VwGH 2011/05/0102

VwGH2011/05/010226.6.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und den Senatspräsidenten Dr. Waldstätten sowie die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerden 1. der Dr. R P und 2. des Dr. E P, beide in Wien, beide vertreten durch Dr. Manfred Trentinaglia und Dr. Clemens Winkler, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Kirchgasse 5 (hg. Zl. 2011/05/0102), und 3. der Dr. B V in Wien, vertreten durch Putz & Partner Rechtsanwälte in 1030 Wien, Reisnerstraße 12/22 (hg. Zl. 2011/05/0103), alle gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 5. Mai 2011, Zl. BOB- 469 und 470/10, betreffend Kostenersatz (weitere Partei in beiden Verfahren: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §67a Abs1 Z2;
AVG §76;
BauO Wr §129 Abs6;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §58 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §67a Abs1 Z2;
AVG §76;
BauO Wr §129 Abs6;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat den Erst- und Zweitbeschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der Drittbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 21. Jänner 2004 wurde den Eigentümern der Liegenschaft H. Gasse 11A gemäß § 129 Abs. 2 und 4 der Bauordnung für Wien (BO) der baupolizeiliche Auftrag erteilt, innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Bescheides die schadhafte gassenseitige Einfriedungsmauer standfest instand setzen zu lassen. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Einfriedungsmauer sich in Richtung Gasse neige und umzufallen drohe. Einige Ziegel würden nur noch lose auf der Mauer liegen.

Mit Vollstreckungsverfügung vom 30. April 2009 wurde die zwangsweise Durchführung der mit dem Titelbescheid vom 21. Jänner 2004 auferlegten Verpflichtung durch Ersatzvornahme angeordnet.

Die dagegen von den Erst- und Zweitbeschwerdeführern eingebrachte Berufung wurde mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 18. September 2009 als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die Behörde im Wesentlichen aus, dass laut vorliegendem - im Außerstreitverfahren eingeholten - Gutachten des Dipl. Ing. K. vom 9. Oktober 2006 die Standsicherheit der Einfriedungsmauer längerfristig nicht gewährleistet sei. Die bisher durchgeführten Maßnahmen seien nicht zur Sanierung geeignet und die Einfriedungsmauer sei in ihrem derzeitigen Zustand nicht standsicher. Auf Grund des Gutachtens des Dipl. Ing. K. sei der Titelbescheid vom 21. Jänner 2004 noch offen.

In der Folge wurde eine notstandspolizeiliche Sofortmaßnahme durch den Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 48, durchgeführt, deren Kosten diese mit EUR 23.811,25 für die Absicherung und Beleuchtung der schadhaften Stützmauer sowie tägliche Kontrollen bezifferte. Aus dem diesbezüglichen Rechnungsprotokoll vom 21. Mai 2010 ergibt sich, dass am 8. Oktober 2008 die schadhafte Stützmauer abgesichert und beleuchtet sowie hernach tägliche Kontrollen durchgeführt worden seien, wobei ein Leistungsentgelt inklusive Wegzeit für den Zeitraum vom 8. Oktober 2008 bis 11. Mai 2010 ausgewiesen wurde, ferner ein Minutentarif von 2,15 Euro und angefallene 11.183 Minuten, verrechnete Minuten aber nur 11.075. Die einzelnen Einsätze sind in einem im Akt befindlichen, umfangreichen Einsatzbericht festgehalten.

Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 25, vom 1. Juli 2010 wurden gemäß § 129 Abs. 6 BO den Beschwerdeführern als Eigentümern der Baulichkeit die mit EUR 23.811,25 bestimmten Kosten für die durch die Magistratsabteilung 48 durchgeführten Sicherungsmaßnahmen vorgeschrieben. Durch amtliche Wahrnehmungen seien am gegenständlichen Gebäude Baugebrechen festgestellt worden, die eine unmittelbare Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen dargestellt hätten. Zur Beseitigung dieses gefahrdrohenden Zustandes habe die Magistratsabteilung 48 die aus dem beigelegten Rechnungsprotokoll ersichtlichen Anordnungen wegen Gefahr im Verzug treffen und sofort vollstrecken müssen. Die der Behörde dabei erwachsenen Auslagen fielen den Verpflichteten zur Last.

Gegen diesen Bescheid erhoben sämtliche Beschwerdeführer Berufung. Die Drittbeschwerdeführerin beantragte in ihrer Berufung, "die zur Entscheidung über dieses Rechtsmittel berufene Behörde, der Unabhängige Verwaltungssenat für Wien", wolle den bekämpften Bescheid ersatzlos aufheben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, die Baubehörde erster Instanz habe Kenntnis vom Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. K. vom 9. Oktober 2006 erlangt. Aus diesem Gutachten gehe hervor, dass die Einfriedungsmauer nicht standsicher gewesen sei. Es habe daher eine Gefahr durch Umstürzen der Mauer oder Ablösen größerer Mauerteile für Passanten und insbesondere für Personen, welche aus den bzw. in den parallel zur Einfriedungsmauer abgestellten Kraftfahrzeugen aus- bzw. einstiegen, bestanden. Der gefahrdrohende Zustand sei aus im Akt einliegenden Fotoaufnahmen ersichtlich. Aufgrund dieser unmittelbar drohenden Gefahr seien ab deren Bekanntwerden für die Baupolizei die nunmehr verrechneten notstandspolizeilichen Sicherungsmaßnahmen in Form einer Abschrankung und Beleuchtung verfügt und sogleich durchgeführt worden.

Die Beschwerdeführer hätten gegen die Maßnahme keine Beschwerde beim unabhängigen Verwaltungssenat eingebracht, sodass von der Rechtmäßigkeit der Maßnahme auszugehen sei. Die Frage, ob Gefahr im Verzug vorgelegen sei oder nicht, könne im Berufungsverfahren gegen den Kostenersatzbescheid nicht aufgegriffen werden.

Dem Verpflichteten komme kein Recht zu, im Vorfeld über die Maßnahmen informiert zu werden (wurde näher ausgeführt). Der Verpflichtete müsse es hinnehmen, wenn die Kosten der für die Durchführung des baupolizeilichen Auftrages erforderlichen und auch tatsächlich verrichteten Arbeiten höher seien, als sie bei Durchführung der Arbeiten ohne behördliches Dazwischentreten gewesen wären. Das gelte auch bei der Durchführung notstandspolizeilicher Maßnahmen. Wenn die Beschwerdeführer vorbrächten, die Ersatzvornahme der Instandsetzung hätte weniger hohe Kosten verursacht als die bloße Absicherung, so sei entgegenzuhalten, dass das beträchtliche Ausmaß der angefallenen Kosten für die Sicherung sich aus der erforderlichen langen Dauer der Abschrankung ergebe, welche auf dem fortgesetzten Unterbleiben der Instandsetzung durch die Beschwerdeführer beruhe.

Im Hinblick auf die bloß ganz allgemein gehaltenen Behauptungen der Beschwerdeführer zur Kostenhöhe ohne konkrete zahlenmäßige Gegendarstellungen sei auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach der Grundsatz der Amtswegigkeit im Verwaltungsverfahren die Partei nicht von der Obliegenheit befreie, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen. Eine unsubstanziierte Erklärung der Partei, ein festgestellter und als solches vorgehaltener Sachverhalt sei unrichtig, reiche keinesfalls aus, wenn dem nicht zumindest konkrete Behauptungen entgegengesetzt und entsprechende Beweise angeboten würden. In einem solchen Fall sei der Behörde jedoch kein Verfahrensfehler vorzuwerfen, wenn diese auf Grund derartig unsubstanziierter Bestreitungen keine Beweiserhebungen mehr durchführe. Dies umso mehr, als nur die tatsächlich aufgelaufenen Kosten (eine Minute sei mit EUR 2,15 verrechnet worden) vorgeschrieben worden seien. Die Endsumme ergebe sich aus der Multiplikation des Minutensatzes mit der Anzahl der angefallenen Anfahrts-, Arbeits- und Kontrollminuten im Ausmaß von

11.183 Minuten, wobei 11.075 Minuten verrechnet worden seien. Der Anfall der Minuten sei aus der tabellarischen Aufstellung im Einsatzbericht der Magistratsabteilung 48 nachvollziehbar. In dieser Aufstellung werde zwischen Anfahrt, Absicherung und Beleuchtung, Kontrolle, Kontrolle mit Blinkerwechsel, teilweiser neuer Aufstellung, Einziehung, Rückfahrt und Fahrzeugbe- und - entladung differenziert, wobei die jeweils angegebene Minutenzahl plausibel und nachvollziehbar sei. Anzumerken sei in diesem Zusammenhang, dass der Zeitraum, in welchem die verrechneten Maßnahmen gesetzt worden seien, von der Drittbeschwerdeführerin ausdrücklich außer Streit gestellt worden sei.

Zum Vorbringen der Drittbeschwerdeführerin, wonach sie sehr wohl versucht habe, das Baugebrechen rechtzeitig beheben zu lassen, ihr dies jedoch auf Grund der mangelnden Mitwirkung der Miteigentümer nicht möglich gewesen sei, sei festzuhalten, dass jeder Miteigentümer solidarisch hafte. Sie sei daher hinsichtlich allfälliger Regressansprüche auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.

Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden Beschwerden mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, beide Beschwerdeverfahren wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden, und hat erwogen:

Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer bringen im Wesentlichen vor, dem angefochtenen Verwaltungsakt komme kein Bescheidcharakter zu; individuell bestimmte Personen seien als Bescheidadressaten nicht genannt, sondern nur "Die Eigentümer der Baulichkeit in ... H. Gasse 11A…". Es sei dem Spruch auch nicht zu entnehmen, zu welchem Zeitpunkt das Eigentumsverhältnis an der Liegenschaft bestanden habe. Darüber hinaus sei die Liegenschaft nicht klar bezeichnet. Nicht ersichtlich sei, um welche Art von Sicherungsmaßnahmen es sich handle, in welchem Zeitraum und an welchem Ort sie durchgeführt worden seien. Den Beschwerdeführern seien weder die Fotos, aus denen das Vorliegen eines gefahrdrohenden Zustandes abgeleitet worden sei, noch der Einsatzbericht, auf welchen sich die Feststellungen zur Höhe der vorgeschriebenen Kosten stützen würden, übermittelt worden. Auch sei keine Mitteilung ergangen, dass neue Ermittlungsergebnisse vorlägen, Akteneinsicht genommen und eine Stellungnahme erstattet werden könne. Dadurch sei der Grundsatz des Parteiengehörs verletzt worden. Im Rahmen eines im Jahr 2006 durchgeführten Sanierungsverfahrens sei durch den Sachverständigen Ing. W. die Standfestigkeit der Mauer festgestellt worden, was seitens der zuständigen Behörde auch bestätigt worden sei. Änderungen hätten sich seither nicht ergeben und seien auch zu keinem Zeitpunkt behauptet worden. Auf dieser Grundlage hätte die belangte Behörde die Richtigkeit des Gutachtens des Dipl. Ing. K., aus dem sich die unmittelbar drohende Gefahr ergäbe, hinterfragen müssen. Dies umso mehr, als auch im Gutachten ausgeführt werde, dass eine Beurteilung der Standsicherheit nur möglich sei, wenn man konkrete Berechnungen unter Berücksichtigung des unter Bodenniveau gelegenen Teiles der Mauer vornehme. Das Gutachten enthalte keine derartigen Berechnungen, sondern gebe einen Gefahrenzustand auf Grund der bloßen Optik des über Bodenniveau bestehenden Teiles der Mauer an. Entsprechendes leite die belangte Behörde auch aus Fotos ab, die den identischen Zustand wiedergäben wie im Jahr 2006, einem Zeitpunkt, zu dem die Gefahrlosigkeit bestätigt worden sei. Ein hinreichender Grund zur Annahme einer gefährlichen Situation habe nicht bestanden; die Mauer habe sich bis zu ihrem vollständigen Abbruch in standsicherem Zustand befunden. Der Behörde sei zum Zeitpunkt der Veranlassung der Sicherungsmaßnahmen der unveränderte Stand der Dinge seit rund einem Jahr bekannt gewesen, während dessen keine Notwendigkeit zum Handeln erblickt worden sei. Es habe sohin weder Gefahr im Verzug noch eine Notwendigkeit zur Durchführung von Sicherungsmaßnahmen bestanden. Die Sicherungsmaßnahmen seien auf der H. Straße, also auf öffentlichem Gut durchgeführt worden. Die Verletzung von Rechten der Beschwerdeführer durch die vorgenommenen Maßnahmen auf öffentlichem Gut sei nicht denkbar. Es habe daher mangels Antragslegitimation auch keine rechtliche Möglichkeit gegeben, zu deren Abwehr eine Beschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat zu richten. Daraus resultiere, dass die Frage, ob Gefahr im Verzug bestanden habe, sehr wohl von der belangten Behörde zu entscheiden gewesen sei. Durch § 129 Abs. 6 BO werde keine Befugnis eingeräumt, Kosten in beliebiger Höhe zu provozieren. Der notstandspolizeiliche Eingriff sei unter Interessenabwägung so durchzuführen, dass eine möglichst geringfügige Beeinträchtigung des Eigentums und der betroffenen Eigentümer damit verbunden sei. Es sei daher verfehlt, Sicherungsmaßnahmen, die als kurzfristige polizeiliche Maßnahmen gerechtfertigt sein mögen, über einen Zeitraum von rund 19 Monaten aufrecht zu erhalten. Hinzu komme, dass ein Bescheid bezüglich der Ersatzvornahme bereits vorgelegen sei. Im äußersten Fall hätte daher die wesentlich weniger kostenauslösende Ersatzvornahme erfolgen müssen. Darüber hinaus sei die Höhe der Kosten weder belegt noch gerechtfertigt. Kosten von EUR 2,15 pro Minute würden Kosten von EUR 129,- pro Stunde entsprechen. Es widerspreche jeder Lebenserfahrung, dass im Rahmen des öffentlichen Dienstes oder auch im Rahmen der Privatwirtschaft Arbeiten in einer Höhe entlohnt würden, die solche Kosten auslösen würden.

Die Drittbeschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, die Berufung gegen den Bescheid vom 1. Juli 2010 sei an den unabhängigen Verwaltungssenat gerichtet gewesen. Dies ergebe sich sowohl aus den Berufungsausführungen gegen die Zulässigkeit und Zweckmäßigkeit der Maßnahme als auch aus dem Berufungsantrag, in dem ausdrücklich eine Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates angeregt worden sei. Über die Berufung habe jedoch die - unzuständige - Bauoberbehörde entschieden. Es seien keine Feststellungen zur Höhe der vorgeschriebenen Kosten getroffen worden. Dem Einsatzbericht könne nicht entnommen werden, auf welcher Grundlage der Minutensatz von EUR 2,15 vorgeschrieben werde und dass tatsächlich 11.183 Minuten Arbeitszeit für die Sicherung und Beleuchtung der Mauer angefallen wären. Eine tabellarische Aufstellung, woraus der Anfall der Minuten ersichtlich sei, sei nicht zugestellt worden, sondern nur der Einsatzbericht, aus dem nur ein Arbeitsaufwand von 112 Minuten (von 9:33 bis 11:25 Uhr) ersichtlich sei. Davon ausgehend könne nur ein Kostenersatz von EUR 240,80 vorgeschrieben werden, was jedoch auch bestritten werde, weil die Anwendung eines Minutensatzes willkürlich und unbegründet erscheine. Eine zahlenmäßige Gegendarstellung habe nicht eingereicht werden können, da weder die Grundlage für die Verrechnung bekannt gewesen sei noch welche Sicherungsmaßnahmen im Detail zu welchen Kosten veranlasst worden seien. Bei der Begründung, wonach sich die hohen Kosten für die Absicherung aus der erforderlichen langen Dauer der Abschrankung ergäben, welche auf dem fortgesetzten Unterbleiben der Instandsetzung durch die Beschwerdeführerin beruhe, habe die belangte Behörde außer Acht gelassen, dass die Beschwerdeführerin ohne Zustimmung der anderen Miteigentümer nicht agieren habe dürfen und sie daher auch kein Verschulden an der Unterlassung der Instandsetzung treffe. Dies habe auch der unabhängige Verwaltungssenat aus anderem Anlass festgestellt. Der belangten Behörde sei bekannt gewesen, dass die Beschwerdeführerin um eine Lösung bemüht gewesen sei und diese auch gerichtlich durchzusetzen versucht habe. Schließlich stamme das die Einsturzgefahr bescheinigende Gutachten, das letztlich die Grundlage für die Sicherungsmaßnahme gewesen sei, aus dem nämlichen Verfahren vor dem Bezirksgericht. Hinzuweisen sei, dass die Behörde bis zur Vorlage dieses von der Beschwerdeführerin initiierten Statikergutachtens sogar die gegenteilige Auffassung vertreten habe, nämlich dass Einsturzgefahr nicht bestehe. Die belangte Behörde hätte sich nicht schlichtweg damit begnügen dürfen, auf unbestimmte Dauer derartige Sicherungsmaßnahmen zu veranlassen, gerade aufgrund der amtsbekannt langen Dauer von Verfahren unter Miteigentümern, sondern hätte eine die Einsturzgefahr - etwa durch schlichte Abtragung - beseitigende Maßnahme anordnen müssen. Die Behörde hätte die vorgeschriebene Ersatzvornahme zu vollstrecken gehabt, dies auch deshalb, weil keine besonderen, erst neu bekannt gewordenen Gefahrenmomente im Verhältnis zur ursprünglich vorhandenen Einsturzgefahr aufgetreten seien, die ausschließlich eine sofortige Sicherungsmaßnahme erforderlich und rechtmäßig gemacht hätten. Dass man höhere Kosten bei behördlichem Dazwischentreten hinnehmen müsse, unabhängig davon, dass sie ohne behördliches Dazwischentreten geringer gewesen wären, beziehe sich auf den Vergleich der Kosten mit und ohne behördliches Dazwischentreten, nicht aber auf einen Vergleich der Kosten einer behördlichen Ersatzvornahme und einer behördlichen Sicherungsmaßnahme von unbestimmter Dauer. Es sei unberücksichtigt geblieben, dass generell dort, wo der Behörde eine Ersatzvornahme zustehe, sie nach dem Grundsatz einer Interessensabwägung und Verhältnismäßigkeit vorzugehen und zu entscheiden habe. Gegenständlich hätte sie daher zu dem Schluss kommen müssen, dass der Ersatzvornahme zur Beseitigung der Einsturzgefahr einer kostenintensiveren Sicherungsmaßnahme auf unbestimmte Dauer der Vorzug zu geben gewesen sei, um auch die Interessen desjenigen zu schützen, der an der Erfüllung einer Pflicht zufolge der Miteigentumsverhältnisse gehindert werde.

Gemäß § 59 Abs. 1 1. Satz AVG hat der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen.

Gemäß § 60 AVG sind in der Bescheidbegründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Zum Vorbringen der Erst- und Zweitbeschwerdeführer hinsichtlich der Bestimmtheit des Bescheidadressaten ist auszuführen, dass der Bescheid eindeutig erkennen lassen muss, wer Bescheidadressat ist. Es bedeutet aber keinen Verstoß gegen die Vorschrift des § 59 Abs. 1 AVG, wenn die Behörde im Spruch zwar den Verpflichteten zunächst abstrakt bezeichnet (wie hier: Eigentümer der Baulichkeit), dann aber in der Zustellverfügung diejenige Person benennt, auf welche sich der Spruch bezieht, weil durch eine solche Erfassung der Person des zu einer Leistung Verpflichteten das im Spruch des Bescheides genannte konkrete Rechtsverhältnis klar zum Ausdruck kommt. Wird also im Spruch eine Person nur abstrakt bezeichnet, so kommt der Zustellverfügung, in der sie dann namentlich bezeichnet ist, wesentliche Bedeutung zu, weil dadurch erst die notwendige Individualisierung bewirkt wird (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, S. 733 unter E 87a zitierte hg. Rechtsprechung). Der angefochtene Bescheid - der im Übrigen dadurch, dass er die Berufung spruchgemäß abgewiesen hat, den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides zu seinem Spruchinhalt gemacht hat (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage, S. 1301 unter E 312 ff zitierte hg. Judikatur) - genügt diesen Anforderungen. Gleiches gilt für die Bezeichnung der Liegenschaft, die sich im Zusammenhang mit der Bezeichnung der Eigentümer in der Zustellverfügung eindeutig bestimmen lässt.

Zur von der Drittbeschwerdeführerin vorgebrachten Unzuständigkeit der Bauoberbehörde ist auszuführen, dass mit dem erstinstanzlichen Bescheid die Kosten für eine durchgeführte Sicherungsmaßnahme vorgeschrieben wurden. Zur Entscheidung über eine dagegen eingebrachte Berufung ist gemäß § 136 BO die Bauoberbehörde für Wien zuständig. Unzuständigkeit der belangten Behörde liegt daher nicht vor.

Gemäß § 129 Abs. 2 1. Satz BO hat der Eigentümer (jeder Miteigentümer) dafür zu sorgen, dass die Bauwerke (Gärten, Hofanlagen, Einfriedungen u. dgl.) in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden. Gemäß § 129 Abs. 4 1. Satz BO hat die Behörde nötigenfalls die Behebung von Baugebrechen unter Gewährung einer angemessenen Frist anzuordnen. Gemäß § 129 Abs. 6 BO kann die Behörde bei Gefahr im Verzug auch ohne Anhörung der Partei die erforderlichen Verfügungen und Sicherungsmaßnahmen auf Gefahr und Kosten des Eigentümers (jedes Miteigentümers) eines Bauwerkes anordnen und sofort vollstrecken lassen.

Notstandspolizeiliche Maßnahmen im Sinne des § 129 Abs. 6 BO sind nicht mehr zulässig, wenn baupolizeiliche Aufträge bereits ergangen oder gar rechtskräftig und vollstreckbar sind: eine Ausnahme besteht dann, wenn zusätzliche Gefahrenmomente aufgetreten sind, die ein sofortiges Handeln der Behörde erfordern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1996, Zl. 95/05/0198, mwN).

Notwendige Voraussetzung zur Durchführung von notstandspolizeilichen Maßnahmen iSd § 129 Abs. 6 BO ist das Vorliegen von Gefahr im Verzug, das ein sofortiges Einschreiten der Behörde erforderlich macht. Gegenständlich erfolgte dies durch die Absicherung und Abschrankung der einsturzgefährdeten Einfriedungsmauer. Darüber hinaus hatte die Behörde während der Dauer des Vorhandenseins der Abschrankung für deren ordnungsgemäße Funktionsfähigkeit durch tägliche Kontrollen zu sorgen; bei den Kosten dafür handelt es sich um notwendige Kosten; auch aus der relativ langen Dauer einer Abschrankung und Beleuchtung kann nicht abgeleitet werden, dass sie den Rahmen einer zulässigen notstandspolizeilichen Maßnahme überschritten hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1980, Zl. 2729/79).

Bei einer auf § 129 Abs. 6 BO gestützten Vorschreibung der Kosten von Sicherungsmaßnahmen ist wesentlich, dass diese Sicherungsmaßnahmen - objektiv gesehen - erforderlich waren, um einer Gefahrensituation zu begegnen. Dabei ist es rechtlich unerheblich, ob den Verpflichteten am Unterbleiben der Gefahrenabwehr ein Verschulden trifft (vgl. die bei Geuder/Hauer, Wiener Bauvorschriften, 5. Auflage, S. 795, unter Z 20 zitierte hg. Judikatur).

Ob die Voraussetzungen des § 129 Abs. 6 BO im Sinne der vorstehenden Ausführungen vorgelegen sind und die von der Behörde in Auftrag gegebenen Arbeiten demnach notwendig und zweckmäßig und zulässig waren, kann im Verfahren über die Bezahlung der Kosten dieser Maßnahme aber nicht überprüft werden. Gemäß § 67a Abs. 1 Z 2 AVG entscheidet nämlich der unabhängige Verwaltungssenat über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes. Unterlässt die von einem Akt der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt betroffene Partei die Erhebung einer Beschwerde gegen diesen Akt beim unabhängigen Verwaltungssenat, dann ist davon auszugehen, dass ein solcher Verwaltungsakt gegenüber einem zur Maßnahmenbeschwerde Befugten nicht in dessen subjektivöffentliche Rechte rechtswidrig eingegriffen hat. Werden daher die nach § 129 Abs. 6 BO durchgeführten notstandspolizeilichen Maßnahmen nicht vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat bekämpft, dann kann die Frage der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Maßnahmen im Kostenersatzverfahren nicht mehr aufgerollt werden, weil hier insoweit mangels Bekämpfung die Rechtmäßigkeit der notstandspolizeilichen Maßnahmen anzunehmen ist, die auch deren Erforderlichkeit im Sinne des Gesetzes umfasst (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 13. November 2012, Zl. 2010/05/0226).

Der Grund, weshalb die Anfechtung der Maßnahme beim unabhängigen Verwaltungssenat unterblieb, ist im Kostenersatzverfahren nicht von Bedeutung (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 13. November 2012, Zl. 2010/05/0226). Zu bemerken ist ferner, dass die Maßnahme wegen eines Baugebrechens an der im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Mauer gesetzt wurde. Dass zur Durchführung der Maßnahme Fremdgrund (hier: die Straße) in Anspruch genommen wurde, ändert nichts daran, dass die Beschwerdeführer als zur Beseitigung des Baugebrechens und damit auch zum Kostenersatz Verpflichtete ihre Auffassung, dass die Maßnahme rechtswidrig (gewesen) sei, vor dem unabhängigen Verwaltungssenat hätten geltend machen müssen.

Die notstandspolizeiliche Maßnahme selbst, die Grundlage für das vorliegende Kostenersatzverfahren war, wurde vor dem unabhängigen Verwaltungssenat nicht bekämpft. Die Ausführungen der Drittbeschwerdeführerin in ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Kostenersatzbescheid vermögen eine solche Anfechtung nicht zu ersetzen. Somit ist davon auszugehen, dass die Sicherungsmaßnahmen notwendig und zweckmäßig und damit rechtmäßig waren.

Im Kostenverfahren nach § 129 Abs. 6 BO sind dem Verpflichteten die Kosten aufgeschlüsselt zur Kenntnis zu bringen, sodass er eine Möglichkeit zur Überprüfung hat (vgl. die bei Moritz, Bauordnung für Wien, 4. Auflage, S. 318, zitierte hg. Judikatur). Dies ist im gegenständlichen Fall durch die Übermittlung des Rechnungsprotokolles der Magistratsabteilung 48 mit dem erstinstanzlichen Bescheid in ausreichender Weise geschehen.

Der Verpflichtete kann zwar nicht geltend machen, dass die Kosten ohne Einschaltung der Behörde geringer gewesen wären, doch kann er mit substantiierten Darlegungen vorbringen, die Kosten seien unverhältnismäßig hoch (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 2010, Zl. 2009/05/0028). Die Beschwerdeführer bemängeln nun, dass der angewandte Minutensatz von EUR 2,15 weder belegt noch gerechtfertigt sei. Diesem Vorbringen kommt Berechtigung zu:

Die belangte Behörde hätte den von ihr herangezogenen Minutensatz von EUR 2,15 näher begründen müssen. Die zum Ersatz vorgeschriebenen Kosten dürfen nämlich nicht unverhältnismäßig hoch sein. Dies bedeutet, dass jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem nicht ein externes Unternehmen die Maßnahme durchgeführt und dafür Rechnung gelegt hat, die von der Behörde auf ihre Sachlichkeit überprüft wurde, sondern die Gemeinde selbst (hier im Wege der Magistratsabteilung 48) tätig geworden ist, die Vorschreibung einer näheren und sachlich nachvollziehbaren Begründung bedarf, etwa durch vergleichsweise Heranziehung marktüblicher Kosten für die erbrachten Leistungen oder Kosten für vergleichbare Leistungen der Gemeinde, die diese in anderen Zusammenhängen mit gewisser Regelmäßigkeit erbringt (und für die möglicherweise sogar ein Tarif besteht), oder auch durch Bezifferung des Zweckaufwandes, also der der Gemeinde entstehenden Kosten für Personal und Material in Verfolgung der konkreten Maßnahme. Der Hinweis darauf, dass es ein Verpflichteter hinnehmen müsse, wenn die Kosten für die Durchführung des baupolizeilichen Auftrages höher seien als die Kosten, die bei der Durchführung der Arbeiten ohne behördliches Dazwischentreten entstanden wären, genügt als Begründung für die Annahme eines bestimmten Minutensatzes nicht.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 26. Juni 2013

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