VwGH 2011/09/0120

VwGH2011/09/012015.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des B, p.A. D GmbH, vertreten durch Sauerzopf & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Börsegasse 9/3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 13. April 2011, Zl. UVS-11/11221/21-2011, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesministerin für Finanzen und Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §5 Abs1;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides steht folgender Sachverhalt fest:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 13. April 2011 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der D GmbH mit Sitz in S für diese zu verantworten, dass von dieser die näher bezeichnete armenische Staatsangehörige RG von 6. Mai 2009 bis 7. Juli 2009 beschäftigt worden sei, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen sei.

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.000,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag und 9 Stunden) verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde die Aussagen in der mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2010 und 17. November 2010 wörtlich wieder und stellte darauf beruhend - und in der Beschwerde unwidersprochen - folgenden Sachverhalt fest (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof, Schreibfehler im Original):

"Zum Sachverhalt ist somit festzuhalten, dass Frau RG in der in Rede stehenden Zeit unbestrittenermaßen bei der S GmbH beschäftigt war und, da sie nicht mit einem Österreicher, sondern mit einem Armenier verheiratet ist, auch nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 2 lit m AuslBG fällt. Frau RG war zur Tatzeit auch nicht Asylberechtigte (und hatte damals auch noch nicht die behördliche Zuerkennung als subsidiär Schutzberechtigte), sondern Asylwerberin, sodass auch § 1 Abs 2 lit a AuslBG nicht auf ihren Fall anwendbar ist.

Im Berufungsverfahren hat sich insbesondere durch die Zeugen KO und LA auch klar herausgestellt, dass Frau RG zunächst ohne genaue Kontrolle ihres arbeitsmarktrechtlichen Status eingestellt wurde und erst weitere Erhebungen dann ergeben haben, dass diese nicht ohne Dokument nach dem AuslBG beschäftigt werden darf. Auch wenn die geschäftliche Notwendigkeit zum sofortigen Handeln nach dem Konkurs des 'Subunternehmers' nachvollzogen werden kann, so hat die Geschäftsführung bei dieser Entscheidung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten in Kauf genommen, im einen oder anderen Fall rechtlich unrichtig zu agieren. Dies ist als Fahrlässigkeit zu werten, wobei ja für die Beschuldigtenseite spricht, dass bis auf diesen einen Fall offenbar keine weiteren Rechtswidrigkeiten aufgetaucht sind und noch (kurz) vor Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens das Beschäftigungsverhältnis mit Frau RG gelöst wurde. Der Schuldspruch des angefochtenen Bescheides erging daher zurecht."

Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde aus, dass die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte entgegen den Bestimmungen des AuslBG nicht nur die Bemühungen zur Ordnung des heimischen Arbeitsmarktes konterkariere, sondern auch eine unlautere Konkurrenzierung der gesetzestreuen Mitbewerber darstelle, der Unrechtsgehalt sei daher nicht gering.

Strafmildernd habe schon die Erstinstanz die zur Tatzeit gegebene Unbescholtenheit gewertet; für den Beschwerdeführer spreche weiters das Vorliegen einer sozialversicherungsrechtlichen Absicherung der Beschäftigten. Erschwerende Umstände lägen keine vor.

Angaben zu den persönlichen Verhältnissen habe der Beschwerdeführer keine gemacht, deshalb sei im Schätzungsweg von durchschnittlichen Verhältnissen auszugehen. Die von der Behörde erster Instanz verhängte (Mindest-)Strafe sei angemessen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nach § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.

Gemäß § 21 Abs. 1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass RG in dem im angefochtenen Bescheid bezeichneten Zeitraum - sohin länger als zwei Monate - bei der S GmbH beschäftigt war. Ebenso lässt der Beschwerdeführer die Feststellung der belangten Behörde unbekämpft, dass er hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften des AuslBG für die S GmbH als ein zur Vertretung nach außen hin berufenes Vorstandsmitglied verantwortlich war.

Der Beschwerdeführer bringt lediglich vor, ihn treffe an der Beschäftigung von RG kein Verschulden. Es seien etwa 60 Beschäftigte auf Grund eines Konkurses eines "Subunternehmers" übernommen worden. RG habe anlässlich eines Einstellungsgespräches Arbeitserlaubnisse für die Zeiträume 2003 bis 2005 und 2005 bis 2007 vorgelegt und auch eine "Asylkarte" (vorläufige Aufenthaltsberechtigung/Bescheinigung gemäß § 19 AsylG) gehabt. Sie habe auch auf ihre Tätigkeit bei der Wirtschaftskammer hingewiesen. Beim Einstellungsgespräch hätten sich keine Zweifel ergeben. "Erst bei genauerer Durchsicht der Unterlagen im Laufe der folgenden Tage" hätten sich dann bei mehreren Personen, darunter RG, Zweifel ergeben. Hinsichtlich RG sei Kontakt mit dem Arbeitsmarktservice aufgenommen worden und es sei nach der Information durch das Arbeitsmarktservice, dass Frau RG nicht beschäftigt werden könne, das Beschäftigungsverhältnis beendet worden.

Dieses Vorbringen ist jedoch nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG gehört, weil zu ihrer Strafbarkeit weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr erforderlich ist, zu den so genannten "Ungehorsamsdelikten", bei denen im Sinne des zweiten Satzes des § 5 Abs. 1 VStG der Täter zu beweisen hat, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2005, Zl. 2003/09/0158, und die dort wieder gegebene Judikatur). Wenn in einem Unternehmen andere Personen mit der faktischen Durchführung der Einstellung neuer Arbeitnehmer betraut werden, obliegt es dem verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen, durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu sorgen.

Der Beschwerdeführer hätte daher zu seiner verwaltungsstrafrechtlichen Entlastung das Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems darzutun und nachzuweisen gehabt. Entscheidend ist dabei, ob eine wirksame Kontrolle rechtzeitig, das heißt vor Arbeitsaufnahme von RG, erfolgt ist. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer keinerlei Behauptungen aufgestellt, aus denen sich eine wirksame Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG hätte ergeben können. Da die Überprüfung der arbeitsmarktbehördlichen Papiere bereits vor Arbeitsaufnahme zu erfolgen hat, reicht es jedenfalls nicht aus, den Angaben einer Arbeit suchenden Ausländerin zunächst einmal Glauben zu schenken, ohne gleichzeitig und jedenfalls noch vor Arbeitsaufnahme durch diese Ausländerin deren Angaben durch Einsicht in - zum Einstellungszeitpunkt gültige und nicht wie hier bereits abgelaufene - Personaldokumente und arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen zu überprüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. September 2006, Zl. 2005/09/0073). Die Übernahme von zahlreichen Arbeitnehmern wegen des Konkurses eines "Subunternehmers", die Vorlage von zum Zeitpunkt des Einstellungsgespräches nicht mehr gültigen Bewilligungen und einer "Asylkarte" sowie der Hinweis auf eine frühere Tätigkeit bei der Wirtschaftskammer ändern nichts an der Notwendigkeit einer konkreten fallbezogenen Kontrolle vor Arbeitsaufnahme. Gerade die Vorlage der seit 2007 nicht mehr gültigen Arbeitserlaubnis durch RG hätte eine sofortige Nachfrage und Kontrolle erfordert, warum sie keine aktuelle Arbeitserlaubnis vorweise.

Der Beschwerdeführer rügt des Weiteren die Unterlassung der Anwendung des § 21 VStG, weil - selbst in dem Fall, in welchem ihm ein tatbestandsmäßiges Handeln zur Last gelegt hätte werden können - sämtliche Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 21 VStG vorlägen. Das Beschäftigungsverhältnis von RG sei nach Überprüfung und Auskunft des Arbeitsmarktservice beendet worden. Volkswirtschaftliche Schäden seien dadurch nicht entstanden.

Der Beschwerdeführer übersieht, dass die unberechtigte Beschäftigung von RG über zwei Monate lang dauerte. Bei einem derart langen Tatzeitraum ist nicht von einem geringfügigen Verschulden des Beschwerdeführers im Sinne des § 21 VStG auszugehen, zumal bereits auf Grund des Einstellungsgespräches hätte erkannt werden müssen, dass sich RG auf bereits abgelaufene Bewilligungen berief, sie aber dennoch beschäftigt wurde und es in der Folge derart lange Zeit dauerte, bis eine Überprüfung das Fehlen einer Berechtigung für die Beschäftigung der RG aufdeckte. Es ist demnach von einer besonderen Sorglosigkeit auszugehen. Diesbezüglich unterscheidet sich der gegenständliche Fall von dem dem bereits zitierten hg. Erkenntnis vom 4. September 2006 zu Grunde liegenden Fall. Diese Umstände hindern aber auch die vom Beschwerdeführer geforderte Anwendung des § 20 VStG; es ist nicht von einem (gewichtsmäßigen) Überwiegen der Milderungs- über die Erschwerungsgründe auszugehen.

Da der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 15. September 2011

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