VwGH 2009/18/0431

VwGH2009/18/04319.11.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie die Hofräte Dr. Enzenhofer, Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des O R in W, geboren am 10. April 1981, vertreten durch Mag. Franz Karl Juraczka, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Alser Straße 32/15, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 4. Juni 2009, Zl. E1/215.392/2009, betreffend Ausweisung gemäß § 53 FPG, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 4. Juni 2009 wurde der Beschwerdeführer, nach dem Beschwerdevorbringen ein georgischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass der Beschwerdeführer, dessen Identität mangels Dokumenten nicht geklärt sei, im Jänner 2002 illegal in das Bundesgebiet gelangt sei und einen Asylantrag gestellt habe, der in erster Instanz rechtskräftig abgewiesen worden sei. Der Beschwerdeführer habe bereits zuvor unter zwei Aliasidentitäten in Deutschland Asylanträge gestellt.

Mit rechtskräftigem Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien (der Erstbehörde) vom 4. November 2004 sei gegen den Beschwerdeführer wegen seiner Mittellosigkeit ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen worden. Während seiner Schubhaft - aus der der Beschwerdeführer wegen eines Hungerstreiks entlassen habe werden müssen - habe er einen weiteren Asylantrag gestellt, der wegen entschiedener Sache rechtskräftig zurückgewiesen worden sei. Die Behandlung einer dagegen eingebrachten Beschwerde sei mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 11. November 2008 abgelehnt worden.

Der Beschwerdeführer habe am 9. Jänner 2006 890 Stangen geschmuggelte Zigaretten an sich gebracht und sei deshalb zu einer Geldstrafe von EUR 14.000,-- rechtskräftig verurteilt worden. Mit Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 19. Februar (richtig: Juli) 2007 sei gegen den Beschwerdeführer (wegen dieses Fehlverhaltens) ein unbefristetes Rückkehrverbot erlassen worden; der dagegen eingebrachten höchstgerichtlichen Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden.

Der Beschwerdeführer sei nach der Aktenlage ledig; im Rückkehrverbotsverfahren seien Bindungen zu einer Lebensgefährtin und einem Kind geltend gemacht worden, im gegenständlichen Verfahren sei der Beschwerdeführer auf jene Lebensgefährtin bzw. das Kind mit keinem Wort eingegangen. Der Beschwerdeführer lebe laut Melderegister auch nur mit seinem Vater im gemeinsamen Haushalt, der nach einem Asylverfahren subsidiär schutzberechtigt sei und über eine bis zum 30. Oktober 2009 gültige befristete Aufenthaltsberechtigung verfüge. Gegen den mehrfach vorbestraften Vater sei bereits mit Bescheid der Erstbehörde vom 17. Juli 2002 ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen worden.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmung des § 66 FPG - im Grunde des § 53 Abs. 1 FPG gegeben seien. Es sei zwar zweifellos von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers auszugehen, dieser Eingriff sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - dringend geboten sei. Wer - wie der Beschwerdeführer - illegal nach Österreich gelange, hier Asylanträge stelle, die sich als unberechtigt erwiesen, darüber hinaus straffällig werde und auch nach Abschluss der Asylverfahren unrechtmäßig im Bundesgebiet verbleibe, lasse seine Geringschätzung für maßgebliche fremdenrechtliche Vorschriften erkennen. Gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu.

Die privaten Interessen des Beschwerdeführers erwiesen sich hingegen als keinesfalls besonders gewichtig. Die einzig aktenkundigen, tatsächlichen familiären Bindungen bestünden zum Vater, der jedoch nicht rechtmäßig auf Dauer in Österreich niedergelassen sei, sondern nur subsidiäre Schutzberechtigung genieße. Der Beschwerdeführer sei auch keinesfalls schwerwiegend integriert, sei doch auch zu bedenken gewesen, dass die einer jeglichen Integration zugrunde liegende soziale Komponente durch die Straftat des Beschwerdeführers erheblich an Gewicht gemindert sei. Der Beschwerdeführer habe auch keinen Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt. Solcherart erwiesen sich die ihm insgesamt zuzusprechenden privaten Interessen an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet als keinesfalls derart gewichtig, dass demgegenüber das hohe öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens in den Hintergrund zu treten hätte. Die Erlassung der Ausweisung erweise sich daher auch im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG als zulässig.

Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe die belangte Behörde keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde stellt nicht in Abrede, dass der Beschwerdeführer im Jänner 2002 illegal in das Bundesgebiet eingereist ist, die Verfahren über die von ihm gestellten Asylanträge rechtskräftig durch Abweisung bzw. Zurückweisung beendet wurden und sich der Beschwerdeführer somit unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, begegnet daher keinen Bedenken.

1.2. In Hinblick auf den angeführten Ausweisungstatbestand ist es - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung - unerheblich, dass der Beschwerdeführer gegen den oben erwähnten Rückkehrverbotsbescheid der belangten Behörde Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben hat und dass dieser mit hg. Beschluss vom 14. November 2007 die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde. (Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die Beschwerde mittlerweile mit hg. Erkenntnis vom 24. September 2009, Zl. 2007/18/0825, als unbegründet abgewiesen wurde.)

2.1. Bei der von der belangten Behörde - entgegen der Behauptung der Beschwerde durchaus - vorgenommenen Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 66 Abs. 1 FPG hat die belangte Behörde den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland seit 2002 und seine familiären Bindungen zu dem im gemeinsamen Haushalt lebenden Vater berücksichtigt und zutreffend einen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers angenommen. Die aus der Dauer seines inländischen Aufenthaltes resultierenden persönlichen Interessen sind jedoch an Gewicht insoweit erheblich zu relativieren, als dieser Aufenthalt nur aufgrund eines nach der Einreise im Jahr 2002 gestellten Asylantrages, der sich schon in erster Instanz als unberechtigt herausgestellt hat, erlaubt war und seit dem Zeitpunkt des rechtskräftigen Abschlusses des Asylverfahrens zur Gänze unrechtmäßig war (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 1 FPG in der hier maßgeblichen Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009 sowie das hg. Erkenntnis vom 2. September 2008, Zl. 2007/18/0261). Von dem dem in der Beschwerde angezogenen hg. Erkenntnis vom 17. März 2009, Zl. 2008/21/0089, zugrunde liegenden Sachverhalt unterscheidet sich der vorliegende Fall schon darin, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland ganz überwiegend unrechtmäßig war.

Auch wenn man von weiteren familiären Bindungen des Beschwerdeführers an eine Lebensgefährtin und an ein Kind ausgeht, ist deren Gewicht dadurch relativiert, dass der Asylantrag des Beschwerdeführers bereits in erster Instanz rechtskräftig abgewiesen und gegen ihn mit rechtskräftigem Bescheid der Erstbehörde vom 4. November 2004 ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen wurden. Der Beschwerdeführer durfte somit nicht damit rechnen, auf Dauer ein Familienleben in Österreich führen zu können (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 2008, Zl. 2007/18/0246). Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer - was die Beschwerde nicht bestreitet - keinen Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt.

2.2. Diesen somit relativierten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht gegenüber, dass er sich seit der rechtskräftigen Abweisung seines Asylantrages unrechtmäßig in Österreich aufhält, was eine erhebliche Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt, darstellt (vgl. etwa wiederum das hg. Erkenntnis vom 2. September 2008, sowie § 66 Abs. 2 Z. 7 FPG). Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer durch seine Straftat vom 9. Jänner 2006 (s. oben unter I.1.) auch eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und des wirtschaftlichen Wohles des Landes zu verantworten (vgl. das das Rückkehrverbot gegen den Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom 24. September 2009, Zl. 2007/18/0825).

In Anbetracht dieser Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens und der öffentlichen Ordnung sowie an der Wahrung des wirtschaftlichen Wohles des Landes begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten und damit im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG zulässig sei, keinem Einwand, und zwar auch dann, wenn man dieser Beurteilung auch die Beschwerdebehauptung zugrunde legt, dass der Beschwerdeführer und seine Familie umfassende Kenntnisse der deutschen Sprache hätten.

2.3. In Hinblick auf das Gesagte liegen die geltend gemachten Verfahrensmängel wegen behaupteter unzureichender Erhebungen durch die belangte Behörde nicht vor; insbesondere geht auch der Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 22. November 2007, Zl. 2007/21/0317, ins Leere.

Die weiteren in der Beschwerde zur Bekämpfung der behördlichen Interessenabwägung genannten hg. Erkenntnisse vom 10. Dezember 2008, Zl. 2008/22/0580, und vom 24. Februar 2009, Zl. 2008/22/0584, eignen sich dafür schon deshalb nicht, weil jene Entscheidungen behördlich verhängte Aufenthaltsverbote betrafen.

3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 9. November 2009

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