im strittigen Zeitraum keine den Betrag von ATS 25.000,-- übersteigenden Geschäfte abgeschlossen worden seien; zumindest aber kämen derartige Geschäfte, wenn überhaupt, jedenfalls nur sehr selten, daher nicht häufig, vor. Dies hätte durch Einvernahme des Beschwerdeführers und der Komplementärin unter Beweis gestellt werden können; die belangte Behörde habe eine derartige Einvernahme jedoch unterlassen. Dass der Beschwerdeführer gelegentlich als Ansprechpartner für Mitarbeiter zur Verfügung gestanden habe (wie die belangte Behörde festgestellt hat), begründe keine unternehmerische Tätigkeit, sondern sei ausschließlich im familiären Naheverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und der Komplementärin, seiner Tochter, begründet.

Dieses Vorbringen vermag keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, da jedenfalls feststeht und in der Beschwerde - wie dargelegt - auch nicht bestritten wird, dass die Gesellschaft Dienstnehmer beschäftigt hat. In einem Gastgewerbebetrieb, in dem Dienstnehmer beschäftigt werden, ist aber der Abschluss solcher Verträge - hier: mit einem Jahresentgelt von mehr als EUR 1.816,82 (sodass selbst das Eingehen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses an die Zustimmung des Beschwerdeführers gebunden sein konnte) - nicht in jedem Fall als Maßnahme der außerordentlichen Geschäftsführung anzusehen (vgl. zur Zuordnung des Abschlusses von Dienstverträgen in einem Gastronomiebetrieb zur laufenden Geschäftsführung auch das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2009, Zl. 2007/08/0043).

Es begegnet daher schon aus diesem Grund keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde zum Ergebnis gekommen ist, dass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Zeitraum auf Grund der ihm im Gesellschaftsvertrag eingeräumten Befugnisse eine für § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG relevante Rechtsstellung im Unternehmen innegehabt hat und damit der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach der genannten Bestimmung unterlegen ist.

4. Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, dass ihm niemals "konstitutiv" Prokura erteilt worden sei, dass keine Geschäftsordnung vereinbart worden sei, dass er keine über die Einlage hinausgehenden Haftungs- und Verpflichtungserklärungen abgegeben habe und dass aus der Gewinnaufteilung nicht auf eine unternehmerische Mittätigkeit zu schließen sei. Da jedoch bereits die festgestellte gesellschaftsvertragliche Regelung über das dem Beschwerdeführer eingeräumte Zustimmungsrecht auch zu Rechtsgeschäften, die zum gewöhnlichen Betrieb des Gastgewerbebetriebs zählen, eine für die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG relevante Rechtsstellung des Beschwerdeführers begründet, vermag auch dieses Beschwerdevorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

5. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG, da bereits ihr Inhalt erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorlag, ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 11. Juli 2012

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte