Normen
FrPolG 2005 §46 Abs3;
FrPolG 2005 §50 Abs1;
FrPolG 2005 §50 Abs2;
FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §62 Abs3;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
EMRK Art8;
VwRallg;
FrPolG 2005 §46 Abs3;
FrPolG 2005 §50 Abs1;
FrPolG 2005 §50 Abs2;
FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §62 Abs3;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
EMRK Art8;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aufgrund der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Bescheidausfertigung ergibt sich Folgendes:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Republik Moldau, wurde nach rechtskräftiger Beendigung seines Asylverfahrens im Hinblick auf seinen (nunmehr) nicht rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich von der Bundespolizeidirektion Linz mit Bescheid vom 4. Dezember 2008 gemäß § 53 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 und § 66 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Der dagegen vom Beschwerdeführer am 23. Dezember 2008 erhobenen Berufung gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich mit Bescheid vom 26. März 2009 keine Folge.
Mit der Berufung gegen den Ausweisungsbescheid hatte der Beschwerdeführer (unter anderem) auch den Antrag verbunden, "die beabsichtigte Abschiebung aufzuschieben". Dies begründete der Beschwerdeführer damit, dass an seiner Abschiebung derzeit kein öffentliches Interesse bestehe, weil er in geordneten Verhältnissen lebe. Er verfüge über einen Wohnsitz, seine langjährige Lebensgefährtin und seine Freunde befänden sich in Österreich. In einer Stellungnahme vom 9. Juni 2009 ergänzte er, bei einer Interessenabwägung wären die öffentlichen Interessen an der Ausweisung wesentlich niedriger zu gewichten als seine privaten Interessen an einem Verbleib in Österreich. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hätten (ehemalige) Asylwerber, deren Verfahren jahrelang gedauert habe, ein Bleiberecht. Der Beschwerdeführer erfülle auch "sämtliche Voraussetzungen zur Gewährung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG", weshalb die beabsichtigte Abschiebung "rechts- und verfassungswidrig" sei. Überdies seien nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes Gesetzesverstöße, die sich in der rechtswidrigen Einreise und in einem rechtswidrigen Aufenthalt erschöpften, nicht geeignet, eine Beeinträchtigung der "öffentlichen Ruhe und Sicherheit" zu begründen. Aus diesem Grund seien öffentliche Interessen an der Abschiebung von vornherein zu verneinen.
Diesen Antrag wies die Bundespolizeidirektion Linz (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 15. Juni 2009 gemäß § 46 Abs. 3 FPG ab.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die vom Beschwerdeführer vorgebrachten, ausschließlich das Privat- und Familienleben betreffenden Umstände seien bereits umfassend im Ausweisungsverfahren berücksichtigt worden und könnten keineswegs als Begründung für die Erteilung eines Abschiebungsaufschubes herangezogen werden. Eine Interessenabwägung zwischen öffentlichem und privatem Interesse sei "nicht Inhalt der Bestimmung über die Erteilung eines Abschiebungsaufschubes". Da der Beschwerdeführer darüber hinaus keine Umstände aufgezeigt habe, die eine Abschiebung aus Gründen des § 50 FPG unzulässig erscheinen ließen und sie auch nicht aus tatsächlichen Gründen unmöglich scheine, sei der gegenständliche Antrag abzuweisen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom 3. September 2009, B 942/09-3, ablehnte und die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Fremde können gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 FPG von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag der Behörde (u.a.) zur Ausreise verhalten werden (Abschiebung), wenn gegen sie eine Ausweisung durchsetzbar ist und sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind. Daran knüpft die Bestimmung des § 46 Abs. 3 FPG über den Abschiebungsaufschub an, die wie folgt lautet:
"Die Abschiebung eines Fremden ist auf Antrag oder von Amts wegen auf bestimmte, jeweils ein Jahr nicht übersteigende Zeit aufzuschieben (Abschiebungsaufschub), wenn sie unzulässig ist (§ 50) oder aus tatsächlichen Gründen unmöglich scheint."
Ein Abschiebungsaufschub kommt daher schon nach dem klaren Gesetzeswortlaut nur dann in Betracht, wenn der Fremde im Zielstaat einer Bedrohung im Sinne des § 50 Abs. 1 oder 2 FPG ausgesetzt ist oder die Abschiebung aus tatsächlichen Gründen unmöglich scheint. Ein Vorbringen in diese Richtung hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht erstattet. Das wird in der Beschwerde weder bestritten noch wird aufgezeigt, dass (amtswegig wahrzunehmende) Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzungen vorgelegen wären.
Vielmehr beschränkt sich das Vorbringen in der Beschwerde unter Bezugnahme auf § 66 FPG, der in einer Kombination seiner Fassungen vor und nach der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009 zitiert wird, darauf, dass die Behörde die Interessen des Beschwerdeführers aufgrund seines sechsjährigen Aufenthaltes in Österreich und seiner Integration hätte höher gewichten müssen, zumal gegenteilige öffentliche Interessen nicht ersichtlich seien. Tatsächlich bestehe ein öffentliches Interesse an einer Zuwanderung von integrations- und arbeitswilligen Ausländern. In der nicht gehörigen Gewichtung der Interessen werde "ein Ermessensmissbrauch und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides" erblickt. Nach der Argumentation der Behörde - so heißt es in der Beschwerde abschließend - wäre "jeder Anwendungsfall des § 66 FPG faktisch ausgeschlossen, da jede Ausweisung nach § 54 FPG (offenbar gemeint: § 53 Abs. 1 FPG) grundsätzlich einen nicht rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet voraussetzt."
Diese Ausführungen - wie auch jene im Verwaltungsverfahren - scheinen die Erlassung einer Ausweisung mit ihrer (zwangsweisen) Durchsetzung in Form der Abschiebung gleichzusetzen. Davon ausgehend wird offenbar übersehen, dass eine Interessenabwägung nach § 66 FPG nur bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen vorzunehmen ist. Das ergibt sich eindeutig aus § 66 Abs. 1 FPG, der ausdrücklich nur Ausweisungen nennt, und aus den auf § 66 FPG verweisenden Normen des § 60 Abs. 6 FPG betreffend das Aufenthaltsverbot und des § 62 Abs. 3 FPG betreffend das Rückkehrverbot. Kommt die Fremdenpolizeibehörde dabei zu dem Ergebnis, dass die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach Abwägung der wechselseitigen Interessen unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 66 Abs. 2 FPG keinen unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK unzulässigen Eingriff in das Privatund/oder Familienleben des Fremden darstellt, ist diese Frage nicht neuerlich im Rahmen der Abschiebung zu prüfen. Mit einem Vorbringen in diese Richtung lässt sich daher - wie die belangte Behörde zutreffend erkannte und worauf auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Ablehnungsbeschluss hingewiesen hat - ein Antrag auf Gewährung eines Abschiebungsaufschubes nach § 46 Abs. 3 FPG nicht begründen (siehe in diesem Sinn schon zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach dem Fremdengesetz BGBl. Nr. 838/1992 etwa die hg. Erkenntnisse vom 27. September 1995, Zl. 95/21/0868, und vom 13. November 1996, Zl. 96/21/0846; siehe zum Fremdengesetz 1997 auch das bereits von der belangten Behörde zitierte Erkenntnis vom 17. November 2005, Zl. 2005/21/0058).
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 24. November 2009
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