Normen
12010E267 AEUV Art267;
31989L0665 Rechtsmittel-RL;
32007L0066 Nov-31989L0665/31992L0013;
AVG §38;
BVergG §312 Abs3 Z3;
BVergG §331 Abs1 Z2;
BVergG §332 Abs3;
LVergabenachprüfungsG Tir 2006 §14;
LVergabenachprüfungsG Tir 2006 §15 Abs3;
VwGG §38b;
VwGG §62 Abs1;
12010E267 AEUV Art267;
31989L0665 Rechtsmittel-RL;
32007L0066 Nov-31989L0665/31992L0013;
AVG §38;
BVergG §312 Abs3 Z3;
BVergG §331 Abs1 Z2;
BVergG §332 Abs3;
LVergabenachprüfungsG Tir 2006 §14;
LVergabenachprüfungsG Tir 2006 §15 Abs3;
VwGG §38b;
VwGG §62 Abs1;
Spruch:
Das Beschwerdeverfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) über das Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofs vom 25. März 2014, hg. Zl. EU 2014/0002-1 (2011/04/0121), als Rechtssache des EuGH protokolliert zu C-166/14 , ausgesetzt.
Begründung
1. Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol (belangte Behörde) vom 13. Mai 2011 wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 29. März 2011, gemäß § 312 Abs. 3 Z 3 des Bundesvergabegesetzes 2006 (BVergG 2006) festzustellen, dass die Direktvergabe des Auftrags betreffend Planung und örtliche Bauaufsicht im Zusammenhang mit diversen Neu- , Zu- und Umbauten des Krankenhauses St. V. durch die mitbeteiligten Parteien als Auftraggeber wegen Verstoßes gegen die vergaberechtlichen Bestimmungen des BVergG 2006 rechtswidrig war, und den Auftrag für nichtig zu erklären, zurückgewiesen.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde - soweit für den vorliegenden Beschluss von Relevanz - fest, dass die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien (im folgenden jeweils "Auftraggeberinnen") am 12. November 1995 einen befristeten Werkvertrag mit der drittmitbeteiligten Partei über Planungsleistungen, örtliche Bauaufsicht, Projektstudien zur Standortentwicklung und Beratungsleistungen betreffend das Krankenhaus St. V. für den Zeitraum 1995-2010 abgeschlossen hätten. Dieser Vertrag sei mit weiterem Vertrag vom 22. April 2008 um 10 Jahre verlängert worden.
Spätestens seit dem Jahre 2008 würden die Bauarbeiten im Zusammenhang mit dem Krankenhaus St. V. sowie die Förderung der Baumaßnahmen durch das Land Tirol öffentlich diskutiert, sodass das Bauvorhaben sowie die damit verbundenen umfangreichen Planungsleistungen wirtschaftsbeteiligten Kreisen seit dieser Zeit bekannt seien. Auch sei auf die Planungsvergabe in einer Aussendung der Architektenkammer für Tirol und Vorarlberg im ersten Quartal 2009 Bezug genommen worden.
Unter Berufung auf die Regelung der Antragsfrist für Feststellungsanträge in § 15 Abs. 3 Tiroler Vergabenachprüfungsgesetz 2006 (idF LGBl. Nr. 17/2010) führte die belangte Behörde aus, ein derartiger Antrag sei binnen sechs Monaten ab dem auf die Zuschlagserteilung folgenden Tag einzubringen. Die im gegenständlichen Fall bekämpfte Auftragserteilung sei mit dem Architektenwerkvertrag vom 22. April 2008 erfolgt. Die Frist von sechs Monaten sei zum Zeitpunkt des Einlangens des Feststellungsantrags des Beschwerdeführers im März 2011 somit bereits abgelaufen gewesen, weshalb der Antrag zurückzuweisen gewesen sei.
2. In der gegen diesen Bescheid an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde brachte die beschwerdeführende Partei vor, sie habe erst am 15. März 2011 von dem gegenständlichen Bauvorhaben Kenntnis erlangt. Zudem sei die Finanzierung durch das Land Tirol erst mit Beschluss vom 16. Dezember 2010 festgestanden, sodass ein Feststellungsantrag zu einem früheren Zeitpunkt nicht zulässig gewesen wäre. Die Zurückweisung sei zu Unrecht erfolgt.
3. Die relevanten Bestimmungen des Tiroler Vergabenachprüfungsgesetzes 2006 in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 17/2010 lauten:
"§ 14
Einleitung des Verfahrens
(1) Ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem
Anwendungsbereich des Bundesvergabegesetzes 2006 unterliegenden
Vertrages hatte, kann, sofern ihm durch die behauptete
Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen
droht, die Feststellung beantragen, dass
1. (...)
2. die Durchführung eines Vergabeverfahrens
ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum
Wettbewerb wegen eines Verstoßes gegen das Bundesvergabegesetz
2006, die hierzu erlassenen Verordnungen oder unmittelbar
anwendbares Gemeinschaftsrecht rechtswidrig war oder
(...)
§ 15
Inhalt und Zulässigkeit des Feststellungsantrages
(...)
(3) Anträge nach § 14 Abs. 1 Z. 2 bis 4 sind binnen sechs Monaten ab dem auf die Zuschlagserteilung folgenden Tag einzubringen. (...)"
Diese Bestimmungen entsprechen in ihrem Wortlaut § 331 Abs. 1 Z 2 und § 332 Abs. 3 erster Satz Bundesvergabegesetz 2006 (BVergG 2006) in der Fassung BGBl. I Nr. 15/2010. Zu dieser Regelung des BVergG 2006 ist das im Spruch genannte Vorabentscheidungsersuchen, hg. Zl. EU 2014/0002- 1 (2011/04/0121), anhängig, mit welchem der Verwaltungsgerichtshof dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Frage vorgelegt hat: "Ist das Unionsrecht - insbesondere die allgemeinen Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität sowie die Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der Fassung der Richtlinie 2007/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG des Rates im Hinblick auf die Verbesserung der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren bezüglich der Vergabe öffentlicher Aufträge - dahin auszulegen, dass es einer nationalen Rechtslage entgegensteht, nach der ein Antrag auf Feststellung eines vergaberechtlichen Verstoßes binnen sechs Monaten nach Vertragsschluss gestellt werden muss, wenn die Feststellung eines vergaberechtlichen Verstoßes nicht nur Voraussetzung für die Nichtigerklärung des Vertrages, sondern auch für die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches ist?"
Diese Frage stellt auch im vorliegenden Beschwerdefall eine Vorfrage dar, die zufolge des Auslegungsmonopols des Gerichtshofs der Europäischen Union in Angelegenheiten des (primären und sekundären) Unionsrechtes von diesem zu entscheiden ist.
Da das Verfahren zur Klärung der unionsrechtlichen Vorfrage bereits beim EuGH anhängig ist, liegen die Voraussetzungen des gemäß § 62 Abs. 1 VwGG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013, der in der Beschwerdesache gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 weiterhin anzuwenden ist, auch vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendenden § 38 AVG vor (vgl. den hg. Beschluss vom 26. April 2011, Zl. 2011/03/0015).
Das gegenständliche Beschwerdeverfahren war daher über Beschlussfassung eines nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG (aF) bis zur Entscheidung über das erwähnte Vorabentscheidungsersuchen auszusetzen.
Wien, am 22. Juli 2014
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