VwGH 2009/21/0306

VwGH2009/21/030624.11.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde der T, vertreten durch Mag. Susanne Singer, Rechtsanwältin in 4600 Wels, Maria-Theresia-Straße 9, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 19. August 2009, Zl. E1/9827/2008, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2 idF 2009/I/029;
FrPolG 2005 §66;
MRK Art8 Abs2;
MRK Art8;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2 idF 2009/I/029;
FrPolG 2005 §66;
MRK Art8 Abs2;
MRK Art8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Bescheidausfertigung ergibt sich Folgendes:

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Syrien, reiste am 15. Mai 2002 illegal nach Österreich ein und stellte einen Asylantrag. Dieser wurde mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 25. Juni 2002 gemäß "§§ 6, 8" Asylgesetz 1997 abgewiesen. Die Beschwerdeführerin stellte in der Folge einen neuerlichen Asylantrag, den das Bundesasylamt mit Bescheid vom 29. Jänner 2003 gemäß § 68 AVG zurückwies. Der dagegen erhobenen Berufung gab der unabhängige Bundesasylsenat mit Bescheid vom 21. Mai 2008 keine Folge, die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde lehnte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 26. Februar 2009, Zl. 2008/20/0566, ab.

Mit dem nunmehr bekämpften, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 19. August 2009 wies die belangte Behörde die Beschwerdeführerin gemäß §§ 31, 53 und 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG aus dem Bundesgebiet aus. Die Beschwerdeführerin halte sich - so die belangte Behörde begründend - nach dem negativen Abschluss ihres Asylverfahrens seit Mai 2008 unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Sie habe keine relevanten privaten und familiären Beziehungen dargetan, ihr sei jedoch eine der Dauer ihres Aufenthalts "entsprechende Integration" zuzubilligen. Das Gewicht dieser Integration werde allerdings dadurch gemindert, dass der inländische Aufenthalt der Beschwerdeführerin nur auf Grund eines Antrages, welcher sich letztlich als unberechtigt erwiesen habe, temporär berechtigt gewesen sei. Es treffe zu, dass der Beschwerdeführerin die lange Dauer ihres (zweiten) Asylverfahrens nicht zum Nachteil gereichen dürfe. Die bloße Aufenthaltsdauer alleine vermöge jedoch "kein individuelles Bleiberecht" zu vermitteln, vielmehr wäre es dafür unerlässlich gewesen, auch sonstige Integrationsschritte zu erbringen. Die Beschwerdeführerin halte sich - so die belangte Behörde weiter - seit mehr als einem Jahr unrechtmäßig in Österreich auf. Bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maße, die Ausweisung der Beschwerdeführerin sei daher gemäß § 66 Abs. 1 FPG zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Beachtung durch die Normadressaten komme (nämlich) aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinn des Art. 8 Abs. 2 EMRK ein sehr hoher Stellenwert zu.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass sie sich nunmehr unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und dass daher der Ausweisungstatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt ist. Sie bringt jedoch - erkennbar im Hinblick auf § 66 FPG - vor, dass die Interessenabwägung zu ihren Gunsten hätte ausfallen müssen und dass "aufgrund des bestehenden Privat- und Familienlebens in Österreich" eine Ausweisung nicht hätte erlassen werden dürfen. Unter diesem Gesichtspunkt verweist sie auf einen "großen Freundes- und Bekanntenkreis", den sie sich während ihres siebenjährigen Aufenthalts in Österreich aufgebaut habe. Sie lebe seit mehreren Jahren im Haus von Herrn Y. und pflege zu diesem eine sehr intensive persönliche Beziehung, ungeachtet dessen, dass keine Lebensgemeinschaft vorliege.

Diese Umstände reichen indes nicht aus, dass unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK von einer Ausweisung der Beschwerdeführerin hätte Abstand genommen werden und hätte akzeptiert werden müssen, dass sie mit ihrem Verhalten letztlich versucht, in Bezug auf ihren Aufenthalt in Österreich vollendete Tatsachen ("fait accompli") zu schaffen. Bei der Bewertung des privaten Interesses der Beschwerdeführerin an einem Verbleib in Österreich ist nämlich auch zu berücksichtigen, dass sie - zumal im Hinblick auf die Ergebnisse ihres ersten Asylverfahrens - auch während ihres zweiten Asylverfahrens nicht sicher damit rechnen durfte, dass sie dauernd in Österreich würde verbleiben können. Deshalb ist das Gewicht der mittlerweile erlangten - jedoch ohnehin nicht stark ausgeprägten - Integration dadurch gemindert, dass sie sich während der meisten Zeit ihres Inlandsaufenthaltes ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (vgl. in diesem Sinn grundlegend zuletzt das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 2009, Zl. 2009/21/0293, Punkt 2.2.2.3. der Entscheidungsgründe).

Dem steht entgegen, dass den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt. Gegen diese Normen verstoßen Fremde, die - wie die Beschwerdeführerin - trotz negativen Abschlusses ihres Asylverfahrens in Österreich (unrechtmäßig) verbleiben, was nach dem Gesagten eine maßgebliche Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen darstellt. Vor diesem Hintergrund ist es fallbezogen wie schon erwähnt nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde die Ausweisung der Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK nicht als unzulässigen Eingriff in ihr Privat- und Familienleben angesehen hat. Dass der Beschwerdeführerin, wie nunmehr in der Beschwerde betont wird, weder die lange Dauer ihres zweiten Asylverfahrens noch der fehlende Zugang zum Arbeitsmarkt noch ihre bloß eingeschränkten Deutschkenntnisse zum Vorwurf gemacht werden können, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern, zumal damit nichts aufgezeigt wird, was vor dem Hintergrund der in § 66 Abs. 2 FPG idF der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009 insbesondere bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens zu berücksichtigenden Faktoren von Relevanz wäre.

Soweit die Beschwerdeführerin ergänzend rügt, die belangte Behörde hätte sich umfassender mit ihrer Integration in Österreich auseinander setzen müssen, zeigt sie nicht auf, was konkret in die behördliche Entscheidung hätte miteinfließen müssen.

Da somit insgesamt bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 24. November 2009

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