VwGH 2009/18/0095

VwGH2009/18/00952.4.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des E J in W, geboren am 20. März 1975, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 4. Februar 2009, Zl. E1/30079/2009, betreffend Versagung eines Konventionsreisepasses, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §92 Abs1 Z3;
FrPolG 2005 §94 Abs5;
SMG 1997 §28 Abs6;
StGB §70;
FrPolG 2005 §92 Abs1 Z3;
FrPolG 2005 §94 Abs5;
SMG 1997 §28 Abs6;
StGB §70;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 4. Februar 2009 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen von Gambia, vom 1. Oktober 2008 auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses gemäß § 92 Abs. 1 Z. 3 iVm § 94 Abs. 5 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, abgewiesen.

Der sich seit dem Jahr 1998 in Österreich aufhaltende Beschwerdeführer sei am 5. Dezember 2006 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen der Begehung des teils versuchten, teils vollendeten Verbrechens nach § 28 Abs. 2 vierter Fall und Abs. 3 erster Fall Suchtmittelgesetz - SMG und § 15 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt worden. Nach dem Urteilsspruch habe der Beschwerdeführer gewerbsmäßig Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs. 6 SMG) anderen

"1. überlassen

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 94 Abs. 1 FPG sind Konventionsreisepässe Fremden, denen in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt, auf Antrag auszustellen.

Gemäß § 94 Abs. 5 leg. cit. gelten für die Festsetzung der Gültigkeitsdauer und des Geltungsbereiches von Konventionsreisepässen sowie der Gültigkeitsdauer der Rückkehrberechtigung in Konventionsreisepässen die Bestimmungen des Anhanges der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge; im Übrigen gelten § 88 Abs. 3 bis 8 sowie §§ 89 bis 93 leg. cit. Gemäß § 92 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. ist (u.a.) die Ausstellung eines Fremdenpasses zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des SMG zu verstoßen.

2. Die Beschwerde rügt, dass die belangte Behörde den Beschwerdeführer nicht vernommen habe, und bringt dazu vor, der Beschwerdeführer hätte gerade bei seiner Vernehmung jedenfalls darstellen können, dass im gegenständlichen Fall kein Grund zur Annahme bestehe, dass er in Zukunft wieder straffällig werden würde. Die belangte Behörde hätte sich auch einen persönlichen Eindruck von ihm verschaffen können. Ferner wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, Ermittlungen darüber anzustellen, inwieweit das Leben des Beschwerdeführers in seinem Heimatland gefährdet sei. Wären entsprechende Ermittlungen angestellt worden, hätte sich ergeben, dass die politische Situation in seinem Heimatland weiterhin instabil sei und sein Leben dort auf das Gröbste gefährdet werde. Folge der gegenständlichen Entscheidung wäre, dass die Fremdenpolizeibehörde gegen den Beschwerdeführer ein Rückkehrverbot erlassen würde und sohin bei seiner zwangsweisen Abschiebung aus dem Bundesgebiet dieser in Gambia seines Lebens nicht mehr sicher wäre.

Ferner sei nicht nachvollziehbar, weshalb die belangte Behörde den Schluss ziehe, dass der Beschwerdeführer das Konventionsreisedokument dazu benützen wolle, um gegen die Bestimmungen des SMG zu verstoßen. So handle es sich bei der genannten Verurteilung um seiner erste Verurteilung. Er sei geläutert und habe sich seit dieser Zeit keine strafbaren Handlungen mehr zu Schulden kommen lassen. Die belangte Behörde habe sein entsprechendes Wohlverhalten seit dieser Verurteilung nicht berücksichtigt und insbesondere auch keine Prognose über sein zukünftiges Verhalten aufgestellt.

3. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die Beschwerde bestreitet nicht die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers vom 5. Dezember 2006 und die dieser zugrunde liegenden Straftaten. Danach hat er in einem Zeitraum von mehr als drei Jahren, nämlich von Frühling 2003 bis Mitte Juli 2006, - wie oben (I. 1.) dargestellt - gewerbsmäßig, das heißt in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Straftaten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (vgl. § 70 StGB), in zahlreichen Angriffen Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs. 6 SMG) einer Reihe von Abnehmern verkauft und in einem weiteren Fall zu verkaufen versucht. Die Beschwerde bestreitet auch nicht die weitere im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, dass der Beschwerdeführer ab Sommer 2003 einen groß angelegten Suchtgifthandel aufgezogen habe. Auf Grund dieses Verhaltens des Beschwerdeführers vertrat die belangte Behörde die Ansicht, dass der Beschwerdeführer den Konventionsreisepass zur Bereisung anderer Länder zwecks Drogenbeschaffung benützen wolle. Im Hinblick darauf kann keine Rede davon sein, dass - wie die Beschwerde vorbringt - die belangte Behörde keine Prognose über das zukünftige Verhalten des Beschwerdeführers aufgestellt habe.

Weder aus dem angefochtenen Bescheid noch dem Beschwerdevorbringen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der Organisation des von ihm groß angelegten Suchtgifthandels den ihm ausgestellten Konventionsreisepass mit Gültigkeitsdauer vom 9. Oktober 2003 bis 8. Oktober 2006 nicht verwendet habe. Aber selbst wenn dieses Reisedokument bei der Begehung der seiner Verurteilung zugrundeliegenden Straftaten keine Rolle gespielt haben sollte, wäre dieser Umstand nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung, ist es doch eine Erfahrungstatsache, dass der inländische Drogenmarkt und Drogenhandel in den meisten Fällen mit Suchtgiftimporten aus dem Ausland verknüpft ist. Ein Reisedokument würde einen (weiteren) Handel mit Suchtgift jedenfalls erleichtern (vgl. in diesem Zusammenhang etwa die hg. Erkenntnisse vom 17. Februar 2006, Zl. 2005/18/0681, und vom 3. Juli 2008, Zl. 2007/18/0440, mwN).

In Anbetracht des gewerbsmäßigen Suchtgifthandels in Bezug auf eine große Suchtgiftmenge - somit eine Menge, die geeignet ist, Gewöhnung hervorzurufen und in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeizuführen (vgl. die bis zum 31. Dezember 2007 geltende Bestimmung des § 28 Abs. 6 SMG) - und des Umstandes, dass der Beschwerdeführer über einen langen Zeitraum von rund drei Jahren einen groß angelegten Suchtgifthandel organisiert und betrieben hat, sowie unter Berücksichtigung des Erfahrungswissens, dass gerade bei solchen Suchtgiftdelikten die Wiederholungsgefahr besonders groß ist (vgl. dazu etwa das bereits zitierte Erkenntnis, Zl. 2007/18/0440), besteht keine Gewähr dafür, dass der Beschwerdeführer im Bedarfsfall sein Reisedokument nicht zur Begehung solcher Straftaten verwenden würde. Im Übrigen ist der seit der Beendigung des angeführten Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers verstrichene Zeitraum noch zu kurz, um die von ihm ausgehende Gefahr der Begehung weiterer Suchtgiftdelikte als weggefallen oder auch nur entscheidend gemindert anzusehen. Im Hinblick darauf begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass für den Beschwerdeführer keine positive Verhaltensprognose erstellt werden könne und die in § 92 Abs. 1 Z. 3 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinen Bedenken.

Wenn die Beschwerde rügt, dass die belangte Behörde den Beschwerdeführer nicht vernommen und sich daher keinen persönlichen Eindruck von ihm verschafft habe, so zeigt sie damit bereits deshalb keinen wesentlichen Verfahrensmangel auf, weil sie nicht ausführt, welche Angaben der Beschwerdeführer bei einer solchen Vernehmung gemacht hätte und welche Feststellungen die belangte Behörde auf Grund dieser Angaben im Einzelnen zu treffen gehabt hätte, sodass die Beschwerde die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangel nicht dargetan hat.

Wenn die Beschwerde vorbringt, dass Ermittlungen darüber hätten angestellt werden müssen, inwieweit das Leben des Beschwerdeführers in seinem Heimatland gefährdet sei, so ist nicht ersichtlich, welchen Einfluss das Ergebnis solcher Ermittlungen auf die im angefochtenen Bescheid getroffene Entscheidung gehabt hätte, ist doch die belangte Behörde ohnedies davon ausgegangen, dass dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten zukommt. Auch kann die Beschwerdeansicht nicht nachvollzogen werden, dass die Versagung des Konventionsreisepasses die Erlassung eines Rückkehrverbotes gegen den Beschwerdeführer und in weiterer Folge dessen Abschiebung in sein Heimatland zur Folge habe.

4. Schließlich ist auch vor dem Hintergrund der oben angeführten Erwägungen der Beschwerdevorwurf, dass der angefochtene Bescheid nicht ausreichend begründet sei, nicht berechtigt.

5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

6. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 2. April 2009

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