Normen
EheG §23;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
EheG §23;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 22. Juni 2009 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 87 iVm § 86 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 3. Mai 2004 mit einer von der Österreichischen Botschaft Ankara ausgestellten "Erstaufenthaltserlaubnis für eine befristete Beschäftigung gemäß § 12 Abs. 2 FrG", gültig von 22. April 2004 bis 21. Oktober 2004, nach Österreich eingereist sei. Der Aufenthaltstitel sei von der Erstbehörde aufgrund einer gültigen Beschäftigungsbewilligung bis 30. November 2004 verlängert worden.
Nachdem der Beschwerdeführer am 27. Jänner 2005 die österreichische Staatsbürgerin W.S. geheiratet habe, habe er am 4. April 2005 einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittstaatsangehöriger eines Österreichers, § 49 Abs. 1 FrG" eingebracht.
Der Beschwerdeführer habe die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossen und sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf die Ehe berufen, ohne mit seiner Ehefrau ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK geführt zu haben.
Am 20. Jänner 2005 habe der Onkel des Beschwerdeführers Anzeige erstattet. Er habe angegeben, dass der Beschwerdeführer mit W.S. eine Scheinehe eingegangen sei und sich diesbezüglich "innerhalb der Familie brüste".
Am 30. Mai 2005 sei W.S. freiwillig bei der Erstbehörde erschienen und habe angegeben, dass sie mit dem Beschwerdeführer eine Scheinehe geschlossen habe; dafür habe sie einen Betrag von EUR 2.500,-- erhalten. Der Beschwerdeführer habe nie bei ihr gewohnt und die Ehe sei auch nie vollzogen worden. Vielmehr lebe sie mit dem österreichischen Staatsbürger W.B. in einer Lebensgemeinschaft. Den Beschwerdeführer habe W.S. seit der Eheschließung höchstens fünf Mal gesehen, um verschiedene Behördenwege wegen des "Visums" des Beschwerdeführers zu erledigen.
Am 9. Jänner 2006 habe sich W.S. erneut zur Erstbehörde begeben und detaillierte Angaben zur Vermittlung ihrer Ehe mit dem Beschwerdeführer gemacht.
Beweiswürdigend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass sie keinen Grund erkenne, an der Richtigkeit der Zeugenaussage von W.S. zu zweifeln. Diese habe nachvollziehbar begründet, dass sie sich aufgrund finanzieller Schwierigkeiten - weil sie bereits längere Zeit arbeitslos gewesen sei und sich die finanziellen Schulden angehäuft hätten - in die Scheinehe eingelassen habe. Es sei kein Grund ersichtlich, warum W.S. das Vorliegen einer Aufenthaltsehe bloß vortäuschen sollte. Im Gegensatz dazu habe der Beschwerdeführer seinerseits größtes Interesse an der Aufrechterhaltung der Ehe, weil sein weiterer Verbleib im Bundesgebiet und darüber hinaus sein freier Zugang zum Arbeitsmarkt davon abhänge. Zur Untermauerung seiner Ansicht habe der Beschwerdeführer lediglich die Vernehmung von zwei Zeugen anbieten können, wobei er nicht dargelegt habe, in welcher Verbindung diese Personen - eine davon sei sein Bruder - mit dem Beschwerdeführer oder seiner Frau stünden. Es sei daher nicht erkennbar, inwiefern diese Zeugen hätten bestätigen können, dass der Beschwerdeführer mit W.S. - wie vom Beschwerdeführer behauptet - von Dezember 2004 bis etwa Ende März/Mitte April 2005 im gemeinsamen Haushalt gelebt bzw. mit W.S. eine Ehe geführt habe.
Die Angaben des Beschwerdeführers stünden nicht nur im krassen Widerspruch zu den schlüssigen und glaubwürdigen Aussagen von W.S., sondern widersprächen auch der Behauptung des Onkels des Beschwerdeführers, weshalb sie von der belangten Behörde als bloße Schutzbehauptungen gewertet würden.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z. 9 FPG erfüllt seien. Der Missbrauch des Rechtsinstitutes der Ehe zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Rechte stelle eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar, welche die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Sinn des § 86 Abs. 1 FPG rechtfertige. Die Gefährdung der öffentlichen Ordnung stelle einen Rechtsmissbrach dar, der zweifellos ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre, komme doch gerade der Verhinderung bzw. Bekämpfung solcher Ehen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu.
Der Beschwerdeführer sei seit etwa fünf Jahren in Österreich aufhältig. Er verfüge im Bundesgebiet über familiäre Bindungen zu seinem Vater, drei Brüdern sowie Onkeln, Neffen und Nichten, die teilweise über die österreichische Staatsbürgerschaft verfügten. Es sei daher von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers auszugehen. Dieser Eingriff sei jedoch zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - somit zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen - dringend geboten. Wer - wie der Beschwerdeführer - rechtsmissbräuchlich insofern vorgehe, um sich aus dem Blickwinkel des Fremdenrechtes wesentliche Berechtigungen zu verschaffen, verstoße gegen gewichtige öffentliche Interessen, die ein Aufenthaltsverbot zum Schutz der öffentlichen Ordnung als notwendig erscheinen ließen.
Die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes sei auch im Rahmen der gemäß § 66 Abs. 2 FPG gebotenen Interessenabwägung zu bejahen. Nur aufgrund der durch seine Eheschließung mit einer österreichischen Staatsbürgerin bevorzugten Stellung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz - die Beschäftigungsbewilligung des Beschwerdeführers sei mit 30. November 2004 befristet - habe der Beschwerdeführer einer unselbständigen Beschäftigung als Arbeiter nachgehen können, weshalb die durch seinen etwa fünfjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet erzielte Integration wesentlich gemindert werde; dies umso mehr, weil letztlich auch die Rechtmäßigkeit seines Aufenthaltes auf dem besagten rechtsmissbräuchlichen Verhalten basiere. Daher hätten die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers gegenüber dem hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens in den Hintergrund zu treten. Bei einer Abwägung dieser Interessenlagen ergebe sich, dass die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet keinesfalls schwerer wögen als das öffentliche Interesse an der Erlassung dieser Maßnahme.
Da sonst keine besonderen, zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände vorlägen, habe die belangte Behörde angesichts des vorliegenden Sachverhalts von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand nehmen können.
In Anbetracht des aufgezeigten Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers könne ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes, nämlich der massiven Gefährdung der öffentlichen Interessen durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nicht vor Verstreichen der festgesetzten Gültigkeitsdauer erwartet werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gegen den Beschwerdeführer als Familienangehörigen einer - nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheides und der Beschwerde - nicht freizügigkeitsberechtigten Österreicherin im Sinn des § 87 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 86 Abs. 1 FPG nur zulässig, wenn aufgrund seines persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.
Bei dieser Beurteilung kann auf den Katalog des § 60 Abs. 2 FPG als "Orientierungsmaßstab" zurückgegriffen werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 2009, Zl. 2007/18/0591, mwN). Nach § 60 Abs. 2 Z. 9 FPG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des § 60 Abs. 1 FPG zu gelten, wenn ein Fremder eine Ehe geschlossen, sich für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung oder eines Befreiungsscheines auf die Ehe berufen, aber mit dem Ehegatten ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nie geführt hat.
2.1. Die Beschwerde wendet sich gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde und bringt dazu im Wesentlichen vor, W.S. habe wahrheitswidrig behauptet, dass eine Scheinehe vorliege, was auf die massive Beeinflussung durch ihren ehemaligen Lebensgefährten und den damit verbundenen Streit, den der Beschwerdeführer mit W.S. gehabt habe, zurückzuführen sei.
2.2. Damit gelingt es der Beschwerde jedoch nicht, eine Unschlüssigkeit der behördlichen Beweiswürdigung aufzuzeigen.
Die Beschwerde geht insbesondere nicht weiter auf die der Beweiswürdigung der belangten Behörde zugrunde liegenden Angaben von W.S. ein, wonach der Beschwerdeführer nie bei ihr gewohnt habe, die Ehe nie vollzogen worden sei und W.S. für das Eingehen der Ehe EUR 2.500,-- erhalten habe. Der Beschwerdeführer bestreitet lediglich allgemein das Vorliegen einer Scheinehe, ohne jedoch konkrete Beweisergebnisse zu nennen, die seinen Standpunkt stützen könnten.
Im Übrigen hat die belangte Behörde ihrer Beweiswürdigung nicht nur die Aussage von W.S., in der diese das Vorliegen einer Aufenthaltsehe zugestanden hat, sondern auch die Information durch den Onkel des Beschwerdeführers - welche die Angaben von W.S. bestätigt - zugrunde gelegt.
2.3. Die Beschwerde bekämpft die behördliche Annahme einer Aufenthaltsehe darüber hinaus mit dem Argument, auch die Staatsanwaltschaft Wien sei der Ansicht, dass die Aussage von W.S. unrichtig gewesen sei. Daher habe es die Anklagebehörde abgelehnt, eine Ehenichtigkeitsklage gemäß § 23 Ehegesetz einzubringen.
Dem ist zu entgegnen, dass es für die fremdenpolizeiliche Feststellung, eine Ehe sei nur zum Schein geschlossen worden, ohne Relevanz ist, aus welchen Gründen die Staatsanwaltschaft von der Erhebung einer Ehenichtigkeitsklage nach § 23 Ehegesetz Abstand genommen hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 2009, Zl. 2006/18/0394). Überdies setzt die gegenständliche Beurteilung auch nicht voraus, dass die Ehe für nichtig erklärt worden ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2008, Zl. 2006/18/0442, mwN).
2.4. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde begegnet daher im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keinen Bedenken.
2.5. Auf Basis der getroffenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die Ehe geschlossen, sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf die Ehe berufen, aber mit der Ehefrau ein gemeinsames Familienleben nie geführt hat. Daher begegnet die Beurteilung der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 9 FPG (als "Orientierungsmaßstab") verwirklicht sei, keinem Einwand.
Angesichts des hohen Stellenwertes, welcher der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zukommt, ist auch die weitere Beurteilung der belangten Behörde, dass die in § 86 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung - unbedenklich (vgl. wiederum das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 2009, mwN).
2.6. Soweit die Beschwerde in ihrer Verfahrensrüge unter anderem ausführt, dass der Beschwerdeführer zum Beweis seines Vorbringens die Vernehmung der Zeugen M.Y. und Ö.S. beantragt habe, so wird die Relevanz des damit behaupteten Verfahrensmangels nicht dargetan, führt die Beschwerde doch nicht aus, welches für den Beschwerdeführer im gegebenen Zusammenhang günstige Ergebnis dadurch hätte erzielt werden können.
3.1. Gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 66 FPG vorgenommenen Interessenabwägung führt die Beschwerde ins Treffen, dass die Brüder des Beschwerdeführers - die österreichische Staatsbürger seien - und "eine ganze Reihe seiner engsten Freunde" in Österreich lebten. Während seines fünfjährigen Aufenthaltes habe sich der Beschwerdeführer zur Gänze integriert, spreche beinahe perfekt Deutsch und habe keine strafbaren Handlungen begangen, sondern sei unbescholten und führe einen tadellosen Lebenswandel. Bei Abwägung dieser Interessen ergebe sich somit, dass die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet wesentlich schwerer wögen als das öffentliche Interesse an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes.
3.2. Dem ist zu erwidern, dass die belangte Behörde im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 66 FPG den inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers in der Dauer von etwa fünf Jahren (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 1 FPG idF der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009) und seine familiären Beziehungen zu seinen im Bundesgebiet lebenden Verwandten (Vater, Brüdern, Onkeln, Nichten und Neffen; vgl. § 66 Abs. 2 Z. 2 FPG idF der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009) berücksichtigt hat. Das Gewicht seiner privaten und beruflichen Interessen aufgrund seines bisherigen Aufenthaltes und seiner Berufstätigkeit wird jedoch - worauf die belangte Behörde zutreffend hinweist - dadurch entscheidend gemindert, dass insbesondere seine bevorzugte Stellung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz auf das Eingehen einer Aufenthaltsehe zurückzuführen ist.
Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers steht - wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - das hoch zu veranschlagende öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens gegenüber. Bei Abwägung dieser gegenläufigen Interessen kann die Ansicht der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten sei (§ 66 Abs. 1 FPG), nicht als rechtswidrig erkannt werden.
4. Ferner sind - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht - keine besonderen Umstände erkennbar, die die belangte Behörde hätten veranlassen müssen, von dem ihr eingeräumten Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen.
5. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 24. September 2009
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