VwGH 2009/17/0047

VwGH2009/17/004718.5.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, in der Beschwerdesache des Mag. CS in G, vertreten durch MEKF Rechtsanwaltspartnerschaft in 8010 Graz, Herrengasse 22/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 30. Dezember 2008, Zl. UVS 30.4-79/2008-14, betreffend Übertretung des § 14 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes,

Normen

B-VG Art133 Z1;
StGG Art12;
VersammlungsG 1953 §14;
VersammlungsG 1953;
VwGG §46 Abs1;
B-VG Art133 Z1;
StGG Art12;
VersammlungsG 1953 §14;
VersammlungsG 1953;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

I. den Beschluss gefasst:

Dem Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof gegen den vorzitierten Bescheid wird stattgegeben.

II. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde sowie den damit vorgelegten Beilagen, insbesondere der Kopie des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 24. Juni 2008 wurde über den Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 14 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes, BGBl. Nr. 98/1953 (im Folgenden: VersammlungsG), eine Geldstrafe von EUR 150,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen, verhängt. Er habe am 2. Februar 2008 um 10.05 Uhr in Graz vor dem Wohnhaus H-Gasse 14 an einer nicht angemeldeten Versammlung teilgenommen, welche vom Behördenleiter der Bundespolizeidirektion Graz um 10.05 Uhr aufgelöst worden sei. Er habe jedoch nach förmlicher Auflösung der Versammlung den Versammlungsort nicht sogleich verlassen und sei nicht "auseinander gegangen".

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 30. Dezember 2008 wurde die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung mit der Maßgabe abgewiesen, dass die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 16 Abs. 1 VStG verhängt werde.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird der Gang der durchgeführten Berufungsverhandlung wie folgt dargestellt:

"In der Berufungsverhandlung erklärte der Berufungswerber zunächst, sein bisheriges Vorbringen zu wiederholen und ergänzte, er habe an der (Gegen‑)Demonstration nicht teilgenommen, sondern diese nur mit Videokamera, Fotoapparat und Handy in Bild und Ton begleitet und festgehalten. Er sei daher nicht Teil der Demonstrationsgruppe gewesen und habe auch keine Parolen mitgerufen. Ergänzend legte er in der Berufungsverhandlung zwei CDs vor, auf denen erkennbar sein soll, dass er bei der ersten Auflösung der Gegendemonstration in der H-Gasse ausschließlich mit Dokumentationstätigkeiten befasst gewesen wäre und nach Auflösung der Versammlung durch den Behördenleiter der Bundespolizeidirektion Graz den Versammlungsort innerhalb von 45 bis 60 Sekunden verlassen hätte.

Aus der zweiten CD, so gab er an, solle ersichtlich sein, dass er sich auch nicht an der Weiterführung der Gegendemonstration beteiligt, keine Sprechchöre gerufen noch ein Transparent gehalten oder Flugblätter ausgeteilt hätte und sich stets außerhalb der Gegendemonstration aufgehalten hätte, da er nur die Absicht gehabt hätte, diese zu dokumentieren.

Diese beiden CDs wurden zum Akt genommen und nach Durchführung der Zeugeneinvernahmen angeschaut.

Die Zeugin A, die Lebensgefährtin des Berufungswerbers, erklärte, sie wolle aussagen; es sei richtig, dass sie an der Demonstration am 02.02.2008 teilgenommen und den Berufungswerber vorher gebeten hätte, alles zu filmen und in Bild und Ton zu dokumentieren, da sie mit ihrer Gruppe in anderem Zusammenhang bereits schlechte Erfahrungen gemacht hätte. Der Beschwerdeführer sei kurz vor dem 02.02.2008 von der Bundespolizeidirektion Graz verhaftet worden und hätte bereits große Probleme an seinem Arbeitsplatz, weshalb es für ihn nicht sinnvoll gewesen wäre, an der Demonstration direkt teilzunehmen. Wörtlich erklärte die Zeugin, die amtsbekannterweise in Graz immer wieder Demonstrationen organisiert: 'Er hatte somit nur die Aufgabe, die Gegendemonstration zu dokumentieren.'

Weiters erklärte die Zeugin, der Berufungswerber hätte während der Demonstration sicher kein Transparent oder Taferl gehalten und sich auch an Sprechchören nicht beteiligt. Nach Auflösung der Gegendemonstration in der H-Gasse sei er außerhalb der Gruppe gewesen und habe auch den Versammlungsort sofort verlassen. Der als Zeuge einvernommene Meldungsleger erklärte, er könne sich ebenfalls an den Vormittag des 02.02.2008 noch gut erinnern. Der Zug der Gegendemonstranten sei durch die H-Gasse bis vor das Haus H-Gasse 14 gezogen, die Gruppe habe sich dann direkt vor diesem Haustor aufgestellt. Schon während die Gruppe durch die H-Gasse gezogen wäre, sei ihm aufgefallen, dass der ihm persönlich

bekannte Berufungswerber ... den Zug mit einer Kamera begleitet

hätte, vor dem Haus H-Gasse 14 habe er dann weitergefilmt und sich von der Gruppe zwischendurch so weit entfernt, dass er entsprechend filmen und fotografieren könnte.

Ob der Berufungswerber Transparente oder Taferln gehalten oder bei Parolen mitgerufen hätte, konnte der Zeuge nicht sagen. Nach Auflösung der Versammlung durch den Behördenleiter, der diese mehrmals laut wahrnehmbar bekannt gegeben hätte, hätten die Mitglieder der Gegendemonstration den Versammlungsort nicht sogleich verlassen, dies habe in etwa 20 Minuten gedauert. Wie lange der Berufungswerber am Versammlungsort geblieben wäre, konnte der Zeuge nicht angeben.

Der Meldungsleger legte zusätzlich Fotos vor, die der Verhandlungsschrift angeschlossen wurden. Auf diesen Fotos ist der

Berufungswerber ... einige Male mit seiner Videokamera zu sehen.

Auf Foto 1 sieht man ihn, wie er aus kürzester Nähe den Einsatzleiter filmt. Auf Foto 4 ist er einige Meter vor A, die ein Transparent trägt, erkennbar, indem er die Gruppe filmt. Auf Foto 6 befindet er sich unmittelbar vor dem Haustor direkt neben einem Polizisten, der ihn am linken Oberarm anfasst. Auf Foto 7 erkennt man den Berufungswerber im Abstand von einigen Metern vom Haustor am Randbereich der Gruppe, auf den anderen vorgelegten Fotos ist er nicht erkennbar, weshalb diese dem Meldungsleger zurückgegeben wurden.

In weiterer Folge wurde jene CD vorgestellt, die dem UVS von der Bundespolizeidirektion Graz übermittelt worden ist. Diese Aufnahmen seien von jemandem, so erklärte der Meldungsleger, gedreht worden, der an der angemeldeten Demonstration der Gruppe 'X' teilgenommen hätte.

Auf dieser CD ist zunächst erkennbar, wie die Gruppe von Angehörigen der 'X' betend durch die H-Gasse zieht, während gleichzeitig durch die Gruppe der Gegendemonstration Parolen wie 'Abtreibung ist Frauenrecht' etc skandiert werden. Der

Berufungswerber ... ist immer wieder, die Gruppe filmend,

erkennbar. Vor dem Haus H-Gasse 14 filmt er die Gruppe und die einschreitenden Polizeibeamten, während der Auflösung der Versammlung vor dem Haustor ist er am Film nicht erkennbar. Im Anschluss daran wurde in der Berufungsverhandlung die erste vom Berufungswerber als Beweismittel vorgelegte CD abgespielt, im ersten Teil sieht man die Auflösung der Versammlung durch L, gefilmt vom Berufungswerber selbst; weiters sieht man, wie der Berufungswerber mit dem Behördenleiter diskutiert, etwa eine Minute nach Auflösung der Demonstration versucht der Behördenleiter, ein Transparent an sich zu nehmen, dieser Vorgang ist vom Berufungswerber aus nächster Nähe gefilmt worden, da es sich um jenes Transparent handelt, welches A in Händen hielt.

Der zweite Teil der CD zeigt, wie der Berufungswerber ... immer im

Nahbereich der Gruppe den Ereignisablauf filmisch festhält. Die vorhin bereits beschriebene Situation ist ebenfalls erkennbar, man sieht, wie der Behördenleiter A das Transparent abnehmen will und der Beschwerdeführer diesen Vorgang unmittelbar danebenstehend filmt. Die zweite vom Berufungswerber vorgelegte CD zeigt die Auflösung der Versammlung vor dem Haus Nr. 14, die Aufnahmen dieser CD wurden von anderen Personen gefilmt und zeigen den Beschwerdeführer, klar erkennbar mit hellblauem Anorak und hellblauen Jeans, wie er den Ereignisablauf zunächst mit einer Videokamera, in weiterer Folge mit einem Handy filmt. Man sieht, wie er den Behördenleiter aus kürzester Distanz filmt, während dieser der Gegendemonstrationsgruppe die Auflösung der Versammlung bekannt gibt. Weiters erkennt man, wie der Behördenleiter mit A wegen des Transparentes diskutiert, der Berufungswerber befindet sich dabei unmittelbar neben dem Transparent und geht in weiterer Folge einige Schritte auf die gegenüberliegende Seite, um besser filmen zu können. Er bewegt sich ständig hin und her, einmal zur Gruppe und dann wieder von der Gruppe weg und gibt auch erkennbare Anweisungen, wie Gruppenmitglieder besser gefilmt werden können. Schließlich sieht man ihn mitten im Polizeiaufgebot vor dem Haus der Nr. 14, während er mit dem Handy filmt. Als die Polizisten den Großteil der Gruppe abdrängen, steht der Berufungswerber am Rand der Gruppe der Polizisten und filmt mit dem Handy die am Boden sitzende A und eine zweite Person. Schließlich ist erkennbar, dass

der Berufungswerber ... selbst von der Polizei abgedrängt wird.

Dazu erklärt der Berufungswerber, er wisse nicht mehr, ob er von einem oder zwei Polizisten abgedrängt worden wäre.

Nach dem Vorführen dieser Aufnahmen erklärte der Berufungswerber in seinem Schlusswort, aus seiner Sicht ergebe sich aus dem überprüften und in der Berufungsverhandlung vorgeführten Bildmaterial deutlich, er hätte etwa zehn Sekunden nach Auflösung der Versammlung den Versammlungsort verlassen. Auch ergebe sich aus einigen auf der CD hörbaren Aussagen des Behördenleiters, dass dieser grundsätzlich seiner Person gegenüber voreingenommen wäre.

Abschließend erklärte der Berufungswerber wörtlich: 'Angesichts meiner tatsächlichen Tätigkeit vor Ort - Dokumentation ohne jede aktive Teilnahme an der Versammlung und meist von außerhalb - wäre, wenn das Straferkenntnis rechtskräftig werden würde, jede dokumentarische Arbeit ein verwaltungsstrafrechtliches Fehlverhalten in dem Moment, in dem eine Behörde eine Versammlung auflöst. Dies würde jede journalistische und dokumentarische Tätigkeit unnötig machen.'"

Nach Wiedergabe der angewendeten Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde Folgendes aus:

"Die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ergibt auf Grundlage dieser gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere auf Grund des umfangreich durchgeführten Berufungsverfahrens, dass der Tatvorwurf, der Berufungswerber hätte an der nicht angemeldeten Versammlung vor dem Haus H-Gasse 14 in Graz am 02.02.2008 um 10.05 Uhr teilgenommen, auch insofern zu Recht besteht, als er den Versammlungsort nach der Auflösung der Versammlung nicht sogleich verlassen hat. Seinen eigenen Schilderungen in der Berufung zufolge hat seine Aufgabe darin bestanden, die Gegendemonstration in Bild und Ton zu dokumentieren. Dies wird auch durch die Aussage seiner Lebensgefährtin, die offensichtlich die Gegendemonstration angeführt hat, bestätigt, diese hat, als Zeugin einvernommen, wörtlich erklärt, der Berufungswerber hätte 'somit die Aufgabe gehabt, die Gegendemonstration zu dokumentieren'.

Dies wird auch durch die detaillierte Zeugenaussage des Meldungslegers bestätigt, der konkret beobachtet hat, wie der ihm persönlich bekannte Berufungswerber den Gegendemonstrationszug durch die H-Gasse bis in die H-Gasse filmend begleitet hat. Aus dem vom Meldungsleger zusätzlich vorgelegten Fotos ist auch eindeutig erkennbar, dass der nunmehrige Berufungswerber in ständiger Kommunikation mit der Zeugin A gestanden ist, es ist auch klar erkennbar, dass der Berufungswerber immer wieder Teilnehmern der Gegendemonstration Anweisungen gegeben hat, wie sie sich zu postieren hätten, um ihm ein optimales Filmen zu ermöglichen. Weiters ist es offenkundig und amtsbekannt, dass der Berufungswerber Mitglied jener Gruppe ist, die in Graz seit längerem Demonstrationen organisiert und durchführt (vgl UVS 30.4- 22/2007, 30.7-79/2001, 30.7-71,72,73/2001, 30.7-15,16/2000).

Schließlich ist am Ende der zweiten, vom Berufungswerber selbst vorgelegten CD klar erkennbar, wie der Berufungswerber nach Auflösung der Demonstration durch den Behördenleiter den Versammlungsort nicht verlassen hat, sondern von Polizisten - gleich wie die anderen Teilnehmer an der Gegendemonstration - abgedrängt wurde. Der Berufungswerber selbst erklärte dazu in der Berufungsverhandlung, er wisse nicht mehr, ob er von einem oder von zwei Polizisten abgedrängt worden wäre, woraus sich ergibt, dass er nicht bestreitet, von Polizisten abgedrängt worden zu sein, woraus sich der zwingende Schluss ergibt, er hätte die aufgelöste Versammlung nicht unverzüglich verlassen, sodass festzustellen ist, dass er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten hat, ..."

Sodann begründete die belangte Behörde die Strafbemessung.

Die Zustellung des Bescheides an den Beschwerdeführer erfolgte am 14. Jänner 2009.

Mit seiner am 13. März 2009 zur Post gegebenen Eingabe erhebt der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof und verbindet diese mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist.

Im Wiedereinsetzungsantrag wird Folgendes vorgebracht:

"In außen bezeichneter Rechtssache wurde dem Beschwerdeführer der Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Steiermark vom 30.12.2008 am 14.01.2009 zugestellt, sodass die Frist für die Einbringung einer Beschwerde beim Verfassungs- bzw. Verwaltungsgerichtshof am 25.02.2009 geendet hat. Die ausgeführte Beschwerde samt bekämpftem Beschluss des UVS für die Steiermark hätte daher von der Kanzlei der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers am 24.02.2009 zur Post gegeben werden sollen.

Die Kanzleipost beinhaltend die ausgeführte und anwaltlich unterfertigte Beschwerde wurde an eine zuverlässige Kanzleimitarbeiterin übergeben und diese mit der Abfertigung der Post beauftragt. In der Folge bat die Mitarbeiterin, Z, eine weitere Mitarbeiterin, ihr beim Einpacken der Post behilflich zu sein, wobei es durch diese Mitarbeiterin zu einer Fehladressierung des Kuvertes beinhaltend die Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde kam. Entgegen der ausdrücklichen Adressierung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, fehlgeleitet durch den von ihr kopierten, der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde auftragsgemäß beizulegenden Bescheid des UVS für die Steiermark adressierte diese das Kuvert beinhaltend die Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark. Das Schriftstück wurde von der ansonsten immer zuverlässigen Mitarbeiterin Z ohne dass ihr der Irrtum aufgefallen wäre, kuvertiert und versendet.

Am 03.03.2009 wandte sich eine Mitarbeiterin des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark, D, telefonisch an die Vertreterin des Beschwerdeführers und wies auf die verfehlte Sendung hin."

In seiner Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof vertritt der Beschwerdeführer - zusammengefasst - die Auffassung, er sei deshalb zu Unrecht nach §§ 14 Abs. 1 und 19 VersammlungsG bestraft worden, weil er an der aufgelösten Versammlung nicht teilgenommen, sondern diese lediglich mit Hilfe von Aufzeichnungsgeräten dokumentiert habe, wobei Zweck dieser Dokumentation gewesen sei, eine Schutzfunktion für seine Lebensgefährtin auszuüben. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Über Anfrage des Berichters teilte die Beschwerdevertreterin mit, dass der Beschwerdeführer österreichischer Staatsbürger ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3

VwGG gebildeten Senat erwogen:

I. Zur Rechtslage:

§ 46 Abs. 1 und 3 VwGG lauten:

"§ 46. (1) Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

...

(3) Der Antrag ist beim Verwaltungsgerichtshof in den Fällen des Abs. 1 binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses, in den Fällen des Abs. 2 spätestens zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides zu stellen, der das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen."

§ 14 Abs. 1 VersammlungsG idF BGBl. Nr. 98/1953 lautet:

"§ 14. (1) Sobald eine Versammlung für aufgelöst erklärt ist, sind alle Anwesenden verpflichtet, den Versammlungsort sogleich zu verlassen und auseinander zu gehen."

Gemäß § 19 VersammlungsG sind Übertretungen dieses Gesetzes, insofern darauf das allgemeine Strafgesetz keine Anwendung findet, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Arrest bis zu sechs Wochen oder mit Geldstrafe bis zu EUR 720,-- zu ahnden.

Gemäß Art. 12 des Staatsgrundgesetzes, RGBl. Nr. 142/1867 (im Folgenden: StGG), haben die österreichischen Staatsbürger das Recht, sich zu versammeln und Vereine zu bilden. Die Ausübung dieser Rechte wird durch besondere Gesetze geregelt.

Gemäß Art. 133 Z. 1 B-VG sind die Angelegenheiten, die zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gehören, von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.

II. Zum Wiedereinsetzungsantrag:

Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Wiedereinsetzungsantrages gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist zunächst, dass der Beschwerdeführer eine ihm offen stehende Frist zur Erhebung einer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof versäumt hat. Dies setzt voraus, dass der Verwaltungsgerichtshof für die erhobene Beschwerde überhaupt zuständig ist (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 30. August 1994, Zl. 94/10/0114). Es war daher vorweg zu prüfen, ob vorliegendenfalls die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes aus dem Grunde des Art. 133 Z. 1 B-VG ausgeschlossen ist.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. dessen Erkenntnis vom 4. Dezember 1999, B 1518, 1519/98, mit weiteren Hinweisen, Hervorhebungen durch den Verwaltungsgerichtshof), ist jede Verletzung des VersammlungsG, die in die Versammlungsfreiheit eingreift, als Verletzung des durch Art. 12 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes zu werten (vgl. in diesem Sinne etwa auch den hg. Beschluss vom 23. September 1987, Zl. 87/01/0212, mwH), wobei auch eine Bestrafung wegen Übertretung des erstgenannten Gesetzes in das erwähnte Grundrecht eingreifen kann. In Ansehung einer Verletzung im Recht auf Versammlungsfreiheit durch eine Verletzung des VersammlungsG besteht für die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes kein Raum.

Nun liegt aber die Rechtsverletzungsbehauptung des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gerade nicht darin, dass durch die hier erfolgte Bestrafung nach § 14 VersammlungsG in sein durch Art. 12 StGG geschütztes Grundrecht auf Versammlungsfreiheit eingegriffen worden sei. Der Beschwerdeführer macht vielmehr eine Verletzung in seinem Recht auf Unterbleiben einer Bestrafung nach § 14 VersammlungsG mit der Behauptung geltend, die Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Behörde sei gerade darin gelegen, ihn bestraft zu haben, obwohl er an der Veranstaltung nicht teilgenommen, also das erwähnte Grundrecht gar nicht in Anspruch genommen habe. In Ansehung einer so zu verstehenden Rechtsverletzungsbehauptung ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes aber nicht aus dem Grunde des Art. 133 Z. 1 B-VG ausgeschlossen. Der Wiedereinsetzungsantrag erweist sich als zulässig.

Was die inhaltliche Berechtigung des Wiedereinsetzungsantrages betrifft, so geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass auf Grund des Wiedereinsetzungsvorbringens sowie der vorgelegten eidesstättigen Erklärung der Z sowie des Aktenvermerkes vom 3. März 2009 das Wiedereinsetzungsvorbringen als bescheinigt gilt.

Mit diesem Vorbringen wurden Gründe im Verständnis des § 46 Abs. 1 VwGG dargetan, zumal ein dem Beschwerdeführer zurechenbares Eigenverschulden seiner Rechtsvertreter nicht vorliegt. Ein Eigenverschulden der zulässigerweise mit der Kuvertierung und Versendung der Beschwerde beauftragten Kanzleiangestellten war dem Beschwerdeführer demgegenüber nicht zurechenbar (vgl. hiezu die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E. 254, zu § 71 AVG wiedergegebene Rechtsprechung).

Dem Wiedereinsetzungsantrag war daher stattzugeben.

III. Zur inhaltlichen Berechtigung der Beschwerde:

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht vollständig von seiner Sachverhaltsdarstellung ausgegangen sei. Insbesondere hätte die belangte Behörde zum Ergebnis kommen müssen, dass die Dokumentationstätigkeit des Beschwerdeführers ausschließlich den Schutz seiner Lebensgefährtin bezweckt habe, sowie weiters, dass er die Ereignisse nach Auflösung der Kundgebung bloß "von außerhalb" dokumentiert habe.

Näherhin wird ausgeführt, aus den eingesehenen Bildern sei - anders als die belangte Behörde behaupte - nicht erkennbar gewesen, dass der Beschwerdeführer "in ständiger Kommunikation" mit A gestanden sei. Die Feststellung, letztere habe die Gegendemonstration angeführt, gründe sich auf keine Beweismittel. Gleiches gelte für die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausführung, der Beschwerdeführer sei Mitglied jener Gruppe, die in Graz seit längerem Demonstrationen organisiere. In dem angeführten Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates aus dem Jahr 2007 werde eine solche Gruppe überhaupt nicht erwähnt, die anderen Erkenntnisse lägen sieben Jahre zurück. Auch aus der Tatsache, dass er von Polizisten abgedrängt worden sei, könne nicht abgeleitet werden, dass er Teilnehmer der Versammlung gewesen sei. Insbesondere stelle die belangte Behörde selbst fest, dass sich der Beschwerdeführer beim Abdrängen der Gegendemonstration am Rand der Gruppe der Polizisten befunden und dabei gefilmt habe.

In rechtlicher Hinsicht geht der Beschwerdeführer davon aus, dass eine Versammlung eine Zusammenkunft mehrerer Menschen darstelle, welche in der Absicht veranstaltet werde, alle Anwesenden zu einem gemeinsamen Wirken, sei es einer Debatte, einer Diskussion oder Manifestation, zu bringen. An einer solchen Manifestation habe der Beschwerdeführer aber nicht teilgenommen. Folgte man der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsansicht, so wäre die Arbeit aller Medienvertreter und dokumentierenden Privatpersonen massiv eingeschränkt und behindert.

Dem ist Folgendes zu erwidern:

Die von der belangten Behörde im Instanzenzug vorgenommene Tatanlastung betrifft (ausschließlich) die Verletzung des § 14 Abs. 1 VersammlungsG. Nach dem Wortlaut dieser Gesetzesbestimmung ist für das tatbildmäßige Verhalten dreierlei vorausgesetzt:

1./ Die Versammlung wurde für aufgelöst erklärt. 2./ Der Täter ist in diesem Zeitpunkt ein "Anwesender". 3./ Er unterlässt es, den Versammlungsort sogleich zu

verlassen und/oder "geht nicht auseinander".

Die erstgenannte Voraussetzung ist hier unstrittig.

Hinsichtlich der zweitgenannten Voraussetzung ist dem Beschwerdevorbringen zunächst entgegenzuhalten, dass der Gesetzeswortlaut nicht auf die Eigenschaft des Täters als "Versammlungsteilnehmer", sondern als "Anwesender" abstellt. Ob vom Begriff des "Anwesenden" auch zufällig am Veranstaltungsort anwesende Personen (Passanten) oder Medienberichterstatter, die ausschließlich im Informationsinteresse der Öffentlichkeit handeln, erfasst sind oder der Gesetzesbegriff insoweit teleologisch zu reduzieren ist, kann hier dahinstehen, weil der Beschwerdeführer den zuletzt genannten Personen nicht vergleichbar ist, sondern eine Stellung inne hatte, die einem "Versammlungsteilnehmer" zumindest nahe kommt, weshalb insoweit eine teleologische Reduktion des Begriffs "Anwesender" keinesfalls geboten erscheint:

Der Verfassungsgerichtshof wertet eine Zusammenkunft mehrerer Menschen dann als Versammlung im Sinne des VersammlungsG, wenn sie in der Absicht veranstaltet wird, die Anwesenden zu einem gemeinsamen Wirken (Debatte, Diskussion, Manifestation usw.) zu bringen, sodass eine gewisse Assoziation der Zusammengekommenen entsteht (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. September 1989, B 706/89, mit weiteren Hinweisen). Unter Berücksichtigung dieser Definition kommt aber jedem Anwesenden, der die Absicht hat, dieses gemeinsame Wirken - in welcher Form auch immer - zu fördern, mag er sich auch nicht unmittelbar mündlich, schriftlich oder durch Zeichen artikulieren, eine einem Versammlungsteilnehmer zumindest ähnliche Stellung zu.

Vorliegendenfalls ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer von A, die jedenfalls unstrittig Teilnehmerin der Versammlung war, beauftragt wurde, den Ablauf der Versammlung zu dokumentieren. Dies ist ebenso unstrittig, wie der Umstand, dass der Beschwerdeführer dabei insofern im Interesse der A handelte, als er deren Teilnahme an der Veranstaltung unterstützen sollte, indem er durch seine Dokumentation - gleichsam präventiv - ungerechtfertigte Anschuldigungen im Zusammenhang mit ihrem Verhalten während der Veranstaltung zu widerlegen suchte. Schon aus diesem Grund diente die Anwesenheit des Beschwerdeführers im Sinne der Förderung der Teilnahme zumindestens einer Person an der Manifestation dem Veranstaltungszweck, weshalb seine Stellung als "Anwesender" nicht allenfalls deshalb verneint werden könnte, weil er an der Veranstaltung völlig unbeteiligt gewesen wäre.

Darüber hinaus ist aber auch auf die - vom Beschwerdeführer nicht bestrittene - Feststellung der belangten Behörde zu verweisen, wonach seine dokumentierende Tätigkeit sich nicht bloß auf das Verhalten seiner Lebensgefährtin A beschränkte, sondern auch jenes von anderen Mitgliedern der Gruppe der Veranstaltungsteilnehmer erfasste, wobei er diesen Personen Anweisungen erteilte, wie diese besser gefilmt werden könnten. Dieser Umstand spricht gegen die Darstellung des Beschwerdeführers, er habe ausschließlich Interessen der A - und nicht auch solche anderer Gruppenmitglieder - wahrgenommen. Wiewohl es darauf nicht zentral ankommt, spricht dies umso mehr für die Annahme, der Beschwerdeführer habe durch seine Dokumentationstätigkeit den Zweck der Veranstaltung zu fördern beabsichtigt.

Durch die seitens einer Veranstaltungsteilnehmerin erfolgte Beauftragung unterscheidet sich die Stellung des Beschwerdeführers auch von jener, die Personen zukommt, welche unabhängig von einem Auftrag durch die Veranstalter zum Zwecke der öffentlichen Berichterstattung dokumentieren.

Der Beschwerdeführer wurde daher zu Recht als "Anwesender" im Verständnis des § 14 Abs. 1 VersammlungsG angesehen.

Insoweit das Beschwerdevorbringen schließlich darauf abzielen sollte, dass der Beschwerdeführer nach Auflösung der Veranstaltung ohnedies nicht am Veranstaltungsort verblieben sei, also die oben drittgenannte Voraussetzung nicht erfüllt sei, ist ihm die - unbestritten gebliebene - Feststellung entgegen zu halten, wonach er die - nach Auflösung der Versammlung an Ort und Stelle geführte - Diskussion zwischen dem Behördenleiter und A wegen des ihr abgenommenen Transparentes in unmittelbarer Nähe zu diesem Transparent gefilmt und sich in der Folge abwechselnd zur Gruppe hin und dann wieder von der Gruppe weg bewegt habe. Diese Feststellung steht der Annahme entgegen, dass der Beschwerdeführer in Entsprechung des § 14 Abs. 1 VersammlungsG den Veranstaltungsort sogleich verlassen habe.

Da schon der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 18. Mai 2009

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